OGH 5Ob120/08w

OGH5Ob120/08w23.9.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. Roch als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers Kommerzialrat Franz H*****, vertreten durch Dr. Josef Brandecker, öffentlicher Notar in Steyr, wegen Einverleibung eines Bringungsrechts ob der Liegenschaft EZ ***** GB *****, über den ordentlichen Revisionsrekurs der Gertrude S***** und des Joachim S*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Norbert Hillerbrandt, öffentlicher Notar in Waidhofen/Ybbs, gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 7. März 2008, AZ 7 R 16/08w, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Waidhofen/Ybbs vom 12. November 2007, TZ 1608/07, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2008:0050OB00120.08W.0923.000

 

Spruch:

Dem ordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass diese wie folgt lauten:

„Der Antrag des Antragstellers, aufgrund des Erkenntnisses des Obersten Agrarsenats vom 7. November 2005, OAS.1.1.1/0095‑OAS/05, des Bescheids der Niederösterreichischen Agrarbezirksbehörde vom 4. Februar 2000, BR 571/34, des Erkenntnisses des Landesagrarsenats vom 9. Oktober 2001, LF6‑B‑113/40, und des Erkenntnisses des Landesagrarsenats vom 29. Juni 2004, LF6‑LAS‑157/001‑2003, werde ob der der Gertrude S*****, geboren am 3. Jänner 1941, und dem Joachim S*****, geboren am 1. Oktober 1964, gehörigen Liegenschaft EZ ***** GB ***** die Einverleibung des Bringungsrechts gemäß Variante 2 des Bescheids der Agrarbezirksbehörde vom 4. Februar 2000, BR 571/34, in der Fassung des Erkenntnisses des Landesagrarsenats vom 9. Oktober 2001, LF6‑B‑113/40, hinsichtlich der Gst 948, 967, 971 und 972 zugunsten der Gst 929/2, 944, 946 und 947 (EZ ***** GB *****) und die Ersichtlichmachung als Recht bei der herrschenden Liegenschaft bewilligt, wird abgewiesen."

Begründung

Der Antragsteller war grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB *****. Nunmehr ist ob dieser Liegenschaft aufgrund des Übergabsvertrags vom 11. Dezember 2006 das Eigentumsrecht des Ing. Klaus H***** im Rang 2435/2006 einverleibt. Zum Gutsbestand der Liegenschaft gehören die GST‑NR 929/2, 944, 946 und 947.

Die Revisionsrekurswerber Gertrude S***** und Joachim S***** sind jeweils Hälfteeigentümer der EZ ***** GB *****. Zum Gutsbestand dieser Liegenschaft gehören (ua) die GST‑NR 948, 967, 971 und 972.

Die niederösterreichische Agrarbezirksbehörde (nö ABB) hat mit Bescheid vom 4. Februar 2000, BR 571/34, ein inhaltlich näher beschriebenes Bringungsrecht zur Bewirtschaftung der begünstigten GST‑NR 929/2, 944, 946 und 947 je der EZ ***** GB *****, welche damals im grundbücherlichen Eigentum des Antragstellers standen, eingeräumt. Mit dem Bringungsrecht belastet sind die im grundbücherlichen Eigentum der (nunmehrigen) Revisionsrekurswerber stehenden GST‑NR 948, 967, 971 und 972 je der EZ ***** GB *****. Gegen den Bescheid der nö ABB erhoben die (nunmehrigen) Revisionsrekurswerber Berufung. Der Landesagrarsenat beim Amt der niederösterreichischen Landesregierung (nö LAS) wies die Berufung der (nunmehrigen) Revisionsrekurswerber mit Erkenntnis vom 9. Oktober 2001, LF6‑B‑113/40, als unbegründet ab und bestätigte den Bescheid der nö ABB mit einer Maßgabe.

