OGH 10ObS185/08s

OGH10ObS185/08s22.12.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. LL.M. Michael Maschl und Dr. Christoph Kainz (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Günther S*****, vertreten durch Mag. Bernhard Stimitzer, Rechtsanwalt in Bad Goisern, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, vertreten durch Bachmann & Bachmann, Rechtsanwälte in Wien, wegen Rückforderung von Kinderbetreuungsgeld (Streitwert 5.303,45 EUR), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. September 2008, GZ 11 Rs 61/08g-9, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Wels als Arbeits- und Sozialgericht vom 11. Februar 2008, GZ 17 Cgs 299/07k-5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Oberste Gerichtshof stellt gemäß Art 89 Abs 2 B-VG (Art 140 Abs 1 B-VG) an den Verfassungsgerichtshof den Antrag,

1. § 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG in der Stammfassung (BGBl I 2001/103) als verfassungswidrig aufzuheben und

2. auszusprechen, dass

  1. a) § 2 Abs 1 Z 3 KBGG in der Stammfassung (BGBl I 2001/103) und
  2. b) § 8 KBGG in der Stammfassung (BGBl I 2001/103) - in eventu § 8 Abs 1 KBGG in der Stammfassung (BGBl I 2001/103)

    verfassungswidrig waren.

    Mit der Fortführung des Revisionsverfahrens wird gemäß § 62 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs innegehalten.

Text

Begründung

Die beklagte Partei gewährte dem Kläger anlässlich der Geburt seiner Tochter Laura am 3. 8. 2002 für den Zeitraum vom 1. 1. 2003 bis 31. 12. 2003 Kinderbetreuungsgeld in Höhe von 5.303,45 EUR sowie einen Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld von 2.211,90 EUR. Mit Bescheid vom 15. 11. 2007 widerrief die beklagte Partei die Zuerkennung des Kinderbetreuungsgeldes und des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld für den Zeitraum vom 1. 1. 2003 bis 31. 12. 2003 und verpflichtete den Kläger zum Rückersatz der unberechtigt empfangenen Leistungen in Höhe von insgesamt 7.515,35 EUR binnen 4 Wochen. Der Kläger habe im Jahr 2003 Einkünfte aus seinem Gewerbebetrieb in Höhe von 12.731,69 EUR sowie aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 142,82 EUR erzielt. Daraus errechne sich gemäß § 8 KBGG für das Jahr 2003 ein maßgeblicher Gesamtbetrag der Einkünfte von 15.732,56 EUR. Da der Kläger damit die im Jahr 2003 geltenden Grenzbeträge gemäß § 2 Abs 1 Z 3 KBGG von 14.600 EUR sowie gemäß § 9 Abs 3 KBGG von 3.997 EUR überschritten habe, habe er die unberechtigt bezogenen Leistungen gemäß §§ 30 Abs 2, 31 Abs 2 KBGG zurückzuzahlen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger rechtzeitig eine Klage auf Feststellung, „dass die im Zeitraum vom 1. 1. 2003 bis 31. 12. 2003 bezogenen Leistungen in Höhe von 7.515,35 EUR (Kinderbetreuungsgeld und Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld) als berechtigt empfangen gelten". Er brachte im Wesentlichen vor, dass die für die Rückforderung maßgebenden Bestimmungen des KBGG verfassungswidrig seien. Im Übrigen liege ein Härtefall iSd § 31 Abs 4 KBGG vor, weshalb die beklagte Partei auf die Rückforderung des Kinderbetreuungsgeldes sowie des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld zu verzichten habe. Es liege lediglich eine geringfügige, unvorhersehbare Überschreitung der Zuverdienstgrenze im Sinne der KBGG-Härtefälle-Verordnung vor. Eine Rückforderung sei auch im Hinblick auf seine Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse unbillig.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und die Verpflichtung des Klägers zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Leistungen. Bloße Umsatzschwankungen, die im Wesen der unternehmerischen Tätigkeit liegen, könnten keine Unvorhersehbarkeit der Überschreitung der Zuverdienstgrenze im Sinne der KBGG-Härtefälle-Verordnung begründen. Im Übrigen liege hinsichtlich des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld die Überschreitung der gemäß § 8 KBGG festgestellten Einkünfte ohnehin weit über der in § 1 lit a KBGG-Härtefälle-Verordnung vorgesehenen Grenze.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, von der Rückforderung des für den Zeitraum vom 1. 1. 2003 bis 31. 12. 2003 bezogenen Kinderbetreuungsgeldes in Höhe von 5.303,45 EUR abzusehen (Punkt 1. des Urteilsspruchs). Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, auch von der Rückforderung des für denselben Zeitraum ausbezahlten Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld in Höhe von 2.211,90 EUR abzusehen, wies das Erstgericht ab. Es sprach weiters aus, dass die Zuerkennung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld für den Zeitraum vom 1. 1. 2003 bis 31. 12. 2003 widerrufen werde und der Kläger schuldig sei, der beklagten Partei binnen 14 Tagen den Betrag von 2.211,90 EUR an Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2003 zurückzubezahlen (Punkt 2. des Urteilsspruchs). Es stellte im Wesentlichen fest, dass der Kläger seit etwa 10 Jahren einen selbständigen Musikalienhandel betreibt. Die Einkünfte aus diesem Gewerbebetrieb (zuzüglich geringer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung) betrugen im Jahr 2000 41.994 ATS, im Jahr 2002 6.088,36 EUR, im Jahr 2003 12.874,51 EUR, im Jahr 2005 20.101,69 EUR und im Jahr 2006 13.216,72 EUR. Im Jahr 2001 erwirtschaftete der Kläger einen Verlust von 26.880 ATS und im Jahr 2004 einen solchen von 11.985,73 EUR. Das genaue jährliche Einkommen des Klägers ist abhängig vom Erfolg auf dem Markt und daher nicht konkret prognostizierbar.

