Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 334,65 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 55,77 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war bei der Beklagten bis 30. 6. 1998 im Innendienst als Archivar beschäftigt. Nach Zuerkennung der ASVG-Pension im Jahr 2000 erhielt der Kläger von der Beklagten einen Pensionszuschuss zuerkannt. Der Pensionszuschuss aufgrund der direkten Leistungszusage der Beklagten betrug zuletzt 184,97 EUR monatlich.
Im Jahr 2001 schloss der Kläger eine Übertragungsvereinbarung betreffend die Übertragung der direkten Pensionszusage auf eine Pensionskasse.
Aufgrund dieser Vereinbarung wurden die Pensionsanwartschaften des Klägers auf die Pensionskasse übertragen. Eine Information über die Funktionsweise dahin, dass das Pensionskassenmodell nicht leistungs-, sondern beitragsorientiert gestaltet ist, demgemäß die Pensionshöhe von den erzielten Anlageergebnissen der Pensionskasse abhängig ist und damit Pensionskürzungen möglich sind, wurde nicht festgestellt. In den Jahren 2001 und 2002 wurde die Zusatzpension des Klägers noch nicht gekürzt. Mit Schreiben vom 19. 12. 2002 teilte die Pensionskasse dem Kläger mit, dass es aufgrund des seit bereits geraumer Zeit niedrigen Zinsniveaus für das Jahr 2003 zu einer Reduktion seiner Zusatzpension kommen werde; beginnend mit Jänner 2003 werde die Rentenzahlung von derzeit 2.538,46 EUR auf 2.157,69 EUR (jeweils jährlich) gekürzt. Entsprechend dieser Ankündigung erhielt der Kläger ab Jänner 2003 eine reduzierte monatliche Pensionsleistung von der Pensionskasse. Auch im Jahr 2004 war die Pension niedriger.
Mit der am 16. 11. 2007 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt der Kläger der rechnerischen Höhe nach unstrittige 1.186,51 EUR an Differenz zwischen dem von der Beklagten zugesagten Pensionszuschuss und den für die letzten drei Jahre vor Klageeinbringung tatsächlich von der Pensionskasse ausbezahlten Beträgen. Der Kläger sei über die Risken der Übertragungsvereinbarung nicht aufgeklärt worden. Bei richtiger Aufklärung und Kenntnis des Sachverhalts hätte der Kläger der Übertragung nicht zugestimmt. Die Beklagte hafte mangels Aufklärung für den dem Kläger entstandenen Schaden. Ohne Information des Klägers sei auf ein beitragsorientiertes System umgestellt worden. Es sei für den Kläger nicht prognostizierbar, wie sich die Pension in der Zukunft entwickeln werde. Seine Ansprüche ab Jänner 2005 seien daher nicht verjährt.
Die Beklagte hält dem Klagebegehren im Wesentlichen nur den Einwand der Verjährung entgegen: Die Verjährung beginne, sobald eine Feststellungsklage erhoben werden könne. Der erste Schaden sei gemäß der vom Kläger selbst vorgelegten Aufstellung bereits im April 2001 eingetreten. Jedenfalls ab diesem Zeitpunkt laufe die dreijährige Verjährungsfrist für alle künftigen Differenzschäden. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es ging rechtlich zusammengefasst davon aus, dass der Schaden bereits mit der ersten Pensionskürzung 2003 eingetreten sei und dieser dem Kläger auch aufgrund des Schreibens der Pensionskasse bereits bewusst habe sein müssen. Bereits damals hätte der Kläger eine Feststellungsklage einbringen können, sodass die erste 2007 erhobene Klage verspätet und die Schadenersatzanprüche verjährt seien.
