Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Den Angeklagten Nicolai A***** und Fatih S***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch rechtskräftige Schuldsprüche der Angeklagten Ion M*****, Denis F***** und Ion Ma***** sowie Teilfreisprüche sämtlicher Angeklagter enthält, wurde Nicolai A***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 zweiter und vierter Fall, § 15 StGB (A./II./), weiters des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 erste Fallgruppe StGB (F./2./), Fatih S***** wiederum des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 vierter Fall, 15 StGB als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat
A./II./ Nicolai A***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Denis F***** und Ion Ma***** als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung zumindest eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen durch Einbruch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Nachgenannten fremde bewegliche Sachen in einem 3.000 Euro, nicht jedoch 50.000 Euro übersteigenden Gesamtwert von zumindest 4.495,40 Euro mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, teilweise durch Einbruch weggenommen oder wegzunehmen versucht und zwar
1./ am 13. oder 14. August 2008 in Leibnitz DI Ernst Z***** ein Mobiltelefon der Marke Nokia im Wert von 40 Euro, indem die Täter die Eingangstür eines Ziviltechnikerbüros unter Verwendung eines Werkzeugs aufbrachen,
2./ am 13. oder 14. August 2008 in Leibnitz Anna Mar***** Bargeld in der Höhe von ca 250 Euro und einen Banktresorschlüssel, indem die Täter die Glasschiebetür einer Gärtnerei unter Verwendung eines Werkzeugs aufbrachen,
3./ am 25. oder 26. Juli 2008 in St. Margarethen an der Raab Manfred P***** Bargeld und Fahrnisse in nicht bekanntem Wert, indem sie ein Fenster eines Lagerraums einschlugen und nachfolgend einstiegen, wobei es beim Versuch blieb,
4./ am 25. oder 26. Juli 2008 in St. Margarethen an der Raab Manfred H***** Bargeld in der Höhe von 696,40 Euro und 18 Stangen Zigaretten im Wert von 720 Euro, indem die Täter die Eingangstür des Imbissstands des Genannten unter Verwendung eines Werkzeugs aufbrachen,
5./ am 25. oder 26. Juli 2008 in St. Margarethen an der Raab Manfred H***** Bargeld in der Höhe von 900 Euro, einen Laptop im Wert von 600 Euro, eine Digitalkamera im Wert von 300 Euro, eine Videokamera im Wert von 400 Euro, ein Fernglas im Wert von 200 Euro sowie zwei PKW-Scheinwerfer im Wert von 389 Euro, indem die Täter ein Fenster der Werkstätte des Genannten unter Verwendung eines Werkzeugs aufbrachen, nachfolgend einstiegen und zwei Zimmertüren im Objekt aufbrachen,
F./ Nicolai A***** am 16. August 2008 in Graz Beamte mit Gewalt an Amtshandlungen, nämlich am Vollzug seiner Festnahme zu hindern versucht und zwar
2./ Gerhard W*****, Ewald T***** sowie Heribert K***** und N. Hä***** des „SPK Graz", indem er gegen die Polizeibeamten, welche ihn festnehmen wollten, Schläge ausführte,
B./ Fatih S***** von zumindest 20. Juli bis 16. August 2008 in Hartl/Graz, Lanach und anderen Orten zu den unter A./II./3./ bis 5./ dargestellten Diebstählen durch Einbruch des Denis F*****, Ion Ma***** und Nicolai A***** sowie im Ersturteil näher beschriebenen insgesamt 13 weiteren, zwischen 20. Juli und 16. August 2008 begangenen Diebstählen durch Einbruch des Ion Ma***** und Denis F***** (A./III./6./ bis 13./ und 18./ bis 22./) dadurch beigetragen, dass er „die unmittelbaren Täter mit seinem Taxi zur Tatausführung an den Tatort begleitete und sie teils nach der Tatausführung vom Tatort verbrachte".
