OGH 1Ob126/07x

OGH1Ob126/07x29.11.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ.-Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** GmbH, *****, vertreten durch Gehmacher Hüttinger Hessenberger Rechtsanwälte Kommandit-Partnerschaft in Salzburg, gegen die beklagte Partei G*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Stolz & Schartner Rechtsanwälte GmbH in Radstadt, wegen EUR 8.969,86 sA, infolge Revision der beklagten Partei (Revisionsstreitwert EUR 8.879,87) gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 31. Jänner 2007, GZ 22 R 322/06s-18, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Hallein vom 26. Juli 2006, GZ 1 C 1038/05s-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 665,66 (darin EUR 110,94 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin erbrachte für die Beklagte als Generalunternehmerin eines Wohnbauvorhabens Werkleistungen im Zusammenhang mit der Haustechnik. Revisionsgegenstand sind diesbezüglich zwei offene Rechnungen für einen Teil der erbrachten Leistungen, und zwar eine Rechnung vom 25. 9. 2002 über EUR 1.602,72 für Stehzeiten sowie eine weitere Rechnung vom 29. 7. 2003, auf die ein Betrag von EUR 7.432,51, der aus Abzügen und Streichungen seitens der Beklagten resultiert, aushaftet. Weiters machte die Klägerin für die Herstellung eines Bauwasseranschlusses für ein anderes Bauvorhaben aus einer Rechnung vom 26. 9. 2002 restliche EUR 89,99 geltend. Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von EUR 8.969,86 sA und wies das Mehrbegehren von EUR 155,36 sA ab. Die Stehzeiten seien von der Beklagten zu vertreten, weshalb ein Anspruch der Klägerin auf Abgeltung des zusätzlichen Aufwands unabhängig von einer ausdrücklichen Vereinbarung bestehe. Die Stunden seien nach den angemessenen und vom Angebot gedeckten Ansätzen verzeichnet worden. Auch der in der Rechnung vom 29. 7. 2003 enthaltene Regiestundensatz entspreche genau den im Anbot der Klägerin enthaltenen Preisen. Die Kürzung der Höhe der Stundensätze in Bezug auf die anerkannten Rechnungspositionen widerspreche der Vereinbarung und sei somit, ebenso wie die übrigen Streichungen der Beklagten unzulässig. Soweit sich die Beklagte auf das Fehlen schriftlicher Aufträge für die verrechneten Regieleistungen berufe, sei sie darauf zu verweisen, dass von der Vereinbarung der Schriftlichkeit auch mündlich abgegangen werden könne. Wenn der zuständige Bauleiter und damalige Geschäftsführer der Beklagten mündlich auf der Baustelle zusätzliche Aufträge erteilt habe, könne dies bei redlicher Auslegung nur so verstanden werden, dass er damit von der vereinbarten Schriftform abgehen wollte, dies insbesondere vor dem Hintergrund des auf Baustellen zumeist - wie auch hier - herrschenden Zeitdrucks und raschen Handlungsbedarfs. Hinsichtlich der im ursprünglichen Auftrag nicht ausdrücklich enthaltenen Thermenüberbrückung sei das gesonderte schriftliche Anbot der Klägerin von der Beklagten jedenfalls schlüssig angenommen worden. Schließlich habe die Beklagte auch den von ihr verursachten Mehraufwand der Klägerin abzugelten. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die Revision letztlich für zulässig. Die Beklagte übersehe, wenn sie eine gesonderte Entlohnung der Stehzeiten mangels Vorliegens eines zusätzlichen Auftrags ablehne, dass nachträgliche Anpassungen einer Pauschalpreisvereinbarung nicht nur bei Änderungen oder bei durch einen Zusatzauftrag bedingten Mehrleistungen gebührten, sondern auch bei zeitlichen Verzögerungen, die auf Umstände in der Bestellersphäre zurückzuführen seien. Da diese Aufwendungen aus dem Titel des Schadenersatzes gebührten, komme schon begrifflich ein gesonderter Auftrag nicht in Betracht. Die Beklagte könne sich somit nicht mit Erfolg auf den Abschluss einer Pauschalpreisvereinbarung und die damit verbundene Deckelung der Kosten berufen. Auch eine Verletzung der Schadensminderungspflicht seitens der Klägerin sei nach dem festgestellten Sachverhalt nicht indiziert. Die Klägerin habe ihre Arbeiter mit diversen Tätigkeiten beschäftigt und ohnehin nicht den ganzen Tag, sondern nur 4,5 Stunden, in Rechnung gestellt. Schließlich bestünden auch keine Bedenken gegen die vom Erstgericht angenommene schlüssige Abkehr vom Schriftformerfordernis. Auf Grund der generellen Anordnungsbefugnis des damaligen Geschäftsführers der Beklagten habe die Klägerin die von diesem erteilten mündlichen Aufträge redlicherweise als einvernehmliches Abgehen vom Schriftformerfordernis verstehen dürfen. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die entstandenen Regiestunden eindeutig Ausfluss unvorhergesehener Zwischenfälle gewesen seien, die ein sofortiges Handeln erforderlich machten, um weitere Schäden oder Verzögerungen abzuwenden, und die jedenfalls der Sphäre der Werkbestellerin, d.h. der Beklagten, zuzurechnen seien. Dasselbe gelte für den Mehraufwand infolge der zwischenzeitig gewünschten Umplanungen und der Korrektur von Planungsfehlern.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision der Beklagten erweist sich als unzulässig, weil darin die Entscheidungsrelevanz einer im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage nicht aufgezeigt wird. Die Beklagte moniert, dass Feststellungen ohne ausreichendes Tatsachenvorbringen der Klägerin getroffen worden seien. Weiters weiche das Berufungsgericht von der ständigen Judikatur sowohl zu den Bestimmungen des Schadenersatzrechts als auch zu jenen des Werkvertragsrechts erheblich ab, zumal eine gesonderte Honorierung der Thermenüberbrückung und der Baubeheizung nur dann geboten gewesen wäre, wenn die Beklagte die dazu führenden Umstände schuldhaft, rechtswidrig und kausal verursacht hätte, was weder behauptet noch festgestellt worden sei. Die „kleinen Überbrückungen" seien als provisorische Baubeheizung schon vom ursprünglichen Auftrag erfasst gewesen. Es könne daher nicht erkannt werden, warum im Rahmen der rechtlichen Beurteilung beide Instanzen zu dem Ergebnis gekommen seien, dass allein die Übermittlung eines Kostenvoranschlags ausreiche, einen zweiten Auftrag anzunehmen, welcher vom ursprünglichen Pauschalauftrag unabhängig zu bezahlen sei. Schließlich sei hinsichtlich der verrechneten Wartezeit unklar geblieben, ob nicht im Rahmen der Schadensminderungspflicht die Klägerin andere Arbeiten - allenfalls auf anderen Baustellen - durchführen hätte müssen.