In rechtlicher Hinsicht gelangte das Erstgericht zu dem Ergebnis, dass sich für das Jahr 2003 ein Gesamtbetrag von Einkünften iSd § 8 KBGG in Höhe von 15.731,87 EUR ergebe und damit der maßgebende Grenzbetrag von 14.600 EUR für den Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld (§ 2 Abs 1 Z 3 KBGG) um ca 8 % und der maßgebende Grenzbetrag von

3.997 EUR für den Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld (§ 9 Abs 3 KBGG) um beinahe 400 % überschritten worden sei. Hinsichtlich des Bezugs von Kinderbetreuungsgeld liege ein Härtefall iSd § 31 Abs 4 KBGG iVm § 1 lit a KBGG-Härtefälle-Verordnung vor, weil die Überschreitung der Zuverdienstgrenze geringfügig und für den Kläger nicht vorhersehbar gewesen sei. Die beklagte Partei sei daher verpflichtet, von der Rückforderung des Kinderbetreuungsgeldes Abstand zu nehmen. Hingegen lägen die Voraussetzungen für ein Absehen von der Rückforderung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld im Sinne der KBGG-Härtefälle-Verordnung nicht vor, weil hier der Grenzbetrag um fast 400 % überschritten worden sei und eine Rückforderung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld auch im Hinblick auf die näher festgestellten Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers nicht unbillig erscheine. Während die Entscheidung des Erstgerichts hinsichtlich der Verpflichtung des Klägers zum Rückersatz des von ihm bezogenen Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld unbekämpft blieb und somit in Rechtskraft erwachsen ist, bekämpfte die beklagte Partei den Ausspruch des Erstgerichts (Punkt 1. des Urteilsspruchs), wonach von der Rückforderung des vom Kläger für den Zeitraum vom 1. 1. 2003 bis 31. 12. 2003 bezogenen Kinderbetreuungsgeldes in Höhe von 5.303,45 EUR abzusehen sei. Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil dahin ab, dass das gesamte Klagebegehren, es werde festgestellt, dass die im Zeitraum vom 1. 1. 2003 bis 31. 12. 2003 bezogenen Leistungen in Höhe von 7.515,35 EUR (Kinderbetreuungsgeld und Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld) als berechtigt empfangen gelten, abgewiesen werde. Weiters sprach es aus, dass die Zuerkennung des Kinderbetreuungsgeldes und des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld für die Zeit vom 1. 1. 2003 bis 31. 12. 2003 widerrufen werde und der Kläger schuldig sei, der beklagten Partei den Betrag von 7.515,35 EUR in 74 monatlichen Teilbeträgen von je 100 EUR und den letzten Teilbetrag von 115,35 EUR ab dem dem Eintritt der Rechtskraft dieser Entscheidung folgenden Monatsersten zu zahlen.

