OGH 5Ob127/08z

OGH5Ob127/08z24.6.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Floßmann als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen/Hofräte Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. Roch als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache der Antragstellerin P*****, vertreten durch Dr. Christian Kuhn und Dr. Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte in Wien, gegen die Antragsgegnerin Kurt D. B***** GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Wilhelm Schlein, Rechtsanwalt GmbH in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 (§ 12a Abs 3) MRG über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 31. März 2008, GZ 38 R 263/07v‑24, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

§ 12a erster Satz MRG gibt dem Vermieter das Recht zur Anhebung des Mietzinses, wenn sich bei der Mieter‑Gesellschaft die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ändern. Damit sollte der Machtwechsel in der Gesellschaft erfasst werden (RIS‑Justiz RS0069558). Die Begriffe „rechtlich" und „wirtschaftlich" bilden ein unzertrennliches Begriffspaar; die entscheidende Änderung muss also kumulativ die rechtlichen und die wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten betreffen. Eine bloße rechtliche Änderung, mit der eine wirtschaftliche nicht verbunden ist, führt nicht zur Mietzinsanhebung (RIS‑Justiz RS0069560 [T3]; 5 Ob 271/01s).

Der Begriff der Treuhand ist im österreichischem Recht nicht geregelt; ihr Inhalt richtet sich im Einzelfall nach den Parteienvereinbarungen (RIS‑Justiz RS0010444). Treuhand liegt vor, wenn jemand (der Treuhänder) Rechte übertragen erhält, die er im eigenen Namen, aber aufgrund einer besonderen obligatorischen Bindung zu einer anderen Person (dem Treugeber) nur in einer bestimmten Weise ausüben soll (8 Ob 104/07p = RIS‑Justiz RS0010444 [T11]). Bei einer fremdnützigen Treuhand, der ein Auftragsverhältnis zugrunde liegt (P. Bydlinski in KBB" § 1002 ABGB Rz 7), hat der Treuhänder ausschließlich die Interessen des Treugebers wahrzunehmen (vgl Strasser in Rummel I3 § 1002 ABGB Rz 42b mwN, 5 Ob 271/01s).

Im Fall einer fremdnützigen Treuhand wird in der höchstgerichtlichen Judikatur bei der Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft vom Treugeber auf den Treuhänder und umgekehrt eine Änderung der wirtschaftlichen Einflussmöglichkeit und damit ein Machtwechsel im Sinn des § 12a Abs 3 erster Satz MRG verneint (ausführlich 5 Ob 271/01s mwN = wobl 2003/50 [Vonkilch] = SZ 2002/47).

Eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung des Rekursgerichts lässt sich bei der einzelfallbezogenen (RIS‑Justiz RS0010444 [T10]) Frage nach der Auslegung von Treuhandvereinbarungen nicht erkennen. Die Ehegattin hat sich entsprechend der zwischen den Ehegatten getroffenen Klarstellung nie in irgendeiner Form an der Unternehmensführung beteiligt, ebensowenig hat sie Vorteile aus der Übertragung der Anteile gezogen. Die im Revisionsrekurs betonte fehlende ausdrückliche Vereinbarung über die aufrechtzuerhaltende wirtschaftliche „Machtposition" des Mannes zwingt zu keinem anderen Ergebnis: Auftragsverhältnisse können nämlich auch formfrei, daher sogar konkludent begründet werden (vgl P. Bydlinski aaO, § 1005 Rz 1), was grundsätzlich ebenso für fremdnützige, auf einem Auftrag beruhende Treuhandverhältnisse zu gelten hat.

Die Auffassung des Rekursgerichts, bei einer derartigen fremdnützigen Treuhand einen Machtwechsel zu verneinen, entspricht der höchstgerichtlichen Judikatur, ist doch die Person desjenigen, der in der Gesellschaft auf oberster Ebene den entscheidenden Einfluss ausübte (früherer und nunmehriger Alleingesellschafter und Geschäftsführer), von den jeweiligen Anteilsübertragungen unberührt geblieben (5 Ob 271/07s; vgl 6 Ob 88/06v = RIS‑Justiz RS0069560 [T16]).

Die Übertragung der Geschäftsanteile an die Ehefrau sollte nach dem festgestellten Sachverhalt steuerliche Vorteile für den bisherigen Alleingesellschafter bringen. Derartige Umgehungsgeschäfte sind im Gegensatz zu Scheingeschäften nicht schlechthin nichtig (1 Ob 201/99m = SZ 73/55). Sie unterliegen vielmehr denjenigen Rechtsvorschriften, zu deren Umgehung das Geschäft geschlossen wurde (RIS‑Justiz RS0045196; RS0038675 [T7]), hier also steuerrechtlichen Vorschriften. Auf die Frage der Umgehung des § 12a Abs 3 MRG haben die steuerrechtlichen Motive aber keinen Einfluss.

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