Spruch:
Das Revisionsrekursverfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften über den vom Obersten Gerichtshof am 4. 11. 2008 in der Rechtssache (Grundbuchsache) 5 Ob 162/08x gestellten Antrag auf Vorabentscheidung unterbrochen. Nach Einlangen der Vorabentscheidung wird das Revisionsrekursverfahren von Amts wegen fortgesetzt werden.
Text
Gründe:
Der Antragsteller, der angab, italienischer Staatsbürger und somit EU-Bürger zu sein, begehrt die Einverleibung seines Eigentumsrechts an Liegenschaftsanteilen der EZ 2693 KG ***** aufgrund eines Kaufvertrags mit der F***** GmbH. Letztere ist nicht verbücherte Zwischenerwerberin der bezeichneten Liegenschaftsanteile und leitet ihr Eigentumsrecht von der Firma V***** GmbH ab. Die Zwischenerwerberin FIAG F***** GmbH hat ihren satzungsgemäßen Sitz im Inland, alle Anteile an dieser Gesellschaft werden ausschließlich von Schweizer Aktiengesellschaften gehalten.
Das Erstgericht gab dem Verbücherungsbegehren statt. Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung im Sinn einer Antragsabweisung ab.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteigt und der Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil der Antrag schon mangels Vorlage eines Staatsbürgerschaftsnachweises des Antragstellers abzuweisen sei.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts erweist sich der Revisionsrekurs als zulässig, weil ein zufolge § 95 Abs 3 GBG im Grundbuchsverfahren von Amts wegen zu behandelnder weiterer Abweisungsgrund vom Rekursgericht unrichtig beurteilt wurde. Insofern liegt eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG vor (RIS-Justiz RS0029353; RS0042767).
Zum hinsichtlich der Ausländereigenschaft der Zwischenerwerberin genehmigungsfreien Liegenschaftserwerb stützt sich der Antragsteller auf § 3 Abs 3 WrAuslGEG iVm Art 25 Anh I des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit gemäß Verordnung (EG) Nr 1606/98 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft L 114 vom 30. 4. 2002).
Noch im außerordentlichen Revisionsrekurs stützt sich der Antragsteller darauf, dass dieses am 1. 6. 2002 in Kraft getretene Freizügigkeitsabkommen der Zwischenerwerberin ein unbeschränktes Recht zum Liegenschaftserwerb ermögliche, ohne dass dieses Rechtsgeschäft einer behördlichen Genehmigung oder einer sogenannten Negativbestätigung bedürfe.
Ausländer iSd § 1 WrAuslGEG sind zufolge dessen § 2 Abs 3 auch juristische Personen mit dem satzungsgemäßen Sitz im Inland, an denen Ausländer (natürliche oder juristische Personen) überwiegend beteiligt sind.
Der Oberste Gerichtshof hat mit Beschluss vom 4. 11. 2008 zu 5 Ob 162/08x in einer Grundbuchsache der im gegenständlichen Verfahren als Zwischenerwerberin auftretenden F***** GmbH auf Verbücherung von Liegenschaftsanteilen derselben Liegenschaft dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß § 234 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
„1. Ist Art 25 Anhang (Anh) I des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit vom 30. 4. 2002, ABl L/114, 6 (EG-Abk Schweiz 2002) so auszulegen, dass die für den Erwerb von Immobilien angeordnete Gleichstellung mit Inländern ausschließlich für natürliche Personen gilt, nicht aber für Gesellschaften?
2. Bei Bejahung von Frage 1
Sind die Bestimmungen des Wiener Ausländergrunderwerbsgesetzes (WrAuslGEG), die bei Erwerb von Immobilien durch ausländische Gesellschaften iSd § 2 Z 3 WrAuslGEG die Vorlage einer Bestätigung über die nicht gegebene Genehmigungspflicht fordern (§ 5 Abs 4 WrAuslGEG, § 3 Z 3 WrAuslGEG), eine nach Art 57 Abs 1 EG gegenüber der Schweiz als Drittland zulässige Beschränkung des freien Kapitalverkehrs (Art 56 EG)?"
Diese Vorlagefrage ist auch für den hier zu beurteilenden Fall maßgeblich, weshalb es zweckmäßig und geboten ist, mit der Entscheidung bis zu jener des Europäischen Gerichtshofs über das gestellte Vorabentscheidungsersuchen zuzuwarten und das Verfahren zu unterbrechen. Der Oberste Gerichtshof hat auch in Rechtssachen, in denen er nicht unmittelbar Anlassfallgericht ist, von einer allgemeinen Wirkung der Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs auszugehen und diese daher auch auf andere Fälle als den unmittelbaren Anlassfall anzuwenden (RIS-Justiz RS0110583; zuletzt 7 Ob 30/08z; 7 Ob 70/08g).
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