Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der am 29. 12. 1968 geborene Kläger trat am 3. 2. 1992 in ein Dienstverhältnis bei den Österreichischen Bundesbahnen und ist seit der Neustrukturierung (1. Jänner 2005) bei der Beklagten als Verschubaufseher (ON 414 der Anlage 1 zu den AVB) beschäftigt. Sein Dienstverhältnis unterliegt - unter Berücksichtigung der hier nicht relevanten Wahrungsbestimmungen nach § 67 AVB - den „Allgemeinen Vertragsbedingungen für Dienstverträge bei den Österreichischen Bundesbahnen" (AVB). Ab 2000 wurde die neue Verwendung „Verschubleiter mit Triebfahrzeugbedienung" (VLTFZB), mit der ON 489 in Anlage 1 zu den AVB, geschaffen. Während für die ON 414 (Verschubaufseher) die Gehaltsgruppe IV a mit Überstellung in die Gehaltsgruppe IV b vorgesehen ist, ist der ON 489 (VLTFZB) die höher dotierte Gehaltsgruppe IV b mit Überstellung nach zwei Jahren in die Gehaltsgruppe V b zugeordnet.
Der Kläger absolvierte von März 2004 bis September 2004 die Ausbildung zum Verschubleiter mit Triebfahrzeugbedienung und schloss diese Ausbildung auch ab. Seit 1. 10. 2004 arbeitete der Kläger zwar nicht durchgehend, aber immer wieder (in nicht festgestelltem Umfang) selbständig als Verschubleiter mit Triebfahrzeugbedienung. Die Beklagte versetzte den Kläger nicht dauernd auf die Planstelle Verschubleiter mit Triebfahrzeugbedienung mit der Anfangsgehaltsgruppe IV b, sondern nahm nur vorübergehende Versetzungen vor. Obwohl sich der Kläger um eine dauernde Versetzung beworben hatte, wurde er nicht berücksichtigt. Es wurde ihm am 4. 8. 2006 eine Zusatzvereinbarung mit finanzieller Besserstellung angeboten, doch enthielt diese nur eine zeitlich befristete Besserstellung ohne Anspruch auf Überstellung nach den AVB. Dies lehnte der Kläger ab. Im hier maßgeblichen Zeitpunkt (Oktober 2004 bis Ende Februar 2008) wurde der Kläger teilweise für Zeiten seiner Verwendung als Verschubleiter mit Triebfahrzeugbedienung nach den Ansätzen der ON 489 entlohnt (es wurde nicht festgestellt, für welche Zeiträume), jedoch nicht durchgehend.
Seit seinem Antritt des Dienstverhältnisses im Jahr 1992 bei der Rechtsvorgängerin der jetzigen Beklagten hatte der Kläger insgesamt 45 Krankenstände mit zusammen 591 Krankenstandstagen, davon 121 im Jahr 2000, 72 im Jahr 2003 und 40 im Jahr 2004.
Wird bei der Beklagten ein Dienstposten frei, dann erfolgt eine Nachbesetzung, wenn die Funktion auch künftig benötigt wird, Bewerbungen von Mitarbeitern vorhanden sind und die Beförderungskriterien erfüllt sind. Entscheidend für die Beförderung (Versetzung mit Überstellung) sind die fachliche Eignung, die Beurteilung des Mitarbeiters durch den zuständigen Betriebsmanager und den Dienstregler und die Krankenstandsbetrachtung (durchschnittlich höchstens 15 Krankenstandstage pro Jahr in der Gesamtzeit oder in den letzten vier Jahren pro Jahr maximal 4 Krankenstände mit höchstens 15 Tagen). Ab dem Jahr 2000 wurden insgesamt 319 Mitarbeiter als Verschubleiter mit Triebfahrzeugbedienung ausgebildet. Grundsätzlich sind alle Ausgebildeten im Einsatz, allerdings nicht alle auf einer Planstelle, manche werden nur zeitweise (als Springer oder dergleichen) eingesetzt. Zur Zeit verfügt die Beklagte über mehr Verschubleiter mit Triebfahrzeugbedienung, als sie braucht. Die Ausbildung für diese Funktion ist daher zur Zeit eingestellt.
