OGH 9Ob12/08t

OGH9Ob12/08t20.8.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Freiheitliche Partei Österreichs, 1080 Wien, Friedrich Schmidtplatz 4/3a, vertreten durch Dr. Peter Fichtenbauer und Dr. Klaus Krebs, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Susanne Riess-Passer, Generaldirektorin, 6020 Innsbruck, Sillufer 15, vertreten durch Raits Ebner Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 577.256,62 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 20. Dezember 2007, GZ 2 R 184/07m-89, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die Vorinstanzen haben die von der Klägerin geltend gemachten Forderungen als nicht zu Recht bestehend und überdies als verjährt betrachtet. Die dagegen in der Revision vorgebrachten Einwände zeigen keine grundsätzlichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO auf sondern betreffen - soweit sie entscheidungsrelevant sind - einzelfallbezogene Wertungen, die grundsätzliche Rechtsausführungen des Obersten Gerichtshofs nicht erfordern und auch gar nicht ermöglichen. Eine unvertretbare Fehlbeurteilung der zweiten Instanz, die dessen ungeachtet die Zulässigkeit der Revision rechtfertigen könnte, zeigt die Revisionswerberin nicht auf.

Rechtliche Beurteilung

Die in der Revision geltend gemachten Mängel des Verfahrens erster Instanz wurden bereits vom Berufungsgericht verneint und können daher in dritter Instanz nicht mehr geltend gemacht werden (E. Kodek in Rechberger³ § 503 Rz 9 mwN). Auch auf die Ausführungen, mit denen die vom Berufungsgericht übernommenen erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen bekämpft werden, ist im Revisionsverfahren nicht mehr einzugehen.

Nach wie vor erachtet die Revisionswerberin die Budgetbeschlüsse des Bundesparteivorstands, die den von ihr beanstandeten Ausgaben zugrunde liegen, als irrelevant, weil sie vom unzuständigen Organ gefasst worden seien. Zuständig sei ausschließlich die Parteileitung. Die Auslegung des in diesem Zusammenhang nicht eindeutigen Parteistatuts durch die zweite Instanz ist keineswegs unvertretbar. Dass § 13 Abs 1 lit c des Statuts die Erstellung des alljährlichen Voranschlags und des Rechnungsabschlusses der Bundesparteileitung zuweist, trifft zu. Die Revisionswerberin lässt aber völlig außer Acht, dass die jüngere - erst 1992 in das Statut eingefügte - Bestimmung des § 15a ganz offenkundig davon ausgeht, dass der Voranschlag vom Bundesparteivorstand beschlossen wird. Das Berufungsgericht hat zu diesem offenen Widerspruch überzeugend darauf verwiesen, dass die Beschlussfassung in der Praxis der Klägerin schon seit mehr als drei Jahrzehnten immer durch den Bundesparteivorstand erfolgte und daher die Einfügung des § 15a in das Statut im Sinne einer Festschreibung der schon damals langjährigen Übung zu verstehen sei, die der seit langer Zeit nicht praktizierten Regelung des § 13 Abs 1 lit c vorgehe. Auf den darüber hinaus vom Berufungsgericht ins Treffen geführten Umstand, dass die Bundesparteileitung nach § 13 Abs 2 des Status bestimmte Angelegenheiten dem Bundesparteivorstand übertragen kann und dass angesichts der hier festgestellten dreißigjährigen Praxis von einer solchen Kompetenzübertragung ausgegangen werden müsse, braucht daher gar nicht mehr eingegangen zu werden.

Den Vorwurf, die Beklagte habe die Mitglieder des Bundesparteivorstands in vorwerfbarer Weise über die hier maßgebenden Budgetpositionen nicht informiert, stützt die Revisionswerberin mit Ausführungen, die durch die Tatsachenfeststellungen nicht gedeckt sind. So steht insbesondere die Behauptung, die Beklagte habe den Mitgliedern des Parteivorstands jede Möglichkeit genommen, die Bedeutung der entsprechenden Budgetposten auch nur zu „erahnen", mit der Feststellung in Widerspruch, dass jedem Vorstandsmitglied bekannt war, dass der Großteil der in Rede stehenden „Aufwandpositionen" den Aufwand der Beklagten und der Zeugen Dr. Haider und Mag. Sichrovsky betrafen. Auf die aus dem Vorwurf der mangelnden Information abgeleiteten (aktien-)rechtlichen Konsequenzen ist daher nicht einzugehen.

