OGH 5Ob85/08y

OGH5Ob85/08y24.6.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Klaus M*****, vertreten durch Dr. Rudolf Gimborn, Dr. Fritz Wintersberger, Mag. Thomas Nitsch und Dr. Sascha Pajor, Rechtsanwälte in Mödling, gegen die beklagte Partei Mag. Gerhard W*****, vertreten durch die Burghofer Rechtsanwalts GmbH in Wien, und dessen Nebenintervenientin C***** AG in Liquidation, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Lang, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Beseitigung und Unterlassung (Streitwert jeweils 2.000 EUR), über die ordentliche Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 18. Jänner 2008, GZ 17 R 370/07v‑26, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Baden vom 24. August 2007, GZ 8 C 2119/05b‑22, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die ordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 445,80 EUR (darin 74,30 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten seiner Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Begründung

Die Streitteile sind Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB ***** bestehend aus dem Grundstück 341/3 (Liegenschaftsadresse *****).

Am 23. 11. 1977 schlossen die damaligen Miteigentümer der Liegenschaft mit Walter N*****, dem Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB *****, einen Servitutsvertrag, welcher auszugsweise lautet:

„Herr DI Walter N***** übernimmt für sich und seine Rechtsnachfolger die Verpflichtung, dem jeweiligen Eigentümer der Einlagezahl ***** Katastralgemeinde *****, Gerichtsbezirk *****, bestehend aus dem Grundstück Nr. 341/3 Garten folgende Rechte und Nutzungen einzuräumen bzw zu gestatten: ...

2. Auf der Liegenschaft EZ ***** ... die Parkplatzbenützung auf der 8,5 Meter breiten Fläche entlang der Grundstücksbegrenzungslinie zu Grundstück 341/3 ...".

Ob der Liegenschaft EZ ***** GB ***** ist sub C‑LNR 1a die „Dienstbarkeit der Parkplatzbenützung auf Gst .393 gem Servitutsvertrag 1978‑02‑07 für Gst 341/3" einverleibt.

Im A2‑Blatt der EZ ***** GB ***** ist unter LNR 1a mit der TZ 3439/1978 das „Recht des Zuganges und der Zufahrt auf dem 4 m breiten Streifen des Gst 392 und der Parkplatzbenützung auf der 8,5 Meter breiten Fläche des Gst 393 gem Servitutsvertrag und Plan 1978‑02‑07 für Grundstück 341/3" ersichtlich gemacht.

Der Kläger behauptete, der Beklagte störe die Ausübung der eingetragenen Dienstbarkeit dadurch, dass er die ausschließliche Benützung der Parkplätze mit den Nummern 10 bis 14 für sich beanspruche und zu diesem Zweck „Parkplatzsperren" montieren habe lassen.

Der Beklagte vertrat den Standpunkt, ihm stehe als Wohnungseigentümer eines bestimmten Objekts das alleinige Nutzungsrecht an den fraglichen Parkplätzen zu, weil dies zwischen früheren Miteigentümern so vereinbart und diese Befugnis an ihn übertragen worden sei.

Das Berufungsgericht gab - in Abänderung des klageabweisenden Ersturteils - den Begehren des Klägers statt und verpflichtete den Beklagten

1. sämtliche auf der Liegenschaft EZ ***** GB *****, insbesondere jene auf den Parkplätzen Nr 10 bis inklusive 14 errichteten, die Ausübung der unter B‑LNR 1a der TZ 3439/1978 einverleibten (richtig: ersichtlich gemachten) Servitut des Zugangs und der Zufahrt auf den 4 Meter breiten Streifen des Grundstücks 392 und der Parkplatzbenützung auf der 8,5 Meter breiten Fläche des Grundstücks 393 gemäß Servitutsvertrag und Plan 1978‑02‑07 für Grundstück 341/3 hindernden Parkplatzsperren zu beseitigen, und

