OGH 2Ob279/08f

OGH2Ob279/08f22.1.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. Grohmann, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Adoptionssache der Antragstellerinnen 1.) Dr. Krystyna L*****, geboren am 20. Mai 1941, 2.) Eva Maria W*****, geboren am 4. März 1926, beide *****, beide vertreten durch Dr. Martin Weiser, Rechtsanwalt in Wien, über den Revisionsrekurs der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 7. November 2008, GZ 43 R 702/08s-5, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 19. September 2008, GZ 2 Fam 14/08w-2, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die am 20. 5. 1941 geborene Erstantragstellerin (Wahlkind) und die am 4. 3. 1926 geborene Zweitantragstellerin (Wahlmutter) beantragen die Bewilligung des am 12. 9. 2008 geschlossenen Adoptionsvertrags. Die Erstantragstellerin ist polnische Staatsangehörige, die Zweitantragstellerin ist österreichische Staatsbürgerin. Im Antrag wird unter anderem behauptet, dass zwischen den Antragstellerinnen seit vielen Jahren eine, einer Mutter-Kind ähnelnde, intensive Beziehung und eine mehr als fünfjährige Wohngemeinschaft bestehen und die nicht verheiratete Zweitantragstellerin keine leiblichen Kinder hat.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Genehmigung des Adoptionsvertrags und Bewilligung der Annahme an Kindesstatt ab, weil dem nach § 26 IPRG (auch) anzuwendenden polnischen Recht eine Erwachsenenadoption unbekannt sei.

Das von beiden Antragstellerinnen angerufene Rekursgericht teilte diese Rechtsansicht. Selbst wenn der im Rekurs angezogene Art 22 § 1 des polnischen IPRG auf das Heimatrecht des Annehmenden verweise, enthalte das österreichische Recht zu den sachlichen Voraussetzungen einen Verweis auch auf das Recht des Wahlkindes.

Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil aufgrund der höchstgerichtlichen Judikatur (3 Ob 285/06t) zweifelhaft sei, ob § 26 Abs 1 erster Satz IPRG eine „Gesamtnormverweisung" oder nur eine Sachnormverweisung annehme.

In ihrem Revisionsrekurs beantragen die Antragstellerinnen die Bewilligung der Adoption; hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.

Die in der Zulassungsbegründung genannte Frage stellt sich hier nicht, weil eine Gesamtverweisung durch § 26 Abs 1 IPRG (also auf die von den Antragstellerinnen herangezogene Kollisionsnorm des Art 22 § 1 des polnischen Gesetzes über das internationale Privatrecht vom 12. 11. 1965, die ihrerseits auf das Heimatrecht des Annehmenden verweist) zu keinem anderen Ergebnis führt als eine reine Sachnormverweisung. In beiden Fällen sind die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Adoption im konkreten Fall nicht gegeben. Nach § 26 Abs 1 (ö) IPRG idF des FamErbRÄG 2004, BGBl I 2004/58, sind die Voraussetzungen der Annahme an Kindesstatt und der Beendigung der Wahlkindschaft nach dem Personalstatut jedes Annehmenden und dem Personalstatut des Kindes zu beurteilen. Ist das Kind nicht eigenberechtigt, so ist sein Personalstatut nur hinsichtlich der Zustimmung des Kindes oder eines Dritten, zu dem das Kind in einem familienrechtlichen Verhältnis steht, maßgebend.

Die Voraussetzungen einer Erwachsenenadoption sind im Sinn der zitierten Bestimmung kumulativ nach dem Personalstatut jedes Annehmenden und dem Personalstatut des erwachsenen Wahlkindes zu beurteilen (Verschraegen in Rummel3 IPRG § 26 Rz 3; Neumayr in KBB2 § 26 IPRG Rz 4).

Die Revisionsrekurswerber behaupten einen in Art 22 § 1 (polnisches) IPRG enthaltenen Rückverweis auf österreichisches Recht. Dieses setzt aber in § 180 Abs 2 ABGB für jede Adoption eines Kindes, das nicht das leibliche Kind des Ehegatten des Annehmenden oder mit dem Annehmenden verwandt ist, eine Altersdifferenz von mindestens 18 Jahren zwischen Wahlkind und Annehmenden voraus. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, die Wahlmutter ist nur um 15 Jahre und rund zweieinhalb Monate älter als das Wahlkind. § 180 Abs 2 ABGB lässt zwar eine geringfügige Unterschreitung der Altersdifferenz zu, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Wahlkind bereits eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern entsprechende Beziehung besteht. Dabei darf es sich aber jedenfalls nicht um Jahre handeln (Schwimann in Schwimann³ I § 180 ABGB Rz 2; Hopf in KBB2 § 180 ABGB Rz 2; Stabentheiner in Rummel3 § 180 ABGB Rz 2): Eine Unterschreitung um drei Jahre ist ebensowenig geringfügig (RIS-Justiz RS0048738) wie eine um 22 Monate (Schwimann aaO). Toleriert wurde in der höchstgerichtlichen Judikatur etwa eine Unterschreitung von acht Monaten (bei einer mindestens 16-jährigen Altersdifferenz im Fall der Adoption eines leiblichen Kindes des Ehegatten des Annehmenden oder eines Verwandten des Annehmenden), wenn bereits eine besonders intensive und gefestigte Eltern-Kind Beziehung bestanden hat (RIS-Justiz RS0112627 [T2]). Die hier vorliegende Unterschreitung der geforderten 18-jährigen Altersdifferenz um zwei Jahre und rund neuneinhalb Monate ist nach diesen Kriterien nicht mehr als geringfügig zu bezeichnen.

In beiden kollisionsrechtlichen Varianten (Gesamtverweisung oder Sachnormenverweisung) steht das (jedenfalls auch) anzuwendende österreichische Recht der Adoption entgegen. Auf die im Revisionsrekurs weiters relevierte Frage, ob das polnische Recht doch eine Erwachsenenadoption zulässt, kommt es ebenfalls nicht an.

Stichworte