OGH 9ObA22/07m

OGH9ObA22/07m22.10.2007

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Kuras sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der antragstellenden Partei Österreichischer Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, 1010 Wien, Teinfaltstraße 7, vertreten durch Mag. Stefan Jöchtl, Sekretär der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, 1010 Wien, Teinfaltstraße 7, wider die Antragsgegnerin Bundesanstalt Statistik Österreich, 1110 Wien, Guglgasse 13, vertreten durch DLA Piper Weiss-Tessbach Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung nach § 54 Abs 2 ASGG, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Es wird festgestellt, dass bei der Einreihung von „Beamten" die gemäß § 55 Bundesstatistikgesetz ihren Austritt aus dem Bundesdienst erklärt haben und ein Arbeitsverhältnis zur Antragsgegnerin aufgenommen haben, ferner Vertragsbediensteten, die gemäß § 56 Bundesstatistikgesetz 2000 aus dem Dienstverhältnis zum Bund ausgeschieden und ein Dienstverhältnis zur Beklagten aufgenommen haben, sowie Bediensteten gemäß § 62 Abs 4 Bundesstatistikgesetz 2000 und Angestellten der Bundesanstalt Statistik Österreich, deren Dienstverhältnis zwischen 1. 1. 2001 und 30. 6. 2006 begründet wurde, gemäß § 43 des Kollektivvertrags für Dienstnehmer der Bundesanstalt Statistik Österreich in dem Gehaltsschema des Kollektivvertrags der Termin der nächsten Vorrückung in die nächste Gehaltsstufe gemäß § 33 des KV so zu ermitteln ist, als ob die gesamte im Sinne des § 43 des KV zu berücksichtigende Dienstzeit im Gehaltsschema des Kollektivvertrags zurückgelegt worden wäre.

Davon nicht erfasst sind die Fälle einer aufgrund geringeren Monatsbezuges vorzunehmenden Einreihung in die im Verhältnis zum bisherigen Bezug nächsthöhere Gehaltsstufe.

Text

Begründung

Dem gemäß § 43 Abs 3 ASGG unabhängig vom Vorbringen der Antragsteller zu ermittelnden Kollektivvertrag für Dienstnehmer der Bundesanstalt Statistik Österreich (vgl dazu OGH 8 ObA 95/05m) ist unter anderem Folgendes zu entnehmen:

Im Art IV des KV werden im zweiten Teil unter der Überschrift „Gehaltsordnung" zuerst einleitend allgemeine Regelungen über den Monatsbezug und die Auszahlung, dann aber auch über die Einreihung getroffen. Dabei werden im § 32 des KV detaillierte Regelungen über die Art der Einreihung in die verschiedenen Gruppen samt Untergruppen festgelegt und wird dann im § 33 des KV unter der Überschrift „Gehaltsschema, Vorrückung und Erhöhung" Folgendes bestimmt:

„Der Dienstnehmer rückt nach den jeweils in dem Gehaltsschema vorgesehenen Jahren in die nächst höhere Gehaltsstufe seiner Beschäftigungsgruppe vor. Für die Vorrückung ist das Eintrittsdatum zuzüglich allenfalls angerechneter Vordienstzeiten gemäß § 3 maßgebend.

(2) Die Vorrückung findet an dem auf die Vollendung des jeweiligen Zeitraums folgenden 1. Jänner oder 1. Juli statt (Vorrückungstermin). Die jeweilige Frist gilt auch dann als am Vorrückungstermin vollstreckt, wenn sie vor dem Ablauf des dem Vorrückungstermin folgenden 31. März bzw 30. September endet.

(3) Die Gehaltsansätze im Anhang A erhöhen sich zum gleichen Zeitpunkt und im gleichen Ausmaß wie jene des Entlohnungsschemas V in den §§ 71 Abs 1 sowie 73 Abs 2 Vertragsbedienstetengesetz (VBG), BGBl 1948/86."

