OGH 2Ob120/08y

OGH2Ob120/08y26.6.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. Grohmann, Dr. E. Solé und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Spasoje V*****, vertreten durch Mag. Thomas Scherhaufer, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei G***** AG, *****, vertreten durch Dr. Peter Lindinger und Dr. Andreas Pramer, Rechtsanwälte in Linz, wegen 30.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 10. April 2008, GZ 6 R 5/08k-42, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Das Regelbeweismaß der ZPO ist die hohe und nicht eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit. In den Tatsachenfeststellungen eines Urteils muss eindeutig zum Ausdruck kommen, ob ein bestimmter, für die Entscheidung wesentlicher Umstand festgestellt wird oder dass eine solche Feststellung nicht möglich ist, weil der Umstand nicht mit dieser hohen Wahrscheinlichkeit als erwiesen angenommen werden kann (4 Ob 46/06b; RIS-Justiz RS0110701 [T1]). Entscheidend ist, dass der Richter - wie es dem Regelbeweismaß der ZPO entspricht - die Überzeugung gewinnt, es bestehe (jedenfalls) eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass ein Unfall zu einem bestimmten Schaden geführt hat (vgl 4 Ob 46/06b). Die Frage, ob sich aus dem Gesamtzusammenhang der erstinstanzlichen Feststellungen das Vorliegen dieser Überzeugung ableiten lässt, betrifft die Auslegung der Urteilsfeststellungen im Einzelfall, welche die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO regelmäßig nicht erfüllt (2 Ob 66/08g; RIS-Justiz RS0118891).

Eine unvertretbare Fehlinterpretation ist dem Berufungsgericht nicht unterlaufen, wenn es in diese Auslegung auch die dislozierten Feststellungen des Erstgerichts im Rahmen der Beweiswürdigung und der rechtlichen Beurteilung miteinbezog. Es ist jedenfalls vertretbar davon ausgegangen, dass das erstinstanzliche Urteil in seiner Gesamtheit keinen Zweifel daran lässt, dass die Ursächlichkeit des Unfalls für die Jahre später eingetretene Erblindung des Klägers nicht mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit als erwiesen angenommen werden kann.

2. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach die analoge Anwendung des § 1302 ABGB für jene Fälle anerkannt, in denen als Ursache für einen eingetretenen Schaden die schuldhaften oder sonst einen Haftungsgrund bildenden Handlungen mehrerer Personen in Frage kommen, jedoch nicht festgestellt werden kann, welcher der in Betracht kommenden Schädiger den Schaden wirklich verursachte (alternative Kausalität; 1 Ob 628/92 mwN; Karner in KBB² § 1302 Rz 4). Alternative Kausalität setzt somit voraus, dass mehrere potentielle Schädiger vorhanden sind, von denen jeder ein Verhalten gesetzt hat, das bis auf den strikten Nachweis der Ursächlichkeit alle haftungsbegründenden Elemente enthält (RIS-Justiz RS0022721). Bei der Prüfung der möglichen Kausalität (des „Kausalitätsverdachts") fordert die Rechtsprechung konkret gefährliche, „für den Schadenseintritt in höchstem Maße adäquate Handlungen" der mit dem Kausalitätsverdacht Belasteten (vgl SZ 63/185; RIS-Justiz RS0022721).

Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall muss schon daran scheitern, dass es an einer Mehrheit konkret gefährlich handelnder möglicher Schädiger fehlt. Auch eine konkrete Wahrscheinlichkeit des Eintritts von Zufall wurde von den Vorinstanzen nicht festgestellt (vgl Karner aaO Rz 5 mwN). Es blieb vielmehr ungeklärt, auf welcher Ursache die zur Erblindung führende Netzhautschädigung des rechten Auges des Klägers beruht. Bei dieser Sachlage wirft die Verneinung einer die Beweislastumkehr bewirkenden alternativen Kausalität durch die Vorinstanzen keine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf.

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