OGH 6Ob129/08a

OGH6Ob129/08a7.8.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.‑Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dipl.‑Ing. Bruno E*****, 2. Helga Maria E*****, beide *****, vertreten durch Mag. Dr. Kathrin Gürtler und Mag. Nikolaus Reisner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. Rodica M*****, vertreten durch Dr. Markus Freund, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 750 EUR), über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 28. Februar 2008, GZ 40 R 25/08k‑24, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 6. November 2007, GZ 49 C 29/07i‑20, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Kläger sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Beklagten die mit 490,40 EUR (darin 81,73 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Peter R***** mietete mit Mietvertrag vom 16. 2. 1978 die den Klägern gehörige Wohnung Top 14 im Haus *****. Nach § 12 dieses - unter Verwendung eines Vertragsformulars errichteten - Mietvertrags war er verpflichtet, die einen integrierenden Bestandteil bildende Hausordnung einzuhalten, die unter anderem anordnete, dass die Rücksicht der Hausbewohner unter anderem zur Einholung der Genehmigung der Vermieter für eine etwaige Tierhaltung verpflichte. Peter R***** war die Tierhaltung nicht gestattet.

Ende 1984 machte er von seinem Weitergaberecht zugunsten von Uta N***** Gebrauch. Dieser gestatteten die Kläger, jene Katze, die sie damals hatte, in die Wohnung mitzunehmen und dort zu halten; Katzen- bzw Tierhaltung generell erlaubten die Kläger ihr aber nicht.

Im Jahr 1989 gab Uta N***** die Wohnung an die Beklagte weiter. In dem - trotz des Weitergaberechts abgeschlossenen - Mietvertrag vom 27. 4./29. 5. 1989 wird Tierhaltung ohne gesonderte schriftliche Vereinbarung der Vertragsteile für unzulässig erklärt.

In den Jahren 1999 bis 2001 entfernte die Beklagte von Uta N***** im Wohnzimmer und im Schlafzimmer an den Außenfenstern angebrachte Katzengitter und räumte sie in den Keller. Von Ende 2001 bis September 2006 hatte die Beklagte einen roten Kater, der ausschließlich in der Wohnung lebte und auch nicht laut miaute; während dieser Zeit waren die Fenster geschlossen. Diese Katzenhaltung war der Beklagten nie gestattet worden; die Kläger wussten auch nichts von der Existenz des Katers.

Die Beklagte hatte zur damaligen Zeit einen Lebensgefährten in der Steiermark, bei dem sie sich jeweils von Freitag mittags bis Montag früh sowie die gesamten Sommerferien über aufhielt. Der Kater war zu diesen Zeiten überwiegend bei der Mutter oder einer Freundin der Beklagten, die in der Steiermark weitere vier Katzen hielt.

Als der Lebensgefährte starb, übersiedelte die Beklagte unter anderem die vier Katzen in die Mietwohnung, woraufhin sie von der Familie der Kläger auf die Katzen angesprochen wurde. Sie erklärte, die Katzen würden sich nur vorübergehend bei ihr aufhalten, sie gedenke, sie weiterzugeben, weil sie ja gewohnt gewesen waren, sich überwiegend im Freien aufzuhalten. Tatsächlich gab sie auch zwei dieser Katzen weiter, zwei behielt sie hingegen. Der rote Kater ist seit September 2006 nicht mehr in der Mietwohnung.

Als die Beklagte von der Hausverwaltung mit Schreiben vom 25. 9. 2006 aufgefordert wurde, die Katzen aus der Wohnung zu entfernen, berief sie sich auf das von ihr übernommene Recht Uta N*****, eine Katze zu halten, erklärte allerdings ihre Absicht, die Katzen in Kürze abzugeben; dies hat sie bislang jedoch nicht getan.

