Spruch:
Das Revisionsverfahren wird von Amts wegen fortgesetzt.
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Klägerin wurde von der beklagten Partei anlässlich der Geburt ihres Sohnes Christoph W***** am 9. 7. 2002 für den Zeitraum vom 4. 9. 2002 bis 31. 12. 2002 Kinderbetreuungsgeld in Höhe von insgesamt 1.729,07 EUR zuerkannt und ausbezahlt. Die im Rahmen eines Dienstverhältnisses bei der F***** W***** AG beschäftigte Klägerin konsumierte nach dem Bezug des Wochengeldes im Zeitraum vom 4. 9. 2002 bis 18. 10. 2002 ihren Urlaub und befand sich anschließend im Karenzurlaub. Für den Zeitraum ihres Urlaubs vom 4. 9. 2002 bis 18. 10. 2002 erhielt sie von ihrem Dienstgeber steuerpflichtige Bezüge in der Höhe von 5.607,87 EUR. Am 3. 6. 2004 erhielt die beklagte Partei von der F***** W***** AG die Lohnbestätigung zur Feststellung des Anspruchs der Klägerin auf Kinderbetreuungsgeld über den Abrechnungszeitraum September und Oktober 2002.
Mit Bescheid vom 21. 6. 2007 widerrief die beklagte Partei die Zuerkennung des Kinderbetreuungsgeldes für den Zeitraum vom 4. 9. 2002 bis 31. 12. 2002 und verpflichtete die Klägerin zum Rückersatz der unberechtigt empfangenen Leistung in der Höhe von insgesamt 1.729,07 EUR binnen 4 Wochen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin rechtzeitig Klage mit dem Begehren auf Feststellung, dass der von der beklagten Partei erhobene Anspruch auf Rückersatz nicht zu Recht bestehe und die Gewährung des Kinderbetreuungsgeldes von 1.729,07 EUR für den Zeitraum vom 4. 9. 2002 bis 31. 12. 2002 zu Recht erfolgt sei. Sie habe sich vor der Wiederaufnahme der unselbständigen Tätigkeit zu erkundigen versucht, in welchem Umfang sie tätig sein könne, ohne den Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld zu verlieren. Es sei ihr nicht möglich gewesen, eine richtige Auskunft zu erhalten. Sie habe Kinderbetreuungsgeld im guten Glauben an die Rechtmäßigkeit des Bezugs beantragt und das ausbezahlte Geld gutgläubig verbraucht.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im Wesentlichen ein, der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte der Klägerin für 2002 betrage nach § 8 KBGG 21.699,09 EUR. Da dieser Betrag den maßgebenden Grenzbetrag von 14.600 EUR gemäß § 2 Abs 1 Z 3 KBGG übersteige, bestehe kein Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für den Zeitraum vom 4. 9. 2002 bis 31. 12. 2002. Die Verpflichtung zum Ersatz der empfangenen Leistung bestehe insbesondere auch dann, wenn sich ohne Verschulden des Leistungsempfängers aufgrund des von der Abgabenbehörde an die beklagte Partei übermittelten Gesamtbetrags der Einkünfte ergebe, dass die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfange gebührt habe.
Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, „der Klägerin Kinderbetreuungsgeld von 14,53 EUR täglich für den Zeitraum vom 1. 11. 2002 bis 31. 12. 2002 zu bezahlen" und sprach aus, dass die beklagte Partei nicht berechtigt ist, das von der Klägerin in diesem Zeitraum empfangene Kinderbetreuungsgeld von 886,33 EUR zurückzufordern. Das Mehrbegehren auf Zahlung von Kinderbetreuungsgeld für den Zeitraum vom 4. 9. 2002 bis 31. 10. 2002 sowie auf Feststellung, „dass die beklagte Partei nicht berechtigt sei, das von der Klägerin in diesem Zeitraum empfangene Kinderbetreuungsgeld von 842,74 EUR zurückzufordern", wies es ab. Es vertrat in rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen die Auffassung, das Kinderbetreuungsgeld, insbesondere auch die Bestimmung des Grenzbetrags von 14.600 EUR als Jahresgrenze in § 8 KBGG, treffe keine Regelung, welche Zeiträume für die Prüfung einer Überschreitung der Zuverdienstgrenze heranzuziehen seien. Es liege daher eine planwidrige Gesetzeslücke vor, welche im Hinblick auf die Vorgängerbestimmung des § 2 Abs 3 KGG im Sinne einer monatlichen Betrachtungsweise auszufüllen sei. Die Klägerin habe somit Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für den Zeitraum vom 1. 11. 2002 bis 31. 12. 2002, nicht jedoch vom 4. 9. 2002 bis 31. 10. 2002. Das nachträglich hervorgekommene Einkommen der Klägerin verwirkliche den Rückforderungstatbestand des § 31 Abs 2 KBGG. Eine Berücksichtigung des behaupteten gutgläubigen Verbrauchs komme nicht in Betracht.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge. Es änderte das Ersturteil dahin ab, dass - unter Einbeziehung des in Rechtskraft erwachsenen Teils - das Klagebegehren, es werde festgestellt, dass der von der beklagten Partei erhobene Anspruch auf Rückersatz des an die Klägerin in der Zeit vom 4. 9. 2002 bis 31. 12. 2002 in der Höhe von insgesamt 1.729,07 EUR geleisteten Kinderbetreuungsgeldes nicht zu Recht bestehe, abgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde die Klägerin verpflichtet, der beklagten Partei das von ihr bezogene Kinderbetreuungsgeld in Höhe von 1.729,07 EUR binnen 14 Tagen zurückzuzahlen. Nach seinen Ausführungen sei der entscheidende Zeitraum für die Ermittlung der sogenannten Zuverdienstgrenze nach § 2 Abs 1 Z 3 iVm § 8 KBGG das Kalenderjahr. Alle in einem Kalenderjahr während der Kalendermonate mit Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes (Anspruchszeitraum) zugeflossenen Einkünfte im Sinne des § 8 Abs 1 KBGG seien zusammenzurechnen und auf einen Jahresbetrag hochzurechnen. Die Überschreitung der auf das Kalenderjahr bezogenen Zuverdienstgrenze durch die Klägerin bewirke, dass für das gesamte betreffende Kalenderjahr kein Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld bestehe und von der Klägerin somit das gesamte während des Kalenderjahres bezogene Kinderbetreuungsgeld zurückzuzahlen sei. Gegen diese Rechtslage bestünden auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Rückersatzverpflichtung nach dem KBGG vorliege.
Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Wiederherstellung des Ersturteils abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision im Hinblick auf die eindeutige Gesetzeslage zurückzuweisen bzw ihr keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat mit Beschluss vom 23. 9. 2008, 10 ObS 93/08m, die Revision der Klägerin schon deshalb, weil Bedenken gegen die Verfassungskonformität der präjudiziellen Bestimmungen der §§ 2 Abs 1 Z 3, 8 und 31 Abs 2 zweiter SatzKBGG in der hier anzuwendenden Fassung bestanden, für zulässig angesehen und beim Verfassungsgerichtshof gemäß § 89 Abs 2 B-VG einen entsprechenden Gesetzesprüfungsantrag gestellt. Mit der Fortführung des Revisionsverfahrens wurde gemäß § 62 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs innegehalten. Der Verfassungsgerichtshof wies mit seinem Erkenntnis vom 26. 2. 2009, G 139/08-6 diesen Gesetzesprüfungsantrag ab, weil er die in diesem Antrag und auch die in den anderen Gesetzesprüfungsanträgen vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht teilte. Nach Zustellung dieses Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs war das Revisionsverfahren von Amts wegen fortzusetzen.
