Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Soweit mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochten, wurde DI Herbert R***** aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 5. Dezember 2007 in F***** den Gerichtsvollzieher Johann H***** zu töten versucht, indem er mit einem Messer zumindest 14 Mal auf dessen Brust-, Bauch- und Rückenbereich einstach. Angemerkt sei vorweg, dass die vom Angeklagten in der Hauptverhandlung nach Urteilsverkündung und Rechtsmittelbelehrung und nach Rücksprache mit dem Verteidiger abgegebene Erklärung, „volle Berufung" anzumelden (ON 76 S 38), unmissverständlich einen umfassenden Anfechtungswillen zum Ausdruck bringt, sodass damit deutlich und bestimmt auch Nichtigkeitsbeschwerde angemeldet wurde (§ 284 Abs 1 StPO; vgl RIS-Justiz RS0100007, RS0099951).
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das Urteil - dessen Spruch übrigens entgegen §§ 271 Abs 1 Z 7, 343 Abs 1 StPO im Protokoll über die Hauptverhandlung nicht aufscheint - aus Z 6 und 8 des § 345 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel. Aus dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund rügt der Angeklagte, dass den Geschworenen keine Eventualfrage in Richtung versuchten Totschlags nach §§ 15, 76 StGB und keine Zusatzfrage nach Zurechnungsunfähigkeit im Sinn des § 11 StGB gestellt wurde, aus dem zweitgenannten, dass ihnen keine Rechtsbelehrung über Totschlag (§ 76 StGB) erteilt wurde. Die Fragenrüge (Z 6) geht allerdings, soweit sie sich auf Depositionen des Johann H***** in der Hauptverhandlung stützt, nicht vom gesamten Inhalt seiner Aussage aus, wenn sie vorbringt, dass der Zeuge beim Angeklagten vor der Tat „eine Art starren Blick" beobachtet habe, und auf dieser Grundlage in Verbindung mit Ausführungen der Sachverständigen, wonach man „den starren Blick, den so genannten" auch dann kennt, „wenn jemand einfach eine massive Wut" hat (ON 76 S 33), das Vorliegen einer heftigen Gemütsbewegung als indiziert ansieht.
Tatsächlich sagte der Zeuge im angesprochenen Zusammenhang aus, die Stimmung sei normal gewesen, als er DI Herbert R***** über die einzubringende Forderung in Kenntnis setzte, es sei „gar nicht viel gesprochen" worden, „außer, dass er das nicht bezahlt". Er habe das „ganz normal gesagt", es sei ihm nicht aufgefallen, „dass er aufgeregt oder sonst etwas war". „Erst kurz bevor er mich packte, sah ich in seinen Augen eine Art starren Blick, aber das war ein Augenblick. Wütend oder in Rage oder aufgebracht war er nicht", berichtete der Zeuge (ON 76 S 8 unten, vgl S 10 oben). Daher beruht die eine Eventualfrage vermissende Rüge insoweitprozessordnungswidrig - nicht auf der Aussage des Zeugen in ihrer Gesamtheit, sondern auf einem aus dem Zusammenhang gerissenen Teil seiner Angaben (RIS-Justiz RS0120766; 1.1 und 1.2 iVm 1.4 und 1.5 des Vorbringens).
Wenn weiters eine „Konfliktsituation mit der Gemeinde" (nachdem „Mitarbeiter der Stadtverwaltung beim Begräbnis der Mutter des Angeklagten das falsche Grab ausgewählt haben"), deren Geldforderungen die Ursache für das Einschreiten des Gerichtsvollziehers gewesen seien, als Ursache einer heftigen Gemütsbewegung gesehen wird (1.3 der Beschwerde) mangelt es der eine Eventualfrage nach versuchten Totschlag vermissenden Kritik an jeglicher Fundierung der - solcherart substratlosten - Rechtsbehauptung allgemeiner Begreiflichkeit (vgl 13 Os 20/06z, SSt 2006/32 = EvBl 2006/116, 610; 13 Os 60/07h = RIS-Justiz RS0100677 [T4]). Davon, dass der Konnex zu diesem Tatbestandserfordernis ohnehin klar erkennbar, entsprechendes Rechtsmittelvorbringen mithin verzichtbar wäre, kann keine Rede sein.
Bei dem auf eine Zusatzfrage zielenden Einwand (ab Punkt 1.6 des Vorbringens) legt der Beschwerdeführer nicht dar, weshalb just die (aus medizinischer Sicht) Schuldunfähigkeit verneinende Schlussfolgerung der Sachverständigen diesen Schuldausschließungsgrund (§ 11 StGB) indiziert haben sollte. Warum geistige oder seelische Abnormität von höherem Grad schon für sich allein Zurechnungsunfähigkeit indizieren sollte, bleibt trotz der ausdrücklichen Differenzierung, die das Gesetz im § 21 StGB vornimmt, ebenso offen.
Die Instruktionsrüge (Z 8) geht daran vorbei, dass den Geschworenen Rechtsbelehrung nur zu gestellten Fragen zu erteilen ist (RIS-Justiz RS0117449, RS0100804 [T3], RS0101085).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§§ 285i, 344 StPO).
Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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