OGH 13Os116/08w

OGH13Os116/08w1.10.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 1. Oktober 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart des Rechtspraktikanten Dr. Schmidmayr als Schriftführer in der Strafsache gegen Dragan S***** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 3. April 2008, GZ 25 Hv 56/08v-27, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Dragan S***** des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er im Februar 2006 und im März 2006 die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, insgesamt 90.000 Euro, die er von Abdelkrim B***** und Silvia P***** zu diesem Zweck erhalten hatte, gewinnbringend zu veranlagen, wissentlich missbraucht und den Genannten einen 50.000 Euro übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt, indem er die erhaltenen Geldbeträge auf ein von ihm kontrolliertes Konto transferierte und trotz Fälligstellung nicht an die solcherart Geschädigten rückübertrug.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 4, 5 und 9 (richtig:) lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl. Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch die Abweisung (S 331 f) der in der Beschwerde angesprochenen Beweisanträge (S 329) Verteidigungsrechte nicht verletzt, weil sich diese nicht auf schuld- oder subsumtionsrelevante Umstände bezogen:

Der durch die zeugenschaftliche Vernehmung von Vladan S*****, Gertrud Bü***** und Esther R***** angeblich zu beweisende Umstand, „dass die von B***** und P***** veranlagten Gelder von 90.000 Euro bei der C*****-Bank veranlagungsgemäß vorhanden sind und gegen Vorlage der beglaubigten Reisepasskopien die Überweisung auf das richtige Konto des Herrn B***** binnen 14 Tagen möglich ist und durchgeführt wird", ist hier strafrechtlich bedeutungslos, weil der Tatbestand der Untreue keinen dauernden Vermögensnachteil voraussetzt (Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 153 [2006] Rz 36). Entsprechendes gilt für den Antrag, Karl-Heinz K***** als Zeugen zu vernehmen, weil auch die diesbezüglichen Beweisthemen, nämlich der Name des vormaligen Büropartners des Beschwerdeführers und die Frage, aus welchem Grund Abdelkrim B***** diesen im Sommer 2007 nicht telefonisch erreichen konnte, nicht entscheidungsrelevant sind. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass sich der Beweisantrag auf den 8. Juli 2007 bezog (S 329), wogegen die in diesem relevierte Zeugenaussage den 8. August 2007 betraf (S 69). Hinsichtlich des Antrags auf Einholung eines Schriftsachverständigengutachtens zum Nachweis dafür, dass die auf einer - in der Hauptverhandlung vorgekommenen (S 333) - Haftungserklärung (S 73) ersichtliche Unterschrift nicht vom Beschwerdeführer stammt, liegt der Nichtigkeitsgrund der Z 4 ebenfalls nicht vor, weil das Erstgericht Gegenteiliges ohnedies nicht feststellt (US 9; RIS-Justiz RS0099135). Im Übrigen zielt auch dieses Beweisbegehren nicht auf erhebliche Tatsachen, weil das Unterfertigen der angesprochenen Erklärung dem Beschwerdeführer nicht als tatbestandsrelevante Handlung angelastet wird.

Das die Beweisanträge ergänzende Vorbringen hat aufgrund des im Nichtigkeitsverfahren geltenden Neuerungsverbots auf sich zu beruhen. Der Ansatz der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall), das Erstgericht begründe in Bezug auf den Vermögensschaden die Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 14) nicht hinreichend, übergeht die Gesamtheit der diesbezüglichen Beweiswürdigung (US 22) und entzieht sich solcherart einer inhaltlichen Erwiderung (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394; zuletzt 13 Os 112/08g).

Der Einwand der Rechtsrüge (Z 9 lit a), das Erstgericht treffe keine Feststellungen zum Vermögensnachteil, vernachlässigt die Urteilskonstatierungen, wonach sich der Beschwerdeführer die Verfügungsgewalt über die ihm zur Veranlagung überlassenen Geldbeträge verschafft (US 13) und diese nicht retourniert (US 14) hat.

Aus welchem Grund Feststellungen darüber, ob die Geldbeträge „an den Zeugen B***** zur Auszahlung gelangen können und ob das veranlagte Vermögen noch vorhanden ist", für die rechtliche Unterstellung der Tat von Bedeutung sein sollen, leitet die Beschwerde nicht aus dem Gesetz ab. Der Vollständigkeit halber wird zum zeitlichen Aspekt der Vermögensschädigung auf die Ausführungen zur Mängelrüge verwiesen. Die - im Übrigen dem Vorbringen der Mängelrüge widersprechende - Behauptung, die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite (US 14) würden den Schuldspruch nicht tragen, entzieht sich mangels argumentativen Substrats einer sachbezogenen Erwiderung. Soweit die Rüge den festgestellten (US 14) Schädigungsvorsatz bestreitet, verfehlt sie die prozessordnungskonforme Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Mit Blick auf die Bestimmung des § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO sei festgehalten, dass die angefochtene Entscheidung keine ausreichenden Konstatierungen zur Abgrenzung zwischen den Tatbeständen der Veruntreuung (§ 133 StGB) und der Untreue (§ 153 StGB) enthält. Die vorgenommene Subsumtion unter Letzteren trifft nämlich nur dann zu, wenn dem Beschwerdeführer hinsichtlich der überlassenen Geldbeträge eine Verfügungsmacht, also ein rechtliches Pouvoir eingeräumt worden ist (Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 153 [2006] Rz 48). War der an ihn gerichtete Auftrag hingegen darauf beschränkt, die Beträge zwecks Veranlagung weiterzuleiten, wäre die Zueignungshandlung dem Tatbestand des § 133 StGB zu subsumieren (Bertel in WK2 § 133 [2005] Rz 20). Anlass zu amtswegigem Vorgehen bietet dieser Mangel an Feststellungen aber nicht, weil die insoweit allenfalls verfehlte Subsumtion dem Beschwerdeführer im Hinblick auf die identen Strafdrohungen der in Rede stehenden Bestimmungen nicht zum Nachteil gereichen würde.

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte