Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Der Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde die Angeklagte Brigitte B***** des Verbrechens des Totschlags nach § 76 StGB schuldig erkannt.
Danach hat sie sich am 13. Oktober 2006 in Linz in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung dazu hinreißen lassen, Gerhard S***** dadurch vorsätzlich zu töten, dass sie ihm mit einem Fleischmesser mit einer Klingenlänge von 20,5 cm einen Stich in den linken Brustraum im Bereich des zweiten Zwischenrippenraums versetzte, wodurch dieser einen Durchstich des linken Lungenflügels samt Hämatopneumotorax erlitt, woran er verblutete. Nach Verneinung der an sie gerichteten Hauptfrage nach Mord (fortlaufend 1) hatten die Geschworenen die Eventualfrage 1 (fortlaufend 2) nach dem Verbrechen des Totschlags nach § 76 StGB bejaht, die hierauf bezogenen Zusatzfragen nach Notwehr (fortlaufend 5) und Notwehrüberschreitung aus asthenischem Affekt (§ 3 Abs 2 StGB) oder irrtümlicher Annahme einer Notwehrsituation (§ 8 StGB) oder Notwehrüberschreitung aus asthenischem Affekt aufgrund einer irrtümlich angenommenen Notwehrsituation (fortlaufend 6) verneint; die damit im Zusammenhang stehenden Eventualfragen 4 bis 6 (fortlaufend 7 bis 9) nach dem Vergehen der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen nach § 81 Abs 1 Z 1 StGB sowie die weiteren (zur Hauptfrage gestellten; fortlaufend 3 und 4) in Richtung absichtlicher schwerer Körperverletzung mit tödlichem Ausgang (§ 87 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB) und Körperverletzung mit tödlichem Ausgang (§§ 83 Abs 1, 86 StGB) gestellten Fragen hatten sie folgerichtig unbeantwortet gelassen.
Rechtliche Beurteilung
Gegen dieses Urteil richtet sich die von der Angeklagten aus den Gründen der Z 5, 6, 8 und 9 des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde; sie verfehlt ihr Ziel.
Die Anträge auf Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich der Medizin bzw Pharmakologie zum Beweis dafür, dass die Angeklagte aufgrund des Grades ihrer Geisteskrankheit und durch die die Zurechnungsfähigkeit ausschließende Einnahme von Medikamenten und Alkohol zurechnungsunfähig im Sinne des § 11 StGB gewesen sei (S 200 f/II), sowie auf Einvernahme des praktischen Arztes Dr. Joachim L***** und Beischaffung einer Auskunft der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse über die Art und Anzahl der der Angeklagten ausgehändigten Medikamente zum Beweis dafür, dass sie in den letzten zehn Jahren laufend schwere Medikamente zu sich genommen habe, die Psychopharmaka seien, wie sie das (Vor-)Gutachten (Dris. L*****) vom 12. Dezember 2001 berücksichtigt habe, und dass diese Medikamente im Zusammenwirken mit anderen Fakten, wie Krankheit und Alkoholbeeinträchtigung, bei der Angeklagten zum Tatzeitpunkt Zurechnungsunfähigkeit herbeigeführt hätten (S 202/II), durfte das Erstgericht der Verfahrensrüge zuwider ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten abweisen.
Das im Wesentlichen mit dem Hinweis auf zwei in bereits längere Zeit zurückliegenden Strafverfahren zu anderen Ergebnissen gelangenden Vorgutachten des Sachverständigen Prof. Dr. L***** begründete Begehren auf Beiziehung eines medizinischen bzw pharmakologischen Experten legt nicht dar, auf welcher Sachverhaltsbasis ein solcher überhaupt zum angestrebten Ergebnis gelangen könnte, und zielt damit auf eine - im Hauptverhandlungsstadium unzulässige - Erkundungsbeweisführung (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327 ff; in diese Richtung weist im Übrigen auch die Wendung in der Beschwerdeschrift:
„Es hätte sich nach Aufnahme der beantragten Beweise ohne weiters herausstellen können ...").
Außerdem führte der Schwurgerichtshof in seinem abweislichen Zwischenerkenntnis (S 203/II) zutreffend aus, dass die Beurteilung der Wirkung allenfalls eingenommener Psychopharmaka dem Fachgebiet der beigezogenen Sachverständigen Dr. Adelheid K***** zuzuordnen und die begehrte Beweisaufnahme auch nicht durch die Begutachtung Dris. L***** indiziert sei, hätte diese doch nicht nur andere, lange zurückliegende Tatzeiträume, sondern auch explizit andere Sachverhalte zum Gegenstand gehabt.
