OGH 6Ob237/01y

OGH6Ob237/01y18.10.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kurt K*****, vertreten durch Dr. Alexander Hofmann, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Alexandra K*****, vertreten durch Dr. Andreas Walter, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ehescheidung, über 1) den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 19. Juni 2001, GZ 44 R 224/01v-269, womit die Berufung der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 19. Jänner 2001, GZ 2 C 31/98g-215, als verspätet zurückgewiesen wurde, und 2) über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 19. Juni 2001, GZ 44 R 225/01s, 44 R 226/01p-268, womit der Rekurs gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 11. April 2001, GZ 2 C 31/98g-253, zurückgewiesen und der Beschluss des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 14. März 2001, GZ 2 C 31/98-241, abgeändert und der Sicherungsantrag der klagenden Partei abgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Dem Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss ON 269 wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung über die Berufung der beklagten Partei unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

2. Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss ON 268 wird gemäß §§ 78 und 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen; im Kostenpunkt wird er als jedenfalls unzulässig zurückgewiesen.

Text

Begründung

Zum Rekurs der beklagten Partei gegen die Zurückweisung ihrer

Berufung gegen das Teilurteil mit Beschluss ON 269:

Zwischen den Streitteilen ist ein Ehescheidungsverfahren anhängig. Mit Teilurteil vom 19. 1. 2001 schied das Erstgericht die Ehe und sprach aus, dass die Beklagte Verschulden an der Zerrüttung treffe. Den Ausspruch über die Aufteilung des Verschuldens behielt es der Endentscheidung vor.

Die Beklagte erhob dagegen Berufung; der Rechtsmittelschriftsatz wurde am 22. 2. 2001 zur Post gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass der Rückschein über die Zustellung des Teilurteils an den Beklagtenvertreter den Eingangsstempel 24. 1. 2001 trug (danach berechnet lief die Rechtsmittelfrist am 21. 2. 2001 ab) wies das Berufungsgericht die Berufung als verspätet zurück.

Die Beklagte bekämpft den Zurückweisungsbeschluss. Sie macht geltend, das Teilurteil sei tatsächlich erst am 25. 1. 2001 zugestellt worden, das auf dem Rückschein vermerkte Datum 24. 1. 01 sei unrichtig und irrtümlich angebracht worden.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Beklagten ist zulässig (§ 519 Abs 1 Z 1 ZPO) und berechtigt.

Die Berufung der Beklagten ist - wie sich aus dem Akteninhalt und den Erhebungen des Erstgerichtes ergibt - rechtzeitig. Das Teilurteil trägt die Abfertigungsstampiglie "24. 1. 2001". Sowohl der Rückschein über die Zustellung an den Klagevertreter wie auch jener an den Beklagtenvertreter tragen den Stempel des Aufgabepostamts 1150 vom 24. 1. 01 und des Postamtes am Sitz des Empfängers (beide Anwälte haben ihren Sitz im 1. Bezirk) 1010 vom 25. 1. 01. Dementsprechend hatte der Klagevertreter das Teilurteil auch erst am 25. 1. übernommen. Postauskünfte ergaben, dass Zustellungen am Tag der Postaufgabe nur bei EMS-Post - wozu der vorliegende Schriftsatz nicht gehört - erfolgen und sonstige Zustellungen erst am der Aufgabe folgenden Tag durchgeführt werden (ON 282 und 284). Der in der Kanzlei des Beklagtenvertreters angebrachte Empfangsvermerk (24. 1.) musste daher unrichtig sein. Das Teilurteil wurde der Beklagten somit am 25. 1. 01 zugestellt.

Vom 25. 1. 01 als dem Tag der Zustellung des Teilurteils an den Beklagtenvertreter ausgehend erweist sich die am 22. 2. 01 zur Post gegebene Berufung der Beklagten als nicht verspätet.

