OGH 10Ob58/07p

OGH10Ob58/07p18.12.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon.-Prof. Dr. Neumayr sowie Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI Hans-Jürgen M*****, Deutschland, vertreten durch Mag. Jürgen Nagel, Rechtsanwalt in Bregenz, gegen die beklagte Partei Lothar H*****, vertreten durch Dr. Melchior Bechter, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen 112.127,93 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 21. Februar 2007, GZ 1 R 9/07v-32, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionswerber vermag eine im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage nicht aufzuzeigen.

1. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Parteien einen Architektenvertrag schlossen, dieses Schuldverhältnis deutschem Sachrecht unterliegt, auch wenn die vom klagenden deutschen Architekten zu erbringenden Leistungen ein inländisches Bauvorhaben betrafen, und das Schuldverhältnis als Werkvertrag zu qualifizieren ist.

Diese Beurteilung bekämpft der Revisionswerber nicht.

2. Ist ausländisches Recht anzuwenden, so kann das Fehlen einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes für sich allein die Zulässigkeit der Revision nach § 502 Abs 1 ZPO nicht begründen. Gemäß § 3 IPRG ist fremdes Recht wie in seinem ursprünglichen Geltungsbereich anzuwenden. Die Revision kann zwar auch bei Maßgeblichkeit fremden Rechts zulässig sein, wenn durch eine Abweichung der inländischen Gerichte von gefestigter fremder Rechtsprechung und Lehre die Rechtssicherheit gefährdet wird. Der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes kommt allerdings nicht die Aufgabe zu, die Einheitlichkeit oder gar die Fortentwicklung fremden Rechts in seinem urspünglichen Geltungsbereich zu gewährleisten, weil ihm insoweit nicht die dem § 502 Abs 1 ZPO zugrundegelegte Leitfunktion zukommt (10 Ob 9/06f; vgl RIS-Justiz RS0042940, RS0042948).

3. Die Frage, ob es verfehlt ist und von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof abweicht, wenn das Berufungsgericht dem Kläger die Verletzung von Nebenpflichten vorwirft, die die Erschließung des Grundstücks des Beklagten betreffen, und durch diese überschießenden Nebenpflichten ein Rücktrittsrecht „konstruiert", weil der Beklagte das Risiko für die „Erteilung der Baugenehmigung (Erschließung)" übernommen habe, ist nicht präjudiziell. Das Berufungsgericht hat nämlich einen Anspruch des Klägers auf Vergütung der planerischen Leistungen für die Erschließung (Zufahrtsstraße) auch deshalb verneint, weil diese Arbeiten nach den Feststellungen des Erstgerichts so mangelhaft gewesen seien, dass sie nicht hätten genehmigt bzw ausgeführt werden können, sodass der Beklagte gemäß § 634 BGB iVm § 638 BGB insoweit das Honorar auf null mindern könne. Es verwies dazu auf deutsches Schrifttum (vgl auch BGHZ 42/31 zur Minderung des Werklohns auf null bei Wertlosigkeit des Werks). Zu dieser Beurteilung wird in der Revision nichts ausgeführt.

4. Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes war zur Klärung und Umwidmung der Zufahrtsstraße eine baulich planerische Ausführung mittels Vorentwurf und Entwurf der Wohnanlage nicht notwendig. Die Behauptung des Revisionswerbers, „nach dem ortsüblichen Verfahren" sei die Erstellung der Entwurfsplanung erforderlich gewesen, um die Widmung in Bauland zu erhalten, ist durch die Feststellungen der Vorinstanzen nicht gedeckt.

5. Das Berufungsgericht folgte der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshof, wonach ein Architekt, der sich zur Erstellung einer Genehmigungsplanung verpflichtet, als Werkerfolg eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung schuldet (BGH NJW 2003, 287 mwN). Davon geht auch der Kläger aus. Die Parteien eines Architektenvertrages können im Rahmen der Privatautonomie vereinbaren, dass und in welchen Punkten der Auftraggeber das Risiko übernimmt, dass die vom Architekten zu erstellende Planung nicht genehmigungsfähig ist (BGH NJW 2003, 287).

