Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien deren mit 1.181,78 EUR (davon 196,96 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die beklagten Landwirte kauften von der Klägerin einen Mähdrescher New Holland CX 860 samt Zubehör. Dem Kaufvertrag lagen die Lieferbedingungen des Maschinenhandels zugrunde, die auszugsweise wie folgt lauten:
„Die Zurückhaltung von Zahlungen wegen Mängelrügen oder sonstigen von uns nicht anerkannten Gegenforderungen sowie die Aufrechnung von solchen ist ausgeschlossen."
Mit der am 8. 11. 2004 eingebrachten Klage begehrt die Klägerin die Zahlung des restlichen Kaufpreises von 14.597,08 EUR sA.
Die Beklagten beantragten, das Klagebegehren abzuweisen. Sie brachten vor, dass der Mähdrescher eine Reihe von Mängeln aufweise, die die Klägerin nicht behoben habe. Die Klimaanlage, Gewichts- und Feuchtigkeitsmessung, Senkautomatik, Druschautomatik und Datenspeicher funktionierten nicht (richtig), das Windgebläse blockiere zeitweilig, die Elektronik arbeite nicht verlässlich, das Schneidwerk funktioniere bei der zugesicherten Fahrgeschwindigkeit von 8 km/h nicht ordnungsgemäß. Da die Klägerin nicht mängelfrei geliefert habe, hätten die Beklagten Anspruch auf Preisminderung in Höhe des Restkaufpreises. Mangels ordnungsgemäßer Erfüllung sei der Kaufpreis auch nicht fällig. Sie wendeten 773,54 EUR für die zweimalige Füllung der Klimaanlage, 1.172,16 EUR für Schweißarbeiten am Schrägförderer und 20.000 EUR an entgangenem Druschlohn aus dem Titel des Schadenersatzes aufrechnungsweise als Gegenforderungen ein.
Die Klägerin erwiderte, es sei richtig, dass es nach Auslieferung des Mähdreschers zu Problemen gekommen sei. Sämtliche gerügten Mängel seien in der Zwischenzeit behoben worden. Mängel seien keine mehr vorhanden. Der Kaufpreis sei seit längerem fällig. Das Schneidwerk habe bei der Übergabe funktioniert. Es funktioniere bei Vorliegen aller maßgeblichen Faktoren auch bei einer Geschwindigkeit von 8 km/h ordnungsgemäß. Sie habe eine Geschwindigkeit von 8 km/h nur für den zunächst gekauften Mähdrescher CX 820 und nur für optimale Bedingungen und für trockene Wintergerste zugesagt. Eine Zusage dieser Art sei beim Verkauf des Mähdreschers CX 860 nicht gegeben worden. Mängel beim Schneidwerk seien nicht unverzüglich gerügt worden. Risse am Schrägförderer seien bei Übergabe nicht vorgelegen, sondern auf normalen oder unsachgemäßen Gebrauch zurückzuführen. Die Geltendmachung dieses und aller anderen Mängel sei verfristet, weil die Beklagte nach Durchführung der Feldprobe nichts beanstandet hätten.
Im Schriftsatz vom 10. 8. 2007 wandte die Klägerin ein, die Zurückbehaltung des Kaufpreises sei infolge des vereinbarten Zurückbehaltungs- und Aufrechnungsverbots unzulässig.
Die Beklagten erwiderten, dass dieses Verbot und dessen Ausübung durch die Klägerin sittenwidrig und deshalb unbeachtlich sei. Der Einwand sei erst nach dreijähriger Verfahrensdauer unmittelbar vor Schluss der Verhandlung erhoben worden.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf keine Feststellungen zu den von den Beklagten behaupteten, trotz Verbesserungsversuchs nach wie vor bestehenden Mängeln und Gegenforderungen, weil es die Berufung auf das vereinbarte Zurückbehaltungs- und Aufrechnungsverbot nicht für sittenwidrig erachtete.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und hob das Ersturteil auf. Eine Vereinbarung, wonach der Käufer Zahlungen wegen Gewährleistungsansprüchen oder vom Verkäufer nicht anerkannten Gegenansprüchen nicht zurückhalten dürfe, sei grundsätzlich zulässig. Dies gelte außerhalb des Anwendungsbereichs des KSchG auch, wenn der Ausschluss in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthalten sei, solange der Unternehmer, der diese verwende, keine marktbeherrschende Stellung einnehme und der schwächere Vertragsteil unter mehreren möglichen Vertragspartnern wählen könne. Nach den Feststellungen des Erstgerichts sei die Klägerin kein marktbeherrschendes Unternehmen. Sittenwidrig und unbeachtlich sei es aber nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, sich auf eine an sich zulässige Vereinbarung eines Zahlungszurückbehaltungs- und Aufrechnungsverbots zu berufen, wenn nach gerichtlichem Sachverständigenbefund bereits feststehe, dass die Ware mangelhaft sei und die Gewährleistungsansprüche begründet seien. Die Klägerin habe nach fast dreijähriger Verfahrensdauer erstmals vorgebracht, dass die Zurückbehaltung des Kaufpreises und eine Aufrechnung unzulässig seien. Zu diesem Zeitpunkt seien das schriftliche Sachverständigengutachten vom 24. 