OGH 8Ob147/08p

OGH8Ob147/08p23.4.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Spenling und Hon.‑Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Glawischnig sowie den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Ernst M*****, 2.) Ruth M*****, wohnhaft ebendort, beide vertreten durch DDr. Manfred König, Rechtsanwalt in Saalfelden, gegen die beklagte Partei L***** GmbH, *****, vertreten durch Stolz & Schartner, Rechtsanwälte GmbH in Radstadt, wegen Vertragsaufhebung und 5.297 EUR sA (Revisionsinteresse 4.635 EUR sA), über die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 20. August 2008, GZ 53 R 258/08k‑13, womit infolge Berufung der Kläger das Urteil des Bezirksgerichts Saalfelden vom 5. Juni 2008, GZ 2 C 404/08v‑9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2009:0080OB00147.08P.0423.000

 

Spruch:

I.) a) Das angefochtene Urteil (Abweisung des Klage- und Eventualbegehrens) ist im Umfang der in der Revision vorgenommenen Klageeinschränkung auf 5.297 EUR sA hinsichtlich des (weiteren) Begehrens auf Aufhebung des Teilzeitnutzungsvertrags zwischen den Streitteilen vom 28. 7. 2003 wirkungslos.

b) Der Antrag der Kläger auf Anberaumung einer mündlichen Revisionsverhandlung wird abgewiesen.

II.) Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Kläger sind schuldig, der beklagten Partei die mit 492,56 EUR (darin 82,09 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Die Kläger sind Landwirte. Die beklagte Partei betreibt ein Hotel, in dem sie Appartements in Form eines Time‑Sharing‑Modells zu bestimmten Zeiten eines jeden Jahres gegen Leistung einer Einmalzahlung und eines jährlichen Beitrags dem Erwerber eines solchen Ferienrechts zur Verfügung stellt. Mit Vertrag vom 28. 7. 2003, abgeschlossen in der Schweiz, erwarben die Kläger ein solches Ferienrecht für eine Woche zum Kaufpreis von 10.000 CHF und einem Jahresbeitrag für das Jahr 2003 von 490 CHF. Die Laufzeit des Vertrags war bis 20. 1. 2050 vereinbart. Die Kläger leisteten die Zahlung. Der von allen Parteien unterfertigte Vertrag weist überdies auf (als ebenso verbindlich bezeichnete, von der beklagten Partei aufgelegte) Vertragsinformationen hin, die unter anderem die Anwendbarkeit österreichischen Rechts für den Vertrag bestimmen.

Die Kläger begehrten mit der am 10. 4. 2008 eingebrachten Klage nach mehrfacher Modifikation zuletzt die Aufhebung des mit der beklagten Partei abgeschlossenen Time‑Sharing‑Vertrags zum 20. 1. 2010 sowie die Zahlung von 5.297 EUR sA; hilfsweise die Aufhebung des Vertrags zum 20. 1. 2015 und die Zahlung von 4.635 EUR. Nach ständiger Rechtsprechung dürften Teilzeitnutzungsverträge nicht länger als für 10 bis 15 Jahre abgeschlossen werden. Es liege daher eine Teilnichtigkeit hinsichtlich der vereinbarten Vertragsdauer bis 2050 vor. Es bestehe sohin ein Rückforderungsanspruch der Kläger hinsichtlich des anteiligen Kaufpreises für 40 bzw jedenfalls 35 Jahre, der auf die §§ 878, 879 und 1431 ABGB sowie auf § 6 Abs 1 Z 1 KSchG gestützt werde.

Die beklagte Partei bestritt, beantragte Klageabweisung und wendete ein, dass eine Vertragsaufhebung frühestens nach 10 Jahren begehrt werden könne und diese Zeit noch nicht abgelaufen sei. Der Zimmerpreis in einem 4‑Stern Hotel vergleichbarer Kategorie betrage 75 EUR. Unter Berücksichtigung der Bonuswochen ergebe sich selbst bei der für die Kläger günstigsten Berechnungsvariante und einer Vertragsdauer von 10 Jahren ein Nutzungsvorteil von 31.500 EUR.

