Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 371,52 EUR (darin 61,92 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist die Witwe nach dem am 21. 8. 2006 verstorbenen Franz S*****, der vom 1. 8. 1989 bis zu seinem Ableben bei der Beklagten angestellt war. Das Arbeitsverhältnis des Ehegatten der Klägerin unterlag dem Rahmenkollektivvertrag für Angestellte der Industrie (im folgenden kurz KollV).
Das Berufungsgericht verneinte mit zutreffender Begründung in Maßgabebestätigung des Ersturteils in der Hauptsache (Stattgebung von 15.113,81 EUR brutto sA; Abweisung des Mehrbegehrens von 4.002,99 EUR brutto sA) den Anspruch der Klägerin auf Weiterzahlung des Entgelts im Todesfall gemäß § 10 Abs 1 bis 3 KollV (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Es ließ die ordentliche Revision mit der Begründung zu, dass zur Auslegung des § 10 Abs 4 KollV noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.
Gegen die Berufungsentscheidung richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, dem Klagebegehren von 19.116,80 EUR brutto sA stattzugeben.
Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, sie ist jedoch nicht berechtigt.
Im Revisionsverfahren geht es um die Frage, ob der Klägerin neben der gesetzlichen Abfertigung gemäß § 23 Abs 6 AngG auch eine Weiterzahlung des Entgelts gemäß § 10 Abs 1 bis 3 KollV gebührt. Da ihr vom Berufungsgericht bereits die gegenüber der gesetzlichen Abfertigung gemäß § 23 Abs 6 AngG erhöhte kollektivvertragliche Abfertigung gemäß § 10 Abs 6 KollV zuerkannt wurde, geht es betraglich nur mehr um einen Teil der Weiterzahlung des Gehalts in der Höhe von 4.002,99 EUR brutto. Während nämlich die Klägerin auf dem Standpunkt steht, dass ihr neben der gesetzlichen Abfertigung gemäß § 23 Abs 6 AngG in der Höhe von 10.975,58 EUR brutto auch die Weiterzahlung des Entgelts gemäß § 10 Abs 1 bis 3 KollV in der Höhe von 8.321,22 EUR brutto, insgesamt also der Klagebetrag von 19.116,80 EUR brutto sA gebühre, wurde ihr vom Berufungsgericht, dem Standpunkt der Beklagten und des Erstgerichts folgend, die erhöhte Abfertigung gemäß § 10 Abs 6 KollV in der Höhe von 15.113,81 EUR brutto sA zuerkannt, das Mehrbegehren von 4.002,99 EUR brutto hingegen abgewiesen. Strittig ist somit im Revisionsverfahren der Differenzbetrag von 4.002,99 EUR brutto sA.
Ob der Klägerin dieser Betrag zusteht, hängt von der Auslegung des § 10 KollV, insbesondere dessen Abs 4, ab. Diese Bestimmung des Rahmenkollektivvertrags für Angestellte der Industrie lautet wie folgt:
„§ 10. Gehaltszahlung im Todesfall
(1) Wird das Dienstverhältnis durch den Tod des Angestellten gelöst und hat das Angestelltenverhältnis länger als ein Jahr gedauert, so ist das Gehalt für den Sterbemonat und den folgenden Monat weiterzuzahlen. Hat das Dienstverhältnis im Zeitpunkt des Todes länger als 5 Jahre gedauert, so ist das Gehalt für den Sterbemonat und die beiden folgenden Monate weiterzuzahlen.
Hatte der Angestellte im Zeitpunkt des Todes keinen oder nur einen verringerten Entgeltanspruch, so ist hinsichtlich des Sterbemonates das Gehalt in voller Höhe nur für den ab dem Todesfall laufenden restlichen Monatsteil zu leisten.
(2) Für die Dauer einer Gehaltsfortzahlung im Sinne des Abs. 1 sind auch die aliquoten Teile des gebührenden 13. und 14. Monatsgehaltes zu leisten.
(3) Anspruchsberechtigt sind die gesetzlichen Erben, zu deren Erhaltung der Erblasser gesetzlich verpflichtet war.