Im § 43 des KV findet sich dann unter der Überschrift „Überleitungsbestimmung" nachstehende Regelung:

(1) Beamte gemäß § 55 Bundesstatistikgesetz (BStatG), BGBl 1963/1999, Vertragsbedienstete gemäß § 56 BStatG sowie Bedienstete gemäß § 62 Abs 4 BStatG können gemäß den genannten Gesetzesstellen ihre Bereitschaft zum Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis unter Wahrung des Anspruchs auf gleichzeitige Aufnahme in ein dem Kollektivvertrag unterliegendes Dienstverhältnis zur Bundesanstalt „Statistik Österreich" nach den für Neueintretende geltenden Rechtsgrundlagen erklären.

(2) Vertragsbedienstete gemäß § 56 BStatG sowie Bedienstete gemäß § 62 Abs 4 BStatG erhalten vor dem Inkrafttreten des Kollektivvertrags neben der umfassenden Information ein Formblatt, aus dem ihre zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Kollektivvertrags maßgebliche Einreihung gemäß § 32 sowie der sich daraus ergebende Monatsbezug ersichtlich sind. Nach Abgabe der Erklärung gemäß § 56 Abs 2 erster Satz BStatG erfolgt die Beendigung des Vertragsbedienstetenverhältnisses durch einverständliche Auflösung mit Abfertigung der bis zur Beendigung des Vertragsbedienstetenverhältnisses erworbenen Abfertigungsanwartschaften zum nächstfolgenden Kalendermonatsletzten, frühestens jedoch mit Wirkung zum 30. 6. 2006, spätestens jedoch mit Wirkung zum 30. 6. 2007. Die Aufnahme in ein dem Kollektivvertrag unterliegendes Dienstverhältnis zur Bundesanstalt „Statistik Österreich" erfolgt mit dem auf die Beendigung des Vertragsbedienstetenverhältnisses nächstfolgenden Tag (Kalendermonatsersten).

Für die Einreihung in die entsprechende Gehaltsstufe laut Kollektivvertrag sind ausschließlich jene Dienst- oder Ausbildungszeiten, die im unmittelbar vorangegangenen Dienstverhältnis zur Bundesanstalt „Statistik Österreich" zugebracht wurden, heranzuziehen. Ergibt die Einstufung gemäß § 32 einen geringeren Monatsbezug, als es dem im letzten Monat vor Aufnahme in ein dem Kollektivvertrag unterliegendes Dienstverhältnis zur Bundesanstalt „Statistik Österreich" gewährten Bezug einschließlich der Mehrleistungs- und Erschwerniszulage gemäß § 22 VBG, ausgenommen die Kinderzulage, entspricht, hat die Einreihung in die im Verhältnis zum bisherigen Bezug nächsthöhere Gehaltsstufe zu erfolgen. Für die nächste Vorrückung ist die im Vertragsbedienstetenverhältnis bereits zurückgelegte Vorrückungszeit anzurechnen. Für alle anderen von der Dauer der Dienstzeit abhängigen Ansprüche, ausgenommen den Anspruch auf Abfertigung, gilt der jeweils zum Zeitpunkt der Beendigung des Vertragsbedienstetenverhältnisses maßgebliche Stichtag.

(3) Beamte gemäß § 55 BStatG erhalten vor dem Inkrafttreten des Kollektivvertrags neben der umfassenden Information ein Formblatt, aus dem ihre zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Kollektivvertrags maßgebliche Einreihung gemäß § 32 sowie der sich daraus ergebende Monatsbezug ersichtlich sind. Nach Abgabe der Erklärung gemäß § 55 Abs 3 BStatG erfolgt die Aufnahme in ein dem Kollektivvertrag unterliegendes Dienstverhältnis zur Bundesanstalt „Statistik Österreich" mit Wirksamkeit zu dem, dem Austritt folgenden Kalendermonatsersten, frühestens jedoch mit Wirkung zum 1. Juli 2006, spätestens jedoch mit Wirkung zum 1. Juli 2007.