Die nö ABB änderte mit Bescheid vom 2. Jänner 2003, BR 571/42, über Antrag der (nunmehrigen) Revisionsrekurswerber das mit ihrem Bescheid vom 4. Februar 2000, BR 571/34, eingeräumte Bringungsrecht ab. Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller Berufung, welcher der nö LAS mit Erkenntnis vom 29. Juni 2004, LF6‑LAS‑157/001‑2003, Folge gab und den Bescheid der nö ABB vom 2. Jänner 2003, BR 571/42, ersatzlos behob. Gegen das Erkenntnis des nö LAS erhoben die (nunmehrigen) Revisionsrekurswerber Berufung an den Obersten Agrarsenat beim Bundesministerium für Land- und Fortwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (OAS). Der OAS änderte anlässlich dieser Berufung mit Erkenntnis vom 7. November 2005, OAS.1.1.1/0095‑OAS/05, den Spruch des Bescheids des nö LAS im Sinn der agrarbehördlichen Genehmigung eines zwischen dem Antragsteller und den (nunmehrigen) Revisionsrekurswerbern am 8. September 2005 abgeschlossenen Übereinkommens ab. Dieses mit dem Erkenntnis des OAS agrarbehördlich genehmigte Übereinkommen hat folgenden Inhalt:

„Frau Gertrude und Herr Joachim S***** räumen Herrn KR Franz H***** ein Bringungsrecht gemäß Variante 2 laut Bescheid der Agrarbezirksbehörde vom 4. 2. 2000, Zl. BR‑571/34, in der Fassung des Erkenntnisses des Landesagrarsenates vom 9. Oktober 2001, Zl. LF 6‑B‑113/40, hiemit zu Gunsten bzw zu Lasten der darin genannten Grundstücke ein und nimmt Herr KR Franz H***** dieses Bringungsrecht an.

Herr KR Franz H***** wird ausdrücklich ermächtigt, sofort mit der Errichtung des noch erforderlichen Straßenstücks auf eigene Kosten zu beginnen. Die Erhaltungskosten bleiben in der bisherigen Regelung aufrecht (45 % H***** zu 55 % S*****). ...

Herr KR Franz H***** verpflichtet sich, binnen 8 Wochen ab Rechtskraft des Erkenntnisses des obersten Agrarsenates über die Berufung der Getrude S***** einen Betrag von ... zur Überweisung zu bringen.

Ausdrücklich festgehalten wird, dass eine An- und Abfahrt zum Zwecke der Errichtung und Erhaltung der Forststraße von diesem Recht miterfasst ist."

In den Entscheidungsgründen des Erkenntnisses des OAS heißt es auszugsweise:

„... Die Parteien ersuchten einvernehmlich, den Inhalt des Übereinkommens dem Erkenntnis des Obersten Agrarsenates zugrunde zu legen.

Ein Parteienübereinkommen ist der Ausgleich zwischen den Parteien über ihre Ansprüche und damit ein Vertrag. Es hat Rechtverhältnisse zum Gegenstand, zu deren Regelung in Ermangelung eines Übereinkommens die Behörde im Entscheidungswege berufen wäre. Deshalb hat auf gemäß § 59 Abs 1 AVG der Inhalt solcher Parteienübereinkommen Gegenstand des Spruches des Bescheides zu sein ... . Sie sind ein vom Gesetz vorgesehenes Mittel zur Beendigung des Verfahrens ... . Jedem Übereinkommen (Vergleich) kommt eine Bereinigungswirkung dergestalt zu, dass damit strittige oder zweifelhafte Rechte bzw Rechtsverhältnisse für die Zukunft klargestellt werden. ..."

Das Erkenntnis des OAS vom 7. November 2005, OAS.1.1.1/0095‑OAS/05, enthält auch folgende Rechtsmittelbelehrung:

„Gegen dieses Erkenntnis ist kein ordentliches Rechtsmittel mehr zulässig."

Der Antragsteller begehrte mit seinem beim Erstgericht am 26. September 2007 eingelangten Grundbuchsgesuch unter Vorlage der und gestützt auf die im Spruch genannten Entscheidungen des nö ABB, nö LAS und OAS ob der den (nunmehrigen) Revisionsrekurswerbern gehörigen Liegenschaft EZ ***** GB ***** die Einverleibung des Bringungsrechts gemäß Variante 2 des Bescheids der Agrarbezirksbehörde vom 4. Februar 2000, BR 571/34, in der Fassung des Erkenntnisses des Landesagrarsenats vom 9. Oktober 2001, LF6‑B‑113/40, hinsichtlich der GST 948, 967, 971 und 972 zugunsten der GST 929/2, 944, 946 und 947 (EZ ***** GB *****) und die Ersichtlichmachung als Recht bei der herrschenden Liegenschaft.