(4) Besteht neben dem Anspruch auf Weiterzahlung des Gehaltes nach Abs. 1 bis 3 auch ein gesetzlicher Anspruch auf eine Auszahlung im Sterbefall bzw. ein Anspruch nach Abs. 5 oder 6, so kann nur einer der beiden Ansprüche geltend gemacht werden.*
* Siehe Anmerkung 3
(5) Sind unter den gesetzlichen Erben, zu deren Erhaltung der Erblasser gesetzlich verpflichtet war, Minderjährige, die zum Zeitpunkt des Todes des Angestellten das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, so erhöht sich der Anspruch gemäß § 23 Abs. 6 des Angestelltengesetzes auf die volle Abfertigung. Dies gilt auch, wenn derartige gesetzliche Erben das 18. Lebensjahr vollendet haben, jedoch in einem Ausbildungsverhältnis stehen und gemäß § 2 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz Anspruch auf Familienbeihilfe besteht. Der letzte Satz ist auch anzuwenden, wenn das Ausbildungsverhältnis wegen einer Ferialpraxis unterbrochen wird und in diesem Zeitraum keine Familienbeihilfe gewährt wird.
Die Abfertigung gebührt in diesen Fällen den gesetzlichen Erben, zu deren Erhaltung der Erblasser im Zeitpunkt des Todes verpflichtet war, und der Witwe oder dem Witwer gemeinsam und wird unter diesen nach Köpfen zu gleichen Teilen aufgeteilt. Keinesfalls gebührt im Todesfall insgesamt mehr als die volle Abfertigung.
(6) Ist ein Ehegatte, jedoch kein minderjähriger Angehöriger im Sinne des Abs. 5 zum Zeitpunkt des Todes des Angestellten vorhanden, erhöht sich der Anspruch auf die halbe Abfertigung gemäß § 23 Abs. 6 des Angestelltengesetzes auf 70% der vollen Abfertigung. Dieser Anspruch besteht, gleichgültig, ob der überlebende Ehegatte zum Zeitpunkt des Todes des Angestellten unterhaltsberechtigt war oder nicht. Voraussetzung ist jedoch, dass die Ehe zum Zeitpunkt des Ablebens des Angestellten 3 Jahre gedauert hat."
Die Anmerkung 3 zu § 10 Abs 4 KollV lautet folgendermaßen:
„Im Falle des Todes des Angestellten können die anspruchsberechtigten Erben zwischen der in § 10 Abs. 1 bis 3 dieses Kollektivvertrages vorgesehenen Weiterzahlung des Gehaltes und der nach § 23 Abs. 6 des Angestelltengesetzes beziehungsweise § 10 Abs. 5 und 6 dieses Kollektivvertrages bestimmten Abfertigung wählen. Nach dem Angestelltengesetz stehen den gesetzlichen Erben, zu deren Erhaltung der Erblasser gesetzlich verpflichtet war, folgende Ansprüche zu:
Nach einer ununterbrochenen Angestelltendienstzeit von
3 Dienstjahren 1 Monatsentgelt,
5 Dienstjahren 1 ½ Monatsentgelte,
10 Dienstjahren 2 Monatsentgelte,
15 Dienstjahren 3 Monatsentgelte,
20 Dienstjahren 4 ½ Monatsentgelte,
25 Dienstjahren 6 Monatsentgelte."
Der Rahmenkollektivvertrag für Angestellte der Industrie vom 1. 11. 1991 (inklusive Anmerkung 3 zu § 10 Abs 4) wurde am 15. 5. 1992 beim damaligen Bundesministerium für Arbeit und Soziales hinterlegt. Er wurde am 23. 5. 1992 in der Wiener Zeitung kundgemacht (§ 14 ArbVG).
Der normative Teil eines Kollektivvertrags ist nach §§ 6, 7 ABGB auszulegen (RIS-Justiz RS0008807 ua). Dabei ist in erster Linie der Wortsinn - auch im Zusammenhang mit den übrigen Regelungen - zu erforschen und die sich aus dem Text des Kollektivvertrags ergebende Absicht der Kollektivvertragsparteien zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0010089 ua). Den Kollektivvertragsparteien kann grundsätzlich unterstellt werden, dass sie eine vernünftige, zweckentsprechende und praktisch durchführbare Regelung treffen wollten, die einen gerechten Ausgleich der sozialen und wirtschaftlichen Interessen herbeiführen soll (RIS-Justiz RS0008828 ua).