Die weiters gestellten Anträge verfielen mit der ebenfalls nicht zu beanstandenden Begründung der Abweisung, dass auch die Vernehmung von Dr. L***** und eine Auskunft der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse nicht geeignet gewesen wären, die Frage der tatsächlichen Medikamenteneinnahme der Angeklagten oder den Einfluss einer solcherart nicht näher bestimmbaren Medikation auf die Beschwerdeführerin zum Tatzeitpunkt zu klären.
Auch der (ganz allgemein) auf die Schwierigkeit der Beobachtung und Begutachtung der Angeklagten, ferner auf die - angesichts der Kürze der Befragung der ihr von früher nicht bekannten Angeklagten sowie der von ihrer Schlussfolgerung abweichenden Vorgutachten Dris. L***** - behaupteten Bedenken gegen die Richtigkeit der Expertise Dris. K***** gestützte (in der Hauptverhandlung aufrecht erhaltene) Antrag auf Einholung eines zweiten Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet der Psychiatrie zum Beweis dafür, dass bei der Angeklagten die Voraussetzungen nach § 21 Abs 2 StGB nicht vorliegen (S 203/II iVm ON 34), wurde zu Recht abgelehnt (S 204 f/II).
In der Hauptverhandlung nahm die Gerichtssachverständige Dr. K***** ausführlich zu den beiden Gutachten Dris. L***** aus den Jahren 1998 und 2001 Stellung (S 197 ff/II). Sie erläuterte eingehend, dass diese zu lange zurückliegenden Zeitpunkten und anderen Situationen erstellten Expertisen nicht im Widerspruch zu ihrem Gutachten stünden. Nach diesen Ausführungen der Sachverständigen hielt der Verteidiger seinen schriftlichen Beweisantrag aufrecht (S 203/II iVm ON 34), ohne auf die Ausführungen der Sachverständigen in der Hauptverhandlung einzugehen.
Da gemäß § 126 Abs 1 StPO aF das Gutachten eines oder zweier anderer Sachverständigen erst dann einzuholen ist, wenn sich Bedenken gegen die bereits vorliegende Expertise nicht durch nochmalige Vernehmung des Sachverständigen beseitigen lassen, hätte die Antragstellerin jedoch fundiert dartun müssen, weshalb Dr. K***** die behaupteten Bedenken gegen ihr Gutachten nicht aufgeklärt habe, es also weiterhin Mängel im Sinn der §§ 125, 126 StPO aF aufweist. Eine entsprechende Darlegung anlässlich der Wiederholung des nach abschließender Gutachtenserörterung - bei der auch der Verteidiger von seinem Fragerecht Gebrauch machte - aufrecht erhaltenen Antrags ist jedoch unterblieben, sodass diesem Begehren zu Recht nicht entsprochen wurde (12 Os 36/04).
Vielmehr zielte der allgemeine - unter Hinweis auf die massiven persönlichen Folgen, die für die unbescholtene Angeklagte aus einer Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher resultieren würden, gestellte - Antrag nach Art unzulässiger Erkundungsbeweisführung lediglich auf Überprüfung des von der beigezogenen Sachverständigen erstatteten Gutachtens in der (im Sinn der §§ 125 f StPO aF) nicht indizierten Erwartung eines für die Antragstellerin günstigeren Ergebnisses (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 351). Auf das umfangreiche im Rechtsmittel nachgetragene Vorbringen war nicht Bedacht zu nehmen, weil der Oberste Gerichtshof die Berechtigung eines Antrags stets auf den Antragszeitpunkt bezogen prüft, sodass jedes ergänzende Vorbringen im Rechtsmittel unzulässig ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 325).