Der Kläger begehrte zuletzt die Zahlung von 2.598,39 EUR sA als ihm zustehende Differenz für den Zeitraum von April 2005 bis einschließlich Februar 2008. Diese Differenz ergebe sich daraus, dass der Kläger weiterhin als Verschubaufseher, ON 414 Anlage 1 zu den AVB, in der Gehaltsgruppe IV a eingestuft geblieben sei, obwohl ihm für seine Verwendung als Verschubleiter TFZB eine Entlohnung nach Gehaltsgruppe IV b bzw nach zwei Jahren Verwendung in dieser Funktion in der Gehaltsgruppe V b zugestanden wäre. Während alle anderen Bediensteten, die gemeinsam mit dem Kläger ausgebildet worden seien, diese Beförderung erreicht haben, sei eine solche dem Kläger mit der Begründung verweigert worden, dass er zu viele Krankenstände gehabt habe. Abgesehen davon, dass er die nach den internen Richtlinien der Beklagten zulässigen Krankenstandstage nicht überschritten habe und ein längerer Krankenstand im Jahr 2004 auf einen Bandscheibenvorfall zurückzuführen gewesen sei, stelle die Ablehnung einer Beförderung wegen Krankheit eine unzulässige Diskriminierung dar. Schließlich sei der Kläger auch nicht nur als „Ablöser", sondern de facto auf dieser Planstelle eines VLTFZB eingesetzt gewesen.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger könne aus der Absolvierung des Kurses für VLTFZB keinen Anspruch auf Beförderung ableiten. Unrichtig sei auch, dass er überwiegend in dieser Funktion eingesetzt worden sei. Im Übrigen hinderten seine zahlreichen Krankenstände eine Beförderung in diese Funktion. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Kläger könne aus seinem fallweisen Einsatz in einer Funktion als Verschubleiter TFZB keinen Anspruch auf Beförderung ableiten. Soweit es tatsächlich zu einem solchen Einsatz gekommen sei, habe er auch die entsprechende Entlohnung für den jeweiligen Zeitraum erhalten. Die Heranziehung überlanger Krankenstände als Hindernis für eine Beförderung sei kein Verstoß gegen das betriebliche Gleichbehandlungsgebot. Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichts auf und trug diesem Feststellungen dazu auf, in welchem zeitlichen Umfang der Kläger als VLTFZB zum Einsatz gekommen sei. Bei einem zeitlichen Überwiegen sei die zur Einstufung von Vertragsbediensteten ergangene Judikatur anwendbar, nach der ein zeitlich überwiegender Einsatz in einer höheren Funktion auch den Anspruch auf die höhere Entlohnung nach sich ziehe, und zwar selbst dann, wenn eine formelle Ernennung auf eine bestimmte Planstelle nicht erfolgt sei.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs zulässig sei, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, inwieweit auch bei ÖBB-Bediensteten das zeitliche Überwiegen der tatsächlichen Verwendung für deren Entlohnung ausschlaggebend sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs der Beklagten aus dem Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss ersatzlos aufzuheben (gemeint wohl auch: damit die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen).
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig, er ist aber nicht berechtigt. Nach § 26 der AVB ist eine Versetzung der angeordnete Wechsel der Planstelle, der zu einer Änderung des Verwendungsbereichs und/oder des Arbeitsplatzes führt (Abs 1). Eine Versetzung kann 1. eine vorübergehende Versetzung sein, wenn sie eine zeitlich befristete Verwendungsänderung bzw Änderung des Arbeitsplatzes bewirkt oder 2. eine dauernde Versetzung, wenn sie eine zeitlich unbefristete Verwendungsänderung bzw Änderung des Arbeitsplatzes bewirkt. In der Anordnung der Versetzung ist festzuhalten, ob es sich um eine vorübergehende oder um eine dauernde Versetzung handelt; wird eine vorübergehende Versetzung zu einer dauernden, ist es ebenfalls festzuhalten (Abs 2). Wird gemäß § 26 Abs 4 AVB der ÖBB-Angestellte infolge der Versetzung auf einer Planstelle verwendet, die eine Entlohnung nach einer anderen Gehaltsgruppe begründet, so