Die Revisionswerberin macht in ihrem Rechtsmittel im Wesentlichen geltend, es fehle entsprechend der Rechtsansicht des Erstgerichts eine eindeutige gesetzliche Regelung, welche Zeiträume für die Prüfung einer Überschreitung der Zuverdienstgrenze heranzuziehen seien. Es liege daher insoweit eine planwidrige Gesetzeslücke vor, welche durch eine analoge Anwendung der Vorgängerbestimmung des § 2 Abs 3 KGG zu schließen sei. Danach sei für die Ermittlung der Überschreitung der Zuverdienstgrenze eine monatliche Betrachtungsweise vorzunehmen, wie dies der Entscheidung des Erstgerichts zutreffend zugrundegelegt worden sei. Demgegenüber würden bei einer Auslegung im Sinne des Rechtsstandpunkts des Berufungsgerichts, wonach als entscheidender Zeitraum für die Frage der Überschreitung der Zuverdienstgrenze das Kalenderjahr heranzuziehen sei, alle Nachteile aus der unklaren Formulierung der §§ 2 und 8 KBGG auf die Bezieher von Kinderbetreuungsgeld überwälzt, welche jedoch diese Unklarheit nicht zu vertreten hätten. Anstatt der komplizierten Regelung des § 8 KBGG hätte der Gesetzgeber einfach auf das Jahresnettoeinkommen abstellen können, um den jährlichen Ermittlungszeitraum klar zu definieren und daran den Entfall des gesamten in diesem Jahr gewährten Kinderbetreuungsgeldes knüpfen zu können.
Diesen Ausführungen hat der erkennende Senat bereits in seinem Beschluss vom 23. 9. 2008, 10 ObS 93/08m, entgegengehalten, dass aus dem Wortlaut der Bestimmungen der §§ 2 Abs 1 Z 3 und 8 Abs 1 Z 1 KBGG sowie aus den zitierten Gesetzesmaterialien eindeutig hervorgeht, dass der maßgebende Zeitraum für die Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte das Kalenderjahr ist. Alle in einem Kalenderjahr während der Kalendermonate mit Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes zugeflossenen Einkünfte sind zusammenzurechnen und auf einen (fiktiven) Jahresbetrag hochzurechnen. Lediglich bei einer Verzichtserklärung bleiben die während der Dauer des Verzichts auf die Auszahlung von Kinderbetreuungsgeld erzielten Einkünfte bei der Ermittlung des Grenzbetrags der Einkünfte außer Ansatz. Für die von der Revisionswerberin weiterhin angestrebte analoge Anwendung des § 2 Abs 3 KGG besteht daher schon mangels Vorliegens einer Gesetzeslücke kein Anlass. Der Gesetzgeber des KBGG ist vielmehr von der früheren Zuverdienstregelung bei vorübergehender Erwerbstätigkeit nach § 2 Abs 3 KGG („Nettoeinkommen in einem Kalendermonat") bewusst abgegangen und stellt nunmehr ausdrücklich auf die Einkünfte des gesamten Kalenderjahres ab.
Daraus folgt, dass die beklagte Partei den maßgebenden Gesamtbetrag der Einkünfte nach § 8 Abs 1 Z 1 KBGG mit den Betrag von 21.699,09 EUR zutreffend ermittelt und dieser Betrag den im Falle der Klägerin maßgebenden Grenzbetrag von 14.600 EUR (§ 2 Abs 1 Z 3 KBGG) überschritten hat. Die Klägerin ist daher gemäß § 31 Abs 2 KBGG zur Rückzahlung des gesamten von ihr im Kalenderjahr 2002 bezogenen Kinderbetreuungsgeldes von 1.729,07 EUR verpflichtet. Der Einwand des gutgläubigen Verbrauchs des Kinderbetreuungsgeldes durch die Klägerin wird im Revisionsverfahren im Hinblick darauf, dass die Rückforderungsbestimmung des § 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG lediglich auf den objektiven Umstand des Nichtvorliegens der Anspruchsvoraussetzungen abstellt, zu Recht nicht mehr aufrechterhalten.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts (Abweisung des Begehrens der Klägerin und Verpflichtung der Klägerin zum Rückersatz des von ihr für den Zeitraum vom 4. 9. 2002 bis 31. 12. 2002 bezogenen Kinderbetreuungsgeldes) steht daher im Einklang mit der vom Verfassungsgerichtshof als verfassungskonform beurteilten Gesetzeslage. Der Revision musste somit insgesamt ein Erfolg versagt bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Für einen Kostenersatz nach Billigkeit sind neben den rechtlichen (oder tatsächlichen) Schwierigkeiten des Verfahrens auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Versicherten maßgebend. Aktuelle berücksichtigungswürdige Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin, welche einen ausnahmsweisen Kostenersatz nach Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden nicht bescheinigt und sind aus der Aktenlage nicht ersichtlich.
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