Das Erstgericht bewilligte das Grundbuchsgesuch antragsgemäß.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Die Rekurswerber (= die [nunmehrigen] Revisionsrekurswerber) seien durch die Intabulierung des Bringungsrechts beschwert; ihr Rekurs sei daher zulässig, aber nicht berechtigt. Nach § 1 Abs 1 des nö Güter- und Sei1wege1andesgesetzes 1973 (nö GSLG) sei ein Bringungsrecht im Sinn dieses Gesetzes das zugunsten von Grundstücken, die land- und forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, eingeräumte Recht, Personen und Sachen über fremde Grundstücke zu bringen. Nach § 2 Abs 1 nö GSLG habe die Agrarbehörde ein Bringungsrecht auf Antrag des Eigentümers von Grundstücken, die land- und forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet seien, einzuräumen, wenn deren zweckmäßige Bewirtschaftung oder wenn die Führung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs dadurch erheblich beeinträchtigt werde, dass für die Bringung der auf den Grundstücken oder im Betrieb gewonnenen oder gewinnbaren Erzeugnisse oder der zur Bewirtschaftung erforderlichen Personen oder Sachen keine oder nur eine unzulängliche Möglichkeit bestehe und dieser Nachteil nur durch ein Bringungsrecht beseitigt oder gemildert werden könne, das öffentliche Interessen, insbesondere auf dem Gebiet des Forstwesens, des Bergwesens etc nicht verletze. Die Agrarbehörde habe Art, Inhalt und Umfang eines Bringungsrechts so festzusetzen, dass die durch dessen Einräumung und Ausübung erreichbaren Vorteile die damit verbundenen Nachteile überwiegen, weder Menschen noch Sachen gefährdet würden, fremder Grund unter Berücksichtigung seines Verwendungszwecks in möglichst geringem Ausmaß in Anspruch genommen werde und möglichst geringe Kosten verursacht würden. Nach § 22 nö GSLG trete im Fall eines Eigentumswechsels der Erwerber des Grundstücks in das anhängige Verfahren in der Lage ein, in der sich das Verfahren befinde; die während des Verfahrens durch Bescheide oder durch vor der Agrarbehörde abgegebene Erklärungen der Parteien geschaffene Rechtslage sei auch für die Rechtsnachfolger bindend und es bedürften die während des Verfahrens vor der Agrarbehörde abgegebenen Erklärungen und die mit Genehmigung der Agrarbehörde abgeschlossenen Vergleiche keiner Genehmigung durch andere Behörden. Nach § 29 nö GSLG entscheide über Berufungen gegen Bescheide der nö ABB der nö LAS endgültig mit Ausnahme der in § 20 nö GSLG genannten Berufungsmöglichkeit an den OAS.

Bringungsrechte nach dem nö GSLG hätten nicht bloß obligatorischen, sondern auf einem Gesetz beruhenden, gegenüber jedem Eigentümer wirksamen absoluten Charakter. Es handle sich um eine sogenannte Legalservitut (vgl SZ 66/12 zu § 72 Abs 1 WRG; SZ 67/119 zu § 3 NotwegeG; SZ 68/145 zu § 33 Abs 1 ForstG 1975; 6 Ob 390/97i zu § 8 TWG), somit um eine von der Eintragung im Grundbuch in der Regel unabhängige Eigentumsbeschränkung privatrechtlicher Natur, die ähnlich einer Dienstbarkeit wirke.

Nach § 472 ABGB werde durch das Recht der Dienstbarkeit ein Eigentümer verbunden, zum Vorteil eines anderen in Rücksicht einer Sache etwas zu dulden oder zu unterlassen. Es sei ein dingliches, gegen jeden Besitzer der dienstbaren Sache wirksames Recht. Dienstbarkeiten im Sinn des § 472 ABGB seien dingliche, auf Privatrechtstitel beruhende, durch Richterspruch oder Enteignung eingeräumte, in der Regel durch Verbücherung erworbene Rechte auf beschränkte Nutzung einer fremden Sache, denen die Pflicht ihres jeweiligen Eigentümers zur Duldung dieser Nutzung gegenüberstehe. Die als Legalservituten bezeichneten, von einer Eintragung im Grundbuch in der Regel unabhängigen Einschränkungen des Eigentums ohne Beziehung auf bestimmte Begünstigte, der Gemeingebrauch als eine Art öffentlich‑rechtliche Dienstbarkeit, Bringungsrechte nach dem Forstgesetz sowie bescheidmäßig nicht als Dienstbarkeit begründete Duldungs- und Unterlassungspflichten, zB Bringungsrechte nach Güter- und Seilwegegesetzen, gehörten nicht zu den eigentlichen Dienstbarkeiten im Sinn des § 472 ABGB. Solche Berechtigungen gewährten aber eine Sacheinwendung gegen die Negatorienklage (Hoffmann in Rummel³, § 472 ABGB Rz 1).