Die Kläger begehren von der Beklagten unter Berufung auf die abgeschlossenen Mietverträge die Unterlassung der Haltung von Katzen in der Mietwohnung ohne ihre Genehmigung; die Verweigerung dieser Genehmigung bedürfe keiner Begründung und auch keines Nachweises von Unzukömmlichkeiten in der Vergangenheit. Es bestehe hinsichtlich sämtlicher 11 Wohneinheiten im Haus ein Tierhalteverbot.

Die Beklagte wendet demgegenüber ein, es handle sich um reine Zimmerkatzen, weshalb für die allgemeinen Teile der Liegenschaft kein Schaden drohe; die Mietwohnung selbst habe sie ohnehin einmal in jenem Zustand zurückzugeben, in dem sie sie übernommen habe. Sie sei - ebenso wie ihre Vormieterin - aufgrund einer ausdrücklichen Zustimmung der Kläger zur Katzenhaltung berechtigt; jedenfalls hätten sich diese aber konkludent damit einverstanden erklärt, sei die Katzenhaltung der Beklagten den Klägern doch seit Jahren bekannt gewesen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Auf die Uta N***** erteilte Zustimmung zur Haltung deren konkreter Katze könne sich die Beklagte nicht berufen, zu einer Vertragsänderung sei es dadurch jedenfalls nicht gekommen. Die Kläger hätten einer Katzenhaltung der Beklagten weder ausdrücklich noch konkludent zugestimmt.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab und sprach aus, dass der Entscheidungsgegenstand zwar 4.000 EUR, nicht jedoch 20.000 EUR übersteigt und dass die ordentliche Revision zulässig ist; es fehle jüngere Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob der Vermieter dem Mieter die Zustimmung zur Haltung von Haustieren ohne Anführung triftiger Gründe, sondern lediglich unter Hinweis auf eine diesbezügliche Mietvertragsklausel verweigern kann. In der Sache selbst vertrat das Berufungsgericht unter Hinweis auf eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahr 1964, ältere eigene Rechtsprechung und eine Entscheidung des deutschen BGH aus dem Jahr 2007 die Auffassung, der Vermieter könne zwar im Mietvertrag die Tierhaltung grundsätzlich verbieten; mache er sie jedoch im Mietvertrag von seiner Zustimmung abhängig, könne er diese nicht begründungslos verweigern, sondern müsse hiefür triftige Gründe angeben wie etwa bereits erfolgte Unzukömmlichkeiten oder eine erhebliche Belästigung der übrigen Bewohner, wobei es zu einer Interessenabwägung zu kommen habe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

1. Erlaubt der Mietvertrag dem Mieter die Haltung von Tieren ausdrücklich, ist eine derartige Regelung gültig (Gaisbauer, Tierhaltung in der Mietwohnung, ÖJZ 1990, 669; vgl auch LGZ Wien MietSlg 55.359). Eine solche liegt hier aber ebenso wenig vor wie eine ausdrückliche oder konkludente Zustimmung der Kläger gegenüber der Beklagten im Einzelfall; auf ihre diesbezüglich ursprünglich vorgebrachte Argumentation kommt die Beklagte im Revisionsverfahren auch nicht mehr zurück.

2. Der Oberste Gerichtshof hat weiters bereits klargestellt, dass das Halten von üblichen Haustieren, also insbesondere von Hunden und Katzen, regelmäßig erlaubt ist, wenn der Mietvertrag keine Regelung der Tierhaltung enthält (9 Ob 102/98k = MietSlg 50.156; vgl auch 1 Ob 513/53 = MietSlg 2216/4). Dies entspricht auch der Auffassung der Literatur (Gaisbauer aaO; Binder in Schwimann, ABGB³ [2006] § 1098 Rz 40) und zweitinstanzlicher Rechtsprechung (etwa LGZ Wien MietSlg 33.169, L/56).

