OGH 4Ob129/08m

OGH4Ob129/08m23.9.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Zechner als Vorsitzenden und die Hofrätin Dr. Schenk sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Leopold S*****, vertreten durch Dr. Heinrich Nesvadba, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Helmut H*****, 2. Erika H*****, 3. Kurt D*****, 4. Stefanie E*****, alle vertreten durch Dr. Johannes Hübner und Dr. Gerhard Steiner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 7.000 EUR), über die mit Beschluss vom 22. April 2008 letztlich doch zugelassene ordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Berufungsgericht vom 22. Jänner 2008, GZ 21 R 490/07t-57, womit das Urteil des Bezirksgerichts Klosterneuburg vom 28. Juni 2007, GZ 14 C 727/04x-50, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 668,39 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 111,40 EUR USt) binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger einerseits und die Beklagten andererseits sind Eigentümer benachbarter Liegenschaften. Der Kläger benützt die Liegenschaft der Beklagten als Zufahrt zu seinem Haus und als Abstellplatz für zwei Pkw.

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass zugunsten seiner Liegenschaft eine Servitut an der Liegenschaft der Beklagten bestehe, die das Recht zweier Pkw-Abstellplätze samt Zufahrt, einen dahinter befindlichen Freiraum, eine Lagerhütte und den Zugang vom Parkplatz zum unteren Gartentor sowie einen schräg verlaufenden Weg über das Grundstück der Beklagten zum oberen Gartentor beinhalte. Die Beklagten wendeten ein, der Kläger und dessen Rechtsvorgänger hätten die Liegenschaft der Beklagten unentgeltlich und gegen jederzeitigen Widerruf genützt. Dem Kläger mangle es an der Redlichkeit, er habe keine Dienstbarkeit, aber auch kein sonstiges Recht ersessen. Überdies habe eine Benutzungsvereinbarung zwischen den Rechtsvorgängern der Streitteile bestanden.

Im ersten Rechtsgang gab das Erstgericht der Klage teilweise statt. Aufgrund von beiden Seiten erhobener Berufungen hob das Berufungsgericht diese Entscheidung auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück.

Im zweiten Rechtsgang wies das Erstgericht die Klage ab. Der gute Glaube des Klägers sei bereits 1992, vor Ende der Ersitzungszeit, weggefallen. Die behauptete Besitzausübung habe der Kläger nicht beweisen können.

Das Berufungsgericht bestätigte die Klageabweisung. Das Erstgericht sei zwar im zweiten Rechtsgang entgegen der von ihm im ersten Rechtsgang vertretenen Ansicht davon ausgegangen, dass die Aussagen des Klägers und zweier Zeugen unglaubwürdig seien. Es habe dies jedoch umfassend und nachvollziehbar begründet, die Berufungsausführungen des Klägers hätten beim Berufungsgericht keine Bedenken hervorgerufen, weshalb es die erstgerichtlichen Feststellungen übernehme.

Über Antrag des Klägers ließ das Berufungsgericht nachträglich die Revision zu, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dazu fehle, ob das Berufungsgericht bei der Behandlung der Beweisrüge im zweiten Rechtsgang eine erhöhte Prüfpflicht habe, wenn das Erstgericht im zweiten Rechtsgang von seiner im ersten Rechtsgang vorgenommenen Beweiswürdigung grundlegend abgewichen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

1. Die Wiederholung der bereits in zweiter Instanz erhobenen und vom Berufungsgericht verworfenen Rüge des erstinstanzlichen Verfahrens (Unterlassung eines Ortsaugenscheins) kann in dritter Instanz nicht erfolgreich sein (stRsp RIS-Justiz RS0042963).

2. Eine mangelhafte und unzureichende Beweiswürdigung kann im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht angefochten werden. Nur wenn sich das Berufungsgericht mit der Beweisfrage überhaupt nicht befasst, ist sein Verfahren mangelhaft (stRsp RIS-Justiz RS0043371, RS0042993).

Das Berufungsgericht hat sich im vorliegenden Fall mit der Beweisrüge des Klägers befasst und ausgeführt, warum es die von ihm vorgetragenen Argumente nicht für durchschlagskräftig hält. Von einer mangelhaften Erledigung der Beweisrüge im Sinn eines Verfahrensfehlers in zweiter Instanz kann keine Rede sein. Die vom Revisionswerber angestellten Überlegungen zur Intensität der das Berufungsgericht treffenden Prüfpflicht betreffen ausschließlich Beweiswürdigungsfragen, welche vom Obersten Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, grundsätzlich nicht zu beantworten sind. Darüber hinaus sind generelle Aussagen über das Ausmaß der Prüfpflicht in Beweiswürdigungsfragen infolge seiner Abhängigkeit von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls nicht möglich.

3. Es trifft zwar zu, dass im Fall der Aufhebung einer Entscheidung bereits abschließend erledigte Streitpunkte im fortzusetzenden Verfahren nicht neu aufgerollt werden dürfen (E. Kodek in Rechberger³ § 496 Rz 5 mwN zur Rsp), solche abschließend erledigte Streitpunkte gab es in diesem Verfahren aber nicht. Auf einzelne Beweiswürdigungsüberlegungen im Rahmen einer umfassend unter Einbeziehung aller maßgeblichen Umstände des Falls vorzunehmenden Abwägung lässt sich die auf einzelne Anspruchsgrundlagen oder anspruchsvernichtende oder -hemmende Einwendungen bezogene voranstehende Regel nicht anwenden.

Da somit erhebliche Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu beantworten sind, ist die Revision zurückzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO; die Beklagten wiesen auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision hin.

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