Nach seiner rechtlichen Beurteilung bestünden gegen die für die Rückforderung des Kinderbetreuungsgeldes maßgebenden Bestimmungen des KBGG keine verfassungsrechtliche Bedenken. Über die Frage, ob ein Härtefall im Sinne der KBGG-Härtefälle-Verordnung vorliege, könne erst nach Rechtskraft der der Rückforderung zugrundeliegenden Entscheidung und nur über Ansuchen des Rückzahlungsverpflichteten in einem sogenannten „nachgeschalteten" Verwaltungsverfahren entschieden werden. Das Gericht könne aber auch in einer Rechtsstreitigkeit über den Rückersatz von Kinderbetreuungsgeld bzw Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld die Zahlung in Raten anordnen (§ 89 Abs 4 zweiter Satz ASGG).

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob eine Entscheidung über das Vorliegen eines Härtefalls iSd § 31 Abs 4 KBGG erst nach Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung über das Bestehen einer Rückersatzverpflichtung erfolgen könne, noch nicht vorliege.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Ersturteils. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil die Bedenken gegen die Verfassungskonformität der präjudiziellen Bestimmungen der §§ 2 Abs 1 Z 3, 8 und 31 Abs 2 zweiter SatzKBGG in der hier anzuwendenden Fassung ein Normenprüfungsverfahren angezeigt erscheinen lassen. Der Revisionswerber macht in seinem Rechtsmittel im Wesentlichen verfassungsrechtliche Bedenken gegen die für die Rückforderung des Kinderbetreuungsgeldes maßgebenden Bestimmungen des KBGG geltend und vertritt weiters die Ansicht, dass ein Härtefall im Sinne der KBGG-Härtefälle-Verordnung vorliege, welcher von den Gerichten im gegenständlichen Verfahren wahrzunehmen sei.

Der erkennende Senat hat dazu Folgendes erwogen:

Voranzustellen ist, dass im Revisionsverfahren nur noch die Frage des Rückersatzes des vom Kläger für das Jahr 2003 bezogenen Kinderbetreuungsgeldes in Höhe von 5.303,45 EUR strittig ist. Es wird vom Revisionswerber auch nicht mehr in Zweifel gezogen, dass der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte gemäß § 8 Abs 1 Z 2 KBGG von 15.732,56 EUR den für das Jahr 2003 geltenden Grenzbetrag gemäß § 2 Abs 1 Z 3 KBGG von 14.600 EUR um 1.132,56 EUR überschritten hat. Der Kläger ist daher aufgrund der hier anzuwendenden Gesetzeslage grundsätzlich zur Rückzahlung des gesamten von ihm für das Jahr 2003 bezogenen Kinderbetreuungsgeldes in Höhe von 5.303,45 EUR verpflichtet, weil die durch die Novelle des KBGG, BGBl I 2007/76, in § 8a KBGG geschaffene Einschleifregelung gemäß § 49 Abs 14 KBGG idF BGBl I 2007/76 nur auf Bezugszeiträume nach dem Jahr 2007 anzuwenden ist und daher im vorliegenden Fall noch keine Anwendung zu finden hat. Durch die KBGG-Härtefälle-Verordnung (BGBl II 2001/405 idgF) wird die Rückforderung für bestimmte Fälle (Härtefälle) bei Vorliegen näher definierter Voraussetzungen zwar eingeschränkt bzw aufgehoben, aber nicht grundsätzlich beseitigt.