5. 2005, der am 7. 10. 2005 beim Erstgericht eingelangte Nachtrag zum Sachverständigengutachten, die am 21. 5. 2007 eingelangte Gutachtensergänzung (Auseinandersetzung mit dem von den Beklagten eingeholten Privatgutachten) und die Ergebnisse des Ortsaugenscheins vom 16. 7. 2007 vorgelegen. Beim Ortsaugenschein habe das Erstgericht festgestellt, dass die Klimaanlage nicht funktioniere, bei einer Erntefahrt mit dem Mähdrescher bei einer Geschwindigkeit von 8 km/h die Halme zum Teil stehen blieben und dass zwischen Gewichts- und Feuchtigkeitsmessung am Mähdrescher und Abwaage und Messung mit geeichten Geräten große Differenzen bestanden. Auch wenn auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens und seiner Ergänzungen sowie des Ortsaugenscheins noch keine Tatsachenfeststellungen und keine abschließende Beurteilung von Gewährleistungsansprüchen möglich gewesen wäre, genügten diese jedoch, die erstmals nach dreijähriger Verfahrensdauer erfolgte Berufung auf das Zahlungszurückbehaltungs- und Aufrechnungsverbot als sittenwidrig und damit als unbeachtlich zu qualifizieren. Die beim Ortsaugenschein festgestellten Mängel seien schließlich auch in einem weiteren Nachtrag zum Sachverständigengutachten bestätigt worden. Die Beklagten könnten daher nicht zur Zahlung des Restkaufpreises verurteilt werden, ohne dass die Berechtigung ihrer Einwendungen gegen die Forderung der Klägerin inhaltlich geprüft würde. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil sich dieser nie mit der Frage habe auseinandersetzen müssen, welcher Grad an Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen von Mängeln und die Berechtigung von Gewährleistungsansprüchen gegeben sein müsse, damit die Berufung auf ein vereinbartes Zahlungszurückhaltungs- und Aufrechnungsverbot sittenwidrig und damit unbeachtlich sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der Klägerin gegen den Aufhebungsbeschluss ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 526 Abs 3 ZPO) Ausspruch nicht zulässig.
Die Klägerin hat im Schriftsatz vom 13. 12. 2004 den Mängelbehauptungen der Beklagten entgegengehalten, es sei zwar richtig, dass es nach Auslieferung des Mähdreschers zu Problemen gekommen sei, sämtliche gerügten Mängel seien jedoch im Sommer 2004 beseitigt worden. Sie hat nicht geltend gemacht, sie habe diese Mängelbehebung (Mängelbehebungsversuche) nur kulanzweise unternommen. Hat sie - trotz des in eine AGB-Klausel gekleideten Verzichts der Beklagten auf das Leistungsverweigerungsrecht und trotz der nicht vollständigen Kaufpreiszahlung - über Reklamation durch die Beklagten Verbesserungsarbeiten an der gelieferten Sache durchgeführt, ohne sich die Rechte aus dem Verzicht vorzubehalten, so kann dieses Verhalten nur als Anerkennung der Verpflichtung zur Behebung der von den Beklagten geltend gemachten Sachmängel am Liefergegenstand verstanden werden; ein solches Anerkenntnis lässt indes die nachträgliche Berufung auf die in den AGB enthaltene Klausel über das Zahlungszurückhaltungsverbot als sittenwidrig erscheinen (vgl dazu 1 Ob 277/98m; 5 Ob 524/83). Dieses Anerkenntnis, das die Verpflichtung des Verkäufers zur Verbesserung außer Frage stellt, kann - wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat (1 Ob 277/98m; Aicher in Rummel, ABGB3 § 1052 Rz 13a) - nicht geringer geachtet werden als der Befund eines gerichtlichen Sachverständigen, der die behaupteten Mängel für gegeben hält; nach dem Vorliegen eines solchen Befunds wäre aber die Berufung auf den vertraglichen Ausschluss des Rechts des Käufers auf Zurückhaltung des Entgelts bis zur Beseitigung der gerügten Mängel sittenwidrig und nicht weiter beachtlich (RIS-Justiz RS0016592 [T3, T5, T6]; 5 Ob 696/81 SZ 55/27; 1 Ob 277/98m). Da die Berufung auf das Zahlungszurückhaltungsverbot schon aus diesem in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bejahten Grund sittenwidrig ist, kommt es für die Entscheidung nicht auf die Lösung der vom Rekursgericht bezeichneten Rechtsfrage an.
Gemäß der Regelung des letzten Satzes des § 510 Abs 3 ZPO, der kraft Größenschlusses auch für die Zurückweisung eines von der zweiten Instanz wegen einer - in Wahrheit nicht vorliegenden - erheblichen Rechtsfrage zugelassenen Rekurses gegen einen Aufhebungsbeschluss im Berufungsverfahren nach § 519 Abs 2 ZPO gilt (RIS-Justiz RS0043691), konnte sich der Oberste Gerichtshof auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)