OGH 11Os159/08d

OGH11Os159/08d4.11.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. November 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab, Mag. Lendl und Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Eilenberger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Darlington U***** wegen Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Deliktsfall, Abs 2 Z 1 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 29. Juli 2008, GZ 25 Hv 98/08w-135, sowie über dessen Beschwerde gegen einen Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 4, Abs 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Darlington U***** „des" Verbrechens (s US 10: achtfach überschrittene Grenzmenge; vgl RIS-Justiz RS0117462, RS0117463) des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Deliktsfall, Abs 2 Z 1 SMG (A) und „des (wiederholten)" Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Deliktsfall, Abs 2 SMG (B) schuldig erkannt. Danach hat er im Zeitraum von etwa Spätsommer 2006 bis zu seiner Festnahme am 7. Juli 2007 in Innsbruck jeweils vorschriftswidrig

A) anderen gewerbsmäßig und obwohl er schon einmal, und zwar vom

Landesgericht Innsbruck am 25. Mai 2005 im Verfahren 35 Hv 95/05y, wegen einer Straftat nach (richtig: iS des) § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden war, Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge überlassen, indem er abgesondert verfolgten sowie namentlich nicht bekannten Personen im Verlauf unzähliger Teilgeschäfte insgesamt mindestens 1/2 kg Kokain von vorwiegend guter Qualität gewinnbringend verkaufte bzw - in geringem Umfang - auch anlässlich gemeinsamer Suchtgiftkonsumation unentgeltlich zur Verfügung stellte;

B) wiederholt Suchtgift, nämlich im Zweifel jeweils geringe Mengen

von Kokain beim abgesondert verfolgten Ben S***** sowie weiteren, namentlich nicht bekannten dritten Personen zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen.

Rechtliche Beurteilung

Die Mängelrüge (§ 281 Z 5 StPO) des Angeklagten wendet sich mit dem Vorwurf der Unvollständigkeit, Undeutlichkeit und Widersprüchlichkeit gegen den Ausspruch, ob er im Tatzeitraum an Suchtmittel gewöhnt war. Die privilegierende Norm des § 28a Abs 3 SMG iVm § 27 Abs 5 SMG setzt jedoch voraus, dass der Täter an ein Suchtmittel gewöhnt ist und (also kumulativ) die Tat (hier nach § 28a Abs 1, Abs 2 Z 1 SMG) vorwiegend deshalb begeht, um sich für den eigenen Gebrauch ein Suchtmittel oder die Mittel zu dessen Erwerb zu verschaffen. Die Tatrichter gingen dazu einerseits davon aus, der Angeklagte habe die Suchtgiftweitergaben nicht vorwiegend deshalb begangen, um sich für den eigenen Konsum ein Suchtmittel oder die Mittel zu dessen Erwerb zu verschaffen (US 21), andererseits, dass er im Tatzeitraum nur fallweise Kokain konsumierte und keine an Suchtmittel gewöhnte Person sei (US 9, 20).

Weil der Beschwerdeführer lediglich die zweite Privilegierungsvoraussetzung bekämpft, die erste jedoch unerwähnt lässt, kann der Mängelrüge insgesamt kein Erfolg beschieden sein: Ist eine der Voraussetzungen des § 28a Abs 3 SMG iVm § 27 Abs 5 SMG nichtigkeitsfrei begründet verneint (hier der vorwiegend auf Suchtmittelbeschaffung gerichtete Zweck der Tathandlungen), fehlt es dem anderen, gesetzlich zusätzlich geforderten Privilegierungsmerkmal (hier der Gewöhnung an ein Suchtmittel) an der Entscheidungswesentlichkeit, weshalb das dazu erstattete Rechtsmittelvorbringen fallbezogen dahinstehen kann (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 455, 394, 399 und 424; RIS-Justiz RS0117264, vor allem 11 Os 117/06z).

Im Übrigen handelt es sich nicht um konträre Feststellungen, dass gemeinsame Suchtgiftkonsumationen (US 6, 8, 9) nur fallweise erfolgten (US 9). Das isolierte Bewerten der Einlassung des Nichtigkeitswerbers dazu aufgrund eigener Beweiswürdigung und die abstrakten Überlegungen sowie Spekulationen über die behauptete Gewöhnung des Angeklagten an Suchtgift im Tatzeitraum lassen insgesamt die Darstellung eines nichtigkeitsbegründenden Formalmangels vermissen (vgl zum Begriff Gewöhnung überdies jüngst 12 Os 102/08d).

Die Nichtigkeitsbeschwerde - die trotz Antrags auf Totalaufhebung des Urteils keinerlei Vorbringen zum Schuldspruch B erstattet (§ 285 Abs 1 letzter Satz StPO) - war daher bereits nach nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die dadurch implizierte Beschwerde gegen einen Widerruf bedingter Entlassung folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 dritter und vierter Satz StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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