Das Berufungsgericht gab der dagegen vom Kläger erhobenen Berufung Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Die Einbringung einer Feststellungsklage zur Hintanhaltung der Verjährung bei Eintritt eines Primärschadens sei nur dann erforderlich, wenn mit künftigen weiteren Schäden mit Wahrscheinlichkeit zu rechnen sei. Aus der Bejahung eines Feststellungsinteresses könne eine Verpflichtung zur Einbringung einer Feststellungsklage aber noch nicht abgeleitet werden. Eine Vorhersehbarkeit von Folgeschäden sei hier zu verneinen. Bei einem beitragsorientierten Pensionskassenmodell hänge die Pensionshöhe vom Veranlagungserfolg der Pensionskasse ab. Aus einem bereits eingetretenen schlechten Veranlagungserfolg, der im konkreten Fall zu einer Pensionskürzung des Klägers geführt habe, könne noch nicht geschlossen werden, dass auch in Folgejahren derartige oder sogar höhere Differenzschäden entstehen würden, für die der Dienstgeber letztlich eine schadenersatzrechtliche Haftung zu tragen habe. Ebenso könnten nämlich bei günstiger Entwicklung Gewinne eintreten, die zu einer Pensionserhöhung führen könnten. Die Revision wurde wegen über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung samt hiezu fehlender Rechtsprechung zugelassen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der Beklagten mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragte in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision der Beklagten als unzulässig zurückzuweisen; hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, jedoch nicht berechtigt. Vorauszuschicken ist, dass nicht strittig ist, dass die Beklagte dem Kläger wegen Verletzung der sie als ehemalige Arbeitgeberin treffenden Verpflichtung, den Kläger vor seiner Zustimmung zur Übertragung der direkten Leistungszusage an die Pensionskasse über die damit verbundenen Rechtsfolgen aufzuklären, im Rahmen des Vertrauensschadenersatzes für die Differenz zur ursprünglich vertraglich zugesagten Pension haftet (s dazu 9 ObA 243/02d = DRdA 2004/39 [Runggaldier]; zur Unterscheidung zwischen einer beitragsorientierten und einer leistungsorientierten Pensionszusage grundlegend 8 ObA 52/03k = tw veröffentlicht in DRdA 2004, 561 = DRdA 2005/18 [Runggaldier]). Die Beklagte stellte ferner das Klagebegehren der Höhe nach ausdrücklich außer Streit. Wie die Berechnung des Vertrauensschadenersatzes bei „Pensionsschäden" infolge Übertragung einer direkten Leistungszusage an eine Pensionskasse unter gleichzeitiger Umgestaltung in ein beitragsorientiertes System zu erfolgen hat, insbesondere wie die in 9 ObA 243/02d geforderte „Gesamtbetrachtung" vorzunehmen ist (s zur Problematik Runggaldier in Glosse zu DRdA 2004/39), muss hier nicht geklärt werden. Es bedarf daher ausschließlich einer Auseinandersetzung mit dem von der Beklagten allein erhobenen Einwand der Verjährung. Jede Entschädigungsklage ist in drei Jahren von der Zeit an verjährt, zu welcher der Schaden und die Person des Schädigers dem Geschädigten bekannt wurde. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu dieser kurzen Verjährung von Schadenersatzforderungen lassen sich dahin zusammenfassen, dass die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB mit dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, in dem der Ersatzberechtigte sowohl den Schaden als auch den Ersatzpflichtigen soweit kennt, dass eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden kann (RIS-Justiz RS0034524; RS0034327; M. Bydlinski in Rummel ABGB3, § 1489 Rz 3; Mader/Janisch in Schwimann ABGB3, § 1489 Rz 9; Dehn in KBB2, § 1489 Rz 3). Die Kenntnis muss dabei nach ständiger Rechtsprechung den ganzen den Anspruch begründenden Sachverhalt umfassen, insbesondere auch die Kenntnis des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Schaden und einem bestimmten, dem Schädiger anzulastenden Verhalten; in Fällen der Verschuldenshaftung daher auch jene Umstände, aus denen sich das Verschulden des Schädigers ergibt (RIS-Justiz RS0034603; 10 Ob 23/04m = SZ 2005/46 = JBl 2005, 443 [Lukas]; allgemein Bydlinski aaO; Mader/Janisch aaO Rz 14). Die Beklagte klärte den Kläger weder über die Funktionsweise des Pensionskassensystems noch darüber auf, dass das Pensionskassenmodell nicht leistungs-, sondern beitragsorientiert gestaltet wurde, demgemäß die Pensionshöhe von den erzielten Veranlagungsergebnissen der Pensionskasse abhängig ist. Erstmals mit Schreiben vom 19. 12. 2002 teilte die Pensionskasse dem Kläger mit, dass es beginnend mit Jänner 2003 zu einer Reduktion seiner Zusatzpension kommen werde. Ein Hinweis darauf, dass sich diese Pensionskürzung daraus ergebe, dass der Kläger mit seiner Zustimmung zur Übertragungsvereinbarung auch seine Zustimmung dazu erklärt hatte, dass die bisher leistungsorientierte Pensionszusage in ein beitragsorientiertes Pensionskassenmodell umgestaltet werde, findet sich ebenso wenig wie ein Hinweis darauf, dass die Pensionskürzung im Zusammenhang mit den konkreten Veranlagungsergebnissen der Pensionskasse steht. Der allgemein gehaltene Hinweis auf das „niedrige Zinsniveau für das Jahr 2003" vermag eine solche Information nicht zu ersetzen. Dass dem Kläger diese Zusammenhänge bekannt gewesen wären, wurde nicht festgestellt.
