OGH 13Ns62/07g

OGH13Ns62/07g3.10.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Oktober 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gutlederer als Schriftführerin in der Mediensache der Antragstellerinnen Elisabeth, Katharina und Viktoria M***** wegen Zuerkennung eines Entschädigungsbetrages gemäß §§ 7 und 7a MedienG über die Befangenheitsanzeigen der Präsidenten des Oberlandesgerichtes und des Landesgerichtes Linz sowie aller Richterinnen und Richter dieser Gerichtshöfe nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Präsident des Oberlandesgerichtes Linz und alle Richterinnen und Richter dieses Gerichtshofes sowie der Präsident des Landesgerichtes Linz und alle Richterinnen und Richter dieses Gerichtshofes sind in dieser Mediensache als befangen anzusehen.

Die Mediensache wird dem Landesgericht für Strafsachen Wien übertragen.

Text

Gründe:

In der bezeichneten Mediensache haben der Präsident des Landesgerichtes Linz und alle Richterinnen und Richter des Landesgerichtes Linz ihre Befangenheit angezeigt, weil der seit 1. Juli 2006 als leitender Visitator beim Oberlandesgericht Linz tätige Vater der Antragstellerinnen beim Landesgericht Linz ab Herbst 2007 für etwa ein halbes Jahr eine Regelrevision durchführen und im Zuge dessen über die Richterinnen und Richter des Landesgerichtes Linz gutachterliche Stellungnahmen abgeben wird, die das berufliche Fortkommen jeweils wesentlich beeinflussen werden. Es bestehe demnach für einen objektiven außenstehenden Betrachter gleichsam ein Kontroll- und Aufsichtsverhältnis des Vaters der Antragstellerinnen zu den Richterinnen und Richtern des Landesgerichtes Linz. Der damit gemäß § 74 Abs 2 StPO zur Entscheidung befasste Präsident des Oberlandesgerichtes Linz zeigt nun seinerseits unter Vorlage des Aktes an den Obersten Gerichtshof seine und die Befangenheit sämtlicher Richterinnen und Richter des Oberlandesgerichtes Linz mit der Begründung an, dass der Vater der Antragstellerinnen bis zu seiner Bestellung als leitender Visitator als Strafrichter des Oberlandesgerichtes Linz tätig war und zu ihm, den Mitgliedern des Strafrechtsgremiums und anderen Richterinnen und Richtern des Oberlandesgerichtes Linz teils freundschaftliche, über bloß formale kollegiale hinausgehende Kontakte unterhalte. Abgesehen von subjektiven Umständen wäre zufolge der Verbundenheit des Vaters der Antragstellerinnen zum richterlichen Personal für die (beobachtende) Öffentlichkeit und für die Verfahrensbeteiligten eine unbefangene Entscheidung durch Richterinnen und Richter des Oberlandesgerichtes Linz nicht zu vermitteln; der objektive Anschein der (vollen) Unbefangenheit würde leiden.

Rechtliche Beurteilung

Die vorgebrachten Umstände stellen Gründe dar, die iSd § 72 StPO geeignet sind, die volle Unbefangenheit der Präsidenten und der Richterinnen und Richter der bezeichneten Gerichtshöfe in Zweifel zu ziehen. Somit war der Anschein der Befangenheit des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz und aller Richterinnen und Richter dieses Gerichtshofes und (in einem weiteren Schritt; vgl Lässig, WK-StPO § 74 Rz 3) des Präsidenten des Landesgerichtes Linz sowie aller Richterinnen und Richter dieses Gerichtshofes festzustellen und die Sache dem Landesgericht für Strafsachen Wien zu übertragen (§ 74 Abs 3 zweiter Satz StPO).

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