Der zentrale Einwand der Revisionswerberin läuft darauf hinaus, dass sie den in Rede stehenden Aufwand einer Kosten-Nutzen-Rechnung unterziehen will. Die Vorinstanzen sind demgegenüber mit ausführlicher und alles andere als unvertretbarer Begründung davon ausgegangen, dass eine derartige Kosten-Nutzen-Rechnung beim Repräsentationsaufwand führender Vertreter einer politischen Partei nicht möglich ist. Demgemäß hat sich das Berufungsgericht auf die Prüfung beschränkt, ob der hier zu beurteilende Aufwand zur Erreichung der statutarischen Zwecke der Klägerin denkmöglich geeignet oder von vornherein ungeeignet war bzw ob sich der Aufwand im Rahmen des durch die maßgebenden Beschlüsse eröffneten Ermessensspielraums bewegte. Die dazu zu jeder Ausgabengruppe angestellten, jedenfalls nicht unvertretbaren Wertungen des Berufungsgerichts sind derart einzelfallbezogen, dass grundsätzliche Ausführungen des Obersten Gerichtshofs gar nicht möglich sind. Die Ausführungen, mit denen die Revisionswerberin dessen ungeachtet auf Feststellungen darüber besteht, ob die von ihr als zur Gänze oder zumindest in der erfolgten Höhe als unberechtigt erachteten Ausgaben einen messbaren Nutzen erzielt haben, sind nicht überzeugend. Insbesondere trifft es nicht zu, dass eine derartige Kosten-Nutzen-Rechnung unabhängig von politischen Wertungen möglich sei. So trifft es etwa sicherlich zu, dass das von der Klägerin (jedenfalls auch) aus Repräsentationsgründen zugunsten ihrer Obfrau veranstaltete Geburtstagsfest, dessen Berechtigung die Klägerin grundsätzlich akzeptiert, auch billiger hätte ausgerichtet werden können. Wie hoch man den Aufwand für einen solchen repräsentativen Anlass als gerechtfertigt erachtet, hängt aber letztlich von den damit verfolgten Zielen und den politisch-strategischen Überlegungen der veranstaltenden politischen Partei ab. Anderes könnte nur für Ausgaben gelten, die von vornherein als ungeeignet anzusehen wären, den statutenmäßigen Zwecken der Klägerin nützlich zu sein. Dass dies auf die hier in Rede stehenden Ausgaben nicht zutrifft, hat das Berufungsgericht - wie schon ausgeführt - vertretbar begründet. Unvertretbar ist hingegen der gegenteilige, von der Revisionswerberin vertretene Standpunkt, nach dem es für die Ersatzpflicht eines Parteiobmanns gegenüber seiner Partei ausreiche, wenn er Aufwand zulasse, von dem er nachträglich nicht nachweisen könne, dass er in Geld messbaren Nutzen gehabt habe.

Dass der Repräsentationsaufwand von Spitzenpolitikern in hohem Ausmaß Aufwendungen umfasst, die ihrer Art nach von Aufwendungen der privaten Lebensführung nicht oder oft nur schwer zu unterscheiden sind (Kosten einer Geburtstagsfeier oder von Kleidung für Veranstaltungen, Interviews, Fernsehdiskussionen etc), liegt auf der Hand. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass jeder Ankauf etwa eines Kleidungsstücks als Privataufwendung zu qualifizieren und daher durch die Beschlüsse über die Deckung des Repräsentationsaufwands nicht gedeckt ist. Dazu hat das Erstgericht im Übrigen festgestellt, dass die Beklagte zu Beginn ihrer Zeit als Obfrau sogar aufgefordert wurde, ihr Erscheinungsbild zu ändern. Auch in diesem Zusammenhang gelten im Übrigen die schon oben angestellten Überlegungen, wonach Repräsentationsbedarf wie etwa Kleidung immer auch billiger angeschafft werden kann, dass aber bei der Wahl der Höhe des Aufwands bei einer politischen Partei politisch-strategische Überlegungen maßgebend sind, die letztlich einer Kosten-Nutzen-Rechnung nicht zugänglich sind.