Für die Einreihung in die entsprechende Gehaltsstufe laut Kollektivvertrag sind die beim Bund verbrachten Dienstzeiten anzurechnen. Ergibt die Einstufung gemäß § 32 einen geringeren Monatsbezug, als es den im letzten Monat vor Aufnahme in ein dem Kollektivvertrag unterliegendes Dienstverhältnis zur Bundesanstalt „Statistik Österreich" gewährten Bezügen einschließlich der Mehrleistungs- und Erschwerniszulage gemäß § 15 GG, ausgenommen die Kinderzulage, entspricht, hat die Einreihung in die im Verhältnis zum bisherigen Bezug nächsthöhere Gehaltsstufe zu erfolgen. Für die nächste Vorrückung ist die im Beamtendienstverhältnis bereits zurückgelegte Vorrückungszeit anzurechnen. Für alle anderen von der Dauer der Dienstzeit abhängigen Ansprüche, ausgenommen den Anspruch auf Abfertigung, sind die beim Bund verbrachten Dienstzeiten anzurechnen.

(4) Dienstnehmer, deren Dienstverhältnis ab dem 1. 1. 2001 oder vor dem 1. 7. 2006 begründet wurde, einschließlich jener Vertragsbediensteten bzw Beamten, die in diesem Zeitpunkt in den Angestelltenstatus gewechselt haben, erhalten vor dem Inkrafttreten des Kollektivvertrags neben der umfassenden Information ein Formblatt, aus dem ihre zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Kollektivvertrags maßgebliche Einreihung gemäß § 32 sowie der sich daraus ergebende Monatsbezug ersichtlich sind.

Für die Einreihung in die entsprechende Gehaltsstufe laut Kollektivvertrag sind die bislang im Dienstverhältnis zur Bundesanstalt „Statistik Österreich" zugebrachten Dienstzeiten zuzüglich der im Sinne des § 3 einschlägigen Vordienstzeiten heranzuziehen. Ergibt die Einstufung gemäß § 32 einen geringeren Monatsbezug, als es dem im letzten Monat vor dem Wechsel in die Gehaltsordnung des Kollektivvertrags zustehenden Entgelt entspricht, hat die Einreihung in der im Verhältnis zum bisherigen Bezug nächst höheren Gehaltsstufe zu erfolgen. Für die nächste Vorrückung ist die im bisherigen Dienstverhältnis bereits zurückgelegte Vorrückungszeit anzurechnen. Für alle anderen von der Dauer der Dienstzeit abhängigen Ansprüche gilt der jeweilige dienstvertraglich geregelte Stichtag. Die genannten Dienstnehmer können innerhalb eines Jahres ab Inkrafttreten des Kollektivvertrags, frühestens jedoch mit Wirkung vom 1. 7. 2006, spätestens jedoch mit Wirkung zum 1. 7. 2007 schriftlich erklären, dass anstelle der bisherigen Entgeltregelungen des Dienstvertrags die Gehaltsordnung des Kollektivvertrags zur Anwendung kommen soll. Die Erklärung wird mit dem folgenden Monatsersten wirksam."

