Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Christian Z***** gemäß § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Danach hat er am 3. November 2008 in Ü***** unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad, nämlich einer paranoiden Schizophrenie, beruht,
1./ DI Friedrich R***** durch die Ankündigung, ihn umzubringen, gefährlich mit dem Tod bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen;
2./ die Polizeibeamten Klaus M*****, Wolfgang Me*****, Wolfgang Ma***** und Werner E***** durch Versetzen von Schlägen und Tritten, sohin mit Gewalt an einer Amtshandlung, und zwar an seiner Festnahme und anschließenden Überstellung zur Polizeiinspektion gehindert, sohin Taten begangen, die ihm außer diesem Zustand als Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB (1./) und als Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs 1 erster Fall StGB (2./) zuzurechnen wären und die mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sind.
Rechtliche Beurteilung
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 und Z 5a StPO gegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen, die fehlschlägt.
Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider verfielen die in der Hauptverhandlung gestellten Beweisanträge zu Recht der Abweisung. Soweit der Betroffene gegen die Ablehnung der Vernehmung der Oberärztin Dr. Angelika F***** mit dem Einwand remonstriert, dass sich während der viermonatigen Behandlungsdauer in der Landesnervenklinik S***** keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer paranoiden Schizophrenie ergeben hätten und das Gutachten des Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. Peter H***** daher fragwürdig erscheine, wird eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens nicht aufgezeigt, weil die in der Krankengeschichte dokumentierte Diagnose obgenannter Ärztin in der Hauptverhandlung durch gezielte Fragestellung an den Sachverständigen bereits herangetragen und von diesem im Detail - auch mit dem Verteidiger - erörtert wurde (ON 47 S 27 ff).
Die Beurteilung, ob ein Gutachten ausreichend und schlüssig ist bzw ob ein Sachverständiger über die erforderlichen Fachkenntnisse zur Erstattung eines Gutachtens verfügt, obliegt als Beweisfrage dem erkennenden Gericht. Die Überzeugungskraft eines Befunds oder eines Gutachtens ist als Akt freier Beweiswürdigung einer Anfechtung entzogen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 351).
Auch durch die Ablehnung des Antrags auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen wurden Verteidigungsrechte nicht verletzt. Der Hinweis auf die vorerwähnte Diagnose der Oberärztin und die Behauptung einer unzureichenden Exploration durch den gerichtlichen Sachverständigen (siehe diesbezüglich aber ON 47 S 36) vermögen Mängel von Befund und Gutachten im Sinn des § 127 Abs 3 erster Satz StPO nicht aufzuzeigen. Ein Missbrauch des Ermessens der Tatrichter, neue Befunde und Gutachten zur Überprüfung der früheren abzufordern, kann nicht ersehen werden.
Die subjektive Einschätzung des Verteidigers, der Betroffene sei nicht geisteskrank, ist überhaupt unbeachtlich.
Mangels einer auf das in einem anderen Strafverfahren erstattete Gutachten des Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. W***** bezogenen Antragstellung in der Hauptverhandlung ist das auf dieses Gutachten abzielende Vorbringen einer sachlichen Erwiderung nicht zugänglich. Das durch §§ 429 Abs 2 Z 2 iVm 439 Abs 2 StPO gegebene Ermessen zur Beiziehung eines weiteren Sachverständigen ist nur gegen Willkür abgesichert, wobei von einer willkürlichen Ermessensausübung durch das Erstgericht nicht gesprochen werden kann.
Soweit im Rahmen der Aufklärungsrüge (§ 281 Abs 1 Z 5a StPO) ein Verstoß gegen die Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung geltend gemacht wird, legt der Beschwerdeführer prozessordnungswidrig nicht dar, wodurch der Betroffene an der Ausübung seines Rechts, Beweisaufnahmen in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, gehindert war (RIS-Justiz RS0115823; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480). Das den gerichtlichen Sachverständigen in Ansehung der Annahme der Verabreichung eines bestimmten Medikaments während der vorläufigen Anhaltung kritisierende Vorbringen spricht keine für die Anstaltsunterbringung entscheidende Tatsache an. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang auf die entsprechende, wenn auch unsicher gebliebene Aussage des Betroffenen zu verweisen (ON 47 S 8) wie auch auf den Umstand, dass diese Einlassung mit Vorbehalt Berücksichtigung fand (ON 47 S 32).
Im Übrigen gelingt es der Tatsachenrüge nicht, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Einweisung zu Grunde liegenden Tatsache der Begehung der Taten unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad, nämlich der paranoiden Schizophrenie beruht, zu erwecken. Deren Ausführungen bekämpfen lediglich die erstrichterliche Beweiswürdigung in Ansehung des als schlüssig angesehenen Gutachtens des Univ.-Prof. Dr. H*****, ohne die erforderlichen gravierenden Bedenken aus den Akten überzeugend darzulegen. Vielmehr hat sich der Gerichtssachverständige mit den durch die Krankengeschichte und das Vorgutachten erweckten Zweifeln an den von ihm gezogenen Schlüssen durch Verweis auf internationale Diagnosekriterien ausführlich auseinandergesetzt.
Das Vorbringen neuer Tatsachen oder Beweismittel ist auch im Rahmen der Z 5a des § 281 Abs 1 StPO unzulässig, weshalb der Verweis auf ein Schreiben vom 9. Juni 2009 ins Leere geht.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Zur Anordnung der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB bleibt anzumerken, dass die Unterlassung der näheren Beschreibung der Prognosetat durch das Erstgericht für eine Maßnahme nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO keinen Anlass bietet, weil diesem - aus § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO ungerügt gebliebenen - Rechtsfehler vom Berufungsgericht ohne Aufhebung des Sanktionsausspruchs Rechnung getragen werden kann (RIS-Justiz RS0115054 [T1]; 13 Os 20/06z, EvBl 2006/116).
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