Das Berufungsgericht hat den Vertrag dahin ausgelegt, dass der Beklagte nicht das Risiko übernommenen habe, dass die vom Kläger zu erstellende Planung der Wohnanlage deshalb nicht genehmigungsfähig ist, weil das Baugrundstück infolge Unmöglichkeit der Erschließung durch eine Zufahrtsstraße nicht in Bauland umgewidmet wird. Fragen der Auslegung vertraglicher Regelungen haben regelmäßig keine den jeweiligen Einzelfall übergreifende Bedeutung. Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO könnte nur dann vorliegen, wenn dem Berufungsgericht eine erhebliche Fehlbeurteilung vorzuwerfen wäre, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit aufgegriffen werden müsste (vgl nur 1 Ob 3/05f; RIS-Justiz RS0042776; RS0042936).

Eine derartige Fehlbeurteilung vermag der Revisionswerber nicht aufzuzeigen. Er vertritt die Rechtsansicht, er sei nicht mit der Genehmigungsplanung beauftragt worden, weil dieser Auftrag von der Gemeindeverwaltung erfolgen müsste. Er belegt diese Behauptung nicht. Aus der Entscheidung des BGH, NJW 2003, 287, folgt, dass diese Ansicht nicht richtig sein kann, wurde doch in dem dort zu beurteilenden Fall die Genehmigungsplanung vom Gewerbetreibenden in Auftrag gegeben. Wenn das Berufungsgericht davon ausging, der Kläger habe vertraglich eine genehmigungsfähige Planung (der Wohnanlage) geschuldet, so ist diese Beurteilung des Sachverhalts keine Fehlbeurteilung.

Es trifft nicht zu, dass das Berufungsgericht nicht auf die „Frage, inwieweit die Planungen des Klägers genehmigungsfähig - im Sinne einer Erschließung des Grundstückes - waren bzw sind", einging. Es beurteilte diesen Teil der Planung vielmehr als so mangelhaft, dass dieser nicht hätte genehmigt bzw ausgeführt werden können. Die vom Kläger erstellte Planung der Wohnanlage konnte nicht genehmigt werden, weil das Baugrundstück nicht in Bauland umgewidmet war. Dass das Berufungsgericht die Ausdrücke „Bebauungsplanung" und „Entwurfsplanung" im Sinn von Fachbegriffen der deutschen Rechtsordnung eingeführt hätte, lässt sich dem Berufungsurteil nicht entnehmen. Der Revisionswerber widerspricht sich insofern als er einerseits behauptet, er habe eine Bebauungsplanung nicht durchgeführt, andererseits aber davon spricht, er habe die Bebauungsplanung teilweise übernommen und die Bebauungsplanung habe nicht mehr fortgesetzt werden können.

6. Da die HOAI (deutsche Honorarordnung für Architekten) als öffentlich-rechtliche Verordnung kein Vertragsrecht regelt, sondern zwingendes Preisrecht, unterliegt sie nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2003, 2020) nicht dem Vertragsstatut, sodass die Verweisung auf das deutsche materielle Schuldvertragsrecht die Regelungen der HOAI nicht erfasst. Im Übrigen legt der Revisionswerber nicht konkret dar, welchen Einfluss eine allfällige Anwendbarkeit von Regelungen der HOAI auf die Sachentscheidung im vorliegenden Verfahren haben könnte.

7. Der Rüge des Revisionswerbers, von der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, der Sachverhalt sei nach deutschem Werkvertragsrecht zu beurteilen, überrascht worden zu sein, ist zu erwidern, dass der Rechtsmittelwerber in einer Verfahrensrüge wegen Verletzung der Pflichten des § 182a ZPO darlegen muss, welches zusätzliche oder andere Vorbringen er auf Grund der von ihm nicht beachteten neuen Rechtsansicht erstattet hätte. Der Rechtsmittelwerber muss dartun, dass der Verfahrensmangel erheblich ist, sich also auf das Ergebnis des Verfahrens auswirken kann; dies kann er nur durch Anführung jenes Vorbringens, das er, über die relevante Rechtsansicht informiert, erstattet hätte (1 Ob 215/05g). In diesem Sinn relevantes Vorbringen wird aber in der Revision nicht erstattet.

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