Spruch:
Dr. Ingrid L***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Dr. Ingrid L***** wird im Verfahren zu ihrer Unterbringung nach § 21 Abs 1 StGB, AZ 12 Hv 97/07i des Landesgerichtes Klagenfurt, seit 18. März 2006 gemäß § 429 Abs 4 StPO vorläufig angehalten. Das Landesgericht ordnete am 3. Juli 2007 die Fortsetzung der Anhaltung wegen Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 3 lit a und b StPO an (ON 250). Der dagegen von der Betroffenen erhobenen Beschwerde (ON 253 und 265b) gab das Oberlandesgericht Graz mit dem angefochtenen Beschluss nicht Folge (ON 271).
Dagegen wendet sich die Grundrechtsbeschwerde der Betroffenen, die eine Missachtung der bis zum Beginn der Hauptverhandlung geltenden Befristung der Anhaltung und eine Verletzung des besonderen Beschleunigungsgebotes in Haftsachen geltend macht und zudem das Vorliegen von Tatbegehungsgefahr bestreitet.
Rechtliche Beurteilung
1. Die Höchstdauer der Untersuchungshaft ist im Vor- und Zwischenverfahren gemäß § 194 Abs 2 StPO in der Weise begrenzt, dass der Beschuldigte zu enthaften ist, wenn er sich schon sechs Monate, im Fall eines Verbrechens ein Jahr, handelt es sich jedoch um ein Verbrechen, das mit einer fünf Jahre übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist, schon zwei Jahre in Untersuchungshaft befindet, ohne dass die Hauptverhandlung begonnen hat. Bei Prüfung der Zulässigkeit einer vorläufigen Anhaltung nach § 429 Abs 4 StPO ist § 194 StPO (wie andere Bestimmungen über die Untersuchungshaft) zufolge § 429 Abs 5 StPO sinngemäß anzuwenden.
Im Verfahren zur Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB ist bei der Prüfung der Höchstfrist für die vorläufige Anhaltung nach § 429 Abs 4 StPO, wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat (15 Os 124/04, EvBl 2005/82, 357 = JBl 2005, 812 [Reindl] = RZ 2005, 69 = SSt 2004/85), nicht auf die Strafdrohung für Anlasstat(en) abzustellen, ist doch ein solches Verfahren gar nicht auf Bestrafung gerichtet, sondern, um der besonderen Gefährlichkeit des Betroffenen vorzubeugen, auf - allenfalls sogar lebenslange (§ 25 Abs 1 StGB) - Unterbringung. Diesem Umstand wurde übrigens auch dadurch Rechnung getragen, dass Verhandlung und Entscheidung über die Unterbringung in einer Anstalt nach § 21 Abs 1 StGB stets einem Kollegialgericht vorbehalten sind (§ 430 Abs 1 StPO; Medigovic, WK-StPO § 430 Rz 1).
2. Auch die vorläufige Anhaltung gemäß § 429 Abs 4 StPO ist im Verfahrensabschnitt bis zum Beginn der Hauptverhandlung über sechs Monate hinaus nur bei besonderen Schwierigkeiten oder besonderem
Umfang der Untersuchung gestattet (15 Os 124/04, EvBl 2005/82, 357 =
JBl 2005, 812 [Reindl] = RZ 2005, 69 = SSt 2004/85).
Gegen die Fortsetzung der vorläufigen Anhaltung über sechs Monate hinaus verzichteten die Betroffene und ihr Verteidiger auf Rechtsmittel (ON 114), sodass insoweit der Instanzenzug nicht ausgeschöpft wurde (§ 1 Abs 1 GRBG), wobei übrigens mit Blick auf Umfang und Schwierigkeit der vorliegenden Untersuchung kein Nachteil für die Betroffene zu erkennen ist.
3. Was die vermisste Vernehmung der Kinder der Betroffenen anbelangt, setzt sich die Beschwerde mit den entsprechenden Ausführungen des Oberlandesgerichtes gar nicht auseinander und geht damit über den gesetzlichen Bezugspunkt hinweg.
Das übrigens ohne substanziierten Hinweis auf ein Erfordernis schon früherer amtswegiger Vernehmung erstattete Beschwerdevorbingen, das Erstgericht habe „relevante Tatzeugen, wie sie von meinem Verteidiger in der Hauptverhandlung vom 13. Juli 2007 beantragt wurden", nicht als Zeugen einvernommen, zeigt keine Verletzung des auch für eine vorläufige Anhaltung nach § 429 Abs 4 StPO geltenden besonderen Beschleunigungsgebotes (§§ 193 Abs 1, 429 Abs 5 StPO) auf. Beim Hinweis auf die ausführliche Vernehmung der Betroffenen erst in der Hauptverhandlung bleibt die frühere Anhörung (ON 11) ganz unerwähnt.
4. Mit der neuerlich vorgetragenen Bestreitung von Tatbegehungsgefahr, die vom Oberlandesgericht übrigens fundiert dargelegt wurde, zeigt die Grundrechtsbeschwerde keine Willkür der Prognoseentscheidung auf (vgl RIS-Justiz RS0117806). Dr. Ingrid L***** wurde demnach im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, sodass die Beschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen war.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)