Der erkennende Senat hat bereits in mehreren Entscheidungen (vgl 10 ObS 81/08x, 10 ObS 93/08m jeweils vom 23. 9. 2008) ausgeführt, dass gegen die Bestimmungen der §§ 2 Abs 1 Z 3, 8 und 31 Abs 2 zweiter SatzKBGG in der im vorliegenden Fall jeweils anzuwendenden Fassung folgende verfassungsrechtliche Bedenken bestehen:

a) Gegen die Anknüpfung der Zuverdienstgrenze (§ 2 Abs 1 Z 3 KBGG) für den Bezug des Kinderbetreuungsgeldes an das steuerliche Einkommen (§ 8 Abs 1 Z 2 KBGG) bestehen insofern Bedenken, als das steuerliche Einkommen einzelner Einkunftsarten leicht von einem Jahr in ein anderes Jahr verschoben werden kann, also nicht dem tatsächlich erwirtschafteten Einkommen entsprechen muss (vgl Doralt, Kindergeld:

Zuverdienstgrenze verfassungswidrig? RdW 2007/328, 308). Gegen die in § 8 Abs 1 Z 2 KBGG auch für Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit - ebenso wie in § 8 Abs 1 Z 1 KBGG für Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit - vorgesehene Hochrechnung der auf den Anspruchszeitraum entfallenden Einkünfte auf einen Jahresbetrag bestehen insofern Bedenken, als es sich dabei oftmals um Zufallsergebnisse handeln wird, die für die Betroffenen nicht vorhersehbar sind und die insbesondere bei starken Einkommensschwankungen die beim Anspruchsberechtigten bzw dessen Partner tatsächlich bestehenden Einkommensverhältnisse nicht richtig wiedergeben.

b) Weiters bestehen verfassungsrechtliche Bedenken gegen die hier maßgebende Gesetzeslage auch insofern, als nach der im vorliegenden Fall maßgebenden Rechtslage bei Überschreiten der Zuverdienstgrenze das gesamte, im betreffenden Kalenderjahr gebührende Kinderbetreuungsgeld zurückzuzahlen ist, sofern nicht ein Härtefall vorliegt. Die in der Bestimmung des § 8a KBGG in der Fassung BGBl I 2007/76 nunmehr vorgesehene Einschleifregelung ist, wie bereits dargelegt wurde, nur auf Bezugszeiträume nach dem Jahr 2007 anzuwenden und findet daher im vorliegenden Fall keine Anwendung.

c) Nach der nicht angreifbaren Bestimmung des § 31 Abs 1 KBGG besteht eine Verpflichtung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen, wenn der Leistungsbezieher den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Nach § 31 Abs 2 erster Satz KBGG in der Fassung BGBl I 2003/122 besteht die Verpflichtung zum Ersatz der empfangenen Leistung auch dann, wenn rückwirkend eine Tatsache festgestellt wurde, bei deren Vorliegen kein Anspruch besteht oder die zur Ermittlung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte (§ 8 KBGG) erforderliche Mitwirkung trotz Aufforderung innerhalb angemessener Frist verweigert wird. Darüber hinaus ist der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz gemäß § 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG in der Stammfassung auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden aufgrund des von der Abgabenbehörde an die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse übermittelten Gesamtbetrags der Einkünfte ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührt hat.

