OGH 6Ob278/07m

OGH6Ob278/07m24.1.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.-Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei Dipl.-Ing. Vadim S*****, vertreten durch Dr. Daniel Charim und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die Gegnerin der gefährdeten Partei Dr. Valerie S*****, vertreten durch Proksch & Partner Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Sicherung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den Revisionsrekurs der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 5. September 2007, GZ 23 R 275/07z-46, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Tulln vom 16. Juli 2007, GZ 1 C 253/06i-40, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die gefährdete Partei ist schuldig, ihrer Gegnerin die mit 399,74 EUR (darin 66,62 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§§ 402, 78 EO, § 526 Abs 2 ZPO) - Ausspruch des Rekursgerichts ist der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig:

Das Rekursgericht hat seinen Zulässigkeitsausspruch damit begründet, der Oberste Gerichtshof habe sich mit den Argumenten des Mannes als gefährdete Partei gegen seine ständige Rechtsprechung, wonach durch eine einstweilige Verfügung nach § 382 Abs 1 Z 8 lit c 2. Fall EO nicht die vom Aufteilungsverfahren betroffenen Vermögensobjekte, sondern lediglich die gerichtliche Durchsetzung des Aufteilungsanspruchs gemäß §§ 81 ff EheG gesichert werden sollen, noch nicht auseinandergesetzt; diesen Argumenten könne jedoch nicht von vorneherein eine gewisse Berechtigung abgesprochen werden.

Die Vorinstanzen wiesen den - während des anhängigen Ehescheidungsverfahrens gestellten - Antrag des Mannes auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung seines Aufteilungsanspruchs dahin, dass der Frau die Entfernung beweglicher Gegenstände - mit Ausnahme lediglich von Damenbekleidung und Damenschmuck - aus der vormaligen Ehewohnung verboten werde, ab; es sei zwar nicht ausgeschlossen, dass die Frau einzelne, allenfalls zum ehelichen Gebrauchsvermögen oder den ehelichen Ersparnissen zählende Gegenstände aus der Wohnung entfernt haben könnte, es sei insgesamt jedoch genügend Vermögen vorhanden, um einen entsprechenden Wertausgleich zu gewährleisten.

Der Mann meint nun in seinem Revisionsrekurs, diese Auffassung verkenne, dass Gegenstand des nachehelichen Aufteilungsvermögens die real vorhandenen Gegenstände seien, auf die die Ehegatten einen Anspruch hätten; ein Geldausgleich sei jedoch tunlichst zu vermeiden, in bestehende Verhältnisse möglichst nicht einzugreifen. Im Übrigen stehe dem minderschuldigen bzw schuldlos geschiedenen Ehegatten ein Wahl- bzw Optionsrecht zu, welche Gegenstände ihm zuzuweisen sind. Durch eigenmächtiges Verbringen von Gegenständen durch die Frau würden diese Grundsätze unterlaufen, auch wenn es tatsächlich zu einem Geldausgleich kommen sollte.

Rechtliche Beurteilung

1. Nach ständiger, auf der Entscheidung 1 Ob 571/94 (= SZ 67/226) basierender Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, der sich praktisch alle seine Senate bis in die jüngste Vergangenheit angeschlossen haben (RIS-Justiz RS0037061), werden bei einer einstweiligen Verfügung nach § 382 Z 8 lit c 2. Fall EO nicht das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse, sondern die gerichtliche Durchsetzung des Aufteilungsanspruchs gemäß den §§ 81 ff EheG gesichert. Für die Durchsetzung des Aufteilungsanspruchs ist es daher unmaßgeblich, ob die gefährdete Partei letztlich die Sache oder eine Ausgleichszahlung nach § 94 EheG zugesprochen erhält; wichtig ist, dass die Aufteilung der von Machenschaften des Gegners bedrohten Vermögensobjekte künftig vorgenommen werden kann. Im Rahmen der Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer derartigen einstweiligen Verfügung sind auch keine Erwägungen darüber anzustellen, wie die Aufteilung im künftigen Verfahren nach den §§ 81 ff EheG vorgenommen werden wird; das Ergebnis dieser Aufteilung darf im Provisorialverfahren im Übrigen nicht vorweggenommen werden. Seit der Entscheidung 1 Ob 152/99f (= EFSlg 91.258) kommt es lediglich darauf an, ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Gegner der gefährdeten Partei einen allenfalls erzielten Verkaufserlös verwirtschaften oder verbringen bzw Verfügungen treffen werde, die die Realisierung der Aufteilungsansprüche unmöglich machten, ob also die Wahrscheinlichkeit besteht, dass ohne die einstweilige Verfügung die Befriedigung des Aufteilungsanspruchs vereitelt oder erheblich erschwert werde (6 Ob 237/01y = EFSlg 98.588; 9 Ob 50/07d).

