OGH 14Ns70/07s

OGH14Ns70/07s16.10.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Oktober 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp und Hon.-Prof. Dr. Schroll und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Maschler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Michael K***** wegen des teilweise im Versuchsstadium verbliebenen Verbrechens des gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 148 erster Fall und 15 StGB, AZ 38 Hv 120/07t des Landesgerichtes Salzburg, über den Ablehnungsantrag des Michael K***** in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Ablehnung des Oberlandesgerichtes Linz (einschließlich seines Präsidenten) ist nicht zulässig.

Zur Entscheidung über die Ablehnung des Landesgerichtes Salzburg werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Text

Gründe:

In dem beim Landesgericht Salzburg zu AZ 38 Hv 120/07t anhängigen, im Stadium vertagter Hauptverhandlung befindlichen Strafverfahren wird Michael K***** mit Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Salzburg vom 23. März 2007 (ON 6) als Verbrechen des teilweise vollendeten, teilweise versuchten Betruges nach §§ 146, 148 erster Fall StGB zur Last gelegt, er habe in Salzburg im Zeitraum vom 4. August 2005 bis 20. Februar 2006 mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung von Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, in drei Fällen bestimmt bezeichnete Personen oder deren Postbevollmächtigte durch das unaufgeforderte Zusenden nicht bestellter Postsendungen, als wären diese von den Geschädigten bestellt worden, somit durch Täuschung über Tatsachen, zur Bezahlung von Nachnahmegebühren in Höhe von insgesamt 2.784,60 Euro, mithin zu Handlungen verleitet, welche diese Personen an ihrem Vermögen schädigten, wobei es teilweise beim Versuch geblieben ist.

Mit Schriftsatz vom 6. September 2007 erklärte der Angeklagte die „Ablehnung des Landesgericht-Salzburg OLG - Linz a. d. Donau gemäß Paragraph. 72 Abs 1 iVm. Par. 74 Abs 2 zweiter und dritter Fall StPO wegen Besorgnis der Befangenheit i. rechtl. Context zu Causa 31 Hv 254/05v".

Zur Begründung der Ablehnung des gesamten Oberlandesgerichtes Linz führte er - zusammengefasst - aus, der „ggstdl. zuständige Drei-Richtersenat" habe auf seine am 9. Juli 2007 eingebrachte Beschwerde gemäß § 15 StPO bisher nicht reagiert. Zudem lägen objektive Gründe vor, die geeignet seien, eine Befangenheit der Richter zu bewirken „uzw. Kollegialität der Richter des Gerichtshofes II. Instanz OLG-Linz an der Donau untereinander", weil im Antrag namentlich genannte Richter in der Entscheidung über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg zu AZ 31 Hv 254/05v (AZ 9 Bs 144/06z des Oberlandesgerichtes Linz) das Vorliegen des Milderungsgrundes der drückenden Notlage nach § 34 Abs 1 Z 10 StGB verneint und unterstellt hätten, dass der Berufungswerber die die Notlage auslösende 30-%ige Richtsatzverkürzung der Sozialhilfe zufolge Arbeitsscheu selbst zu verantworten hätte. „In diesem Lichte erscheine" auch die Tatsache, dass über eine in diesem Verfahren am 27. April 2007 eingebrachte Beschwerde des Angeklagten gegen die Ablehnung seines Antrags „auf nachträgliche Strafmilderung gem. Par.410 StPO (vgl Abs.DREI)" noch nicht entschieden wurde. Das bisherige Gebaren des Oberlandesgerichtes Linz erscheine „zumal das Verschulden iSd Art 4, des 7.ZP MenschenrechtsK., VertreterInnen des Staates ... zu verantworten haben", nicht als das eines die MRK achtenden ordentlichen Rechtsstaates.

„Aufgrund rechtlichen Kontext 38 Hv 120/07t LG.-Sbg., der dem Berufungsverfahren zu 31 Hv 254/05v (9 Bs 144/06z) inneliegend subjektiven wie objektiven Gründen" bestünde im Hinblick auf dienstliche wie kollegiale Kontakte der Richter des Rechtsmittelgeriches untereinander sowie zu „den Richtern des Gerichtes minderer Ordnung" die Befürchtung gegebener Voreingenommenheit und Parteilichkeit der im gegenständlichen Verfahren befassten Richter des Oberlandesgerichtes Linz.

Rechtliche Beurteilung

Logische Voraussetzung für eine Ablehnung oder Ausschließung ist die Wirksamkeit des (der) betreffenden Organwalter(s) als Richter in dieser Sache (§ 68 StPO). In Ansehung des Oberlandesgerichtes Linz ist im gegenständlichen Verfahren eine Zuständigkeit jedenfalls zur Entscheidung über die Zulässigkeit der Ablehnung des Landesgerichtes Salzburg sowie allenfalls über die im Antrag genannte (dem Akt nicht inneliegende) Beschwerde des Angeklagten gemäß § 15 StPO aktuell gegeben (§ 74 Abs 2 zweiter Halbsatz StPO).

Gemäß § 72 Abs 1 StPO kann der Angeklagte Mitglieder des Gerichtes ablehnen, wenn er außer den in den §§ 67 bis 69 StPO bezeichneten Fällen (der Ausschließung) andere Gründe anzugeben und darzutun vermag, die geeignet sind, die volle Unbefangenheit des Abzulehnenden in Zweifel zu setzen. Diese Ablehnungsgründe müssen genau angegeben und nach Möglichkeit bescheinigt werden (§ 73 zweiter Satz StPO). Die Ablehnung eines Richters ist nur dann gerechtfertigt, wenn Umstände vorliegen, die aus objektiver Sicht zur Befürchtung Anlass geben, der Abgelehnte könnte sich bei seiner Entscheidung von anderen als sachlichen Gründen leiten lassen (RIS-Justiz RS0096774). In der Ablehnungserklärung werden jedoch keine konkreten Tatsachen angegeben, die geeignet wären, die volle Unbefangenheit von Richtern des Oberlandesgerichtes Linz oder dessen Präsidenten in Zweifel zu setzen (§ 72 Abs 1 StPO). Der bloße Hinweis darauf, dass sich die Rechtsauffassung eines in einem anderen gegen den Antragsteller geführten Strafverfahren befassten Berufungssenats nicht mit jener des Angeklagten gedeckt habe, stellt eine hinreichende Grundlage für die Annahme oder den Anschein einer Befangenheit ebensowenig dar wie die in keiner Weise konkretisierte Pauschalverdächtigung zu erwartender Voreingenommenheit und Parteilichkeit zufolge „dienstlicher und kollegialer Kontakte" sämtlicher Richter des Oberlandesgerichtes Linz untereinander bzw mit Richtern des Landesgerichtes Salzburg.

Die Ablehnung des Oberlandesgerichtes Linz (einschließlich seines Präsidenten) ist daher nicht zulässig.

Über die das Landesgericht Salzburg betreffende Ablehnungserklärung wird der genannte Gerichtshof zweiter Instanz zu entscheiden haben (§ 74 Abs 2 zweiter Halbsatz StPO).

Stichworte