Das Grundbuch als jedermann einsehbares öffentliches Register gebe Auskunft über die Rechtsverhältnisse an einer Liegenschaft. Die Eintragung in das Grundbuch wahre - ähnlich wie der Besitz bei beweglichen Sachen - bei unbeweglichen Sachen die für die sachenrechtliche Zuordnung erforderliche Publizität. Die Rechtsverhältnisse an einem Grundstück seien für Außenstehende oft schwer erkennbar: So sei es nicht immer offenkundig, ob der Landwirt, der ein Grundstück bestelle, Eigentümer oder Pächter sei, ob ein Grundstück etwa mit einer Hypothek oder einer Servitut belastet sei oder ob der Bewohner einer Liegenschaft Mieter oder Servitutsberechtigter sei. Ein Jedermann einsehbares öffentliches Register, das Aufzeichnungen über die jeweiligen Rechtsverhältnisse verschiedenster Personen an einem Grundstück enthalte, erleichterte den wirtschaftlichen Verkehr, spare Kosten, fördere die wirtschaftliche Entwicklung und gewähre Rechtssicherheit. Um diese Funktionen zu erfüllen, müsse die Richtigkeit und Vollständigkeit des Grundbuchs gewährleistet sein. Dritte müssten auf den Inhalt des Grundbuchs vertrauen können. Dies könne dadurch erreicht werden, dass jede rechtliche Verfügung über das Grundstück zu ihrer Wirksamkeit der Eintragung bedürfe. Insofern würden sich folgende Zwecke des Grundbuchs ergeben: Dokumentation, wer Eigentümer des Grundstücks sei, welche Rechte dritter Personen bestünden und welche Lasten und Beschränkungen auf dem Grundstück ruhten (Höller in Kodek, Grundbuchsrecht, Vor § 1, Rz 1 bis 6). Die Rekurswerber könnten nicht dartun, warum die unbestritten aufgrund des Erkenntnisses des OAS gegen Jedermann dinglich wirkende Einräumung des Bringungsrechts unter den genannten Aspekten der Publizität und Rechtssicherheit nicht im Grundbuch ersichtlich gemacht werden sollte. Selbst in § 3 (richtig: § 13) nö GSLG heiße es, dass Felddienstbarkeiten ohne Rücksicht auf den Rechtstitel ihrer Entstehung zu regeln und aufzuheben seien, wenn sie durch eine Maßnahme nach diesem Gesetz teilweise oder ganz entbehrlich würden. Nach Abs 3 dieser Bestimmung seien die erforderlichen Eintragungen im Grundbuch von Amts wegen zu veranlassen.

Die Parteienvereinbarung vom 8. 9. 2005 sei durch deren Aufnahme in den Spruch des Erkenntnisses des OAS dessen Bestandteil geworden. Die Rekursausführungen, wonach das Erkenntnis des OAS nur eine Genehmigungsklausel der Vereinbarung darstelle, gingen daher ins Leere.

Es sei zwar richtig, dass Genehmigungen von Verwaltungsbehörden, die Voraussetzung einer bücherlichen Eintragung seien, mit der Bestätigung der Rechtskraft versehen sein müssten. Eine solche Rechtskraftbestätigung entziehe sich einer Nachprüfung durch das Grundbuchsgericht. Umgekehrt habe aber auch das Grundbuchsgericht bei Fehlen einer Rechtskraftbestätigung von sich aus keine Erwägungen über die Anfechtbarkeit eines verwaltungsbehördlichen Genehmigungsbescheids an- zustellen, weil das Grundbuchsverfahren keine Möglichkeit für diesbezügliche Erhebungen biete. Das Grundbuchsgericht habe sich nicht auf Spekulationen darüber einzulassen, ob ein Bescheid noch durch ein ordentliches Rechtsmittel angefochten werden könne, sondern müsse eine eigene Erklärung der Behörde über die Rechtskraft verlangen (5 Ob 2107/96f). Nun entscheide nach § 29 Abs 1 nö GSLG der nö LAS über Berufungen gegen Bescheide der nö ABB endgültig. Dagegen könne lediglich Berufung an den OAS erhoben werden, wenn es sich um ein abänderndes Erkenntnis handle (§ 20 Abs 3 nö GSLG). Das dem Antrag zugrunde liegende Erkenntnis des OAS vom 7. 11. 2005 sei nicht nur die zeitlich letzte Entscheidung im Verfahren über das Bringungsrecht, sondern auch die im Instanzenzug letztmögliche Entscheidung. Bei Anrufung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts handle es sich nicht mehr um ordentliche Rechtsmittel, sodass eine ausdrückliche Rechtskraftbestätigung auf dem Erkenntnis des OAS entbehrlich sei. Der Rekurs sei demnach nicht berechtigt.

