OGH 2Ob199/00d

OGH2Ob199/00d8.9.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Ing. Martin H*****, 2. Maria H*****, beide vertreten durch Dr. Karl Franz Leutgeb, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei C***** AG, ***** vertreten durch Dr. Hans Oberndorfer und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen Zahlung von S 54.214,50 und Feststellung, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 27. März 2000, GZ 11 R 72/00k-13, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 6. Dezember 1999, GZ 12 C 884/99i-9, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit S 6.695,04 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 1.115,84, keine Barauslagen) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Kläger begehren die Feststellung, der zwischen den Streitteilen am 5. 10. 1995 zustande gekommene Beherbergungsvertrag sei aufgrund ihrer Kündigung seit 21. 4. 1997 aufgelöst. Weiters begehren sie die Zahlung von S 54.214,50 sA. Sie brachten dazu vor, bei dem mit der beklagten Partei abgeschlosenen "Beherbergungsvertrag" handle es sich um einen Time-Sharing-Vertrag, den sie am 18. 4. 1997 mit sofortiger Wirkung aufgelöst hätten. Sie seien bei Vertragsabschluss als Verbraucher der beklagten Partei als Unternehmer gegenübergestanden. Die vereinbarte Vertragsdauer binde sie unzumutbar lange. Die Urlaube könnten aufgrund einer nach Vertragsabschluss aufgetretenen Krankheit des Erstklägers nicht mehr konsumiert werden. Es sei ihnen unzumutbar, ihre Teilnahmerechte zu veräußern, weshalb ein wichtiger Grund für die Aufkündigung des Dauerschuldverhältnisses vorliege.

Die Beklagten bestritten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen wurden:

Die Kläger sind Ehegatten. Sie haben ein "Schnupperangebot" der beklagten Partei in Anspruch genommen und unterfertigten am 15. 9. 1995 einen "Beherbergungsvertrag", welcher von der beklagten Partei am 5. 10. 1995 angenommen wurde. In diesem verpflichtete sich die beklagte Partei den Klägern Beherbergungsrechte einzuräumen und deren Ausübung zu sichern. Der Vertrag enthält eine Dauer von 30 Jahren und räumt den Klägern das Recht ein, die Rechte und Pflichten an Dritte abzutreten. Im Falle des Todes geht der Vertrag auf die Erben über. Der Inhalt des Vertrages ist von beiden Vertragspartnern vollinhaltlich auf jeden Rechtsnachfolger zu überbinden. Die Verkäuferin erklärt sich bereit, im Umfang bis zu 10 % des Neuverkaufes eines Geschäftsjahres Verträge zurückzukaufen. Ein Rückkaufbegehren kann frühestens fünf Jahre nach vollständiger Bezahlung des Preises gestellt werden.

Die Kläger wussten bei Abschluss des Vertrages von der Herzerkrankung des am 29. 7. 1926 geborenen Erstklägers. Zum damaligen Zeitpunkt war er medikamentös gut eingestellt und bezog zusätzlich zu seiner Pension noch einen Nebenverdienst. Die Zweitklägerin war und ist voll erwerbstätig.

Im Jahr 1996 verschlechterten sich die Herzbeschwerden des Erstklägers und kamen Diabetes und hoher Blutdruck dazu, weshalb er seine Nebenbeschäftigung aufgeben musste. Aufgrund des Wegfalls dieses Zusatzeinkommens wollten die Kläger den gegenständlichern Vertrag kündigen. Wegen der Krankheit des Erstklägers sind die Kläger in ihren Urlaubsfahrten derzeit eingeschränkt. Sie unternehmen auch in Österreich keine Reisen mehr. Derzeit besteht beim Erstkläger eine chronische Herzschwäche aufgrund von Bluthochdruck und Pulsarrhytmie, weshalb gemeinsam mit einem chronischen Lungenasthma sein Belastungsgrad nur etwa 50 % der erwartungsgemäßen Altersnorm beträgt. Er sollte keine Reise von mehr als zweistündiger ununterbrochener Dauer ohne Begleitung kompetenter Personen und ohne die Möglichkeit sofortiger ärztlicher Hilfeleistung unternehmen.

Mit Schreiben vom 18. 4. 1997 kündigte der Rechtsvertreter der klagenden Parteien den gegenständlichen Vertrag auf.

Die beklagte Partei bot den Klägern an, die erworbenen Urlaubspunkte dritten Personen zu verkaufen, doch konnten die Kläger bislang keine Interessenten hiefür "auftreiben".

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, es liege keine unzumutbar lange Vertragsbindung vor. Auch der Gesundheitszustand des Erstklägers sei kein Grund für eine vorzeititge Auflösung des Vertrages, zumal einerseits auch die Zweitklägerin die Leistungen aus dem Vertrag in Anspruch nehmen könne und andererseits ohnehin die Möglichkeit einer Übertragung der Vertragsrechte auf Dritte sowie die Möglichkeit eines Rückkaufs bestehe.