2. jede Störung durch Errichtung von Hindernissen, insbesondere Parkplatzsperren, auf der Liegenschaft EZ ***** GB *****, welche die Zufahrtsmöglichkeit zu den Parkplätzen Nr 10 bis inklusive 14 behindern oder erschweren, und jede ähnliche Störung der unter B‑LNR 1a der TZ 3439/1978 einverleibten Servitut des Zugangs und der Zufahrt auf den 4 Meter breiten Streifen des Grundstücks 392 und der Parkplatzbenützung auf der 8,5 Meter breiten Fläche des Grundstücks 393 gemäß Servitutsvertrag und Plan 1978‑02‑07 für Grundstück 341/3, welche dem Kläger und seinen Rechtsnachfolgern als Miteigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB ***** zusteht, zu unterlassen.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts enthält den Ausspruch, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige jeweils 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR und die ordentliche Revision sei zulässig. Da es in der vorliegenden Konstellation zu divergierenden Entscheidungen zwischen einzelnen Miteigentümern kommen könne, weil der Beklagte selbst Mit- und Wohnungseigentümer des herrschenden Grundstücks sei, erscheine es klarstellungsbedürftig, ob in einem derartigen Fall die „Störungsjudikatur" des Obersten Gerichtshofs zur Anwendung zu kommen habe.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen diesem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision des Beklagten wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) unzulässig; die Zurückweisung der ordentlichen Revision kann sich folgend auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO):

1. Der Beklagte beanstandet die unterbliebene Einvernahme eines Zeugen. Das Berufungsgericht hat einen vom Beklagten daraus abgeleiteten Verfahrensmangel verneint. Ein angeblicher Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens, den das Berufungsgericht verneinte, kann aber in der Revision nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0042963).

2. Die vom Beklagten für erheblich erachtete Rechtsfrage, „ob eine Servitut für einen Wohnungseigentümer unter Ausschluss der übrigen Wohnungseigentümer eingetragen werden kann", stellt sich hier nicht. Einerseits stützt der Kläger sein Begehren auf eine für die jeweiligen Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB ***** einverleibte Servitut und der Beklagte hält dem andererseits eine vermeintlich obligatorische Vereinbarung entgegen. Im Übrigen liegt zu der vom Beklagten relevierten Rechtsfrage bereits Rechtsprechung des Obersten Gerichtshof vor, wonach auch (nur) zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines mit Wohnungseigentum verbundenen Mindestanteils eine Dienstbarkeit begründet werden kann (vgl RIS‑Justiz RS0082754).

3. Die gesamte auf § 1500 ABGB gestützte Argumentation des Beklagten trägt hier nicht, betrifft doch diese Bestimmung typischerweise Fälle, in denen fraglich ist, ob der Erwerber eines dinglichen Rechts (insbesondere der Erwerber einer Liegenschaft) ein außerbücherlich (insbesondere durch Ersitzung) erworbenes, aber (noch) nicht verbüchertes Recht eines Dritten gegen sich gelten lassen muss (Vertrauen auf die Vollständigkeit des Grundbuchsstandes; vgl Dehn in KBB², § 1500 ABGB Rz 1). Eine solche Konstellation liegt hier nicht vor.

4. Soweit der Beklagte fehlende Gutgläubigkeit des Klägers mit dem Wissen des Kaufvertragserrichters begründen und diesen dem Kläger als Erfüllungsgehilfen nach § 1313a ABGB zurechnen will, handelt es sich um eine unzulässige Neuerung, der schon aus diesem Grund nicht weiter nachzugehen ist.

5. Entscheidungswesentlich ist hier die Frage, ob eine wirksame obligatorische Vereinbarung (Benützungsregelung) zwischen früheren Miteigentümern der Liegenschaft über ein ausschließliches Nutzungsrecht an bestimmten Parkplätzen zustande gekommen und gegebenenfalls wirksam auf spätere Rechtsnachfolger übergegangen ist. Dies lässt sich aufgrund der vorliegenden Feststellungen jedenfalls nicht bejahen und der Beklagte setzt sich mit diesem Fragenkomplex in seiner Revision auch nicht nachvollziehbar auseinander.

6. Die Frage der Aktivlegitimation des Klägers hat das Berufungsgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bejaht (vgl RIS‑Justiz RS0012114; 5 Ob 2036/96i; Zur Negatorienklage gegen Mit- und Wohnungseigentümer vgl RIS‑Justiz RS0012137; RS0012112).

Die ordentliche Revision ist daher mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig und zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO. Der Kläger hat auf das Fehlen der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO hingewiesen. Die Kostenbemessungsgrundlage beträgt 4.000 EUR.

Stichworte