Soweit sich die Revisionswerberin gegen die Ausführungen der zweiten Instanz wendet, wonach die Beklagte für die Sorgfalt eines „emsigen und redlichen Gewalthabers" hafte und statt dessen die Grundsätze der Haftung eines „ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters nach den § 24 Abs 1 VerG 2002, § 84 Abs 1 AktG bzw § 25 Abs 1 GmbHG" angewendet wissen will, ist nicht erkennbar, welche Konsequenzen diese Ausführungen auf die Beurteilung des Falls haben sollen bzw warum sie ein anderes als das vom Berufungsgericht erzielte Ergebnis zeitigen könnten.

Mit ihren Rechtsausführungen zu § 153 StGB will die Revisionswerberin die von dieser Bestimmung geforderte „Wissentlichkeit" nicht nach den subjektiven Verhältnissen des Handelnden, sondern am Maßstab einer vergleichbaren Normfigur messen. Dass diese Überlegung verfehlt ist, bedarf keiner näheren Begründung.

Ansprüche der Klägerin nach den §§ 1042 und 1431 ABGB - die naturgemäß von vornherein nur für jenen Aufwand in Betracht kommen, der der Beklagten zugute gekommen ist - hat das Berufungsgericht schon unter Hinweis auf den subsidiären Charakter der aus diesen Bestimmungen resultierenden Ansprüche verneint; maßgebend sei vielmehr das zwischen den Parteien bestehende privatrechtliche Rechtsverhältnis, das auftragsrechtlicher Natur sei. Die Revisionswerberin hält dem im Kern lediglich entgegen, dass das zwischen den Streitteilen bestehende privatrechtliche Rechtsverhältnis über ein Auftragsverhältnis hinausgehe und verweist auf die „allgemeinen Grundsätze der österreichischen Rechtsordnung im Zusammenhang mit der Organstellung einer juristischen Person". Dieser Einwand kann aber nichts daran ändern, dass die im Rahmen dieses Rechtsverhältnisses erfolgten Leistungen nach den Regeln dieses Rechtsverhältnisses und nicht nach Bereicherungsrecht zu beurteilen sind, das - wie die Revision nicht bestreiten kann und auch nicht bestreitet - nur subsidiären Charakter hat. Auf den Umstand, dass das Vorbringen der Klägerin zu den geltend gemachten bereicherungsrechtlichen Rechtsgründen in wesentlichen Belangen im Widerspruch zu den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen steht, braucht daher gar nicht eingegangen zu werden.

Gegen die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, die geltend gemachten Ansprüche seien verjährt, wendet die Revisionswerberin primär ein, sie müsse sich das Wissen ihres Bundesfinanzreferenten nicht zurechnen lassen. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass das Berufungsgericht ohnedies davon ausgegangen ist, dass die Verjährung während der Zeit, in der die Klägerin Parteiobfrau war, nicht zu laufen begonnen hat. Dass das Wissen des Finanzreferenten auch nachher nicht von Bedeutung gewesen sein soll, begründet die Revisionswerberin mit der Behauptung, es sei dem später amtierenden Parteiobmann nicht zumutbar gewesen, sich die erforderlichen Informationen vom Bundesfinanzreferenten zu beschaffen, der ja wesentlich an der Verschleierung der Ausgaben mitgewirkt habe. Diese Darstellung lässt völlig die Feststellungen über den Wissensstand des später amtierenden Parteiobmanns außer Acht und ist - soweit darin von einer Verschleierung durch den Finanzreferenten ausgegangen wird - durch die Verfahrensergebnisse nicht gedeckt. Die Behauptung, dem neuen Parteiobmann sei die Einholung von Informationen beim Bundesfinanzreferenten nicht zumutbar gewesen, trägt ferner der Feststellung nicht Rechnung, wonach der Bundesfinanzreferent das Vertrauen des neuen Parteiobmanns genoss.

Soweit sich die Revisionswerberin im Zusammenhang mit der Verjährungsfrage darauf bezieht, dass sie ihre Ansprüche aus § 153 StGB sowie aus bereicherungsrechtlichen Bestimmungen ableiten könne, kann auf die oben angestellten Überlegungen verwiesen werden.

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