Bevor nun im Detail auf die Auslegung des Rahmenkollektivvertrags für Angestellte der Industrie eingegangen wird, ist zunächst die gesetzliche Regelung der „Todfallsabfertigung" in § 23 Abs 6 AngG (Mayr in ZellKomm § 23 AngG Rz 37; 9 ObA 2012/96i ua) näher zu beleuchten. § 23 Abs 6 AngG bestimmt für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Angestellten aufgelöst wird, dass die zustehende Abfertigung nur die Hälfte des im § 23 Abs 1 AngG bezeichneten Betrags beträgt und nur den gesetzlichen Erben gebührt, zu deren Erhaltung der Erblasser gesetzlich verpflichtet war. Dass diese Voraussetzungen auf die Klägerin zutreffen, ist nicht weiter strittig. Der Ehegatte der Klägerin war vom 1. 8. 1989 bis 21. 8. 2006, sohin mehr als 17 Jahre lang, bei der Beklagten beschäftigt. Die gesetzliche Abfertigung gemäß § 23 Abs 1 AngG beträgt bei dieser Beschäftigungsdauer das Sechsfache des monatlichen Entgelts. Da den gesetzlichen Erben, zu deren Erhaltung der Erblasser gesetzlich verpflichtet war, gemäß § 23 Abs 6 AngG nur die Hälfte des im § 23 Abs 1 AngG bezeichneten Betrags zusteht, gebührt somit der Klägerin - vorbehaltlich der zu treffenden Auswahl nach § 10 KollV - eine gesetzliche Abfertigung in der Höhe des Dreifachen des monatlichen Entgelts. Diese steht mit 10.795,58 EUR brutto der Höhe nach außer Streit.
§ 10 KollV sieht nun für den Todesfall eines Angestellten in den Abs 1 bis 3 zugunsten der gesetzlichen Erben, zu deren Erhaltung der Erblasser gesetzlich verpflichtet war, einen Anspruch auf Weiterzahlung des Entgelts für einen bestimmten Zeitraum nach dem Tod des Angestellten vor. Dieser Anspruch unterliegt geringeren Voraussetzungen als die gesetzliche Todfallsabfertigung nach § 23 AngG. So genügt es für die Weiterzahlung, dass das Angestelltenverhältnis länger als ein Jahr gedauert hat, während § 23 Abs 1 und 6 AngG darauf abstellt, dass das Arbeitsverhältnis zumindest drei Jahre gedauert hat. Der kollektivvertragliche Anspruch auf Weiterzahlung verlängert sich, wenn das Dienstverhältnis im Zeitpunkt des Todes länger als fünf Jahre gedauert hat.
§ 10 Abs 4 KollV regelt das Verhältnis des Anspruchs auf Weiterzahlung des Gehalts nach § 10 Abs 1 bis 3 KollV zur gesetzlichen Abfertigung nach § 23 Abs 6 AngG und zur erhöhten kollektivvertraglichen Abfertigung gemäß § 10 Abs 5 oder 6 KollV. Dass mit der Formulierung im § 10 Abs 4 KollV „gesetzlicher Anspruch auf eine Auszahlung im Sterbefall" die gesetzliche Abfertigung gemäß § 23 Abs 6 AngG gemeint ist, ergibt sich aus § 10 Abs 5 und 6 KollV und der Anmerkung 3 zu § 10 Abs 4 KollV. Dies ist auch zwischen den Parteien nicht strittig. Die Klägerin legt nun allerdings § 10 Abs 4 KollV so aus, dass ihr die Weiterzahlung des Gehalts nach § 10 Abs 1 bis 3 KollV und die gesetzliche Abfertigung gemäß § 23 Abs 6 AngG kumulativ gebühren. Demgegenüber stehen die Beklagte und die Vorinstanzen zu § 10 Abs 4 KollV auf dem Standpunkt, dass die Klägerin gemäß ihrer Wahl Anspruch nur auf eine Leistung habe, also entweder auf die gesetzliche Abfertigung gemäß § 23 Abs 6 AngG oder die erhöhte Abfertigung gemäß § 10 Abs 5 und 6 KollV oder die Weiterzahlung des Entgelts gemäß § 10 Abs 1 bis 3 KollV. Nach § 10 KollV bestehe kein kumulativer Anspruch auf zwei oder gar drei Leistungen.