Die antragstellende Gewerkschaft begehrt wie aus dem Spruch ersichtlich und führt aus, dass die Frage strittig sei, wie das Erreichen der nächsten Gehaltsstufe zu berechnen wäre. Insgesamt beschäftige die Antragsgegnerin rund 850 Arbeitnehmer, davon 170 Beamte gemäß § 55 BStatG, 500 Vertragsbedienstete gemäß § 56 BStatG und 10 Angestellte gemäß § 62 Abs 4 BStatG sowie weitere rund 170 Angestellte, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. 12. 2000, aber vor dem 1. 7. 2006 begründet wurde. Die dargestellte Rechtslage sei für alle Gruppen von Arbeitnehmern von Bedeutung. Der von der Antragsgegnerin vertretene Ansatz, wonach für die Vorrückung in die Gehaltsstufe auf die jeweilige Verweildauer nur der in der davor aktuellen Gehaltsstufe im Bereich des Vertragsbedienstetengesetz/Gehaltsgesetz zurückgelegte Zeitraum anzurechnen sei, führe zu willkürlichen einander widersprechenden Ergebnissen. Wesentlich sei, dass die Gehaltsstufen nach dem VBG und dem Gehaltsgesetz jeweils in Biennien, also zwei Jahresabständen gestaffelt seien, während jene nach dem Kollektivvertrag in verschiedenen Jahresabständen zwischen drei und sieben Jahren abgestuft seien. Nach Auffassung der Antragsgegnerin wäre jeweils nur der in der Gehaltsstufe nach dem VBG verbrachte Zeitraum heranzuziehen, während die Antragstellerin der Ansicht sei, dass insgesamt die tatsächliche Verwendungszeit heranzuziehen wäre. Der gegenteilige Ansatz der Antragsgegnerin führe dazu, dass Arbeitnehmer mit einer längeren Dienstzeit geringer entlohnt würden als erst kürzer beschäftigte Arbeitnehmer. Im Einzelnen legt die Antragstellerin dann noch verschiedene Mitteilungen anlässlich des Übertritts hinsichtlich der Einstufung vor. Historisch betrachtet sei der Bestimmung des § 43 KV der Umstand zugrunde gelegen, dass sowohl das Gehaltsgesetz als auch das Vertragsbedienstetengesetz die Vorrückung nach Vorrückungsstichtagen vorsehe". Dies sei von der Antragsgegnerin nicht akzeptiert worden, da damit weitere Vordienstzeiten sowie fiktive Vordienstzeiten Berücksichtigung gefunden hätten. Dementsprechend sei auf die tatsächlichen Dienstzeiten unter Ausschluss allfälliger Vordienstzeiten abgestellt worden. Nur dann, wenn dies einen geringeren Bezug ergeben hätte, sollte eben die Einreihung in die nächst höhere Stufe des Kollektivvertrags erfolgen. Nur in diesem Fall sollte dann die nächste Vorrückung von der im vorangegangenen Dienstverhältnis zurückgelegten Zeit in der dort zuletzt erreichten Entlohnungs- bzw Gehaltsstufe abhängen, dies zufolge der Einreihung in eine Gehaltsstufe, die sonst ja nicht erreicht worden wäre. Die daraus resultierende volle Verweildauer hätte zu Nachteilen geführt, insbesondere wegen der typischerweise längeren Verweildauer in der Gehaltsstufe. In allen anderen Fällen habe es keiner Sonderregelung bedurft, sondern sollte die nächste Vorrückung abhängig von der zu berücksichtigenden Dienstzeit sein. Die von der Antragsgegnerin vertretene Auffassung würde auch zu einem gleichheitswidrigen Inhalt des Kollektivvertrags führen.

Die Antragsgegnerin wendete sich gegen die Zulässigkeit des Antrags, da dieser einerseits „Beamte" erfasse und andererseits auch ein Feststellungsinteresse nicht ausreichend behauptet worden sei. Gehe es doch darum, dass zumindest drei Arbeitnehmer von diesen Fragen konkret betroffen sein müssten. Dies nachvollziehbar darzulegen, habe der Antragsteller allerdings unterlassen. Dass die Voraussetzung allerdings konkret nicht vorliege, wendet auch die Antragsgegnerin nicht ein.