finden die Bestimmungen des § 27 AVB Anwendung. Gemäß § 27 („Überstellung") der AVB bewirkt eine Überstellung die Entlohnung nach einer anderen Gehaltsgruppe (Abs 1). Überstellungen können erfolgen 1. aufgrund einer Versetzung (Spalte 3 der Anlage 1); und 2. aufgrund Zeitablaufs (Spalten 4 und 5 der Anlage 1). Wird gemäß § 27 Abs 2 AVB ein ÖBB-Angestellter in eine andere Gehaltsgruppe überstellt, so bleibt er in der von ihm erreichten Gehaltsstufe. Die in der bisherigen Gehaltsstufe verbrachte Vorrückungszeit bleibt dem ÖBB-Angestellten in der neuen Gehaltsgruppe aber gewahrt. Wird gemäß § 27 Abs 3 AVB ein ÖBB-Angestellter aufgrund einer Versetzung auf einer Planstelle verwendet, die eine Überstellung in eine höhere Gehaltsgruppe bewirken würde, erfolgt die Entlohnung nach dieser höheren Gehaltsgruppe nur dann, wenn die Verwendung mindestens 14 Tage hindurch andauert. Die Richtlinien zu §§ 26 und 27 Abs 3 AVB (Zl 22451-1-1995) führen zu II Z 2 aus, dass dann, wenn die Versetzung zumindest 14 zusammenhängende Tage dauert, die Entlohnung nach der höheren Gehaltsgruppe erfolgt, wobei die gehaltsmäßige Änderung des Monatsentgelts erst im Nachhinein erfolgt. Wird der Versetzungsauftrag vor Ablauf von zumindest 14 zusammenhängenden Tagen aufgehoben, dann erfolgt die Entlohnung weiterhin nach der Gehaltsgruppe, die sich aus der letzten ständigen Verwendung des ÖBB-Angestellten bzw aus der Verwendung, für die er aufgenommen wurde, ergibt. Nach § 34 AVB rückt der ÖBB-Angestellte alle zwei Jahre in die nächst höhere Gehaltsstufe seiner Gehaltsgruppe vor, in die letzten beiden Gehaltsstufen seiner Gehaltsgruppe nach drei Jahren. Gemäß § 32 AVB gebührt dem ÖBB-Angestellten für jedes Kalenderjahr eine Sonderzahlung in der Höhe von 50 vH des Monatsgehalts, das er an dem Monatsersten erhält, an dem auch die Sonderzahlung gebührt. Steht ein ÖBB-Angestellter während eines Kalendervierteljahres, für das die Sonderzahlung gebührt, nicht ununterbrochen im Genuss des vollen Monatsentgelts, so gebührt ihm als Sonderzahlung nur der entsprechende Teil.
Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach klargestellt (8 ObA 110/01m; 9 ObA 21/04k), dass sich angesichts des rein privatrechtlichen Charakters der Dienstverträge zu den ÖBB die Höhe des Gehalts gemäß § 24 Abs 2 AVB nach der Gehaltsgruppe und der Gehaltsstufe richtet. Dienstnehmer der Beklagten sind daher nach ihrer tatsächlichen Verwendung einzureihen und zu entlohnen, selbst wenn im Stellenplan kein „freier" Dienstposten dieser Art vorgesehen ist. Ausdrücklich wurde darauf hingewiesen, dass die Beklagte jedenfalls nunmehr ihre Dienstnehmer aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach ihrer tatsächlichen Verwendung zu entlohnen hat. Die Beklagte vertritt den Standpunkt, ihrer diesbezüglichen Verpflichtung ohnehin insoweit nachgekommen zu sein, als sie für die Zeiten der tatsächlichen Verwendung den Kläger entsprechend der höheren Verwendung entlohnt habe. Für die dazwischen liegenden Zeiträume stehe eine solche Entlohnung nicht zu. Demgegenüber stellt das Berufungsgericht auf jene zum VBG ergangene Judikatur ab, nach der es für die Einstufung eines Vertragsbediensteten auf die tatsächlich geleisteten Dienste und nicht auf den Dienstvertrag ankommt und dass überdies entscheidend ist, welche Dienstleistung überwiegt. Diese Parallele bietet sich insoweit an, als auch das Vertragsbedienstetengesetz auf ein Entlohnungsschema und Entlohnungsgruppen sowie Überstellungen (Einreihung in eine andere Entlohnungsgruppe) abstellt. Die von der Beklagten ins Treffen geführte vorübergehende Versetzung (§ 26 Abs 2 AVB) ist eine zeitlich befristete und führt gemäß § 27 Abs 3 AVB zu einer entsprechend höheren Entlohnung für die Dauer der Verwendung. Von der Art der Versetzung (vorübergehend oder dauernd) hängt nicht nur die Überstellung in eine höhere Gehaltsgruppe, sondern auch die Höhe der