Der oben wörtlich wiedergegebene § 10 Abs 4 KollV verbindet die Satzteile „ein gesetzlicher Anspruch auf eine Auszahlung im Sterbefall" (gemeint: ein gesetzlicher Anspruch auf eine Abfertigung gemäß § 23 Abs 6 AngG) und „ein Anspruch nach Abs. 5 oder 6" durch das der Kanzleisprache („Amtsdeutsch") entstammende Wort „bzw." Es handelt sich dabei um eine Abkürzung der alternativen (zur Wahl stellenden) Konjunktion „beziehungsweise" (vgl Duden, Die Grammatik7 936 ua). Diese Konjunktion kann in vielen Fällen (meist stilistisch besser) durch das Wort „oder" ersetzt werden (vgl Duden, Richtiges und gutes Deutsch6 163 ua). Mit den alternativen Konjunktionen „bzw" und „oder" wird überwiegend ausgedrückt, dass von mehreren Möglichkeiten nur eine in Betracht kommt (vgl Duden, Die Grammatik7 936 ua). Die Konjunktion „bzw" kann auch zur Präzisierung genutzt werden (vgl Duden, Die Grammatik7 Rz 1762 ua). Das alternative Verständnis („oder") gilt auch für das in § 10 Abs 4 KollV gebrauchte „bzw" und findet auch die (jedenfalls teilweise) Zustimmung der Revisionswerberin. Auch sie geht erkennbar davon aus, dass die gesetzliche Abfertigung gemäß § 23 Abs 6 AngG und die erhöhte Abfertigung nach § 10 Abs 6 KollV nur alternativ - und nicht kumulativ - gebühren.
Der strittige § 10 Abs 4 KollV kann daher folgerichtig auch so gelesen werden: „Besteht neben dem Anspruch auf Weiterzahlung des Gehaltes nach Abs. 1 bis 3 auch ein gesetzlicher Anspruch auf eine Auszahlung im Sterbefall [...], so kann nur einer der beiden Ansprüche geltend gemacht werden." Diese Auslegung wird auch durch die bereits genannte Anmerkung 3 zu § 10 Abs 4 KollV bestärkt. Danach können im Fall des Todes des Angestellten die anspruchsberechtigten Erben „zwischen der in § 10 Abs. 1 bis 3 dieses Kollektivvertrages vorgesehenen Weiterzahlung des Gehaltes und der nach § 23 Abs. 6 des Angestelltengesetzes beziehungsweise § 10 Abs. 5 und 6 dieses Kollektivvertrages bestimmten Abfertigung wählen". Die Formulierung in § 10 Abs 4 KollV, dass „nur einer der beiden Ansprüche geltend gemacht werden" kann, lässt nun aber für die Auslegung der Revisionswerberin, dass ihr neben der Weiterzahlung des Gehalts nach § 10 Abs 1 bis 3 KollV auch noch die gesetzliche Abfertigung nach § 23 Abs 6 AngG gebührt, also zwei Ansprüche geltend gemacht werden können, keinen Raum.
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Revisionswerberin selbst ausschließt, dass ihr neben der Weiterzahlung des Entgelts gemäß § 10 Abs 1 bis 3 KollV auch die erhöhte Abfertigung gemäß § 10 Abs 6 KollV zustehe. Legte man nämlich das Verständnis der Klägerin hinsichtlich des Verhältnisses von Weiterzahlung des Entgelts gemäß § 10 Abs 1 bis 3 KollV und gesetzlicher Abfertigung gemäß § 23 Abs 6 AngG zugrunde, müsste dies wohl auch für die Kumulation der kollektivvertraglichen Leistungen gelten. Tatsächlich ist aber § 10 Abs 4 KollV auch hinsichtlich der beiden kollektivvertraglichen Leistungen - der obigen Lesart zur Weiterzahlung des Entgelts und der gesetzlichen Abfertigung entsprechend - wie folgt zu lesen: „Besteht neben dem Anspruch auf Weiterzahlung des Gehaltes nach Abs. 1 bis 3 [...] auch ein Anspruch nach Abs. 5 oder 6, so kann nur einer der beiden Ansprüche geltend gemacht werden." Diesem Verständnis pflichtet hinsichtlich der beiden kollektivvertraglichen Leistungen auch die Revisionswerberin bei. Ihre weiteren Überlegungen, dass dies in Bezug auf das Verhältnis der Weiterzahlung des Entgelts gemäß § 10 Abs 1 bis 3 KollV zur gesetzlichen Abfertigung nach § 23 Abs 6 AngG anders sein solle, überzeugen nicht, weil sie nicht den oben genannten Auslegungsgrundsätzen bei Kollektivverträgen Rechnung tragen, also insbesondere weder dem Wortsinn noch der sich aus dem Text des gegenständlichen Gesamtkollektivvertrags ergebenden Absicht der Kollektivvertragsparteien entsprechen.