In der Sache selbst machte die Antragsgegnerin zuerst Ausführungen zum ohnehin amtswegig festzustellenden Kollektivvertragsinhalt. Sie betonte vor allem, dass entscheidend doch im Wesentlichen die am Wortlaut orientierte Auslegung des Kollektivvertrags und weniger die subjektiv-historische oder teleologische Interpretation sei. Im Unterschied zu dem davor liegenden Gehalts- und Vertragsbedienstetengesetz sehe der Kollektivvertrag eben nicht mehr regelmäßig zweijährige Vorrückungen vor, sondern beabsichtigte die Lebenseinkommenskurve zu Beginn anzuheben und gegen Ende der Berufslaufbahn abzuflachen. Es sei darauf hinzuweisen, dass allfällige längere Zeiträume bis zur nächsten Vorrückung durch den lukrierten Einstufungsgewinn mehr als ausgeglichen seien. Im § 32 des KV werde von der „Einreihung" gesprochen, wobei dieser Begriff aber im § 43 des KV bei der Überleitungsbestimmung umfassender gebraucht werde und nicht nur die Zuordnung unter Beschäftigungsgruppen umfasse, sondern auch die Frage der Gehaltsstufe, allerdings nicht der Vorrückung. Es sei nun zutreffend, dass der zweite Satz einen Sonderfall regle, nämlich den, dass beim Übertritt allenfalls ein geringerer Bezug eintreten könnte. Nach § 30 Abs 2 des KV werde der Monatsbezug durch die Beschäftigungsgruppe und deren Untergruppe innerhalb der Gehaltsgruppe bestimmt. Darauf werde auch bei dieser Auffangbestimmung abgestellt. Die „Vorrückung", die nach dem neuen Kollektivvertragssystem in Gehaltsstufen zwischen 3 und 7 Jahren erfolge, werde in dem folgenden Satz geregelt, in dem ausdrücklich auf „Vorrückungszeit" Bezug genommen werde und nicht auf die bislang im Dienstverhältnis zur Bundesanstalt zugebrachte Dienstzeit. Nach § 33 des KV rücke der Dienstnehmer nach den jeweils in dem Gehaltsschema vorgesehenen Jahren vor. Daher sei die Vorrückungszeit die Zeit zwischen Eintritt in die jeweilige Gehaltsstufe und Übertritt in die nächst höhere Gehaltsstufe. Auch § 19 des VBG und § 8 des Gehaltsgesetzes würden auf die „Vorrückung" in höhere Entlohnungen abstellen. Es gehe also um die „Verweildauer" in der jeweiligen Gehaltsstufe. Es könne nicht die gesamte bisherige Dienstzeit als Vorrückungszeit angesehen werden. Eine Einschränkung der Regelung auf bloße Fälle, in denen eine Höhereinstufung vorgesehen werde, sei dem Kollektivvertrag nicht zu entnehmen. Schließlich regle der letzte Satz ja noch die Frage, was beim Anspruch auf Abfertigung anzurechnen sei. Es könne nicht laufend das alte Schema mitbedacht werden. Eine Verfassungswidrigkeit oder Gleichheitswidrigkeit der Regelung sei nicht anzunehmen. Schließlich sei der Arbeitnehmer auch nicht gezwungen, zu einem bestimmten Zeitpunkt überzutreten. Dass Stichtagsregelungen dazu führten, dass Fälle unterschiedlich behandelt würden, mache diese noch nicht gleichheitswidrig.

Rechtliche Beurteilung

Dazu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Zu den formellen Voraussetzungen des Antrags ist der Antragsgegnerin grundsätzlich beizupflichten, dass das Verfahren nach § 54 Abs 2 ASGG nur Rechtsfragen des materiellen Rechts auf dem Gebiet der Arbeitsrechtssachen nach § 50 ASGG zum Gegenstand haben kann und damit regelmäßig nicht die Fragen der Bezugshöhe von Beamten, etwa nach dem Gehaltsgesetz. Sind doch nur bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, also Streitigkeiten des Privatrechts erfasst, nicht aber Streitigkeiten aus dem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis von Verwaltungsbeamten, die im Verwaltungsweg auszutragen sind (vgl RIS-Justiz RS0086019 mwN ähnlich RIS-Justiz RS0085508 mwN zuletzt etwa 9 ObA 129/06w). Wenngleich sich nun der Feststellungsantrag auch auf „Beamte" bezieht, so werden diese doch als „Beamte gemäß § 55 BStatG" definiert. Aus dem sonstigen Antragsvorbringen ergibt sich dabei eindeutig, dass es sich um jene Beamte handeln soll, die nach § 55 Abs 2 des BStatG ihren Austritt aus dem Bundesdienst erklären und dann mit Wirksamkeit von dem dem Austritt folgenden Monatsersten Anspruch auf Aufnahme in ein Arbeitsverhältnis zur Bundesanstalt zu den zu diesem Zeitpunkt für neueintretende Arbeitnehmer geltenden Bestimmungen haben. In diesem Sinne war auch der Antrag klarzustellen. Die Antragsvoraussetzungen liegen auch unter Beachtung der von der Antragsgegnerin selbst zugestandenen und vorgelegten Übertritte vor.

