Spruch:
Die Revision gegen die Entscheidung über die Widerklage wird zurückgewiesen.
Die beklagte und widerklagende Partei ist schuldig, der klagenden und widerbeklagten Partei die mit 978,84 EUR (darin enthalten 163,14 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Kläger und Widerbeklagte (im Folgenden Kläger) hat als Subunternehmer der Beklagten und Widerklägerin (im Folgenden Beklagte) bei einem Bauvorhaben in G***** Fliesenlegearbeiten vorgenommen. An mit der Klage begehrtem Werklohn wurde ihm der Betrag von 3.267,37 EUR samt Zinsen rechtskräftig zugesprochen und das Mehrbegehren von 845 EUR samt Zinsen abgewiesen.
In dritter Instanz ist nur mehr die mit Widerklage von der Beklagten geltend gemachte Forderung von 15.513,23 EUR (sA) strittig, die auf die Behauptung gestützt wurde, aufgrund mangelhafter Leistungen des Klägers erforderliche Sanierungsarbeiten hätten der Beklagten Kosten in dieser Höhe verursacht. Das Berufungsgericht bestätigte (auch) die Abweisung des Widerklagebegehrens und sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil eine Einzelfallentscheidung vorliege. Der nachträglich abgeänderte Zulässigkeitsausspruch (§ 508 Abs 3 ZPO) wurde wie folgt begründet:
Die Revision weise zutreffend darauf hin, dass der in der Berufungsentscheidung erhobene Vorwurf, der Einwand der Beklagten, die Klagsforderung sei (zufolge nicht ordnungsgemäßer Rechnungslegung) noch nicht fällig, verstoße gegen das Neuerungsverbot des § 408 ZPO, unrichtig sei. Es sei daher nicht auszuschließen, dass die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, die Fälligkeit der Werklohnforderung sei mangels entsprechenden Vorbringens in erster Instanz nicht zu prüfen gewesen, einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof nicht standhalte. Das Ersturteil könnte somit an einem rechtlichen Feststellungsmangel leiden.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen diesem, den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts ist die von der Beklagten gegen die Entscheidung der zweiten Instanz über die Widerklage erhobene Revision mangels einer erheblichen Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO unzulässig.
Berufungsgericht und Revisionswerberin übersehen, dass die Frage der Fälligkeit der Klagsforderung nur diese und nicht das mit Widerklage geltend gemachte Begehren betrifft. Da über die Klagsforderung rechtskräftig entschieden ist, hat der dem Berufungsgericht unterlaufene Verfahrensfehler in dritter Instanz keinerlei Relevanz. Betreffend die Widerklage ist im Revisionsverfahren im Wesentlichen nur noch strittig, ob der Kläger einen Teil der Verfliesungsarbeiten im Wohnbereich des ersten Stocks aufgrund eines zu niedrigen Estrichs berechtigterweise abgebrochen hat oder nicht. Diesbezüglich hat die Beklagte in erster Instanz vorgebracht, der Kläger habe diese Arbeiten grundlos verweigert und seine betreffende Warnpflicht schuldhaft verletzt. Dass das Berufungsgericht diesen in der Berufung erneuerten Einwand einer „Warnpflichtverletzung" fälschlich ebenfalls als unzulässige Neuerung bezeichnete, ist nicht entscheidungserheblich, weil es sich dessen ungeachtet doch auch sachlich mit diesem Einwand auseinandergesetzt und eine Warnpflichtverletzung aufgrund der vom Erstgericht dazu getroffenen Feststellungen verneint hat.
Da diese rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts von den konkreten Umständen des vorliegenden Einzelfalls abhängt, läge nur dann eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO vor, wenn dem Berufungsgericht eine Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, die aus Gründen der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof korrigiert werden müsste. Das ist nicht der Fall:
In der Revision wird dazu ausgeführt, im Schreiben vom 22. 7. 2005 (Beilage ./B) habe der Kläger nur „sehr pauschal und nicht erkennbar" darauf verwiesen, dass der Estrich nicht der ÖNorm entspreche. Daraus lasse sich „nicht nachvollziehbar und schlüssig ableiten, welche ÖNorm-Regelungen wie eingehalten hätten werden sollen". Der Kläger habe die Beklagte nicht ordnungsgemäß gewarnt und die betreffenden Arbeiten daher unberechtigterweise eingestellt.
Nach den vom Berufungsgericht gebilligten erstgerichtlichen Feststellungen (Punkt 2.6 des Ersturteils) hatten die Parteien in der Auftragserteilung vereinbart, dass der Kläger Unebenheiten des Untergrundes zu nivellieren habe. Sie hatten jedoch nicht vereinbart, dass er jedenfalls für einen für Fliesen geeigneten Untergrund zu sorgen habe. Dies war Aufgabe der Beklagten, die hiefür auch eine eigene Estrichfirma beschäftigte. Eine Estrichhöhe von 3 cm entspricht nicht der ÖNorm. Wenn darauf verfliest wird, können die Fliesen Schaden nehmen. Der Kläger hätte daher den Untergrund um 3 cm aufstocken müssen, was nicht vereinbart war. Auf dieses Problem hat der Kläger die Beklagte ordnungsgemäß mit Schreiben vom 22. 7. 2005 hingewiesen. (Darin führte der Kläger bezugnehmend auf mehrere vorausgehende mündliche Mitteilungen aus, dass der Estrich von ca. 140 m2 schief und uneben sei und nicht der ÖNorm entspreche. Er sehe sich daher außerstande, „diesen Boden ordnungsgemäß lt. ÖNorm zu verlegen".) Die Beklagte hat auf dieses Schreiben nicht reagiert. Angesichts dieser Feststellungen ist die Rechtsmeinung der Vorinstanzen, der Kläger habe seiner Warnpflicht bezüglich des mangelhaften Estrichs genügt, jedenfalls vertretbar. Da der Oberste Gerichtshof nicht Tatsacheninstanz ist, kann die Beweiswürdigung der Vorinstanzen von ihm nicht überprüft werden. Der weitere Einwand der Revisionswerberin, die Bestätigung der unrichtigen Beweiswürdigung des Erstgerichts durch das Berufungsgericht sei „nicht zu rechtfertigen", muss daher unbeachtet bleiben. Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens läge in diesem Zusammenhang nur dann vor, wenn sich das Berufungsgericht mit der Beweiswürdigungsrüge der Beklagten nicht oder nur so mangelhaft befasst hätte, dass keine nachvollziehbaren Überlegungen über die Beweiswürdigung angestellt und im Urteil festgehalten worden wären (RIS-Justiz RS0043371). Davon kann hier keine Rede sein. Die Entscheidung 8 Ob 108/06z, in der die Frage der Unzumutbarkeit der Verbesserung eines mangelhaften Werks nach § 932 ABGB idF des GewRÄG behandelt wird, ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Der von der Revisionswerberin schließlich noch erhobene Einwand, die angefochtene Entscheidung stehe mit der genannten „in einem unauflösbaren Widerspruch", ist deshalb nicht nachvollziehbar. Auch damit kann daher ein tauglicher Grund für die Zulassung des Rechtsmittels der Beklagten nicht aufgezeigt werden. Die Revision ist mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen. Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO konnten sich die Rechtsausführungen des Obersten Gerichtshofs auf die Darlegung der Zurückweisungsgründe beschränken.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels seiner Prozessgegnerin hingewiesen. Diese hat ihm daher die Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)