§ 10 KollV schafft im Vergleich mit der gesetzlichen Regelung der Todfallsabfertigung nach § 23 Abs 6 AngG ein stärker differenziertes System und erweitert für die meisten Konstellationen den gesetzlichen Leistungsumfang. § 23 Abs 6 AngG soll jedoch durch den Gesamtkollektivvertrag für Angestellte der Industrie nicht „ersetzt" oder gar „abbedungen" werden. Diese Befürchtungen der Revisionswerberin sind unbegründet. Kein Angehöriger eines Arbeitnehmers muss sich nach § 10 KollV mit weniger zufrieden geben, als § 23 Abs 6 AngG bereitstellt, sofern er - was zu beachten ist - die Voraussetzungen des § 23 Abs 6 AngG erfüllt. Erfüllt der Angehörige die Voraussetzungen für eine gesetzliche Abfertigung nicht, dann kann aber unter Umständen zumindest ein Anspruch auf die befristete Weiterzahlung des Gehalts nach § 10 Abs 1 bis 3 KollV bestehen.
Dieses Problem stellt sich jedoch hier ohnehin nicht. Es geht im Fall der Klägerin weder darum, dass sie weniger als die gesetzliche Leistung oder nur die gesetzliche Leistung nach § 23 Abs 6 AngG erhalten soll. Ihr wurde von den Vorinstanzen die kollektivvertraglich erhöhte Abfertigung nach § 10 Abs 6 KollV in der Höhe von 15.113,81 EUR brutto sA zugesprochen. Richtig ist in diesem Zusammenhang der Hinweis der Revisionswerberin, dass es bei der in § 10 Abs 6 KollV geregelten Konstellation des Vorhandenseins eines Ehegatten bei gleichzeitigem Fehlen minderjähriger Angehöriger nicht darauf ankommt, ob der überlebende Ehegatte zum Zeitpunkt des Todes des Angestellten unterhaltsberechtigt war oder nicht. Zusätzliche Voraussetzung für den Anspruch nach § 10 Abs 6 KollV ist nur, dass die Ehe zum Zeitpunkt des Ablebens des Angestellten drei Jahre gedauert hat. Weshalb nun aber nach Auffassung der Revisionswerberin gerade das Abstellen auf die Unterhaltspflicht in § 10 Abs 1 bis 3 KollV nur so interpretiert werden könne, dass die unterhaltsberechtigte Ehegattin neben der gesetzlichen Abfertigung gemäß § 23 Abs 6 AngG auch Anspruch auf die Weiterzahlung des Entgelts habe, ist nicht nachvollziehbar. Der Revisionswerberin ist einzuräumen, dass es den Kollektivvertragsparteien freigestanden wäre, noch weitere „zusätzliche" Leistungen zu kreieren. Die vorliegende Entscheidung muss sich aber auf die Auslegung des getroffenen Regelungsinhalts beschränken. Darin findet die der Revisionswerberin vorschwebende Kumulation der Weiterzahlung des Entgelts und der gesetzlichen Abfertigung keine Deckung.
Zusammenfassend wurde somit das die erhöhte Abfertigung gemäß § 10 Abs 6 KollV übersteigende Klagebegehren zu Recht abgewiesen. Da die Revision der Klägerin keine unrichtige rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts aufzeigt, muss ihr ein Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)