Der Zurückweisungsbeschluss wird daher aufgehoben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

Zum außerordentlichen Revisionsrekurs des Klägers gegen den Beschluss ON 268:

Der Verfügungs-, Verwertungs- und Drittverbote enthaltende Sicherungsantrag des Klägers betrifft zwei der nachehelichen Aufteilung unterliegende Sparbücher, die durch Losungswort gesichert sind. Die Beklagte kennt diese Losungsworte nicht. Der Kläger befürchtet nun, sie könnte die Losungsworte in Erfahrung bringen, die Sparbücher realisieren und so der Aufteilungsmasse entziehen.

Gemäß § 382 Abs 1 Z 8 lit c zweiter Fall EO kann (als Mittel zur Sicherung "anderer Ansprüche" im Sinn des § 381 EO) die einstweilige Sicherung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse im Zusammenhang mit einem Verfahren auf Scheidung der Ehe angeordnet werden. Sinn und Zweck der gerichtlichen Verfügung ist es, eine einseitige Veränderung der Vermögenslage bis zur Durchführung des Aufteilungsverfahrens zu verhindern. Gesichert werden dabei nicht die Vermögensobjekte selbst, sondern die gerichtliche Durchsetzung des Aufteilungsanspruchs nach den §§ 81 ff EheG (SZ 67/166; SZ 67/226; 1 Ob 152/99f uva). Der Antragsteller hat seinen Aufteilungsanspruch und dessen konkrete Gefährdung zu bescheinigen (SZ 67/166, 1 Ob 152/99f; RIS-Justiz RS0006055). Dazu kann nicht schon jede abstrakte oder theoretische Möglichkeit einer in § 381 EO erwähnten Erschwerung, Vereitelung oder Herbeiführung eines unwiederbringlichen Schadens eine Anspruchsgefährdung begründen; maßgeblich für das Vorliegen einer Gefährdung ist vielmehr, ob die Wahrscheinlichkeit besteht, dass ohne die einstweilige Verfügung die Befriedigung des (Aufteilungs-)Anspruchs vereitelt oder erheblich erschwert würde (stRpsr 1 Ob 152/99f; RIS-Justiz RS0006055).

Bei der Beurteilung der Anspruchsgefährdung kommt es immer auf die besonderen Umstände des Einzelfalles an, denen - vom Fall grober Fehlbeurteilung abgesehen - keine über diesen hinausgehende Bedeutung zukommt. Das Rekursgericht hat das Vorbringen des Klägers, die Beklagte könnte die Losungsworte in Erfahrung bringen und die Sparbücher realisieren, als rein subjektive Besorgnis beurteilt, die nach den Feststellungen aus keiner konkreten Handlung oder Unterlassung der Beklagten abgeleitet werden könne. Allein der Umstand, dass die Beklagte die Herausgabe verweigere, rechtfertige eine Sicherungsmaßnahme nicht, zumal sich die Beklagte auf eine - in einem Parallelprozess noch zu klärende - Vereinbarung mit dem Kläger berufe. Dass die Beklagte die Sparbücher an einem unsicheren Ort verwahre oder einen unverlässlichen Verwahrer eingeschaltet habe, sei den Feststellungen nicht zu entnehmen.

Das Rekursgericht hat die Rechtsprechung zu den Voraussetzungen der Erlassung einer auf § 382 Abs 1 Z 8 lit c EO gestützten einstweiligen Verfügung zutreffend dargestellt und auf den vorliegenden Sachverhalt in vertretbarer Weise angewendet. Welche Maßnahmen im Einzelfall für die Bescheinigung einer konkreten Anspruchsgefährdung vorliegen müssen, stellt für sich allein keine erhebliche Rechtsfrage dar.

Auf die zu Inhalt und Umfang des Sicherungsbegehrens geltend gemachten Rechtsfragen kommt es somit nicht mehr an.

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers wird mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückgewiesen.

Soweit der Kläger überdies den Beschluss ON 268 insoweit bekämpft, als er zum Ersatz der Kosten des Rekurses gegen den Beschluss ON 253 (§ 50 Abs 2 ZPO) verpflichtet wurde, ist das Rechtsmittel als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen (§ 528 Abs 1 Z 3 ZPO).

Stichworte