Die Interrogationsrüge (Z 6) verfehlt eine gesetzmäßige Ausführung, weil sie lediglich isoliert und aus dem Kontext gelöst auf die einen Verletzungs- oder Tötungsvorsatz in Abrede stellende Verantwortung der Angeklagten und auf deren Behauptung hinweist, ihrem ehemaligen Lebensgefährten den Stich nicht versetzt zu haben, um ihn zu verletzen, sondern um einen von diesem gesetzten Angriff abzuwehren, es jedoch unterlässt, deren Einlassung in der Hauptverhandlung in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0120766; Schindler, WK-StPO § 313 Rz 14 f). Die weitere Verantwortung der Angeklagten (wie insbesondere: „Ich habe mich gewehrt und wollte, dass er mir nichts tut, habe ziellos hingestochen von oben nach unten", wobei die Angeklagte die Stichbewegung zeigt [S 160/II]; „Ich habe einmal zugestochen und dann das Messer gleich wieder herausgezogen [S 161/II]; „Ich wollte, dass er von mir ablässt mit dem Mittel, das ich gerade in der Hand hatte." [S 164/II]; auf Befragung, weshalb sie mit dem Messer „zugehaut" habe: „Ich wollte ihn abwehren. Ich hatte Todesangst" [S 168/II]; „Ich wollte mich nur wehren, ich wollte ihn nicht umbringen. Ich wollte ihn auch nicht schwer verletzen. Ich wollte nur, dass er nicht auf mich losgeht. Ich hatte keine Zeit zum Nachdenken." [S 170/II] sowie „... Ich habe keinen Mord begangen. Ich habe ihn so schwer verletzt, dass er gestorben ist. Es war nicht meine Absicht, ihn zu töten. Ich war in Todesangst, habe eine Kurzschlussreaktion gesetzt ..." [S 200/II]), die ein aktives, willentlich gesteuertes und zielgerichtetes Handeln erkennen lässt, nicht aber ein bloßes Fahrlässigkeitsunrecht, das (bereits für den Fall der Verneinung der wegen Mordes gestellten Hauptfrage) die reklamierte Eventualfrage nach fahrlässiger Tötung, allenfalls unter besonders gefährlichen Verhältnissen gemäß §§ 80, 81 StGB, indizieren könnte (vgl 13 Os 92/06p, 15 Os 48/06p), blieben von der Beschwerde hingegen unberücksichtigt.
Soweit die Rüge (der Sache nach Z 8) zu der nicht derart gestellten Eventualfrage wegen fahrlässiger Tötung, allenfalls unter besonders gefährlichen Verhältnissen, eine Unvollständigkeit der den Laienrichtern erteilten Rechtsbelehrung behauptet, übersieht sie, dass die Instruktion zu tatsächlich nicht gestellten Fragen nach Z 8 nicht bekämpft werden kann (Ratz, WK-StPO § 345 Rz 63). Jeglichen Hinweis auf Verfahrensergebnisse lassen die weiteren Ausführungen vermissen, wonach Zusatzfragen insbesondere wegen Tatbildirrtums (der jedoch schon grundsätzlich nicht Gegenstand einer Zusatzfrage sein kann; RIS-Justiz RS0100567), Irrtums über einen nicht näher genannten rechtfertigenden Sachverhalt, indirekten Verbotsirrtums oder „einer Kombination aus diesen Varianten" (was immer die Beschwerdeführerin darunter verstehen mag) geboten gewesen wären. Solcherart verfehlt sie jedoch die gesetzlichen Anfechtungskriterien, dient doch die Fragestellung nicht dazu, einen Wahrspruch über bloße Mutmaßungen einzuholen (Schindler, WK-StPO § 313 Rz 12).
Welche in der Hauptverhandlung vorgekommenen Tatsachen die Stellung von Fragen in „Richtung eines Notstands bzw der irrtümlichen Annahme des Vorliegens einer Notstandslage" erfordert hätten, legt die Beschwerde mit der bloßen Behauptung eines „hinreichenden Tatsachensubstrats" nicht dar.
