OGH 3Ob241/07y

OGH3Ob241/07y30.1.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.-Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Österreichische Tierärztekammer, *****, vertreten durch Dr. Johannes Hock sen und Dr. Johannes Hock jun, Rechtsanwälte Gesellschaft mbH in Wien, wegen Einwendungen nach § 36 EO (Streitwert 36.336,42 EUR), infolge Rekurses der beklagten Partei und außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen den Beschluss und das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rechtsmittelgericht vom 27. August 2007, GZ 4 R 187/07k-12, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Graz vom 21. Dezember 2006, GZ 9 C 6/06i-6, aufgehoben und dem Erstgericht die Verfahrensfortsetzung aufgetragen sowie das Urteil des Bezirksgerichts Graz vom 21. Dezember 2006, GZ 9 C 6/06i-6, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs und die außerordentliche Revision werden zurückgewiesen. Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die klagende Partei ist aufgrund des Urteils des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 30. November 2000, GZ 10 Cg 34/00m-30, idF des Urteils des Oberlandesgerichts Graz (als Berufungsgericht) vom 4. April 2001, GZ 6 R 49/01z-34, verpflichtet, es zu unterlassen, Tätigkeiten, die nach den Bestimmungen des Tierärztegesetzes den Tierärzten vorbehalten sind, in Österreich anzubieten oder - sei es durch (bei ihr) angestellte Tierärzte oder dritte Unbefugte - ausführen oder ausführen zu lassen, hievon ausgenommen Heimtiere und herrenlose Tiere.

Bereits am 15. März 2001 meldete die klagende Partei den Beginn des Betriebs eines privaten Tierspitals beim Magistrat der Stadt Graz, Veterinäramt, an. Dieser wies die Anzeige über die Eröffnung eines privaten Tierspitals mit Bescheid vom 21. November 2001 als unzulässig zurück. Der zuständige Landeshauptmann gab der dagegen von der klagenden Partei erhobenen Berufung mit Bescheid vom 18. April 2002 nicht Folge.

Der Verfassungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 11. März 2004 die genannten Bescheide auf Zurückweisung der Anmeldung des Tierspitals mit der wesentlichen Begründung auf, dass einer juristischen Person wie der klagenden Partei die Anmeldung eines privaten Tierspitals nicht von vornherein untersagt werden könne. In weiterer Folge hob der Landeshauptmann mit Bescheid vom 18. Mai 2004 den Bescheid vom 21. November 2001, womit die Anzeige der Eröffnung eines privaten Tierspitals als unzulässig zurückgewiesen wurde, ersatzlos auf. Am 18. Mai 2006 stellte die Stadt Graz, Gesundheitsamt, eine Beurkundung des Inhalts aus, dass die klagende Partei an einem bestimmten, näher genannten Standort ein privates Tierspital betreibe.

Aufgrund von Strafanträgen verhängte das Erstgericht in dem bei ihm anhängigen Unterlassungsexekutionsverfahren mit Beschluss vom 17. Februar 2003 eine weitere Geldstrafe über die klagende Partei. Ein Rekurs blieb erfolglos. Mit dem im Instanzenzug teilweise abgeänderten Beschluss vom 19. November 2003 verhängte das Erstgericht weitere Geldstrafen. Mit Beschluss vom 9. Mai 2005 verhängte es eine weitere Geldstrafe über die klagende Partei; ein Rekurs blieb erfolglos. Aufgrund des Kostenzuspruchs in der zuletzt genannten Rekursentscheidung bewilligte das Erstgericht der beklagten Partei antragsgemäß mit Beschluss vom 30. Dezember 2005 die Fahrnisexekution zur Hereinbringung von 2.376 EUR an Kosten.

Bereits am 20. Juli 2004 erhob die klagende Partei gegen den Beschluss vom 19. November 2003 (idF der Rekursentscheidung vom 18. Juni 2004) eine Oppositionsklage mit der Einwendung, sie habe ein privates Tierspital ordnungsgemäß angemeldet und die zunächst diese Anmeldung zurückweisenden Bescheide seien vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben worden. Diese Oppositionsklage wurde rechtskräftig abgewiesen.