Das Erstgericht wies (nach Einschränkung des Verfahrens auf den Grund des Anspruchs und ohne weiteres Beweisverfahren) das Klagebegehren auf Zahlung von 4.536 EUR sA ab. Rechtlich vertrat es die Auffassung, dass nach der Rechtsprechung Vertragsbindungen des Ferienrechtserwerbers von maximal 10 bis 15 Jahren zulässig seien. Das Recht auf Vertragsaufhebung erwerbe der unzulässig lange an einen Vertrag Gebundene aber erst mit Ablauf der zulässigen Vertragsbindungsdauer, also erst nach 10 bis 15 Jahren ab Vertragsabschluss. Die frühzeitig erhobene Klage sei daher abzuweisen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger nicht Folge und bestätigte das Ersturteil mit der Maßgabe der gänzlichen Abweisung der Haupt‑ und Eventualbegehren, da sich aus dem Urteil des Erstgerichts ergebe, dass dieses erkennbar davon ausgegangen sei, dass das gesamte Klagebegehren nicht berechtigt sei. Es sprach weiters aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.

In der Entscheidung 1 Ob 176/98h = SZ 71/141 habe sich der Oberste Gerichtshof mit der Frage der zulässigen Vertragsdauer bei Time‑Sharing‑Verträgen eingehend auseinandergesetzt und ausgesprochen, dass die Höchstdauer eines Teilzeitnutzungsrechts je nach den sonstigen Einzelheiten des Vertrags im Bereich von 10 bis 15 Jahren liege; in dieser Entscheidung sei auch die vorzeitige Aufgreifbarkeit einer Teilnichtigkeit des Teilzeitnutzungsvertrags wegen überlanger Vertragsdauer verneint worden.

Beim Begehren auf Nichtigerklärung eines Vertrags handle es sich grundsätzlich um ein „Feststellungsbegehren". Gegen den rechtsgestaltenden Ausspruch einer Vertragsaufhebung zu einem erst in der Zukunft liegenden Zeitpunkt spreche, dass die Änderung der Rechtslage bei derartigen Klagen konstitutiv mit dem Gestaltungsurteil eintreten solle und nicht erst in mehr oder weniger ferner Zukunft. Der Rückforderungsanspruch der Kläger im Rahmen einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung lasse sich gleichfalls erst beurteilen, wenn die zulässige Vertragsdauer bei Schluss der Verhandlung erster Instanz schon verstrichen sei. Wenngleich nicht verkannt werde, dass der Erwerber eines Teilzeitnutzungsrechts bei einer Teilnichtigkeit des Vertrags durchaus ein Interesse an einer vorzeitigen Abschichtung haben könne, habe dies die Rechtsprechung bisher nicht als zulässig erachtet. Aus diesen Erwägungen müsse der Berufung der Kläger der Erfolg versagt bleiben.

Die ordentliche Revision sei zuzulassen, weil sich die Rechtsprechung bislang mit der Zulässigkeit einer Rechtsgestaltungsklage, mit der die Aufhebung eines Rechtsverhältnisses erst zu einem künftigen Zeitpunkt begehrt werde, noch nicht befasst habe.

Ausschließlich nur mehr gegen die Abweisung ihres Zahlungsbegehrens von 4.635 EUR sA richtet sich die Revision der Kläger wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinn der Stattgebung des Klagebegehrens hinsichtlich eines Betrags von 4.635 EUR sA abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Einleitend zu ihrer Revision erklären die Rechtsmittelwerber zwar ausdrücklich, das Klagebegehren um das Begehren auf Aufhebung des Teilzeitnutzungsvertrags vom 28. 7. 2003 auf das Klagebegehren von 5.297 EUR sA einzuschränken, wobei sich allerdings aus dem Rechtsmittelantrag in Verbindung mit den Rechtsmittelausführungen ergibt, dass tatsächlich nur der Zuspruch eines Betrags von 4.635 EUR sA begehrt wird und damit revisionsgegenständlich ist.

