OGH 5Ob271/01s

OGH5Ob271/01s9.4.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Otmar S*****, vertreten durch Fürst & Domberger, Rechtsanwälte Kommandit-Partnerschaft in Mödling, gegen die Antragsgegnerin Sabine E***** GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Ferdinand Weber und Dr. Hannes Hirtzberger, Rechtsanwälte in Krems an der Donau, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG (§ 12a MRG), über den Rekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes Krems an der Donau als Rekursgericht vom 25. Juni 2001, GZ 1 R 44/01b-39, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Krems an der Donau vom 3. Oktober 2000, GZ 3 R 72/98p-26, aufgehoben wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die von der Rekurswerberin verzeichneten Kosten sind nach Maßgabe des § 37 Abs 3 Z 19 MRG als weitere Kosten des Verfahrens zu behandeln.

Text

Begründung

Franz E***** erwarb im Jahr 1989 die Geschäftsanteile an der Antragsgegnerin von Alfred E***** (Stammeinlage S 499.000) und setzte Alfred E***** zum Geschäftsführer ein. Mittels Treuhandvertrag vom 6. 6. 1989 hatte sich Alfred E***** gegenüber dem Treugeber Franz E***** verpflichtet, den Geschäftsanteil an der Antragsgegnerin treuhänderisch auf Rechnung des Treugebers innezuhaben und zu verwalten. Eine Stammeinlage von S 1.000,-- wurde von Sabine E***** gehalten. Der Mietvertrag zwischen der Antragsgegnerin und dem Rechtsvorgänger des Antragstellers wurde im Jahr 1989 geschlossen. Nach Ankauf des Hauses durch den Antragsteller wurde der Mietzins von S 1.500 auf S 2.200 angehoben. Am 25. 9. 1997 schloss Franz E***** nach Beendigung des Treuhandverhältnisses mit Alfred E***** einen neuen Treuhandvertrag mit Marianne A***** ab, die nun die Alleingesellschafterin der Antragsgegnerin ist und sich verpflichtet hat, die Geschäftsanteile auf Rechnung von Franz E***** innezuhaben und zu verwalten. Sowohl im Treuhandvertrag mit Alfred E***** als auch in dem mit Marianne A***** wurde geregelt, dass sämtliche mit dem Geschäftsanteil verbundene Rechte, insbesondere Vermögens- und Verwaltungsrechte, ausschließlich über Weisung des Treugebers auszuüben seien. Bei der Ausübung des Stimmrechts in der Generalversammlung oder bei der Mitwirkung an Beschlüssen sei jeweils vorher beim Treugeber um Erteilung der Weisung für diese Handlungen einzukommen und bei Unterbleiben einer Weisung wie in eigenen Angelegenheiten zu handeln. Die Erträgnisse des Vertragsgegenstandes seien nach Maßgabe des Vertragspunktes III unverzüglich und unaufgefordert an den Treugeber herauszugeben. Über das Treuhandverhältnis sei gegenüber jedermann strengstes Stillschweigen zu beobachten.

Der Antragsteller beantragt die Erhöhung des Hauptmietzinses nach § 12a MRG. Sollte ein Treuhandvertrag überhaupt bestehen, so sei er nur zur Umgehung des dem Vermieter zustehenden Mietzinsanhebungsrechtes abgeschlossen worden.

Die Antragsgegnerin bestreitet das Begehren mit der Begründung, dass das Unternehmen nach wie vor auf Rechnung von Franz E*****, der die wirtschaftliche Verfügungsmöglichkeit über die Antragsgegnerin habe, geführt werde und der Gesellschafter (sowohl Alfred E***** als auch Marianne A*****) nur Treuhänder sei. Die Voraussetzungen für eine Mietzinsanhebung seien daher nicht gegeben.