Den Empfänger des Kinderbetreuungsgeldes trifft somit nach dieser Bestimmung schlechthin das Risiko, dass er die Leistung zur Gänze zu Unrecht empfangen hat, weil seine (fiktiven) Einkünfte die Zuverdienstgrenze überschreiten. Die verfassungsrechtlichen Bedenken des erkennenden Senats gehen nun dahin, ob das mit dem erklärten Zweck der teilweisen Abgeltung der Betreuungsleistung und der mit einer außerhäuslichen Betreuung von Kindern verbundenen finanziellen Belastung der Eltern gewährte Kinderbetreuungsgeld ohne jede weitere Voraussetzung, insbesondere auch ohne jedes Verschulden des Leistungsempfängers, auch nach Verbrauch des Geldes noch zur Gänze zurückverlangt werden darf, wenn das Überschreiten der Zuverdienstgrenze im Jahreseinkommen im Zeitpunkt des Empfangs (Verbrauchs) der Leistung noch nicht voraussehbar, sondern erst nachträglich erkennbar war oder überhaupt erst durch nachfolgende Ereignisse ausgelöst wurde (vgl VfSlg 14.095 betreffend die Verpflichtung zur Rückzahlung von Arbeitslosengeld bzw Notstandshilfe zur Gänze infolge Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze des Einkommens eines selbständig Erwerbstätigen ohne Vorhersehbarkeit der Ungebührlichkeit der Leistung wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz). Durch die KBGG-Härtefall-Verordnung (BGBl II 2001/405 idgF) wird eine mögliche Verletzung des aus dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz abzuleitenden Sachlichkeitsgebots zwar für bestimmte Fälle (Härtefälle) ausgeschlossen, aber nicht grundsätzlich behoben.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs müssen die Grenzen der Anfechtung sowie dann der Aufhebung in einem auf Antrag eingeleiteten Gesetzesprüfungsverfahren so gezogen werden, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfasst werden (VfSlg 14.890 mwN). Dass gesetzliche Bestimmungen durch die Aufhebung anderer Bestimmungen unanwendbar werden, führt für sich allein noch nicht dazu, dass diese Bestimmungen miteinander in untrennbarem Zusammenhang stehen (VfSlg 16.948 mwN). Die im Hinblick auf den Anfechtungsumfang gebotene Abwägung obliegt in einem auf Antrag eingeleiteten Gesetzesprüfungsverfahren zunächst dem Antragsteller (VfSlg 13.772 mwN).

Der antragstellende Senat geht im Sinne dieser Grundsätze davon aus, dass die Regelungen des § 8 KBGG betreffend die Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte eine sachlich untrennbare Einheit bilden, sodass sie nur gemeinsam angefochten werden können. § 8 Abs 1 Z 1 KBGG regelt die Berechnungsweise für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit; § 8 Abs 1 Z 2 KBGG jene für „andere Einkünfte", wobei auch in dieser Regelung inhaltlich ausdrücklich auf die Definition des „Anspruchszeitraums" und die Berechnungsweise in § 8 Abs 1 Z 1 KBGG Bezug genommen wird. Auch § 8 Abs 2 KBGG nimmt ausdrücklich Bezug auf die Ermittlung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte nach Abs 1 dieser Gesetzesstelle. Diese Bestimmung enthält eine Regelung betreffend die Ermittlung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte bei Verzicht auf den Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld bzw Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld (in der Fassung BGBl I 2003/122) und steht damit ebenfalls in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Regelung des § 8 Abs 1 KBGG. Es ist daher nach Ansicht des antragstellenden Senats nicht möglich, einzelne - allenfalls nicht aktuell wirksame - Teile aus der Gesamtregelung des § 8 KBGG herauszulösen. Für den Fall, dass jedoch das Vorliegen eines sachlich untrennbaren Zusammenhangs zwischen der Regelung des § 8 Abs 1 KBGG und jener des § 8 Abs 2 KBGG verneint wird, wird eventualiter die Feststellung begehrt, dass § 8 Abs 1 KBGG in der Stammfassung verfassungswidrig war. Weiters bestehen im konkreten Anlassfall aus den dargelegten Gründen auch verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung der Anspruchsberechtigung in § 2 Abs 1 Z 3 KBGG sowie der Rückforderungsbestimmung des § 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG jeweils in der Stammfassung.

Der Oberste Gerichtshof sieht sich daher auch im vorliegenden Verfahren veranlasst, im Hinblick auf eine Verletzung des Gleichheitssatzes und einen unzulässigen Eingriff in das Eigentumsrecht einen entsprechenden Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof zu stellen. Da die Bestimmungen der §§ 2 Abs 1 Z 3 und 8 KBGG in der hier jeweils anzuwendenden Fassung nicht mehr in Kraft sind, war im Sinne des Art 89 Abs 3 B-VG insoweit die Entscheidung zu begehren, dass diese Rechtsvorschriften verfassungswidrig waren.

Die Anordnung der Innehaltung des Verfahrens beruht auf der im Spruch zitierten Gesetzesstelle.

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