Weiters beantragen die Revisionswerber die Anberaumung einer mündlichen Revisionsverhandlung.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen; hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Zunächst ist im Hinblick auf die im Revisionsschriftsatz vorgenommene und auch im Revisionsverfahren nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich zulässige Klageeinschränkung (RIS‑Justiz RS0039644; vgl zum Meinungsstand auch Pimmer in Fasching/Konecny2 § 483 ZPO Rz 20 f; aM Zechner in Fasching/Konecny2 § 504 ZPO Rz 28 ff) gemäß § 483 Abs 3, § 513 ZPO spruchmäßig auszusprechen, dass die Berufungsentscheidung im Umfang der Klageeinschränkung wirkungslos ist.

Zum verbleibenden Begehren der Kläger hat der Oberste Gerichtshof Folgendes erwogen:

Die Rechtsmittelwerber begründen ihr Rechtsmittel im Wesentlichen damit, dass der gegenständliche „Ferienbesitzvertrag" hinsichtlich der Laufzeit bis 20. 1. 2050 bereits bei Vertragsabschluss im Sinn des § 879 ABGB unzulässig und daher teilnichtig gewesen sei. Mit dieser Vertragsänderung hinsichtlich der eingeschränkten Laufzeit entstehe ein Rückforderungsanspruch des benachteiligten Vertragspartners nach den §§ 877 sowie 1431 ff ABGB.

Dazu ist ganz allgemein festzuhalten, dass das Bereicherungsrecht nur die Aufgabe hat, ungerechtfertigte (also rechtsgrundlose) Vermögensverschiebungen rückgängig zu machen. Es darf kein rechtfertigendes Schuldverhältnis (Vertrag) vorliegen. Was aufgrund eines Vertrags geleistet wurde, kann hingegen nicht nach § 1431 ABGB zurückverlangt werden, wenn nicht insoweit der Vertrag beseitigt wird (zum Irrtum etwa RdW 1991, 142; 3 Ob 217/97a mwN; 6 Ob 304/99w). Die Zahlung der Kläger erfolgte jedoch gerade nicht rechtsgrundlos, sondern auf der Grundlage des von den Klägern selbst nunmehr als weiterhin rechtswirksam anerkannten Teilzeitnutzungsvertrags.

Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung 1 Ob 176/98h = SZ 71/141 - wenngleich er dort einen Sachverhalt zu beurteilen hatte, auf den das Teilzeitnutzungsgesetz (TNG BGBl 1997/32) noch nicht anwendbar war - trotzdem unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien (RV 574 BlgNR 20. GP) bereits ausführlich dargelegt, dass der Gesetzgeber mit dieser Neuregelung bloß die Absicht hatte, in die vorgefundene privatrechtliche Praxis der Umsetzung von Teilzeitnutzungsmodellen ausschließlich durch besondere gesetzliche Regelungen einzugreifen, ohne damit die Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten und die Möglichkeiten der grundsätzlichen Aufrechterhaltung ihm bekannter und in der Rechtswirklichkeit schon verwendeter Modelle (generell) zu missbilligen. Der Gesetzgeber habe den ausdrücklichen Anregungen im Begutachtungsverfahren, ein unabdingbares Auflösungsrecht des Erwerbers nach Ablauf von 5 Jahren vorzusehen, nicht folgen wollen, weil er eine solche Regelung im Hinblick auf § 6 Abs 1 Z 1 KSchG für entbehrlich gehalten habe. Ebensowenig habe er generelle Anordnungen über die Rechtsfolgen einer Auflösung treffen wollen, „insbesondere ob der Erwerber einen Teil des von ihm geleisteten Gesamtentgelts wieder zurückfordern könne und wie dieser Rückforderungsanspruch zu berechnen wäre". Der Oberste Gerichtshof ließ dahingestellt, ob die (dortigen) Kläger im Fall der Beendigung des Dauerschuldverhältnisses nach Erreichen der zulässigen Bindungsgrenze eine Teilabfindung für den auf eine Nutzungsperiode von 25 Jahren bezogenen Erwerbspreis begehren dürfen und - bejahendenfalls - wie eine solche Abfindung zu berechnen wäre.