Die Entscheidung des Rekursgerichts enthält den Ausspruch, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil sich - soweit überblickbar - zur Frage der Zulässigkeit der Eintragung von Legalservituten im Grundbuch keine oberstgerichtliche Rechtsprechung finde.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der Liegenschaftseigentümer Gertrude S***** und Joachim S***** mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Abweisung des Grundbuchsgesuchs. Die Revisionsrekurswerber machen - zusammengefasst - geltend, dass Bringungsrechte nicht dem Privatrecht entstammten, sondern ihrer Rechtsnatur nach zum öffentlichen Recht gehörten. Die aufgrund des nö GSLG eingeräumten Bringungsrechte würden sämtliche Rechtsnachfolger der jeweiligen Grundeigentümer binden (§ 22 Abs 2 nö GSLG), sodass auch ein allfälliger Eigentümerwechsel keine Änderung der einmal geschaffenen Rechtslage mehr bewirken könne. Im Hinblick auf die dingliche Wirkung der Bringungsrechte sehe das nö GSLG auch - anders als manche anderen Agrargesetze - keine Verbücherung vor. Weder das nö GSLG noch das Güter- und Seilwege‑Grundsatzgesetz 1967, BGBI 1967/198 idF BGBI I 2000/39 (GSGG 1967) enthielten - im Gegensatz zum früheren Güter- und Seilwege‑Grundsatzgesetz 1951, BGBl 1951/103 (GSGG 1951) - Anordnungen über die Verbücherung eines Bringungsrechts. Eine Grundbuchseintragung sei daher nicht erforderlich. Soweit das Rekursgericht Bringungsrechte als Legalservituten einordne, sei dies zutreffend, doch folge daraus und aus der allgemeinen Funktion des Grundbuchs nicht die Zulässigkeit ihrer bücherlichen Eintragung. So sehr auch die Publizitätsfunktion des österreichischen Grundbuchs zu schätzen sei, müsse klar sein, dass das Grundbuch lediglich „eine qualifizierte Evidenz taxativ aufgezählter privater bücherlicher Rechte mit spezifischen Rechtswirkungen am Gutsbestand von Liegenschaften darstellt, nicht jedoch eine allgemeine Bodendatenbank zu Evidenzzwecken" (Rechberger/Bittner, Grundbuchsrecht Rz 46). Das Grundbuch stelle ein Register für privatrechtliche Eintragungen dar, während öffentlich‑rechtliche Eintragungen die Ausnahme darstellten. Würden tatsächlich alle dinglich wirkenden Bescheide in das Grundbuch eingetragen werden - so wie dies dem Rekursgericht wünschenswert scheine - dann würde dessen Übersichtlichkeit leiden. Außerdem ordne § 7 Abs 2 AllgGAG an, dass die ohne Rücksicht auf die bücherliche Eintragung gegen jeden wirksamen Beschränkungen, Lasten und Verbindlichkeiten, die auf öffentlich‑rechtlichen Vorschriften beruhten, im Gutbestandsblatt nur dann ersichtlich zu machen seien, wenn ihre Eintragung im öffentlichen Buch ausdrücklich vorgeschrieben sei. Dies sei aber weder im GSGG 1967 noch im nö GSLG der Fall. Schließlich verfüge keine der vom Antragsteller vorgelegten agrarbehördlichen Entscheidungen über eine Bestätigung ihrer Rechtskraft.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die Vorinstanzen die Rechtslage verkannt haben. Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