Das von den Klägern angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, es sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteige S 52.000, die ordentliche Revision sei zulässig.

In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, das Teilzeitnutzungsgesetz (TNG), BGBl I 1997/32 und 82 sei auf die Rechtsbeziehung zwischen den Parteien nicht anzuwenden, weil ihr ein vor dem 1. 4. 1997 abgeschlossener Vertrag zugrunde liege. Der Oberste Gerichtshof habe in der Entscheidung vom 25. 8. 1998, 1 Ob 176/98h, zur Frage der übermäßig langen Bindung bei Time-Sharing-Verträgen - allerdings bei Verwendung eines Vereinsmodells - , die vor dem Inkrafttreten des TNG geschlossen worden seien, Stellung genommen. Er sei dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass in Abwägung der schutzwürdigen Interessen beider Partner die erlaubte Dauer der Verbraucherbindung - je nach den sonstigen Einzelheiten des konkreten Vertrages - im Bereich von 10 bis 15 Jahren liege. Im vorliegenden Fall hätten die Kläger ihre Teilnutzungsrechte erst am 5. 10. 1995 erworben und daher noch lange nicht jene zeitliche Bindungsgrenze erreicht, die zur Beendigung des Dauerschuldverhältnisses nach angemessener Zeit führen könne. Der zwischen den Streitteilen abgeschlossene Vertrag könne daher jedenfalls nicht aus dem Grund einer unzulässig langen Vertragsbindung aufgelöst werden. Ein Vertrag, der eine unzumutbar lange Bindungsfrist vorsehe, sei nämlich nicht zur Gänze nichtig und sofort auflösbar, sondern nach dem Grundsatz der Teilnichtigkeit erst nach Ablauf der angemessenen Bindungsfrist von 10 bis 15 Jahren.

Auch zur Frage der Vertragsauflösung aus wichtigem Grund wegen Krankheit habe der Oberste Gerichtshof in der zitierten Entscheidung Stellung genommen. Dabei habe er ausgeführt, dass selbst eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes noch nicht zur Vertragsauflösung aus wichtigem Grund berechtige. Die Kläger seien ja berechtigt, ihre Teilnutzungsrechte an Dritte zu veräußern. Sie hätten nicht vorgebracht, ob und welche Bemühungen sie unternommen hätten, ihre Rechte auf Dritte zu übertragen. Sie hätten aber dartun müssen, dass sie sich aller einem Verbraucher in Österreich gewöhnlich verfügbaren Mittel - wie etwa der Annoncierung oder eines Verkaufsvermittlers - bedient hätten. Sie hätten auch nicht vorgebracht, dass trotz solcher Bemühungen ihre Teilnutzungsrechte nach der aktuellen und künftig absehbaren Marktlage praktisch unveräußerbar wären.

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht für zulässig, weil zwar eine Judikatur zur Frage der zulässigen Bindungsdauer bei Time-Sharing-Verträgen nach dem "Vereinsmodell" vorliege, nicht aber zu einem - wie hier zu beurteilenden - "Beherbergungsvertrag". Gleiches gelte auch für die Frage der Vertragsauflösung aus wichtigem Grund wegen Krankheit des Teilnutzungsberechtigten.

Dagegen richtet sich die Revision der Kläger mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, das Rechtsmittel der Kläger zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage - der gegenteilige Ausspruch des Berufungsgerichtes ist nicht bindend - nicht zulässig.

Richtig ist zwar, dass der Entscheidung 1 Ob 176/98h vom 25. 8. 1998 (= immolex 1998, 341 = MietSlg 50.176, 50.241 [36] = RdW 1999, 22 = ZfRV 1999, 23) ein sogenanntes "Vereinsmodell" zugrundeliegt. Die Fragen der sittenwidrigen Bindungsdauer und der Berechtigung zur vorzeitigen Vertragsauflösung sind aber davon unabhängig, ob Teilzeitnutzungsrechte durch Beitritt zu einem Verein oder im Rahmen eines sonstigen entgeltlichen Vertrages erworben werden. Dieser ausführlich begründeten und mehrfach publizierten Entscheidung stehen keine gegenteiligen entgegen, weshalb der vom Berufungsgericht herangezogene Grund, weshalb die Revision zulässig sein soll, nicht zutrifft (RIS-Justiz RS0103384; RdW 1998, 406).

Aber auch in der Revision der klagenden Parteien werden keine erheblichen Rechtsfragen dargetan.