Sonderzahlungen (§ 32 AVB) ab. Wenngleich die Ablegung der Dienstprüfung als Qualifikation für eine bestimmte Funktion noch keinen Anspruch auf die Beförderung gibt (9 ObA 104/88), so kann doch eine als planmäßig anzusehende Verwendung in einer höheren Funktion, sei es auch mit Unterbrechungen, nicht unbeachtet bleiben und ausschließlich vorübergehenden Versetzungen gleichgehalten werden. Dadurch käme es nämlich zu einer völligen Verwischung zwischen den ausdrücklich für zeitliche Begrenzung vorgesehenen vorübergehenden Versetzungen und der dauernden Versetzung. Überwiegt daher in einem längeren Beobachtungszeitraum die Verwendung in einer höherwertigen Funktion, muss dies auch darin den Niederschlag finden, dass, um Umgehungen zu vermeiden, die höherwertige Funktion auch dann als durchgehend verrichtet anzunehmen ist, wenn eine formelle Überstellung nicht erfolgt ist. Als Beobachtungszeitraum bietet sich, wie von der Judikatur für die Anwendung des VBG schon ausgesprochen (9 ObA 126/90; 9 ObA 131/03k) der Zeitraum eines Jahres an. Sollte in einem solchen Beobachtungszeitraum die höherwertige Tätigkeit überwiegen und setzt sich dies, wie behauptet, über mehrere Jahre fort, ist jedenfalls dann der Arbeitnehmer so zu behandeln, wie wenn eine dauernde Versetzung erfolgt wäre. Dabei kann es im Hinblick auf die vorzitierte Judikatur nicht darauf ankommen, ob tatsächlich eine Planstelle frei ist oder nicht. Sollte eine derart überwiegende Verwendung festgestellt werden, wird sich die Beklagte auch nicht erfolgreich auf ihre Richtlinien betreffend alter Krankenstände berufen können: Gerade bei einer überwiegenden Verwendung in der höherwertigen Funktion würde nämlich das Argument wegfallen, dass es der Beklagten nicht ausreichend möglich wäre, den Kläger im Hinblick auf seine Krankenstände entsprechend einzusetzen. In diesem Fall würde dem Argument eines Verstoßes gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz infolge sachlich nicht gerechtfertigter Differenzierung entsprechendes Gewicht zukommen.
Für den Fall eines nicht überwiegend höherwertigen Einsatzes ist jedoch dem Argument des Klägers, seine Nichtberücksichtigung wegen überdurchschnittlicher Krankenstände stelle eine „Diskriminierung" dar, nicht mehr beizupflichten. Da weder ein Fall des Gleichbehandlungsgesetzes vorliegt noch die Voraussetzung einer Behinderung nach § 3 BEinstG hervorgekommen sind, ist davon auszugehen, dass der Kläger auch damit eine Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes durch Anwendung eines willkürlichen Kriteriums meint. Hier ist dem Kläger entgegenzuhalten, dass weit über dem Durchschnitt liegende Krankenstände die Vermutung begründen können, dass der Arbeitnehmer zur Erfüllung seiner Dienstpflichten ungeeignet ist. Längere Krankenstände können daher in sonst kündigungsgeschützten Arbeitsverhältnissen einen entsprechenden Kündigungsgrund darstellen (RIS-Justiz RS0081880). Auch im Rahmen einer Beurteilung nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG wurde schon ausgesprochen, dass weit über dem Durchschnitt liegende Krankenstände einen personenbezogenen Kündigungsgrund darstellen können, der die Interessenabwägung zu Ungunsten des Arbeitnehmers ausgehen lassen kann (RIS-Justiz RS0051801). Diese Erwägungen sind auch auf die von der Beklagten angewandten Beförderungsrichtlinien übertragbar, zumal überdurchschnittlich lange Krankenstände in der Vergangenheit eine ungünstige Prognose für die Zukunft erlauben, die dann besonders schwer wiegt, wenn die angestrebte Tätigkeit mit besonderer Verantwortung verbunden ist und allenfalls auch zu Schwierigkeiten beim Finden allfälliger Vertreter führen kann. Zusammenfassend erweist sich daher, wie vom Berufungsgericht zutreffend erkannt, die Arbeitsrechtssache als noch nicht entscheidungsreif. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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