3. Laut Mietvertrag kann es umgekehrt aber auch generell und schlechthin verboten sein, Tiere in der Mietwohnung zu halten. Eine derartige Regelung wird in Österreich als zulässig angesehen (stRsp, etwa 6 Ob 121/64 = MietSlg 16.127; RIS‑Justiz RS0020976). Sie verstößt, wenn sie etwa in Vertragsformularen enthalten ist, nach zweitinstanzlicher Rechtsprechung auch nicht gegen § 879 Abs 3 ABGB (LGZ Wien MietSlg 53.155, 55.359; ebenso Gaisbauer aaO mwN; Binder aaO Rz 43).

Soweit der deutsche BGH in der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung VIII ZR 340/06 (ebenso bereits WuM 1993, 109 unter Bedachtnahme auf [damals] § 9 Abs 1 AGBG) zu der dem § 879 Abs 3 ABGB vergleichbaren Bestimmung des § 307 Abs 1 dBGB eine gegenteilige Meinung vertreten hat, kann dies im vorliegenden Verfahren dahin gestellt bleiben. Die Unwirksamkeit von Klauseln nach § 879 Abs 3 ABGB ist nämlich nur auf Einwendung und nicht auch von Amts wegen wahrzunehmen (3 Ob 2004/96v = SZ 69/127; 4 Ob 79/99t = SZ 72/78); die Beklagte hat eine diesbezügliche Einrede im Verfahren erster Instanz jedoch nicht erhoben.

4. Sowohl der ursprünglich zwischen den Klägern und Peter R***** abgeschlossene und später auf die Beklagte übertragene als auch der 1989 zwischen den Parteien abgeschlossene Mietvertrag enthält Regelungen, die zwar Tierhaltung in der Mietwohnung grundsätzlich für unzulässig erklären, den Vermietern aber die Möglichkeit einräumen, sie im Einzelfall doch zu genehmigen.

4.1. Zu einer solchen Vertragsklausel hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 7 Ob 505/82 (= MietSlg 34.228/6) ausgesprochen, auch wenn die Tierhaltung im Mietvertrag nicht absolut verboten ist, sondern von der Zustimmung des Vermieters abhängig gemacht wurde, könne der Vermieter die Unterlassung einer solchen Haltung, die ohne seine Bewilligung erfolgt, begehren, ohne triftige Gründe für sein Verlangen angeben und beweisen zu müssen. Dem folgend gingen manche zweitinstanzliche Entscheidungen davon aus, dass die Bewilligung einer vertraglich nicht zugesicherten Tierhaltung dem einzelnen Mieter gegenüber im freien Ermessen des Vermieters liege (LGZ Wien MietSlg L/56, 53.155); dieser Auffassung haben sich auch Gaisbauer (aaO) und Binder (aaO Rz 42) angeschlossen.

4.2. Nach anderen zweitinstanzlichen Entscheidungen (LGZ Wien MietSlg 11.662, 19.122), die vom Obersten Gerichtshof in der Entscheidung 6 Ob 121/64 offensichtlich gebilligt wurden, und manchen Stimmen in der Literatur (Brunner, Tierhaltung in der Mietwohnung, ImmZ 1966, 228; Schimetschek, Tierhaltung als Kündigungsgrund, ImmZ 1975, 163) ist eine Mietvertragsbestimmung, wonach die Tierhaltung in einem Haus nicht generell verboten, sondern nur von der Zustimmung des Vermieters abhängig ist, hingegen so auszulegen, dass der Vermieter das Halten eines Tieres im einzelnen Fall nur dann ablehnen kann, wenn dazu ein Grund entweder in der Person des Mieters oder im Verhalten des Tieres gelegen ist; er bedarf dabei eines triftigen Grundes.

4.3. Gaisbauer (aaO) versucht, die zu 4.1. dargestellte Auffassung damit zu rechtfertigen, dass der Fall, dass die Tierhaltung vertraglich der Zustimmung des Vermieters bedarf, nicht anders beurteilt werden könne als das generelle Verbot; auch hier habe der Mieter so lange keinen Anspruch, Tiere zu halten, als der Vermieter seine Zustimmung zur Tierhaltung nicht erteilt hat; er verhalte sich vertragswidrig, wenn er ohne diese Zustimmung Tiere hält.

