Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen 1 und 3 (bezogen auf die Tathandlungen nach Schuldspruch 1) und damit auch im Strafausspruch aufgehoben und die Strafsache insoweit an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Klaus G***** des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (1), des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (2) und der Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 2 StGB (3) schuldig erkannt.
Danach hat er am 9. April 2007 in Weitendorf an der am 22. Juni 1997 geborenen, sohin unmündigen, Michaelle P*****, die seiner Aufsicht unterstand,
1) außer dem Fall des § 206 StGB in zwei Angriffen geschlechtliche Handlungen vorgenommen, indem er ihre Brust über der Bekleidung intensiv betastete;
2) eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung unternommen, indem er sie im Genitalbereich einseifte und abtrocknete und dabei den Finger in ihre Scheide einführte;
3) durch die unter 1 und 2 geschilderten Tathandlungen unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber Michaelle P***** geschlechtliche Handlungen vorgenommen.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der teilweise Berechtigung zukommt.
Nach herrschender Auffassung stellt sexualbezogenes Betasten des Brustbereichs eines unmündigen Mädchens dann eine geschlechtliche Handlung iSd § 207 Abs 1 StGB dar, wenn das betreffende Mädchen insgesamt eine solche (körperliche) Reife erreicht hat, dass ihr Brustbereich - ohne Rücksicht darauf, ob die physische Entwicklung der jungen Frau gerade in dieser Körperregion soweit fortgeschritten ist, dass ihre Brüste als Sekundärmerkmal weiblicher Geschlechtlichkeit bereits (deutlich) ausgeprägt sind - schon biologisch der Geschlechtsregion zuzurechnen ist, das Mädchen damit solche Berührungen durch Dritte als spezifisch sexuell sinnbezogen wahrnehmen kann, und die Handlung im Hinblick auf die abstrakte Eignung zur Gefährdung der sittlichen und sexuellen Entwicklung der Unmündigen nach der Auffassung von mit rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen gemeiniglich als grob sozialstörend empfunden wird (vgl Kienapfel/Schmoller BT III Vorbem §§ 201 ff Rz 29; Fabrizy StGB9 § 207 Rz 8; RIS-Justiz RS0095113 und RS0094936; siehe auch Schick in WK2 § 207 Rz 7; Bertel/Schwaighofer BT II7 § 207 Rz 2). In den Entscheidungsgründen finden sich - wie in der die Schuldsprüche nach § 207 Abs 1 StGB (1) betreffenden Rechtsrüge (Z 9 lit a) im Ergebnis zutreffend vorgebracht wird - keine Feststellungen dahin, in welchem Umfang die Reife des zur Tatzeit neun Jahre alten Mädchens im Sinne der angeführten Judikatur bereits fortgeschritten gewesen ist. Solcherart blieb unklar, ob die - nach den Urteilsannahmen „noch nicht entwickelten" (US 5 und US 6) - Brüste des Mädchens schon der Geschlechtssphäre zuzurechnen waren und somit deren Betasten einem geschlechtlichen Missbrauch iSd § 207 Abs 1 StGB entsprach.
Das Urteil ist im aufgezeigten Umfang mit einem Rechtsfehler mangels Feststellungen behaftet. Dies zwingt zur Aufhebung der Schuldsprüche 1 und 3 (in Bezug auf die Tathandlungen nach Schuldspruch 1) sowie des Strafausspruchs bereits bei nichtöffentlicher Beratung (§ 285e StPO). Die Sache war daher in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen.
Die nicht auf alle Konstatierungen zu Schuldspruch 2 Rücksicht nehmende Subsumtionsrüge (Z 10) verfehlt hingegen ihr Ziel. Dazu stellte das Schöffengericht fest, dass der Angeklagte die Absicht hatte, unter Ausnützung seiner Aufsichtsstellung gegenüber Michaelle P***** eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung an der Unmündigen vorzunehmen und einen Finger in ihre Scheide einzuführen. Beim trotz Ablehnung durchgeführten Einseifen des in der Badewanne stehenden Mädchens berührte und betastete er deren Genitalbereich, duschte die Neunjährige ab und begann sie abzutrocken. Dabei betastete der Rechtsmittelwerber das Kind neuerlich im Genitalbereich und führte schließlich in Umsetzung seines Vorsatzes, an der Unmündigen eine digitale Vaginalpenetration vorzunehmen, einen Finger zumindest teilweise in die Scheide des Mädchens ein (US 5 f).
Die in der Beschwerde dem Erstgericht unterstellte Rechtsansicht, wonach jede Penetration tatbestandsmäßig iSd § 206 Abs 1 StGB wäre, lässt sich dem angefochtenen Urteil gerade nicht entnehmen. Weshalb die dargestellte Digitalpenetration einzelfallbezogen nach der Summe der Auswirkungen und Begleiterscheinungen (welche vom Nichtigkeitswerber ignoriert werden) nicht die Beurteilung zulässt, dass diese geschlechtliche Handlung an einer widerstrebenden Neunjährigen dem Beischlaf gleichzusetzen ist (vgl RIS-Justiz RS0095004), wird im Rechtsmittel nicht aufgezeigt.
Insoweit war die Nichtigkeitsbeschwerde bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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