OGH 5Ob103/08w

OGH5Ob103/08w26.8.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. Roch als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin Dr. Sieglinde S*****, vertreten durch Mag. Herbert Schaffer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegner 1.) Maria G*****, 2.) Dr. Alfred K***** (als eingeantworteter Erbe nach Dr. Alfred K*****, verstorben am 11. November 2006), vertreten durch Baier Böhm Rechtsanwälte OEG in Wien, 3.) Herta S*****, 4.) Dr. Jana B*****, 5.) Ing. Boris B*****, wegen § 52 Abs 1 Z 4 und 8 WEG, über den Rekurs und außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss und Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 20. Februar 2008, GZ 38 R 75/07x‑16, womit der Rekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 24. November 2006, GZ 4 Msch 11/06b‑9a, zurückgewiesen und ihm im Übrigen nicht Folge gegeben wurde, nachstehenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2008:0050OB00103.08W.0826.000

 

Spruch:

1.) Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin wird, soweit er sich gegen die Zurückweisung ihres Rekurses richtet, nicht Folge gegeben.

2.) Im Übrigen wird der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin mangels der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG und § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung

Die Parteien sind sämtliche Wohnungseigentümer der Liegenschaft ***** in *****. Der Zweitantragsgegner ist eingeantworteter Erbe nach dem am 11. 11. 2006 verstorbenen Dr. Alfred K*****, der auch zum Verwalter der Liegenschaft bestellt war.

Im Jahr 2006 wurde ein Mehrheitsbeschluss von den Miteigentümern gefasst, womit das Honorar des Hausverwalters jährlich mit 0,18 % des Versicherungswerts der für das betreffende Jahr eingedeckten Feuerversicherung festgelegt wurde. Am Abstimmungsverfahren wurde die Antragstellerin beteiligt, äußerte sich jedoch nicht. Am 27. 4. 2006 wurde sie vom Ergebnis der Abstimmung verständigt, wonach 82,43 % der Miteigentümer für diesen Beschluss gestimmt hatten. Dieser Prozentsatz errechnet sich ohne Stimmen des damaligen Verwalters, weil dieser von der Stimmrechtsausübung ausgeschlossen war. Im Weiteren erfolgte ein Anschlag der Ergebnisse der Beschlussfassung im Haus.

Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag bekämpfte die Antragstellerin die Rechtswirksamkeit des Mehrheitsbeschlusses über die Festsetzung des Verwalterhonorars für die Jahre 2003 bis 2006 und begehrte, diesen Beschluss als rechtsunwirksam aufzuheben.

Im Weiteren beantragte sie, wegen grober Pflichtverletzungen des Verwalters den Verwaltungsvertrag aufzulösen und den Miteigentümern der Liegenschaft aufzutragen, binnen drei Monaten einen gemeinsamen Verwalter zu bestellen.

Noch während des erstinstanzlichen Verfahrens verstarb der frühere Zweitantragsgegner und Verwalter der Liegenschaft.

Das Erstgericht wies sämtliche Begehren der Antragstellerin ab. Der Mehrheitsbeschluss über die Festsetzung der Höhe des Verwaltungshonorars, der Antragstellerin am 27. 4. 2006 zugestellt, sei rechtswirksam zustandegekommen und weder mit formellen noch inhaltlichen Mängeln behaftet.

Ein grobes Fehlverhalten des bisherigen Verwalters, das seine Abberufung über Antrag eines Miteigentümers rechtfertigen würde, vermochte das Erstgericht aus den getroffenen Feststellungen nicht abzuleiten.

Einen dagegen erhobenen Rekurs wies das Gericht zweiter Instanz, soweit er das Begehren auf Verwalterabberufung betraf, zurück.

In rechtlicher Hinsicht begründete das Rekursgericht die Zurückweisung des Rekurses gegen den Beschluss über die Enthebung des mittlerweile verstorbenen Verwalters damit, dass mit dessen Tod der Verwaltungsvertrag aufgelöst worden sei, eine gerichtliche Enthebung hingegen erst mit Rechtskraft der Entscheidung darüber wirksam geworden wäre. Damit sei nicht nur die materielle Antragsberechtigung weggefallen, sondern fehle es der Antragstellerin auch an der notwendigen Beschwer durch die angefochtene Entscheidung.

Hypothetisch prüfte das Rekursgericht allerdings im Hinblick auf die Notwendigkeit einer Kostenentscheidung, ob tatsächlich ein grober Verstoß des Verwalters gegen seine Verpflichtungen aus dem Verwaltungsvertrag gegeben sei und verneinte das im Ergebnis.

In diesem Zusammenhang erledigte das Erstgericht eine Rüge der Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens und der Nichtigkeit, beide dadurch begründet, dass die Erstantragsgegnerin zu einer Verhandlung nicht geladen worden sei, der Antragstellerin damit ihr Fragerecht abgeschnitten worden sei.

Seine Entscheidung hinsichtlich der Abweisung des Begehrens auf Aufhebung des Mehrheitsbeschlusses begründete das Rekursgericht damit, dass dieser Beschluss ohne jeglichen Verstoß gegen formelle oder materielle Vorschriften wirksam zustandegekommen sei.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs (gegen den Sachbeschluss) nicht zulässig sei, weil die Frage grober Vernachlässigung von Verwalterpflichten stets eine des Einzelfalls sei und darüber hinaus erhebliche Rechtsfragen nicht zu lösen gewesen wären.