1. Zur (Entwicklung der) Rechtslage:

1.1. Wurde die zweckmäßige Bewirtschaftung einer landwirtschaftlich genutzten Liegenschaft dadurch unmöglich gemacht oder erheblich beeinträchtigt, dass zur Bringung der im landwirtschaftlichen Betriebe gewonnenen oder gewinnbaren landwirtschaftlichen Erzeugnisse oder zur Heranschaffung der zur zweckmäßigen Bewirtschaftung erforderlichen Sachen keine oder nur eine unzulängliche oder den Betrieb mit unverhältnismäßigen Kosten belastende Verbindung besteht, so sollte der Eigentümer nach § 1 des früheren Güter- und Seilwege‑Grundsatzgesetz 1951, BGBl 1951/103 (GSGG 1951), begehren können, dass ihm die zur Behebung dieser Nachteile notwendigen landwirtschaftlichen Bringungsrechte eingeräumt werden. Nach § 2 Abs 1 GSGG 1951 bestand das landwirtschaftliche Bringungsrecht entweder in dem Recht, landwirtschaftliche Erzeugnisse und andere Sachen der im § 1 GSGG 1951 bezeichneten Art über fremde Liegenschaften ohne Weganlage zu bestimmten Zeiten zu befördern, oder zu dem im § 1 GSGG 1951 angeführten Zweck landwirtschaftliche Güterwege (Fußsteige, Saumpfade, Fahrwege udgl) oder landwirtschaftliche Seilwege anzulegen und zu benützen.

Gemäß § 5 Abs 1 GSGG 1951 konnte das landwirtschaftliche Bringungsrecht entweder als Grunddienstbarkeit (§ 473 ABGB) oder als bloß persönliches Recht gegen den Besitzer, Fruchtnießer oder Pächter einer anderen Liegenschaft eingeräumt werden. Nach § 5 Abs 2 GSGG 1951 hatte die Landesgesetzgebung zu bestimmen, wann ein landwirtschaftliches Bringungsrecht als Grunddienstbarkeit und wann es als bloß persönliches Recht einzuräumen war.

Gemäß § 18 Abs 2 GSGG 1951 hatte die Agrarbehörde nach Rechtskraft des Bescheids, womit außerhalb eines Zusammenlegungsverfahrens ein landwirtschaftliches Bringungsrecht als ein in die öffentlichen Bücher einzutragendes Recht an einer Liegenschaft eingeräumt, abgeändert oder aufgehoben wurde, die erforderlichen Eintragungen in den öffentlichen Büchern zu veranlassen.

1.2.1. Nach dem auf das GSGG 1951 folgende und derzeit geltenden Güter- und Seilwege‑Grundsatzgesetz 1967, BGBI 1967/198 (GSGG 1967; in der Fassung des Agrarrechtsänderungsgesetzes 2000, BGBl I 2000/39) ist ein Bringungsrecht im Sinn dieses Gesetzes das zugunsten von Grundstücken, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, eingeräumte Recht, Personen und Sachen über fremden Grund zu bringen (§ 1 Abs 1 GSGG 1967). Gemäß § 2 Abs 1 GSGG 1967 sind Bringungsrechte auf Antrag einzuräumen, wenn 1. die zweckmäßige Bewirtschaftung von Grundstücken, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, oder eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes dadurch erheblich beeinträchtigt wird, dass für die Bringung der auf den Grundstücken oder im Betrieb gewonnenen oder gewinnbaren Erzeugnisse oder der zur Bewirtschaftung erforderlichen Personen oder Sachen keine oder nur eine unzulängliche Bringungsmöglichkeit besteht, und 2. dieser Nachteil nur durch ein Bringungsrecht, das öffentliche Interessen nicht verletzt und den im Abs 2 aufgestellten Erfordernissen entspricht, beseitigt oder gemildert werden kann. Nach § 16 Abs 1 GSGG 1967 bedürfen die während des Verfahrens vor der Agrarbehörde abgegebenen Erklärungen und die mit Genehmigung der Agrarbehörde abgeschlossenen Vergleiche keiner Genehmigung durch andere Behörden. Solche Erklärungen und Vergleiche können nur mit Zustimmung der Agrarbehörde widerrufen werden. § 16 Abs 2 GSGG 1967 bestimmt, dass im Fall eines Eigentumswechsels der Erwerber des Grundstücks in das anhängige Verfahren in der Lage eintritt, in der sich das Verfahren befindet. Gemäß § 16 Abs 3 GSGG 1967 ist die während des Verfahrens durch Bescheide oder durch vor der Agrarbehörde abgegebene Erklärungen der Parteien geschaffene Rechtslage auch für die Rechtsnachfolger bindend.

