OGH 3Nc36/09p

OGH3Nc36/09p9.9.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Hofrätin Dr. Lovrek als Vorsitzende und durch die Hofräte Hon.-Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Ordinationssache der Antragstellerin Mag. Miroslawa P*****, vertreten durch Dr. Christian Tschurtschenthaler, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Fahrnis- und Forderungsexekution, infolge Antrags gemäß § 28 JN den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Bestimmung eines zuständigen Gerichts für die beabsichtigte Exekution nach § 28 JN wird abgelehnt.

Text

Begründung

Die Antragstellerin, eine österreichische Staatsbürgerin, schloss anlässlich ihrer Scheidung mit dem damaligen Ehemann vor einem österreichischen Bezirksgericht am 13. September 1995 einen Vergleich, nach dem sich dieser ua verpflichtete, ihr monatlich 8.700 S an Unterhalt zu zahlen.

Die Antragstellerin begehrt die Bestimmung eines Exekutionsgerichts im Wege der Ordination (§ 28 JN). Nach dem Antragsvorbringen habe der Titelschuldner bisher keinen Unterhalt gezahlt und sei bis 2007 unauffindbar gewesen. Damals habe sie erfahren, dass er bei einem bestimmten Unternehmen in der Tschechischen Republik beschäftigt sei. Die Vollstreckung ihrer Forderung in diesem Land habe sich als unmöglich erwiesen, weil die tschechischen Gerichte nach dem zur Zeit des Vergleichsabschlusses dort geltenden internationalen Übereinkommen gerichtliche Vergleiche nicht vollstreckten und überdies dasselbe generell für Unterhalt für die Vergangenheit gelte. Die Zuständigkeit eines inländischen Gerichts sei nicht gegeben, weil der Schuldner keinen Wohnsitz im Inland habe. Die Durchsetzung des auf Österreich beschränkten Unterlassungstitels in der Tschechischen Republik sei im Sinn der Rechtsprechung aussichtslos.

Sie beabsichtige zur Hereinbringung des rückständigen Unterhalts seit 1. September 1995 „jedenfalls" Fahrnisexekution und Forderungsexekution auf das Arbeitseinkommen des Schuldners gegen den angeführten Arbeitgeber zu führen.

Rechtliche Beurteilung

Die Voraussetzungen für eine Ordination nach § 28 JN liegen entgegen der Ansicht der Antragstellerin doch nicht vor:

1. Nach jüngerer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (OGH) ist eine Ordination auch in Exekutionssachen möglich, wenn bei einer Exekution zwar die inländische Gerichtsbarkeit zu bejahen ist, es aber an einem örtlich zuständigen inländischen Gericht mangelt (RIS-Justiz RS0046326; Jakusch in Angst, EO2, § 3 Rz 18d).

2.1. Maßgeblich für die örtliche Zuständigkeit ist bei der Fahrnisexekution § 18 Z 4 erster Fall EO, wonach als Exekutionsgericht das Bezirksgericht einzuschreiten hat, in dessen Sprengel sich bei Beginn des Exekutionsvollzugs die Sachen befinden, auf die Exekution zu führen ist. Die Antragstellerin meint selbst, es gebe für die beabsichtigte Exekution kein zuständiges Gericht im Inland und behauptet auch weder, bewegliche körperliche Sachen des Schuldners wären in Österreich oder deren Verbringung in dieses Land sei zu erwarten. Bei der Forderungsexekution richtet sich die örtliche Zuständigkeit dagegen gemäß § 18 Z 3 EO in erster Linie nach dem allgemeinen Gerichtsstand des (in Aussicht genommenen) Verpflichteten, der auch nach Auffassung der Antragstellerin selbst - nach ihrer zitierten Auffassung zur mangelnden örtlichen Zuständigkeit sowie zum Wohnsitz auf S 4 des Antrags - in Österreich nicht begründet ist. Auch für die subsidiären Anknüpfungen Wohnsitz, Sitz oder Aufenthalt des Drittschuldners bzw Lage eines Pfandes gilt nichts anderes. Richtig ist daher, dass es an einem zuständigen Exekutionsgericht im Inland fehlt.

2.2. Als Rechtsgrundlage für die Bestimmung eines zuständigen Gerichts kommt - was die Antragstellerin ganz richtig sieht - allein § 28 Abs 1 Z 2 JN in Betracht. Dieser Fall der Ordination kommt zugunsten betreibender Parteien mit österreichischer Staatsbürgerschaft oder mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt oder Sitz in Österreich in Frage. Beides träfe auf die Antragstellerin zu.