Gegen diesen Beschluss und Sachbeschluss richtet sich das als „außerordentlicher Revisionsrekurs" bezeichnete Rechtsmittel der Antragstellerin mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses und Sachbeschlusses im Sinne einer Stattgebung der verfahrenseinleitenden Anträge. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel der Antragstellerin erweist sich, soweit damit der Beschluss des Rekursgerichts über die Zurückweisung ihres Rekurses bekämpft wird, als unberechtigt.

Im Weiteren war der außerordentliche Revisionsrekurs mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.

1.) In ihrem Revisionsrekurs gegen den ihren Rekurs zurückweisenden Beschluss des Rekursgerichts bekämpft die Antragstellerin ausschließlich Feststellungen, die die angebliche grobe Pflichtvernachlässigung des Verwalters betreffen sowie daraus gezogene rechtliche Schlussfolgerungen.

Dabei wird verkannt, dass die Zurückweisung ihres Rekurses mit fehlender Beschwer durch die angefochtene Entscheidung begründet wurde, weil das Verwaltungsverhältnis ohnedies beendet sei. Dazu nimmt der Revisionsrekurs nicht Stellung.

Wie schon vom Rekursgericht zutreffend ausgeführt, wirkt eine gerichtliche Abberufung des Verwalters im Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 8 WEG konstitutiv, somit endet die Verwaltung erst mit Rechtskraft des darüber ergehenden Sachbeschlusses (5 Ob 41/79 = SZ 52/180 = MietSlg 31.532/41; 5 Ob 87/02h = wobl 2002/101 [Call]; Würth/Zingher/Kovanyi Miet- und Wohnrecht21 Rz 14 zu § 21 WEG).

Gemäß § 1022 ABGB wird ein Verwaltungsvertrag in Zweifel durch den Tod des Geschäftsherrn oder durch den Tod des Geschäftsbesorgers aufgehoben. Nur dort, wo die Hausverwaltungsvollmacht einem berufsmäßigen Hausverwalter erteilt wurde, besteht diese im Zweifel auch nach dem Ableben des Machthabers fort (vgl RIS‑Justiz RS0019903; 5 Ob 211/03w = wobl 2004/56 [Call]).

Weil amtsbekannt ist, dass der verstorbene vormalige Zweitantragsgegner nicht berufsmäßiger Hausverwalter, sondern Rechtsanwalt war, hätte es zumindest der Behauptung der Antragstellerin bedurft, Auftrag und Vollmacht wären so gestaltet gewesen, dass sie über den Tod des Geschäftsbesorgers hinaus ohne Rücksicht auf die Voraussetzungen des § 1022 ABGB fortdauern sollten (vgl RIS‑Justiz RS0019903 [T2]).

Damit ist aber tatsächlich mit dem Ableben des vormaligen Zweitantragsgegners von einer Auflösung der ihm erteilten Verwaltungsvollmacht und des ihm erteilten Auftrags auszugehen, sodass, wie das Rekursgericht zutreffend ausführte, einer Entscheidung über die Berechtigung eines Abberufungsbegehrens nur noch theoretische Bedeutung zukäme.

Zu Recht hat daher das Rekursgericht die Beschwer der Antragstellerin als Rekurswerberin verneint.

Eine Kostenentscheidung enthält der erstinstanzliche Sachbeschluss nicht, weshalb sich ein Eingehen auf die Begründetheit des Antrags erübrigt hätte.

2.) Soweit das Rechtsmittel der Antragstellerin als außerordentliches Rechtsmittel erkennbar gegen den rekursgerichtlichen Sachbeschluss gerichtet ist, mit dem die Abweisung des Antrags auf Aufhebung des Mehrheitsbeschlusses bestätigt wurde, bedürfte es der Dartuung erheblicher Rechtsfragen im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG.

Solche sind nicht zu erkennen.

Soweit die Revisionsrekurswerberin auf die bereits im Rekursverfahren behauptete Nichtigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens zurückkommt, reicht es aus, auf die Richtigkeit der entsprechenden Ausführungen des Rekursgerichts hinzuweisen. Im Verfahren nach dem Außerstreitgesetz kann zwar eine vom Rekursgericht verneinte Nichtigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens im Revisionsrekurs neuerlich geltend gemacht werden (vgl RIS‑Justiz RS0007232 [T17 zur Verletzung des rechtlichen Gehörs] ua), doch liegt eine solche Gehörverletzung hinsichtlich der Antragstellerin nicht vor. Es gilt der Grundsatz, dass das rechtliche Gehör dann gewahrt ist, wenn den Parteien Gelegenheit gegeben wird, ihren Standpunkt darzulegen und wenn sie sich zu allen Tatsachen und Beweisergebnissen, die der Entscheidung zugrundegelegt werden sollen, äußern können (vgl RIS‑Justiz RS0119970; RS0074920; RS0042216).

Die Unterlassung der Ladung einer Antragsgegnerin zu einer Verhandlung kann schon deshalb für die Antragstellerin keine Verletzung des rechtlichen Gehörs bilden, weil die Antragsgegnerin als Partei weder zum Erscheinen noch zur Aussage verhalten wäre.

Soweit damit eine Mangelhaftigkeit begründet worden sein soll, ist eine Relevierung im Revisionsrekurs nicht mehr zulässig, weil dieser Mangel bereits vom Rekursgericht verneint wurde (vgl RIS‑Justiz RS0050037).

Im Übrigen finden sich keine Argumente dafür, dass der angefochtene Mehrheitsbeschluss mit einem materiellen oder Formmangel behaftet gewesen wäre, sodass die Vorinstanzen in Übereinstimmung dazu bestehender Rechtsprechung eine Aufhebung dieses Beschlusses verweigerten.

Das hatte zur Zurückweisung des außerordentlichen Revisionsrekurses der Antragstellerin zu führen.

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