1.2.2. In den ErläutRV zu § 1 GSGG 1967 (BlgNR 11. GP 6) heißt es:

„Nach der Begriffsbestimmung des Abs 1 ist das Bringungsrecht das zugunsten von Grundstücken, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, eingeräumte Recht, Personen und Sachen über fremden Grund zu bringen. Es wird zugunsten und zu Lasten von Grundstücken eingeräumt. Nach der bisherigen Rechtslage kann das Bringungsrecht entweder in der Form einer Grunddienstbarkeit (§ 473 ABGB) oder bloß als ein persönliches Recht gegen den Besitzer, Fruchtnießer oder Pächter des zu Bringungszwecken in Anspruch genommenen Gutes eingeräumt werden. Als Grunddienstbarkeit ist es ein in das Grundbuch einzutragendes Recht (§ 481 ABGB; § 18 Abs 2 des geltenden Grundsatzgesetzes). Es war stets unbestritten, daß das als persönliches Recht eingeräumte Bringungsrecht ein Recht sui generis und keine (persönliche oder unregelmäßige) Dienstbarkeit ist. Bezüglich des in der Form einer Grunddienstbarkeit eingeräumten Bringungsrechtes haben Schrifttum (vgl Klang Kommentar² zu § 364 ABGB unter III) und Rechtsprechung (vgl SZ XXXV/86) die Rechtsansicht entwickelt, daß hier eine Eigentumsbeschränkung ieS oder Belastung öffentlichrechtlicher Natur vorliege, deren Wirksamkeit unabhängig von der Eintragung im Grundbuch sei. Es erscheint daher gerechtfertigt, im Entwurf das Bringungsrecht nicht mehr als Grunddienstbarkeit, sondern als ein Rechtsinstitut sui generis zu behandeln."

1.3.1. Nach § 1 Abs 2 des nö Güter- und Sei1wege1andesgesetzes 1973 (LGBl 6620; nö GSLG in der Fassung seiner zweiten Novelle 6620‑2) ist ein Bringungsrecht im Sinn dieses Gesetzes das zugunsten von Grundstücken, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, eingeräumte Recht, Personen und Sachen über fremde Grundstücke zu bringen. Gemäß § 2 nö GSLG hat die Agrarbehörde auf Antrag ein Bringungsrecht unter den in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen einzuräumen. Nach § 20 Abs 1 Z 1 nö GSLG hat die Agrarbehörde auf Antrag mit Ausschluss des Rechtswegs über Streitigkeiten zu entscheiden, die Bestand, Inhalt, Umfang und Ausübung eines Bringungsrechts betreffen. Gegen diese Entscheidung steht in den in § 20 Abs 2 nö GSLG genannten Fällen die Berufung an den OAS offen. § 22 Abs 1 nö GSLG bestimmt, dass im Fall eines Eigentumswechsels der Erwerber des Grundstücks in das anhängige Verfahren in der Lage eintritt, in der sich das Verfahren befindet. Gemäß § 22 Abs 2 nö GSLG ist die während des Verfahrens durch Bescheide oder durch vor der Agrarbehörde abgegebene Erklärungen der Parteien geschaffene Rechtslage auch für die Rechtsnachfolger bindend. Nach § 22 Abs 3 nö GSLG bedürfen die während des Verfahrens vor der Agrarbehörde abgegebenen Erklärungen und die mit Genehmigung der Agrarbehörde abgeschlossenen Vergleiche keiner Genehmigung durch andere Behörden und können nur mit Zustimmung der Agrarbehörde widerrufen werden.

1.3.2. § 13 nö GSLG enthält Regelungen betreffend Felddienstbarkeiten und sieht vor, dass diese ohne Rücksicht auf den Rechtstitel ihrer Entstehung zu regeln oder aufzuheben sind, wenn sie durch eine Maßnahme nach diesem Gesetz teilweise oder ganz entbehrlich werden (Abs 1), wobei gegebenenfalls die erforderlichen Eintragungen im Grundbuch von Amts wegen zu veranlassen sind (Abs 3). Eine Bestimmung, wonach das eingeräumte Bringungsrecht im Grundbuch einzutragen sei, enthält das nö GSLG nicht (zum Kärntner Güter- und Seilwege‑Landesgesetz 1969 vgl 7 Ob 691/87; anders § 20 Abs 4 oö BringungsrechteG 1998).