Daraus ergibt sich verjährungsrechtlich folgende Konsequenz:
Unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Kläger keine Kenntnis davon hatte, dass er der Übertragung seiner direkten Leistungszusage in ein beitragsorientiertes Pensionskassenmodell zustimmte, konnte die Verjährung, da der Kläger als juristischer Laie keinen Einblick in die für das Verschulden maßgeblichen Umstände hatte, allein mit den ersten Reduktionen der Pension noch nicht beginnen. Nach den immer maßgebenden Umständen des Einzelfalls (vgl 10 Ob 23/04m = SZ 2005/46) kann entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger bereits mit Eintritt der ersten Pensionskürzung Kenntnis vom maßgeblichen Kausalzusammenhang hatte, insbesondere Kenntnis darüber, dass die Zustimmung des Klägers zur Umwandlung seiner direkten Leistungszusage in ein beitragsorientiertes Modell und die mangelhafte Aufklärung der Beklagten dabei ursächlich dafür war, dass die von der Pensionskasse ausgezahlten Leistungen vom Veranlagungserfolg der Pensionskasse abhängen. Das einzige, was dem Kläger bekannt sein musste, war der Umstand, dass nunmehr ein Dritter, nämlich die Pensionskasse, zur Auszahlung der Pension verpflichtet ist. Inwiefern für die verringerten Pensionsauszahlungen auch ein Verhalten der Beklagten ursächlich war (nämlich die im Verfahren nicht mehr strittige Verletzung der Aufklärungspflicht durch die Beklagte und die dadurch bedingte Zustimmung des Klägers), war für den Kläger nicht ersichtlich. Nach den besonderen Umständen des hier zu beurteilenden Falls kann auch keine Verpflichtung des Klägers - der als juristischer Laie keinen Einblick in die verschiedenen Pensionskassensysteme hatte bzw haben musste - bejaht werden, bereits bei Eintritt der ersten eher geringfügigen Pensionskürzungen Recherchen über den Grund dieser Pensionskürzungen anzustellen. Die Erkundigungspflicht des Geschädigten darf nicht überspannt werden (RIS-Justiz RS0034327 [T6]; Bydlinski aaO; Mader/Janisch aaO Rz 22; Dehn aaO Rz 3).
Die von der Beklagten wieder betonte Möglichkeit, bei Kenntnis der
Zusammenhänge - selbst vor Eintritt von konkreten Nachteilen -
bereits eine Feststellungsklage einzubringen (8 ObA 23/06z = zuvo
2008/15, ähnlich 9 ObA 87/05t = DRdA 2006, 495), substituiert nicht
diese Kenntnis, sondern setzt sie voraus.
Daraus folgt aber, dass der Revision schon deshalb ein Erfolg zu versagen ist, weil mangels Kenntnis des Klägers vom relevanten Kausalzusammenhang oder einer ihm zurechenbaren Verletzung von Erkundigungsobliegenheiten die Verjährung nicht bereits mit Eintritt der ersten Pensionskürzungen in den Jahren 2003 und 2004 zu laufen begann. Die Verjährung ist daher jedenfalls für die begehrten Pensionsdifferenzen für die drei Jahre 2005 bis 2007 vor Klageeinbringung nicht eingetreten.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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