Diese vertreten die Ansicht, die Erkrankung des Erstklägers habe sich nach Vertragsabschluss weiter verschlechtert, weshalb er zur vorzeitigen Vertragsauflösung berechtigt sei. Es sei dem Unternehmer die Last aufzubürden, einen im 70. Lebensjahr stehenden Mann mit aller Vehemenz darauf hinzuweisen, dass eine Vertragsbindung, während welcher er grundsätzlich das Recht hätte, Auslandsurlaub zu konsumieren, bis ins 100. Lebensjahr für ihn schlichtweg keinen Sinn haben könne. Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen habe die Zweitklägerin im Rahmen ihrer Aussage auch ausdrücklich angegeben, dass sie vergeblich versucht habe, Interessenten aufzutreiben. Weiters habe der Oberste Gerichtshof in der zitierten Entscheidung 1 Ob 176/98h ausgeführt, es sei zunächst zu prüfen, ob überhaupt eine zumutbare Möglichkeit bestehe, die Teilnutzungsrechte zu veräußern; bei Verneinung derselben seien weitere Bemühungen nicht erforderlich. Erst wenn die Möglichkeit zumutbar sei, habe der Verbraucher konkret darzutun, dass er entsprechende Annoncen aufgegeben und sich eines Verkaufsvermittlers bedient habe. Der Verbraucher habe nur darzulegen, dass es ihm an einer zumutbaren Möglichkeit fehlte, die Teilnutzungsrechte zu veräußern. Die Unzumutbarkeit der Veräußerung hätten die Kläger aber behauptet und dargetan. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte das Berufungsgericht davon ausgehen müssen, dass der Versuch einer Weiterveräußerung den Klägern mangels jeglicher diesbezüglicher geschäftlicher Erfahrung sowie organisatorischer Einrichtung nicht zumutbar sei. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes liege eine "überraschende" Rechtsansicht vor, weil die Kläger gerade im Hinblick auf die zitierte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vorgebracht hätten, dass ihnen die Verwertung der Teilnutzungsrechte nicht zumutbar sei. Ein nicht ausreichend konkretisiertes Vorbringen, was die konkreten Versuche der Kläger, das Recht zu veräußern, betreffe, sei im Hinblick auf die Judikatur des Obersten Gerichtshofes unterblieben.

Überdies müsse aufgrund der konkreten Verhältnisse des Erstklägers im gegenständlichen Fall die Bindungsfrist deutlich kürzer als 10 Jahre sein, zumal sein Gesundheitszustand auch der beklagten Partei bekannt gewesen sei. Eine Frist von eineinhalb Jahren erscheine allein im Hinblick auf das Lebensalter des Erstklägers angemessen. Bei einem dem Unternehmer bekannten (hohen) Alter des Vertragspartners müsse der Unternehmer selbst damit rechnen, dass die Rechte aus dem Vertrag vom Konsumenten krankheitsbedingt allenfalls deutlich früher als beabsichtigt nicht ausgeübt werden können.

Diese Ausführungen sind nicht zutreffend. In der schon zitierten Entscheidung 1 Ob 176/98h hat der Oberste Gerichtshof dargelegt, dass einer Auflösung aus wichtigem Grund die Möglichkeit entgegenstehen kann, die Teilnutzungsrechte zu veräußern. Von dieser Rechtsansicht ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Dass eine Vertragsdauer von 30 Jahren bei einem 70-jährigen Mann für diesen selbst wenig Sinn hat, kann auch dem Erwerber der Teilnutzungsrechte selbst nicht verborgen geblieben sein. Vielmehr handelt es sich dabei um einen Umstand, der in der Person des auflösungswilligen Vertragspartners liegt und der für sich allein nicht zur Vertragsauflösung berechtigt. Im Übrigen hat der Oberste Gerichtshof in der zitierten Entscheidung 1 Ob 176/98 klargelegt, dass die Kläger behaupten und beweisen müssten, dass es ihnen an einer zumutbaren Möglichkeit fehlte, ihre Teilnutzungsrechte zu derzeit marktgerechten Bedingungen zu veräußern. Dazu haben die Kläger aber lediglich ausgeführt - die Aussage der Zweitklägerin als Partei kann das fehlende Vorbringen nicht ersetzen (RIS-Justiz RS0038037) - es sei unzumutbar, die Teilnutzungsrechte zu veräußern. Sie haben aber nicht konkret behauptet, welche Maßnahmen sie getroffen haben, um ihre Nutzungsrechte zu veräußern und weshalb diese erfolglos blieben bzw weshalb etwa eine Annoncierung oder die Inanspruchnahme eines Verkaufsvermittlers von vornherein aussichtslos gewesen wäre.

Wenn die Kläger meinen, aufgrund der persönlichen Verhältnisse des Erstklägers müsste die Bindungsfrist wesentlich kürzer sein, so hat diesbezüglich der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 1 Ob 176/98h ausgeführt, dass bei Umständen, die in der Sphäre des auflösungswilligen Vertragspartners liegen, der Stabilität der Vertragsbindung besondere Bedeutung zukommt.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes entspricht sohin der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, weshalb die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht gegeben sind.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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