Das Erstgericht wies den Antrag ab, da in der Person des Treugebers kein Wechsel eingetreten sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers Folge und hob den erstinstanzlichen Beschluss zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung auf. In rechtlicher Hinsicht vertrat es die Ansicht, dass es maßgebend sei, ob es in der Gesellschaft zu einem Machtwechsel gekommen sei, also die Person des bisherigen Mieters mit demjenigen, der das Unternehmen in den gemieteten Räumen nunmehr auf seine Rechnung betreibe, nicht mehr identisch sei, sodass der ursprüngliche Mieter kein existentielles, schützenswertes eigenes Unternehmerinteresse an der Beibehaltung des niedrigen Mietzinses haben könne, der günstige Mietzins sohin nur noch zu Lasten des Vermieters verwertet werde. Der Wechsel des Treugebers in einer Konstellation wie der vorliegenden schaffe ebenfalls eine Erhöhungsmöglichkeit nach § 12a Abs 3 MRG. Es sei vorgebracht worden, dass die beiden hier zur Erörterung stehenden Treuhandvereinbarungen so ausgestaltet seien, dass eine entscheidende Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten eingetreten seien. Diesbezüglich fehlen Feststellungen des Erstgerichtes. Werde aus Anlass eines Gesellschafter- und Treuhänderwechsels die finanzielle Ausgestaltung in der Weise geändert, dass der bisherige unangemessene Mietzins mehrheitlich zu Gunsten einer anderen Person, sei es des Treuhänders oder des Treugebers, lukriert werde, so sei eine maßgebliche Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten gegeben.

Das Rekursgericht erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig, weil es an Judikatur zu der Frage fehle, ob auch ein Treuhänderwechsel die Mietzinsanhebung nach § 12a Abs 3 MRG rechtfertige.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Antragsgegners mit dem Antrag, die erstinstanzliche Entscheidung wieder herzustellen. Der Antragsteller erstattete keine Rekursbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Rekurswerberin vertritt die Ansicht, dass die Treuhandvereinbarung die wirtschaftliche Einflussmöglichkeit nicht geändert habe.

§ 12a Abs 3 erster Satz MRG gibt dem Vermieter das Recht zur Anhebung des Mietzinses, wenn sich "in" der Mieter-Gesellschaft die rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten ändern. Das bedeutet nicht, dass zB nur der Austausch von Gesellschaftern den Anhebungstatbestand erfüllen kann, vielmehr wollte der Gesetzgeber den "Machtwechsel" in der Gesellschaft erfassen (5 Ob 7/98k, RIS-Justiz RS0069558). Die Adjektiva "rechtlich" und "wirtschaftlich" bilden ein unzertrennliches Begriffspaar; die entscheidende Änderung muss also kumulativ die rechtlichen und die wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten betreffen. Eine bloß rechtliche Änderung, mit der eine wirtschaftliche nicht einhergeht, führt nicht zur Mietzinsanhebung (1 Ob 226/98m; RIS-Justiz RS0069560). Der Gesetzgeber stellt also darauf ab, ob sich die wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten auf den Mieter (juristische Person oder Personengesellschaft) entscheidend geändert haben, sodass der bisher unangemessen niedrige Mietzins wenigstens mehrheitlich zu Gunsten anderer Personen verwertet werden würde (RIS-Justiz RS0107077). Im vorliegenden Fall trat rechtlich ein Gesellschafterwechsel zu 100 % ein. Marianne A***** wurde Alleingesellschafterin. Da aber nach den oben dargelegten Grundsätzen die Änderung der rechtlichen Einflussmöglichkeiten allein noch nicht zur Anhebung des Hauptmietzinses nach § 12a Abs 3 MRG berechtigen, ist zu prüfen, ob sich auch die wirtschaftliche Einflussmöglichkeit geändert hat. Begehrt wird eine Mietzinserhöhung ab 1. 10. 1997, sohin ab dem Zeitpunkt, in dem statt Alfred E***** Marianne A***** Gesellschafterin der Antragsgegnerin wurde. Sowohl Alfred E***** als auch Marianne A***** sind Treuhänder für Franz E*****. Beide Treuhänder hielten die Geschäftsanteile entsprechend dem Treuhandvertrag nicht auf eigene Rechnung, sondern auf Rechnung von Franz E*****. Dies gilt aber nur nach Maßgabe des Vertragspunktes III. Zu prüfen ist daher der gesamte Inhalt der Treuhandvereinbarung in die Richtung, ob sich durch die Anteilsübertragung von Franz E***** an Marianne A***** an den wirtschaftlichen Einflussmöglichkeit von Franz E***** etwas geändert hat.