2. Dienstbarkeiten, Legalservituten und Bringungsrechte:

2.1. Dienstbarkeiten (Servituten) sind dingliche, in der Regel auf einem Privatrechtstitel (Vertrag; letztwillige Verfügung; Ersitzung § 480 ABGB), auf Richterspruch (§ 842 ABGB) oder allenfalls auf Bescheid (vgl Hofmann in Rummel³, § 480 ABGB Rz 1; Koch in KBB² § 480 ABGB Rz 2) beruhende und üblicherweise durch Verbücherung erworbene (§ 481 ABGB) Rechte auf beschränkte Nutzung einer fremden Sache. Legalservituten sind dagegen liegenschaftsbezogene Berechtigungen bzw Lasten, die in der Regel unabhängig von einer Eintragung im Grundbuch bestehen bzw erworben werden (Koch in KBB² § 472 ABGB Rz 6; Hofmann in Rummel³, § 472 ABGB Rz 1; Klang in Klang II², 561; 1 Ob 44/92 = SZ 66/12 = EvBl 1993/194, 812; 1 Ob 625/94 = SZ 68/145; 6 Ob 198/62 = SZ 35/86; VwGH 2003/07/0081).

2.2. Bringungsrechten (nach dem GSGG 1967) wird in der Lehre eine gewisse Doppelnatur zugeschrieben. Ihrer Rechtsnatur nach gehören sie zum öffentlichen Recht, während sie insbesondere hinsichtlich der Art ihrer Ausübung ein Naheverhältnis zu den Dienstbarkeiten aufweisen (vgl Schwamberger/Lang, Tiroler Agrarrecht III, 12 f und 19; Bachler/Haunold, Bodenreformrecht, in Norer [Hrsg], Handbuch des Agrarrechts, 439). Die auf Bescheid beruhende Einräumung eines Bringungsrechts hat dingliche Wirkung (Bachler/Haunold aaO mwN). Wird ein Bringungsrecht mit einem Parteiübereinkommen begründet, so liegt insoweit eine privatrechtliche Vereinbarung vor, die jedoch durch deren behördliche Genehmigung (auch) ins öffentliche Recht „transformiert" wird (Schwamberger/Lang, Tiroler Agrarrecht III, 57; zur Zustimmung der Behörde in Bescheidform vgl VwGH 89/07/0195).

3. Eintragung ins Grundbuch:

Für den vorliegenden Fall ist zunächst klarzustellen, dass mit dem hier zu beurteilenden Grundbuchsgesuch nicht die Verbücherung einer Dienstbarkeit im Sinn der §§ 472 ff ABGB, §§ 9, 12 GBG angestrebt wird. Die gegenteilige Annahme verbietet sich schon nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesuchs und des von den Beteiligten am 8. September 2005 abgeschlossenen Übereinkommens, dessen Gegenstand ein vormals bescheidmäßig nach den einschlägigen Bestimmungen des nö GSLG eingeräumtes Bringungsrecht war. Der Antragsteller strebt auch nicht etwa (nur) eine Anmerkung im Sinn des § 20 GBG oder eine Ersichtlichmachung nach § 7 Abs 2 AllgGAG, sondern ausdrücklich die „Einverleibung" des Bringungsrechts (ob dem „dienenden" Grundstück) an. Bei auf dem öffentlichen Recht beruhenden Lasten mit dinglicher Wirkung, die also - wie das hier vorliegende Bringungsrecht (§ 22 Abs 2 nö GSLG) - ohne Rücksicht auf die bücherliche Eintragung gegen jeden Eigentümer wirksam sind, fehlt aber für eine Einverleibung eine gesetzliche Grundlage. Solche sind nur gemäß § 7 Abs 2 AllgGAG im Gutsbestandsblatt ersichtlich zu machen, sofern ihre Eintragung im öffentlichen Buch ausdrücklich vorgeschrieben ist; selbst Letzteres trifft aber hier nach dem nö GSLG nicht zu. In Stattgebung des Revisionsrekurses war das Grundbuchsgesuch daher abzuweisen, ohne dass es noch der Klärung bedurft hätte, ob für das Erkenntnis des OAS eine Rechtskraftbestätigung erforderlich gewesen wäre (RIS‑Justiz RS0060544).

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