Dem ist entgegenzuhalten, dass es eine Frage des Einzelfalls ist, ob im Hinblick auf den Inhalt von Prozessbehauptungen eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist, sowie ob das Vorbringen so weit spezifiziert ist, dass es als Anspruchsgrundlage hinreicht (RIS-Justiz RS0042828). Ein (gravierender) Rechtsirrtum der Vorinstanzen ist nicht erkennbar.

Zur Pauschalpreisvereinbarung ist auszuführen, dass diese zwar auch bei erheblicher Überschreitung oder Unterschreitung der Kosten der übernommenen Arbeiten grundsätzlich verbindlich ist. Kommt es aber nachträglich zu Änderungen des vereinbarten Leistungsinhalts, so wirken sich diese auch auf die Höhe des zu leistenden Entgelts aus. Der Besteller schuldet für die in Abänderung des Vertragsinhalts zu erbringenden Mehrleistungen ein angemessenes Entgelt, das nicht schon im Pauschalpreis inbegriffen ist (RIS-Justiz RS0107868). Die Beklagte übersieht bei ihren Ausführungen, dass die Tatsacheninstanzen entsprechende Feststellungen darüber getroffen haben, dass die Verzögerungen in die Sphäre der Beklagten fielen, dass diesbezüglich auch eine Verrechnung vereinbart wurde, und dass Mehrleistungen - unter einverständlicher (konkludenter) Abkehr vom Schriftlichkeitserfordernis - gesondert beauftragt wurden. Von einer - nicht näher oder zumindest nicht verständlich begründeten - Abweichung von der ständigen Judikatur sowohl zu den Bestimmungen des Schadenersatzrechts als auch zu jenen des Werkvertragsrechts kann daher keine Rede sein.

Da es der Lösung von Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht bedarf, ist die Revision der Beklagten zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50 Abs 1, 41 Abs 1 ZPO. Die Klägerin hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, sodass sich ihr Schriftsatz als zweckentsprechende Rechtsverteidigungsmaßnahme darstellt.

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