OGH 6Ob9/08d

OGH6Ob9/08d21.2.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.-Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der am 25. Februar 1921 geborenen Lore G*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Sachwalterin Dr. Ulrike G*****, vertreten durch Dr. Bernhard Aschauer, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 28. November 2007, GZ 43 R 724/07z-218, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Josefstadt vom 25. September 2007, GZ 27 P 7/05s-198, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Beurteilung der Frage, ob genügend Anhaltspunkte für die Notwendigkeit der Bestellung eines Sachwalters vorliegen, ist immer eine solche des Einzelfalls und hat in der Regel keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung (RIS-Justiz RS0106166, RS0117006, RS0087091).

2. Das Sachwalterrechts-Änderungsgesetz 2006, mit dem die Angehörigenvertretung und die Vorsorgevollmacht in das ABGB eingefügt wurden, trat am 1. 7. 2007 in Kraft (Zierl, Sachwalterrecht, 171). Vor Inkrafttreten dieses Gesetzes erteilte Vollmachten werden nicht in Vorsorgevollmachten umgedeutet. Wenngleich die - nunmehr in den §§ 284f bis 284h ABGB geregelte - Vorsorgevollmacht der Sache nach auch schon vorher für das österreichische Recht grundsätzlich anerkannt war, so war doch die Möglichkeit der Vertretung in Gesundheitsangelegenheiten umstritten (vgl Schauer, Vorsorgevollmacht und gesetzliche Angehörigenvertretung nach dem SWRÄG 2006, FamZ 2006, 148; Ganner in Barth/Ganner, Handbuch des Sachwalterschaftsrechts, 340 mwN).

3. Anerkannt ist aber jedenfalls, dass zur gültigen Errichtung einer Vorsorgevollmacht der Vollmachtgeber im Zeitpunkt der Vollmachtserteilung jene Entscheidungsfähigkeit haben muss, welche erforderlich ist, um über die Angelegenheiten bestimmen zu können, die Inhalt der Vollmacht sind (Ganner, aaO 346); damit bedarf es auf Seiten des Vollmachtgebers der Geschäftsfähigkeit bzw - sofern Agenden der Personensorge übertragen werden - der Einsichts- und Urteilsfähigkeit (Ganner, aaO; vgl auch Zierl, aaO 181). Im vorliegenden Fall gelangten aber die Vorinstanzen auf der Tatsachenebene zu dem Ergebnis, dass nicht mehr beurteilt werden kann, ob die geistige Einschränkung der Betroffenen zum Zeitpunkt der Erteilung der Vollmacht im Jahr 2001 bereits so weit fortgeschritten war, dass sie nicht mehr über den erforderlichen Grad an Einsichtsfähigkeit, eine Vollmacht wirksam zu erteilen, verfügte.

Bei dieser Sachlage ist aber in der Abweisung des Antrags der Sachwalterin auf ihre Enthebung keine im Interesse der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken, zumal nicht einmal eine wirksame Vorsorgevollmacht in jedem Fall die Bestellung eines Sachwalters hindert (vgl Zierl, aaO 185).

4. Damit zeigt der Revisionsrekurs aber keine Rechtsfragen der im § 62 Abs 1 AußStrG geforderten Bedeutung auf, sodass dieser spruchgemäß zurückzuweisen war.

Stichworte