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richten sich die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Nicolai A***** und Fatih S*****; sie schlagen fehl.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Nicolai A***** (§ 281 Abs 1 Z 5, 5a, 9 lit a StPO):
Die Feststellungen zur diesen Angeklagten betreffenden Schadenshöhe blieben nicht unbegründet (Z 5), sondern wurden vom Erstgericht erkennbar (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19) auf die als unbedenklich erachteten Angaben der Geschädigten gestützt (US 62 iVm 53 f, 57). Dass der Zeuge DI Z***** angab, sein altes Mobiltelefon „zum Entsorgen" bereit gelegt zu haben, schließt einen objektiven Zeitwert des Geräts in der Höhe von 40 Euro nicht aus. Abgesehen davon betrifft der Wert der Beute zu A./II./1./ in Hinblick auf die bereits zu A./II./2./ bis 5./ insgesamt die Qualifikationsgrenze übersteigenden Werte keinen für die Subsumtionsfrage entscheidenden Umstand.
Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag mit dem Verweis auf die teilweise leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers und der kritischen Erörterung der ihn belastenden Angaben seiner Mitangeklagten keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der Feststellungen zur Täterschaft des Viertangeklagten zu A./II./1./ bis 5./ zu wecken.
Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) die - als „überschießend" bezeichneten - Feststellungen über telefonische Kontakte zwischen den Angeklagten (US 35 f) kritisiert, macht sie mangels Bekämpfbarkeit überschüssiger Feststellungen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 610) keinen Rechtsfehler geltend. Soweit die Beschwerde die subjektive Tatseite zur Begehung der Diebstähle im Rahmen einer kriminellen Vereinigung in Abrede stellt, orientiert sie sich nicht an den Urteilsfeststellungen erster Instanz (US 35 ff), sondern kritisiert in unzulässiger Form die tatrichterliche Beweiswürdigung.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Fatih S***** (§ 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO):
Die Mängelrüge (Z 5) macht unter weitwendiger Erörterung der wesentlichen den Beschwerdeführer betreffenden Verfahrensergebnisse und dem daraus abgeleiteten Begehren, das Erstgericht hätte „feststellen" sollen, dass sich der Beschwerdeführer mit den anderen Angeklagten nicht sprachlich verständigen habe können, dass der Beschwerdeführer von den anderen Angeklagten nicht 10 bis 20 Euro Trinkgeld pro Fahrt, sondern maximal „ein paar Cent" erhalten habe (US 37 f), sowie dass er diese nicht telefonisch gewarnt habe (US 65), keinen Begründungsmangel geltend, sondern kritisiert die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) geht zum einen nicht von den Feststellungen des Erstgerichts aus, indem sie jene zum Wissen und Wollen des Beschwerdeführers (US 38) bestreitet. Weshalb die mit der Beförderung der Täter zum Tatort und deklarierten Bereitschaft, auch zum Rücktransport zur Verfügung zu stehen, festgestellten Handlungen des Beschwerdeführers (US 37) zur Begründung physischer und psychischer Beitragstäterschaft nach § 12 dritter Fall StGB nicht ausreichend seien, legt die solches bloß behauptende Beschwerde nicht argumentativ dar. Mit der Behauptung, der Fünftangeklagte habe keinen Vorsatz gehabt, sich selbst zu bereichern, vernachlässigt die Beschwerde, dass das Gesetz (§ 127 StGB) Vorsatz in Bezug auf die Bereicherung eines Dritten genügen lässt.
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Graz zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Bemerkt wird, dass das Schöffengericht beim Angeklagten Ion M***** zu Unrecht neben der Qualifikation nach § 128 Abs 2 StGB auch jene nach Abs 1 Z 4 leg cit angenommen hat (Spezialität; Ratz in WK2 Vorbem zu §§ 28 bis 31 Rz 35). Zu einer Maßnahme nach § 290 Abs 1 StPO bestand mangels Nachteils im Sinn der zitierten Gesetzesstelle kein Anlass (vgl RIS-Justiz RS0113957).
Indem das Schöffengericht beim Angeklagten Ion M***** „die Überschreitung der Wertgrenze des § 128 Abs 2" StGB als erschwerend gewertet hat, verstieß es gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO). Zu einer Maßnahme nach § 290 Abs 1 StPO bestand jedoch auch hier kein Anlass, weil es dem Oberlandesgericht im Rahmen seiner Entscheidung über die Berufung möglich ist, den nichtigen Strafausspruch abzuändern (RIS-Justiz RS0112518).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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