Sowohl aus dieser als auch aus der nachfolgend ergangenen Entscheidung 2 Ob 199/00d (ecolex 2001, 743) geht hervor, dass der Oberste Gerichtshof tatsächlich nicht die lange Vertragsdauer an sich, sondern die überlange Bindung desVerbrauchers an den Vertrag, ohne die Möglichkeit, diesen aus anderen als wichtigen Gründen vor Ablauf der vereinbarten Vertragszeit auflösen oder die Teilnutzungsrechte effektiv veräußern zu können, als teilnichtig erachtet. Dieses Verständnis ist schon deshalb erforderlich, weil im Einzelfall der Verbraucher ja ein besonderes Interesse an einer extrem langen Vertragsdauer, während der auch sein Partner gebunden wäre, durchaus haben kann. Würde man die Auffassung vertreten, dass nach Ablauf der von der Judikatur als zulässig erachteten Höchstbindungsdauer das Vertragsverhältnis generell und automatisch infolge Teilnichtigkeit enden solle, könnte dies gerade berechtigten Interessen eines schützenswerten Erwerbers zuwider laufen.

Soweit Rubin (Konsequenzen überlanger Vertragsdauer und Timesharing, in ecolex 2001, 730) davon ausgeht, dass der Erwerber schon mit der Geltendmachung der Teilnichtigkeit zu erkennen gebe, dass er die ursprüngliche Vertragsdauer „nicht wünscht", ist vorweg auf die obigen Ausführungen zu verweisen. Danach ist somit nur die Einschränkung der Auflösungsmöglichkeit für den Erwerber (Bindung), nicht aber die Vertragsdauer an sich teilnichtig, sodass für die Zeit danach einerseits die Unwirksamkeit der Bindung geltend gemacht und andererseits der Vertrag zu einem bestimmten Zeitpunkt danach auch aufgelöst („Aufkündigung") werden kann. Aus den oben dargestellten Entscheidungen kann bereits abgeleitet werden, dass es sich um Rechtsverhältnisse handelt, die - jedenfalls auch - den Charakter von Dauerschuldverhältnissen haben (RIS‑Justiz RS0110645; vgl auch RS0027780) und bei denen nicht die Bestandsdauer als solche, sondern nur die (überlange) Bindung des Verbrauchers als teilnichtig angesehen wurde. Auch wenn man davon ausgeht, dass der zweite Schritt der Geltendmachung - die „Aufkündigung" - bereits lange vor dem vertraglichen Kündigungstermin erfolgen kann, so tritt doch erst mit dem Kündigungstermin die Beendigung der Vertragsverhältnisses ein und wird auch erst mit diesem Zeitpunkt der Bereicherungsanspruch als Folge des Wegfalls des Schuldverhältnisses und der Möglichkeit der weiteren Nutzung fällig. Es wurde ja schon als Ergebnis der zitierten Vorjudikatur festgehalten, dass nicht die Dauer des Vertragsverhältnisses samt der Nutzungsmöglichkeit und der dieser hier gegenüberstehende „Kaufpreis" (zuzüglich „Jahresbeiträgen") als unzulässig einzustufen sind, sondern dass dem Verbraucher der „Ausstieg" für eine zu lange Zeit verwehrt und insoweit der „Kaufpreis" zu lange gebunden ist. Dabei wird nicht verkannt, dass der „Kaufpreis" sehr starke Elemente eines „Mietzinses", aber etwa auch Finanzierungselemente hat (1 Ob 176/98h). Die Fälligkeit des Anspruchs aus der Auflösung (vgl zur Berechnung 1 Ob 176/98h) tritt jedoch erst mit dem Kündigungstermin ein.

Die Revision (gegen die Abweisung des nach Einschränkung restlich verbliebenen Klagebegehrens) ist daher nicht berechtigt. Der Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung über die Revision war gleichzeitig abzuweisen (RIS‑Justiz RS0043679).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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