Zum Antrag selbst ist vorweg auf die rechtlichen Rahmenbedingungen in dem Bundesgesetz über die Bundesstatistik (im folgenden BStatG) BGBl Nr 163/1999 hinzuweisen. In seinem Abschnitt 6 regelt es die Überleitung der Bediensteten des österreichischen statistischen Zentralamtes. Es sieht § 55 Abs 3 für Beamte die dargestellte Möglichkeit vor, in ein privates Arbeitsverhältnis zur Bundesanstalt Statistik Österreich überzutreten. Nach dem letzten Satz des § 55 Abs 3 BStatG sind die beim Bund verbrachten Dienstzeiten für alle zeitabhängigen Ansprüche anzurechnen. Im Wesentlichen ähnlich sieht dies § 56 Abs 2 BStatG im Zusammenhang mit dem Übertritt der Vertragsbediensteten ebenfalls für „zeitabhängige" Ansprüche vor. § 62 BStatG regelt dann noch gesondert die Kollektivvertragsfähigkeit der Bundesanstalt als Arbeitgeber.

Schon aus dem Gesetz lässt sich eine gewisse Tendenz entnehmen, bei den Anspruchsvoraussetzungen von „zeitabhängigen" Ansprüchen die früher beim österreichischen statistischen Zentralamt geleisteten Dienstzeiten anzurechnen. Die wesentliche strittige Frage bei der Auslegung des § 43 des Kollektivvertrags für die Dienstnehmer der Bundesanstalt Statistik Österreich liegt nun in der im Wesentlichen für alle Dienstnehmergruppen ähnlich beschriebenen Regelung, wonach erst festgelegt wird, dass für die Einreihung in die entsprechende Gehaltsstufe laut Kollektivvertrag die Dienst- oder Ausbildungszeiten, die im unmittelbar vorangegangenen Dienstverhältnis zur Bundesanstalt Statistik Österreich zugebracht wurden, heranzuziehen sind. Dann die ebenfalls für alle Dienstnehmergruppen ähnliche „Auffangregelung", wonach dann, wenn diese Einstufung gemäß § 32 des Kollektivvertrags zu einem geringeren Monatsgehalt als im letzten Monat vor Aufnahme in den Kollektivvertrag führt, die Einreihung in die nächst höhere Gehaltsstufe zu erfolgen hat. Anschließend wird dann die eigentlich strittige Regelung getroffen, wonach für die „nächste Vorrückung" die „im Vertragsbedienstetenverhältnis" (Beamtendienstverhältnis/ bisherigen Dienstverhältnis) bereits zurückgelegten „Vorrückungszeiten" anzurechnen sind. Letztlich wird dann in diesem Zusammenhang noch festgelegt, dass für alle anderen von der Dauer der Dienstzeit abhängigen Ansprüche der jeweilige dienstvertraglich geregelte Stichtag gilt bzw die beim Bund verbrachten Dienstzeiten anzurechnen sind.

Die von den Streitteilen im Wesentlichen auch inhaltlich gleich dargestellte Grundproblemstellung liegt nun bei der „Vorrückung" darin, dass vereinfacht dargestellt auf eine Gehaltsstufe im Gehaltsschema nach dem Kollektivvertrag, die bis zu 7 Jahren umfassen kann, mehrere Gehaltsstufen nach dem früheren Vertragsbedienstetengesetz oder Gehaltsgesetz entfallen, die typischerweise immer nur zwei Jahre umfassen. Der zentrale Ansatzpunkt der Antragstellerin liegt darin, die „Vorrückungszeit" im Sinne der Überleitungsbestimmungen des § 43 nicht nur bezogen auf die erste, zweite oder womöglich noch dritte innerhalb einer „großen" bis zu 7-jährigen Gehaltsstufe liegenden „kleinen" zweijährigen Gehaltsstufe nach dem Vertragsbedienstetengesetz oder Gehaltsgesetz zu sehen, sondern die gesamte „Vorrückungszeit" ausgehend von dem neuen Gehaltsschema im Kollektivvertrag festzulegen. Sie nimmt dies in der Form vor, dass sie die gesamte anzurechnende Dienstzeit zugrundelegt.