2.3. Auf die Frage, ob die Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der exekutiven Durchsetzung des Titels gegen den Verpflichteten in dessen (Wohn-)Sitzstaat als bescheinigt anzusehen ist, kommt es allerdings in Wahrheit nicht an. Unausgesprochen liegt nämlich § 28 Abs 1 Z 2 JN, der im Übrigen auch im Hinblick auf das Erkenntnisverfahren konzipiert wurde (arg „Kläger"), die Prämisse zugrunde, dass eine Rechtsdurchsetzung im Inland anstatt in jenem Land, dessen Gerichte „an sich" örtlich zuständig wären, möglich ist.

2.4. Es kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, er hätte zur Beschäftigung österreichischer Gerichte beabsichtigt, diesen Verfahren zuzuteilen, die notwendigerweise ein perplexes Ergebnis zeitigen müssten. Beispielsweise wäre es völlig unsinnig, ein österreichisches Gericht zur Zwangsversteigerung einer ausländischen Liegenschaft zu ordinieren und dann die Exekution in der Folge notwendigerweise einstellen zu lassen (Jakusch aaO § 3 Rz 35), weil seine Jurisdiktion diese Liegenschaft nicht umfasst und daher jegliche Maßnahmen zur Durchführung der Exekution (Schätzung, Versteigerungsedikt, Versteigerungstagsatzung etc) zwecklos wären und somit schließlich die Durchführung eines Zwangsverkaufs in Österreich (rechtlich) unmöglich. In so einem Fall kann von einem - noch dazu besonderen (3 Ob 506/94 = EvBl 1994/154 mwN) - Bedürfnis nach Gewährung inländischen Rechtsschutzes (Matscher in Fasching² § 28 JN Rz 105, 40; 6 Nd 507/01) nicht gesprochen werden.

2.5. Dasselbe gilt aber auch bei den hier von der Antragstellerin konkret ins Auge gefassten Exekutionsmitteln (eine Ordination für weitere nicht genannte käme keinesfalls in Betracht). Gibt es in Österreich keine zu pfändenden und zu verwertenden Fahrnisse des Schuldners, muss eine Fahrnisexekution durch ein österreichisches Gericht zwangsläufig ins Leere gehen und könnte mangels eines angebbaren Vollzugsorts nicht einmal durchzuführen versucht werden. Bei der Forderungsexekution ist nach der jüngeren Rechtsprechung aber die Erlassung eines Doppelverbots (einschließlich eines Zahlungsverbots gegenüber einem ausländischen Drittschuldner) nur dann rechtlich zulässig, wenn der Verpflichtete seinen (Wohn-)Sitz im Inland hat (3 Ob 98/95 = SZ 69/286 = JBl 1998, 382) oder eine örtliche Zuständigkeit im Inland nach § 18 Z 3 EO - also wieder in erster Linie ein inländischer Gerichtsstand des Verpflichteten - besteht (3 Ob 100/99y). Gerade diese Voraussetzungen, unter denen die zu pfändende Forderung sozusagen ins Inland reicht, fehlen im vorliegenden Fall aber, wie dargelegt, ebenso wie diejenige eines inländischen Gerichtsstands für eine Drittschuldnerklage im Sinn zahlreicher zweitinstanzlicher Entscheidungen (Nachweise bei Oberhammer in Angst, EO² § 294 Rz 5). Es bedarf daher hier keiner Auseinandersetzung mit der (jüngst gegenüber seiner früheren geänderten) Ansicht Oberhammers (aaO Rz 7a), wonach Drittverbote gegen ausländische Drittschuldner generell zu unterlassen wären (was er ohnehin für den Fall der unmöglichen oder unzumutbaren Auslandsvollstreckung relativiert). Auch wenn Drittverbote über die Grenze bei (Wohn-)Sitzen von Verpflichtetem und Drittschuldner in verschiedenen Staaten unvermeidlich sind (Oberhammer aaO Rz 7a), fehlt es an einer hinreichenden Anknüpfung im Inland, wenn einem Drittschuldner mit Sitz in einem ausländischen Staat verboten werden soll, an seinen Gläubiger mit Wohnsitz - wovon hier mangels abweichender Behauptungen auszugehen ist - in demselben Staat zu leisten. Gerade dann, wenn der fremde Staat die Vollstreckung eines bestimmten Titels verweigert, kann es nicht angehen, dass man dies dadurch zu unterlaufen sucht, dass der betreibende Gläubiger im Wege der Drittschuldnerklage gerade diese Vollstreckung zumindest bei bestehenden Forderungen des Verpflichteten in jenem Staat im Wege einer Drittschuldnerklage erzwänge. Die von der Antragstellerin geplanten Exekutionen könnten daher selbst bei Ordinierung eines örtlich zuständigen Gerichts von diesem (als zwecklos: Jakusch aaO § 3 Rz 22 mwN) nicht bewilligt werden oder wären jedenfalls umgehend wieder einzustellen.

Demnach kann ihrem Antrag kein Erfolg beschieden sein.

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