Einzig unter Hinweis auf den Alkoholisierungsgrad der Angeklagten und die darauf gegründete spekulative Schlussfolgerung, dieser sei in einer Größenordnung gelegen, bei der nicht auszuschließen sei, dass er im Zusammenwirken mit der erheblichen psychischen Störung und dem Medikamentenkonsum den Zustand einer vollen Berauschung im Sinne der zitierten Gesetzesbestimmung herbeigeführt habe, wendet sich die Interrogationsrüge schlussendlich gegen das Unterbleiben einer Frage zum Vorliegen der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand der vollen Berauschung gemäß § 287 StGB (gemeint wohl: das Unterbleiben einer Zusatzfrage in Richtung § 11 StGB und einer Eventualfrage gemäß § 314 Abs 1 StPO nach § 287 Abs 1 StGB - vgl Schindler, WK-StPO § 317 Rz 32, Plöchl in WK² § 287 [2006] Rz 39), ohne damit dem für eine Erörterung im Sinne der §§ 285c Abs 2, 286 ff StPO erforderlichen Aufzeigen eines entsprechenden Sachverhaltsvorbringens in der Hauptverhandlung gerecht zu werden. Im Übrigen hat sich die Angeklagte selbst nicht mit voller Berauschung durch Alkohol und Medikamente verantwortet. Sie gab insoweit nur an, sie sei „betrunken und von Tabletten benebelt" gewesen (S 160/II). Hieran vermag ihre ganz am Ende der Hauptverhandlung gemachte Äußerung: „Ich wusste nicht mehr was ich mache." (S 202/II) nichts zu ändern, weil sie damit von ihrer gegenteiligen, zuvor getätigten Einlassung nicht abgegangen ist.
Der Vorwurf, die zur Eventualfrage nach dem Verbrechen des Totschlags erteilte Rechtsbelehrung sei mit der einer Unrichtigkeit gleichkommenden Unvollständigkeit behaftet, weil darin lediglich ausgeführt werde, dass Tatobjekt, Tathandlung und Tatvorsatz sich mit jenen des § 75 StGB deckten, die maßgeblichen juridischen Begriffe, wie äußere und innere Tatseite, Schuld, Tatvorsatz und Tatobjekt jedoch nicht verständlich erläutert würden, versagt. Die Instruktionsrüge (Z 8) orientiert sich nämlich nicht an der Gesamtheit der den Laienrichtern erteilten Belehrung, in der die für das Verbrechen des Totschlags maßgeblichen Begriffe einerseits anlässlich der Instruktion zu diesem Tatbestand erklärt (insbesondere die allgemein begreifliche heftige Gemütsbewegung, aber auch Tatobjekt und innere Tatseite [S 237 ff/II]), im Übrigen aber durch den unmissverständlichen Hinweis auf die Ausführungen zum Verbrechen des Mordes (S 237 iVm 235 f/II) - und damit auch auf die Belehrung zum allgemeinen Teil des StGB insbesondere in Ansehung des Tatvorsatzes (vgl S 236/II) - erläutert werden. Weshalb eine solche Gliederung geeignet gewesen sein sollte, die Laienrichter in Irrtum zu führen, wird nicht dargetan. Mit ihrer weiteren, auf die nur für das Moniturverfahren maßgebliche Niederschrift gemäß § 331 Abs 3 StPO gestützten Argumentation bringt die Beschwerdeführerin den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund jedenfalls nicht zur Darstellung (Ratz, WK-StPO § 345 Rz 56).
Fehl geht auch der Einwand (der Sache nach Z 9), aus der Niederschrift der Geschworenen ergebe sich die unvollständige und undeutliche Beantwortung der Eventualfrage nach Totschlag. Insoweit verkennt die Beschwerde, dass Mängel des Wahrspruchs nur aus diesem selbst, nicht aber aus der von den Laienrichtern zu verfassenden Niederschrift abgeleitet werden können (Ratz, WK-StPO § 345 Rz 71). Der Vorwurf, die Instruktion übergehe den Rechtfertigungsgrund des entschuldigenden Notstands (§ 10 StGB), orientiert sich abermals nicht an dem vom Gesetz geforderten Bezugspunkt, weil die Rechtsbelehrung nur in Ansehung tatsächlich gestellter Fragen zu erfolgen hat (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 63; Philipp, WK-StPO § 321 Rz 19).
Mit dem Argument, die Geschworenen seien in der Niederschrift anlässlich der Beantwortung der nach dem Rechtfertigungsgrund der Notwehr gestellten Zusatzfrage rechtsirrig der Ansicht gewesen, „Notwehr würde nur im Falle der Todesangst vorliegen" wird neuerlich der unzulässige Versuch unternommen, daraus eine Unrichtigkeit der Instruktion abzuleiten.