2. Diese Rechtsprechung fand auch in der Literatur Zustimmung (Konecny, Der Anwendungsbereich der einstweiligen Verfügung [1992] 106; Zechner, Sicherungsexekution und Einstweilige Verfügung [1999] § 382 EO Rz 12, Seite 165; E. Kodek in Angst, EO [2000] § 382 Rz 60; Hopf/Kathrein, Eherecht² [2005] § 382 EO Anm 21). Erst jüngst führte Deixler-Hübner (in Gitschthaler/Höllwerth, EheG [2008] § 382 Abs 1 Z 8 lit c EO Rz 18) dazu aus, selbst bei einem Verkauf von Teilen der Aufteilungsmasse liege keine Anspruchsgefährdung vor, wenn insgesamt genügend Vermögen vorhanden sei, um den Aufteilungsanspruch des Antragstellers zu decken.

3. Der Mann verkennt mit seiner Argumentation, dass der Aufteilungsanspruch überhaupt erst mit Rechtskraft der Ehescheidung entsteht und dass erst im nachehelichen Aufteilungsverfahren darüber entschieden wird, welchem (früheren) Ehegatten welche Gegenstände zugewiesen werden bzw in welcher Höhe wem eine Ausgleichszahlung zuerkannt wird. Bis dahin bleibt jeder Ehegatte Eigentümer seiner Vermögenswerte. Mit einstweiliger Verfügung nach § 382 Abs 1 Z 8 lit c 2. Fall EO soll lediglich der Anspruch des gefährdeten Ehegatten auf einen angemessenen Anteil an der Aufteilungsmasse, der auch durch eine Ausgleichszahlung substituiert werden kann, gesichert werden. Ist aber insgesamt genügend Vermögen vorhanden, um diesen Aufteilungsanspruch zu decken, ist die erforderliche Gefahrenbescheinigung nicht gelungen.

Folgte man der im Revisionsrekurs vertretenen Argumentation des Mannes, müsste im Rahmen des Provisorialverfahrens praktisch nicht nur das gesamte nacheheliche Aufteilungsverfahren vorweggenommen werden, sondern sogar das Ehescheidungsverfahren, weil ja - jedenfalls im vorliegenden Verfahren - noch nicht einmal geklärt ist, ob und auf welche Art und Weise die Ehe der Parteien geschieden werden wird. Gerade derartige Überlegungen haben aber in einem Provisorialverfahren nicht Platz zu greifen.

4. Der Hinweis des Mannes im Revisionsrekurs auf § 381 Z 1 EO geht insoferne fehl, als er unterstellt, es könnte mangels ehelicher Ersparnisse (der Frau) eine Ausgleichszahlung für entzogene Gegenstände nicht erlangt werden; diese Unterstellung ist jedoch von den Feststellungen der Vorinstanzen nicht gedeckt. Mittels einstweiliger Verfügung nach § 381 Z 1 EO könnte zwar der Herausgabeanspruch des Mannes hinsichtlich jener Gegenstände gesichert werden, die sich in seinem Alleineigentum befinden und ihm von der Frau vorenthalten werden; derartiges hat der Mann jedoch nicht behauptet, sondern im Verfahren erster Instanz lediglich vorgebracht, die beweglichen Gegenstände in der (vormaligen) Ehewohnung seien von den Parteien während aufrechter Ehe angeschafft und von ihnen gemeinsam genutzt worden.

5. Da sich somit die Entscheidung des Rekursgerichts auf einer ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gründet, die auch in der Literatur einhellige Zustimmung gefunden hat, und die vom Mann in seinem Revisionsrekurs vorgetragenen Bedenken gegen diese Rechtsprechung nicht überzeugen, war der Revisionsrekurs zurückzuweisen.

6. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf § 393 EO, §§ 41, 50 ZPO. Die Frau hat in der Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen. Der Schriftsatz ist daher als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen.

Stichworte