Diese Argumentation verkennt allerdings, dass damit zwei unterschiedlichen vertraglichen Regelungen derselbe Bedeutungsinhalt beigemessen wird. Nach Auffassung des erkennenden Senats stellt sich vielmehr die Frage, warum denn der Vermieter, der keine Tierhaltung im Mietobjekt will, die Möglichkeit einer Genehmigung im Mietvertrag überhaupt anklingen lässt. Er könnte ja ohnehin im Einzelfall trotz eines ursprünglich generellen Tierhaltungsverbots eine Ausnahme bewilligen (vgl 7 Ob 78/06f vor dem Hintergrund des § 10 Abs 3 KSchG).

Unterstellt man nun - jedenfalls im vorliegenden Fall - zwanglos, dass weder der ursprüngliche, mit Peter R***** abgeschlossene Mietvertrag noch jener aus dem Jahr 1989 von Mieterseite stammten - derartiges wurde jedenfalls von Seiten der Kläger nicht behauptet -, müssen sich diese derartige Unklarheiten zurechnen lassen (§ 915 2. Fall ABGB). Eine Auslegung derartiger Vertragsbestimmungen unter Mitberücksichtigung der Unklarheitenregel kann dann aber nur zu dem Ergebnis führen, dass dem Mieter ein Anspruch auf Genehmigung der Tierhaltung eingeräumt werden sollte, der Vermieter sich - im Gegensatz zur generellen Erlaubnis - aber eine gewisse Entscheidungsbefugnis vorbehalten wollte. Diese Entscheidungsbefugnis kann aber entgegen der zu 4.1. dargestellten Auffassung nicht freies Ermessen sein, ist doch auch im zweipersonalen Vertragsverhältnis - jedenfalls zwischen Unternehmer und Verbraucher - reine Willkür verpönt (vgl etwa § 6 Abs 1 Z 1 KSchG [Annahme oder Nichtannahme eines Vertrags]; § 6 Abs 1 Z 10 KSchG [Erklärung des Unternehmers, ob die von ihm erbrachten Leistungen der Vereinbarung entsprechen]; § 6 Abs 2 Z 1 KSchG [Vertragsrücktritt durch den Unternehmer ohne sachliche Rechtfertigung]; § 6 Abs 2 Z 3 KSchG [einseitige, sachlich nicht gerechtfertigte Änderung seiner vertraglichen Verpflichtungen durch den Unternehmer]).

Für dieses Ergebnis spricht auch, dass - wie schon gezeigt wurde (2.) - grundsätzlich Tierhaltung erlaubt ist. Ein Abweichen von der dispositiven Rechtslage ist aber jedenfalls im Anwendungsbereich des § 879 Abs 3 ABGB dann nicht zu billigen, wenn eine sachliche Berechtigung für die Abweichung von der für den Durchschnittsfall getroffenen Norm nicht vorliegt (RIS‑Justiz RS0016914). Auch diese Überlegung zwingt dazu, dem Vermieter zwar die Möglichkeit einzuräumen, von Anfang an generell Tierhaltung im Mietobjekt zu verbieten; räumt er dem Mieter jedoch eine von seiner Zustimmung abhängige Möglichkeit dazu ein, darf er diese nicht willkürlich ablehnen.

4.4. Das Berufungsgericht hat diese ‑ grundsätzlich bereits auch von ihm vertretene - Rechtsansicht mit den Parteien erörtert, die Kläger führten jedoch eine konkrete Begründung für ihre Weigerung, der Beklagten das Halten von (zwei) Katzen zu erlauben, nicht an. Soweit sie nunmehr in der Revision darauf hinweisen, die Beklagte habe nicht einmal versucht, eine Zustimmung der Kläger einzuholen, bzw diesen sogar das Vorhandensein der Katzen verheimlicht, ist dies verspätet (§ 482 ZPO).

Der Revision war damit der Erfolg zu versagen.

5. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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