Die Beschwerdeführerin wendet weiters ein, die Rechtsbelehrung enthalte neben dem Hinweis, dass „ein waffenlos ausgetragenes Handgemenge auch denjenigen, der mit einer Niederlage rechnen muss und davor Angst empfindet, nicht (sogleich) zur Anwendung von Mitteln, die eine schwere Verletzung des Gegners befürchten lassen", berechtigt, nicht auch den weiteren Hinweis, dass selbst im Falle, dass eine Abwehrhandlung die Gefahr einer schweren Verletzung des Gegners habe befürchten lassen, diese im Sinne des Vorliegens eines Notwehrtatbestands gerechtfertigt sei, wenn damit ein unmittelbarer drohender rechtswidriger Angriff gegen Leib oder Leben wirksam und maßhaltend abgewehrt worden sei. Dieser Einwand übergeht insbesondere die Definition der notwendigen Verteidigung, also jener, die gerade soweit in die Rechtsgüter des Angreifers eingreift, damit der Angriff in seiner konkreten Gestalt verlässlich, das heißt sofort und endgültig, abgewehrt werden kann (S 230/II), und die weitere Ausführung der Instruktion, dass der Angegriffene im Regelfall nicht verpflichtet ist, ein an sich zulässiges Abwehrmittel unter überlegter Berücksichtigung aller denkbaren Folgen graduell abgestuft einzusetzen (S 231/II).
Andererseits lasse - so die Beschwerdeführerin weiter - die Formulierung: „Bei einem rücksichtslosen, dem Angegriffenen körperlich überlegenen, wenngleich unbewaffneten Angreifer, kann allerdings die Verwendung einer Waffe gerechtfertigt sein;" eine Alternative dahin zu, dass die Verwendung einer Waffe unter anderen Voraussetzungen nicht gerechtfertigt sei, ohne dass die Belehrung eine Abgrenzung vornehme und plausibel darstelle, bei welchen Variationen die Verwendung einer Waffe gerechtfertigt und damit zulässig sei und bei welchen nicht. Auch mit diesem, auf ein isoliert und kontextentkleidet herausgegriffenes Detail der Rechtsbelehrung zur Notwehr gestützten Vorbringen ignoriert die Rechtsmittelwerberin - neuerlich unter Nichtbeachtung des Grundsatzes, dass die Rechtsbelehrung als Ganzes zur Kenntnis zu nehmen ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 58) - zunächst den unmittelbar an die zitierte Erläuterung anschließenden Halbsatz „die Forderung, diese gegen den Angreifer nur 'dosiert' einzusetzen, wird von der neueren Rechtsprechung als lebensfremd bezeichnet", aber auch die weitere Instruktion insbesondere zur notwendigen Verteidigung sowie auch den Hinweis, dass sich der Angegriffene nicht auf das Risiko einer ungenügenden Abwehrmaßnahme einzulassen braucht, was objektiv ex ante zu prüfen ist. Außerdem ist die von der Beschwerde offenbar intendierte Bezugnahme auf einen konkreten Lebenssachverhalt nicht Gegenstand der schriftlichen Rechtsbelehrung, sondern vielmehr Sache der nach § 323 Abs 2 StPO abzuhaltenden Besprechung (Philipp, WK-StPO § 321 Rz 16). Weshalb der Hinweis auf den Grundsatz „in dubio pro reo" nicht ebenfalls Gegenstand dieser Erörterung, sondern notwendiger Inhalt der Rechtsbelehrung gemäß § 321 Abs 2 StPO sein sollte (vgl Philipp, WK-StPO § 321 Rz 15), legt die Beschwerde nicht einmal ansatzweise dar.
Nominell unter Z 9 (der Sache nach Z 1) rügt die Nichtigkeitswerberin abschließend eine nicht gehörige Besetzung des Schwurgerichtshofs, weil nach den im Zuge der Verfassung des Rechtsmittels eingeholten Erkundigungen der eingesetzte Drei-Richter-Senat nicht der Geschäftsverteilung entsprochen habe (die jedoch unbestritten der Öffentlichkeit zugänglich ist). Dieser die Rügepflicht nach § 345 Abs 2 StPO missachtende Einwand erweist sich schon damit als unzulässig. Abgesehen davon ist der aufklärenden Stellungnahme des Präsidiums des Landesgerichts Linz (ON 55) zu entnehmen, dass wegen Verhinderung des laut Geschäftsverteilung vorgesehenen Richters Mag. Gerald Rüger Dr. Klaus Stockinger als dessen nächster nicht selbst verhinderter Vertreter am vorliegenden Verfahren teilzunehmen hatte. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß §§ 285d Abs 1, 344 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen, woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§§ 285i, 344 StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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