OGH 3Ob215/07z

OGH3Ob215/07z27.11.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.-Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Gabriele L*****, vertreten durch Dr. Christine Kolbitsch und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Wolfgang L*****, vertreten durch Mag. Stefan Traxler, Rechtsanwalt in Mödling, wegen Ehescheidung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 28. Juni 2007, GZ 16 R 133/07h-60, womit das Urteil des Bezirksgerichts Mödling vom 29. Jänner 2007, GZ 2 C 193/04b-53, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508 Abs 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Vorinstanzen schieden die Ehe aus dem überwiegenden Verschulden des Beklagten. Nach dem umfangreich festgestellten Sachverhalt ist beiden Parteien jeweils ein lieb- und interesseloses Verhalten anzulasten, dem Beklagten überdies, dass er vom Konto der Klägerin ohne deren Wissen Geld abhob, um damit u.a. seine zahlreichen Casino-Besuche zu finanzieren, was nach den Feststellungen bei der Klägerin den Scheidungswillen auslöste.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Beklagten, der mit seinem Rechtsmittel einen an das Berufungsgericht gerichteten Antrag gemäß § 508 ZPO verband, ist mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO unzulässig:

I. Der an die zweite Instanz gerichtete, auf § 508 ZPO gestützte Antrag auf Abänderung des Rechtsmittelzulässigkeitsausspruchs ist verfehlt und hindert schon zur Vermeidung von Verfahrensverzögerungen die Behandlung der außerordentlichen Revision nicht. Von der Abänderungskompetenz des Berufungsgerichts sind gemäß § 508 Abs 1 ZPO idF vor dem AußStr-BegleitG nur die familienrechtlichen Streitigkeiten nach § 49 Abs 2 Z 1a und 2 JN erfasst, nicht aber Streitigkeiten über die Scheidung der Ehe (§ 49 Abs 2 Z 2b JN), in denen der Oberste Gerichtshof gemäß § 502 Abs 5 Z 1 ZPO stets angerufen werden kann.

II. Der Revisionswerber vermag keine erheblichen Rechtsfragen aufzuzeigen:

1. Auf den S 1-9 der Revision wird eine unzulässige Beweisrüge erhoben. Der Oberste Gerichtshof ist nicht Tatsachen-, sondern nur Rechtsinstanz. Nur wenn sich das Berufungsgericht - anders als hier - mit der Beweisfrage überhaupt nicht befasst hätte, läge eine Mangelhaftigkeit seines Verfahrens vor (RIS-Justiz RS0043371).

2. Die Relevanz der behaupteten Aktenwidrigkeit (S 8 der Revision), dass fälschlich ein Parteivorbringen auch des Beklagten angenommen worden sei, das Kindermädchen der Eheleute sei für Haushalt und Kinder zuständig gewesen, wird vom Revisionswerber nicht näher ausgeführt und kann daher zu keiner für ihn günstigeren Entscheidung führen.

3. Unter dem Titel der Aktenwidrigkeit und eines Verfahrensmangels wird ein aus einer Urkunde („Liebesbrief" = Beil ./1) abgeleiteter Ehebruch der Frau releviert. Auch hier handelt es sich um eine Beweisfrage in Bekämpfung der entsprechenden Negativfeststellung der Tatsacheninstanzen, die im Revisionsverfahren nicht neuerlich aufgerollt werden kann.

4. Auch in der Rechtsrüge wird von einem Ehebruch der Frau ausgegangen. Die Revision ist demgemäß in diesem Punkt nicht gesetzmäßig ausgeführt. Einzugehen ist lediglich auf die Rechtsrüge zu den Themen der Verfristung von Eheverfehlungen (§ 57 Abs 1 EheG) und der Gewichtung der Verschuldensanteile. Zu diesen Fragen konnte sich das Berufungsgericht jedoch auf die von ihm umfangreich zitierte oberstgerichtliche Judikatur stützen, von der Folgendes hervorzuheben ist:

a) Bei einem fortgesetzten Verhalten (hier liebloses und teilweise aggressives Verhalten des Beklagten), das als Einheit aufzufassen ist, kommt es für die Verfristung des § 57 EheG auf das letzte Verhalten an (RIS-Justiz RS0057240);

b) bei Vorliegen einer nicht verfristeten Eheverfehlung sind auch verfristete Verfehlungen bei der Beurteilung des Verschuldens zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0056907) und

c) bei der Würdigung des maßgeblichen Gesamtverhaltens (RIS-Justiz RS0056171) ist für die Annahme eines überwiegenden Verschuldens ua entscheidend, aufgrund welcher Eheverfehlung die Zerrüttung der Ehe in erster Linie zu einer unheilbaren wurde (RIS-Justiz RS0057361). Nach diesen Grundsätzen stellt die Bejahung eines überwiegenden Verschuldens des Beklagten an der Zerrüttung der Ehe der Streitteile jedenfalls keine über ein außerordentliches Rechtsmittel aufgreifbare rechtliche Fehlbeurteilung der zweiten Instanz dar.

Stichworte