Die klagende Partei begehrte die genannten Exekutionsbewilligungen für unzulässig zu erklären. Sie sei berechtigt, seit der Anmeldung beim Magistrat der Stadt Graz am 15. März 2001 ein privates Tierspital zu führen und in dessen Rahmen tierärztliche Behandlungen nicht nur von Heimtieren und herrenlosen Tieren, sondern auch von Tieren von Vereinsmitgliedern und Nichtmitgliedern vorzunehmen und entsprechend hiefür zu werben. Verstöße gegen das Titelurteil lägen nicht vor. Die Exekution auf Unterlassung und wegen der Kosten der Exekutionsbewilligung sei aufgrund der gesetzmäßigen Anmeldung und des gesetzmäßigen Betriebs des privaten Tierspitals nicht zulässig. Die beklagte Partei wendete ein, die Klageführung sei im Hinblick auf die rechtskräftig beendeten Oppositionsverfahren wegen entschiedener Sache unzulässig, und zwar ungeachtet dessen, dass die klagende Partei unklar gelassen habe, ob sie eine Oppositions- oder eine Impugnationsklage erheben wolle. Darüber hinaus habe die klagende Partei weder Gründe für eine Oppositions- noch für eine Impugnationsklage geltend gemacht.

Das Erstgericht wies die Klage in Ansehung des Strafbeschlusses vom 19. November 2003 zurück, im Übrigen aber ab. In Ansehung des Beschlusses vom 19. November 2003 sei über den wortidenten Einwendungsgrund bereits abgesprochen worden. Im Übrigen sei der Anspruch aus dem Exekutionstitel weder durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs noch durch die Beurkundung des Magistrats der Stadt Graz vom 18. Mai 2006 erloschen. Die Beurkundung gebe nur wieder, dass die klagende Partei ein Tierspital betreibe. Andere Aufhebungs- oder Einschränkungsgründe seien nicht vorgetragen worden. Das Rechtsmittelgericht hob den Zurückweisungsbeschluss auf und trug dem Erstgericht insoweit die Verfahrensfortsetzung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund auf. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der Rekurs mangels Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Identität der Streitgegenstände bei Impugnations- und Oppositionsklage zulässig sei. Da diesem Verfahren nach mittlerweile erfolgter Klarstellung eine Impugnationsklage zugrundeliege, bewirke das rechtskräftig abgeschlossene Oppositionsverfahren kein Prozesshindernis. Das Begehren einer Impugnationsklage sei gegenüber jenem einer Oppositionsklage kein minus, sondern ein aliud.

Die Klageabweisung bestätigte das Rechtsmittelgericht und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei.

Aufgrund des Exekutionstitels sei der klagenden Partei verboten, Tätigkeiten, die nach den Bestimmungen des TierärzteG den Tierärzten vorbehalten seien, in Österreich anzubieten oder - sei es durch (bei ihr) angestellte Tierärzte oder dritte Unbefugte - auszuführen oder ausführen zu lassen. Dieses Verbot beziehe sich nicht nur auf tierärztliche Behandlungen auch von nicht herrenlosen Tieren im Tierspital oder deren Bewerbung, sondern es verbiete generell die Erbringung von Leistungen, die Tierärzten vorbehalten seien. Einwendungen dahin, Leistungen erbracht zu haben, die Tierärzten nicht vorbehalten seien und auf diese Weise nicht dem Titel zuwider gehandelt zu haben, habe die klagende Partei nicht aufgestellt. Es werde kein Grund ausgeführt, warum die klagende Partei dem Titel nicht zuwidergehandelt hätte und die Exekution bzw die Strafbeschlüsse deswegen unzulässig seien. Die Argumentation beziehe sich lediglich darauf, das Tierspital berechtigt zu führen. Hier komme es aber nicht darauf an, ob die verwaltungsbehördlichen Erfordernisse erfüllt seien.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der beklagten Partei, mit dem sie die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Klagezurückweisungsbeschlusses anstrebt, ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig. Die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen die Bestätigung der Klageabweisung ist ebenfalls nicht zulässig.

