OGH 13Os143/08s

OGH13Os143/08s5.11.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. November 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gebert als Schriftführerin in der Strafsache gegen Martin Z***** und einen anderen Angeklagten wegen Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Leopold M***** und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 22. Juli 2008, GZ 401 Hv 2/08x-44, sowie die Beschwerde dieses Angeklagten gegen den gemeinsam mit dem Urteil gefassten Widerrufsbeschluss nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Leopold M***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden, auch einen Schuldspruch des Angeklagten Martin Z***** enthaltenden angefochtenen Urteil wurde Leopold M*****, früher L*****, (richtig:) zweier Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach haben Martin Z***** und Leopold M***** in Wien in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken „mit Gewalt gegen eine Person und" - gemeint wohl allein: - durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) anderen fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen oder abgenötigt, wobei sie den Raub (jeweils) unter Verwendung einer Waffe verübten, und zwar

I. am 12. September 2007, indem sie gemeinsam den Tatort betraten, Martin Z***** Bettina W***** eine Gaspistole gegen die Schläfe hielt, äußerte, „Wenn du still bist, passiert dir nichts!", und 300 Euro aus der Geldlade entnahm, während Leopold M***** die Türe sicherte und Aufpasserdienste leistete;

II. Leopold M***** und der deswegen bereits rechtskräftig verurteilte Martin Z***** am 17. Juli 2007, indem sie gemeinsam den Tatort betraten, Martin Z***** die Anwesenden mit einer Gaspistole bedrohte und die Herausgabe von Geld und Handys forderte und Leopold M***** Andrea P***** unter Vorhalt eines Messers zur Herausgabe von Geld und Handys aufforderte, und so die im Urteil genannten Personen zur Ausfolgung der dort aufgezählten Sachen zwangen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten Leopold M***** aus Z 4, „5a", 10 und 13, der Sache nach auch Z 6 des § 345 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Die aus „§ 345 Abs 1 Z 5a, 10 StPO" gerügte „Verletzung der materiellen Wahrheitsermittlung" in Betreff der „geringen Höhe der erbeuteten Beträge" und des Wertes eines der erlangten Handys ordnet der Beschwerdeführer selbst der „Strafausmessung" zu, die nach seiner Ansicht keine „derart harte Strafe" hätte ergeben sollen. Damit wird der Sache nach Unangemessenheit der Strafe und demnach ein Berufungsgrund geltend gemacht. Gleiches gilt für das weitere Vorbringen, wonach „das Gericht die untergeordnete Rolle des Angeklagten bei den Taten nicht erkannt" hätte und bei deren Berücksichtigung zu einem für ihn „vorteilhafteren Urteil gekommen" wäre.

Nicht am Gebot deutlicher und bestimmter Bezeichnung angeblich Nichtigkeit bewirkender Umstände (§§ 344, 285 Abs 1, 285 a Z 2 StPO) orientiert ist der Einwand, in der Hauptverhandlung seien „Bestimmungen verletzt oder missachtet worden, deren Einhaltung das Gesetz bei sonstiger Nichtigkeit anordnet", auf die Verlesung der Aussagen, welche „der Angeklagte vor dem Gericht vor der Hauptverhandlung getätigt hat", sei nicht verzichtet worden. Ob und gegebenenfalls welcher aus Z 4 des § 345 Abs 1 StPO relevante Verfahrensfehler damit angesprochen werden soll, lässt dieses Vorbringen nicht erkennen. Der dazu in der Beschwerde hergestellte Bezug zu „§§ 126 Abs 4 und 260 StPO" bleibt unverständlich. Sofern der Einwand, „das Gericht" habe den Angaben des Angeklagten, wonach er „nur Aufpasser" gewesen sei, keinerlei Bedeutung geschenkt und „den Geschworenen entsprechende Fragen auch gar nicht gestellt", der Sache nach möglicherweise als Fragenrüge (§ 345 Abs 1 Z 6 StPO) gemeint ist, mit der Eventualfragen in Richtung eines Tatbeitrags (vgl § 314 Abs 1 StPO) vermisst werden, fehlt es an der gebotenen Orientierung an dem tatsächlich in der Hauptverhandlung Vorgekommenen, wonach sich Leopold M***** auch seiner eigenen Aussage zufolge keineswegs auf „Aufpasserdienste" beschränkte (ON 43 S 7 bis 13).

Der Hinweis auf einen im Urteil nach Ansicht des Beschwerdeführers übergangenen Milderungsgrund, den er aus seiner Arbeitslosigkeit und seinen Schulden ableiten möchte, bezeichnet keine Nichtigkeit (nominell Z 13), sondern einen Berufungsgrund (RIS-Justiz RS0099920). Die in der Beschwerde dazu überdies vertretene Auffassung, beim Angeklagten läge mit Blick auf seine Verantwortung, „keinen Arbeitsplatz und sehr viele Schulden" zu haben, allenfalls eine „Gesamtsituation" vor, die einen Entschuldigungsgrund darstelle, spricht schon mangels diesbezüglicher Kritik an der Fragestellung (§ 345 Abs 1 Z 6 StPO, vgl Ratz, WK-StPO § 345 Rz 46; RIS-Justiz RS0099909) keinen Feststellungsmangel prozessordnungsgemäß an. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde (§ 498 Abs 3 StPO) folgt (§§ 344, 285i StPO). Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten Leopold M***** beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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