Hingegen vertritt die Antragsgegnerin den gegenteiligen Standpunkt, dass immer nur die Dienstzeiten innerhalb der Zwei-Jahres-Vorrückungen im Rahmen des Vertragsbedienstetengesetzes oder des Gehaltsgesetzes heranzuziehen wären. Dass dies zu dem schwer verständlichen Ergebnis führt, dass ein Dienstnehmer, der 19 Jahre und 11 Monate beschäftigt wurde, 1 Jahr und 11 Monate „Vorrückungszeiten" in der Kollektivvertragsgehaltsstufe 6 hat, während ein Dienstnehmer, der 20 Jahre und einen Monat, also länger beschäftigt ist, nur einen Monat, also weniger Vorrückungszeit in der Gehaltsstufe 6 hat, versucht die Antragsgegnerin durch eine Betonung der Wortinterpretation in den Hintergrund zu rücken. Kollektivverträge sind entsprechend den §§ 6 und 7 ABGB wie Gesetze auszulegen. Davon ist aber auch auszugehen, dass die Kollektivvertragsparteien eine vernünftige, zweckentsprechende und praktisch durchführbare Regelung und einen gerechten Ausgleich zwischen sozialen und wirtschaftlichen Interessen herbeiführen wollten (vgl RIS-Justiz RS0008828 mwN etwa 8 ObA 126/04v). Die Auslegung hat insbesondere auch anzustreben, dass keine nicht erklärbaren Ungleichbehandlungen zwischen Normadressaten auftreten (vgl RIS-Justiz RS0008897 mwN etwa 8 ObA 41/04a). Daran ändert auch nichts, dass primärer Ausgangspunkt der Interpretation der Wortlaut des Kollektivvertrags und die sich daraus ergebende Absicht der Kollektivvertragsparteien bleibt (vgl RIS-Justiz RS0010089 mwN etwa OGH 8 ObA 126/04a). Das dargestellte Beispiel zeigt nun ganz klar, dass die von der Antragsgegnerin vertretene Auslegung eine sachlich nicht erklärbare Ungleichbehandlung zwischen Arbeitnehmern herbeiführt. Dem Argument, dass diese ja selbst ihren Übertrittszeitpunkt wählen könnten, ist schon entgegenzuhalten, dass im Kollektivvertrag selbst auch nur eine eingeschränkte Frist zum Übertritt eingeräumt wird. Im Übrigen wird zumeist bei der Festlegung von zugunsten der Arbeitnehmer zwingenden Mindestentgelten durch Kollektivvertragsparteien auf die objektive Darstellung der erfassten Arbeitsleistungen und die durch Verwendungsjahre nachgewiesene Erfahrung abgestellt, nicht aber auf Dispositionen durch Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem Eintritt in das Arbeitsverhältnis. Ein klarer Wortlaut des Kollektivvertrags liegt auch insoweit nicht vor, weil nicht ganz eindeutig ist, ob sich der dritte Satz auf alle Fälle bezieht oder nur auf die im zweiten Satz geregelten Fälle, bei denen eine „Höherreihung" als Auffangnetz festgelegt wird. Auch die Darstellung im vierten Satz, wo auf die „anderen" dienstzeitabhängigen Ansprüche abgestellt wird, zeigt, dass die Kollektivvertragsparteien offenbar davon ausgingen, dass es sich auch bei der Einstufung und Vorrückung um von der Dienstzeit abhängige Ansprüche handelt, die - auch unter Beachtung der durch das BStatG vorgegebenen Wertungen - unter Heranziehung der gesamten Dienstzeiten bei der Statistik Österreich bzw früher dem Statistischen Zentralamt festzulegen sind. Ausgehend von diesem Verständnis sind auch die Sätze 1, 2, 3 in ein harmonisches Verhältnis zu bringen, wobei der Satz 1 die Anrechnung der gesamten Dienstzeiten für die Einstufung und Vorrückung anordnet, der Satz 2 dann eine darüber hinausgehende Begünstigung der Dienstnehmer vorsieht und der Satz 3 diese Begünstigung im Zusammenhang mit der Vorrückung wieder einschränkt. Damit wird auch das offensichtlich angestrebte Ergebnis der Übergangsbestimmungen und des BStatG verwirklicht, die übergetretenen Arbeitnehmer nicht schlechter einzustufen als die neuen Beschäftigen. Es war daher dem Antrag mit den im Spruch ersichtlichen Präzisierungen stattzugeben.

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