1.) Zum Rekurs der beklagten Partei:

Gegenstand des Verfahrens zu AZ 9 C 4/04d des Bezirksgerichts Graz, auf das das Erstgericht die (teilweise) Klagezurückweisung stützt, war die von der klagenden Partei angestrebte Erklärung des betriebenen Anspruchs für erloschen (Oppositionsklage nach § 35 EO). Mit der vorliegenden Klage strebt die klagende Partei hingegen die Unzulässigerklärung einer konkreten Exekution an (so ist das Begehren eindeutig formuliert; dass sie ein Impugnationsbegehren erhoben hat, vertritt die klagende Partei - im Einklang mit der Beurteilung des Rekursgerichts - auch noch in dritter Instanz).

Das Urteil im Oppositionsprozess wirkt über den Rahmen der einzelnen Exekution hinaus, die nur Anlass zur Klage gab. Mit der Impugnationsklage nach § 36 EO wird geltend gemacht, dass die Exekutionsbewilligung verfehlt und daher die bewilligte Exekution unzulässig sei. Das Urteil in einem Prozess nach § 36 EO wirkt nur

für die betreffende Exekution (3 Ob 21/69 = SZ 42/32 = EvBl 1969/242

= NZ 1969, 174 ua; RIS-Justiz RS0001660). Das Begehren einer Impugnationsklage ist gegenüber dem einer Oppositionsklage nicht nur ein minus, sondern ein aliud; der jeweilige Streitgegenstand ist nicht derselbe (3 Ob 74/77 = JBl 1978, 487 [Matscher]; 3 Ob 13/87 = SZ 60/88 ua; RIS-Justiz RS0001694, RS0001876).

Die der rekursgerichtlichen Aufhebung des erstgerichtlichen Zurückweisungsbeschlusses zugrundeliegende Rechtsansicht, dass die seinerzeitige Oppositionsklage (AZ 9 C 4/04d des Bezirksgerichts Graz) und der nunmehr geltend gemachte Impugnationsanspruch keine identen Streitgegenstände aufweisen, entspricht daher den Grundsätzen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO liegt daher nicht vor.

2.) Zur außerordentlichen Revision der klagenden Partei:

Die klagende Partei vertritt nach wie vor den Standpunkt, die bekämpften Exekutionsbewilligungen seien für unzulässig zu erklären, weil zwar grundsätzlich der Anspruch auf Unterlassung der im Titel angeführten Tätigkeiten nicht erloschen sei, die konkreten Anlassexekutionen jedoch unzulässig seien, weil die für die Fälligkeit oder Vollstreckbarkeit maßgebenden Tatsachen nicht gegeben wären. Zu prüfen ist daher ausschließlich die Frage, ob der den Exekutionsbewilligungen/Strafbeschlüssen zugrundeliegende, von der beklagten Partei behauptete Sachverhalt (tierärztliche Behandlung von Tieren, die weder Heimtiere noch herrenlose Tiere sind), dessen sachliche Richtigkeit von der klagenden Partei nicht bestritten wird, vom zugestandenermaßen fortbestehenden Exekutionstitel erfasst ist. Die diesbezüglich von den Vorinstanzen vorgenommene Beurteilung - sie ist nach den konkreten Umständen des Einzelfalls vorzunehmen - wirft aber mangels im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifender Fehlbeurteilung keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf.

Die von der klagenden Partei aufgeworfene Frage nach der Bindung der Zivilgerichte an verwaltungsbehördliche Bescheide stellt sich im vorliegenden Fall nicht. Die klagende Partei behauptet gerade nicht, dass der aus dem Titel abzuleitende Anspruch der betreibenden Partei darauf, dass die klagende Partei jede Tierärzten vorbehaltene Tätigkeit, sei es durch angestellte Tierärzte oder durch unbefugte Dritte, unterlässt, erloschen sei. Die verwaltungsbehördliche Bewilligung (Nichtuntersagung) des Betriebs eines Tierspitals ändert nichts daran, dass die der klagenden Partei angelastete Handlung (Behandlung von Nichtheimtieren und nicht herrenlosen Tieren) dem Exekutionstitel unterfällt (widerspricht).

Die Revision ist daher gleichfalls zurückzuweisen.

3.) Da die klagende Partei auf die Unzulässigkeit des von der beklagten Partei erhobenen (Revisions-)Rekurses nicht hinwies, waren ihr für die Rekursbeantwortung keine Kosten zuzusprechen.

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