Bei einer fremdnützigen Treuhand, bei der der Treuhänder ausschließlich die Interessen des Treugebers wahrzunehmen hat (vgl. Strasser in Rummel I3 § 1002 ABGB, Rz 42b mwN), tritt, jedenfalls bei einer Kapitalgesellschaft wie hier, bei der Anteilsübertragung vom Treugeber auf den Treuhänder und umgekehrt keine Änderung der wirtschaftlichen Einflussmöglichkeit ein (vgl auch Reich-Rohrwig, Mietzinserhöhung bei Geschäftsraum-Hauptmiete [1994], S 76 und 101; Schauer "Zum gegenwärtigen Diskussionsstand über die entscheidende Änderung der 'rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten (§ 12a Abs 3 MRG)' in RdW 1994, 168; Ostheim "Unternehmensveräußerung und Mietzinserhöhung im 3. WÄG" in WoBl 1993, 200; Grünwald "Unternehmensveräußerung und 'entscheidende Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten'" in JBl 1995, 273). Ist der abgeschlossene Treuhandvertrag aber nicht ausschließlich fremdnützig, sondern gemischt auch eigennützig, d.h. auch im Interesse des Treuhänders, dann kann auch bei einer Kapitalgesellschaft ein Machtwechsel vorliegen. Es ist daher bei einem Wechsel des Treuhänders eines GmbH-Gesellschafters zu prüfen, ob nicht ein Umgehungsgeschäft im Sinne des § 12a Abs 3 letzter Satz MRG vorliegt.

Zu Recht hält das Rekursgericht den vorgelegten Treuhandvertrag als erörterungsbedürftig und die Ergänzung der Feststellungen durch das Erstgericht für notwendig. Aus dem Treuhandvertrag zwischen Franz E***** und Marianne A***** geht nämlich hervor, dass der Treugeber von der Treuhänderin einen fixen monatlichen Betrag von S 4.000 erhält, während der Treuhänderin die Tageslosung unter Berücksichtigung der laufenden Ausgaben, Steuern und Abgaben zustehen sollen. Weiters wurde ein zehnjähriger Kündigungsverzicht des Treugebers vereinbart. Die genannten Vertragspunkte könnten indizieren, dass sich auch die wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten geändert haben bzw, dass die gewählte Vertragskontruktion die Umgehung des Anhebungsrechtes des Vermieters bewirken soll. Das Erstgericht wird daher dazu Feststellungen zu treffen haben, nach den Vorstellungen welcher Personen sich der Geschäftsbetrieb im einzelnen vereinbarungsgemäß auf welche Dauer gestalten sollte und gestaltete, welchen Einfluss also der Treugeber und welchen Einfluss die Treuhänderin darauf vereinbarungsgemäß nehmen sollten und welchen sie tatsächlich genommen haben. Weiters wird festzustellen sein, welche Vorstellungen die Parteien von der Ertragslage des Unternehmens hatten und in welchem Ausmaß daher dem Treugeber mit den vereinbarten S 4.000,-- ein Anteil daran zustand. Erst nach Verbreiterung der Tatsachengrundlage wird beurteilt werden können, ob dem Antragsteller nach § 12a MRG ein Mietzinsanhebungsrecht zusteht, bejahendenfalls in welcher Höhe und in welcher Dauer.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG iVm § 52 ZPO.

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