OGH 15Os73/07k

OGH15Os73/07k6.9.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. September 2007 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. T. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gutlederer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Romana M***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Linz vom 22. März 2007, GZ 29 Hv 9/07v-139, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Der Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Romana M***** (zu 1.) des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB sowie (zu 2.) des Vergehens der Störung der Totenruhe nach § 190 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat sie

1. in der Nacht zum 9. Jänner 2006 an einem unbekannten Ort, vermutlich H*****, auf unbekannte Weise (vermutlich durch einen Angriff gegen den Kopf oder den Hals) ihre Tochter Sandra M***** vorsätzlich getötet; sowie

2. am 15. Jänner 2006 den Leichnam ihrer Tochter Sandra M***** misshandelt und verunehrt, indem sie ihn in der Gemeinde I***** mit Benzin übergoss und anzündete, in der Folge den Kopf und beide Hände unter Verwendung eines Beils, einer Säge, eines Messers und einer Schaufel absägte, abschnitt und abhackte, sodann den Torso samt Kopf und einer Hand im Kofferraum ihres Pkws nach S***** verbrachte und dort die Leichenteile in der Donau versenkte.

Die Geschworenen haben die anklagekonform gestellten Hauptfragen nach Mord und Störung der Totenruhe bejaht und die jeweils gestellten Zusatzfragen nach Zurechnungsunfähigkeit iSd § 11 StGB verneint. Eventualfragen wurden nicht gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Schuldspruch, inhaltlich nur jenen wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB, richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 5, 6, 8, 9 und 10a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten; sie schlägt fehl.

Die unter Zitierung des § 345 Abs 1 Z 5 und 6 StPO der Sache nach lediglich als Fragenrüge (Z 6) ausgeführte Beschwerde orientiert sich mit der (auf die psychische Erkrankung der Angeklagten, die ihr keine Erinnerung an die Tat erlaube, weshalb sie sich zu deren Ablauf nicht äußern könne, weiters auf den Gleichheitsgrundsatz und das Prinzip „in dubio pro reo" sowie auf rein spekulative Erwägungen zu als möglich bezeichneten Tathergängen gestützten) Forderung nach Stellung von Eventualfragen in Richtung §§ 76, 78, 80 und 86 StGB ungeachtet des - von der Beschwerde zugestandenen - Fehlens von in der Hauptverhandlung vorgebrachten Tatsachen, denen zufolge die Tat unter ein anderes Strafgesetz fiele, nicht am klaren Wortlaut des § 314 StPO und zeigt auch keine planwidrige Lücke auf, die eine Gesetzesanalogie rechtfertigen könnte.

Die Instruktionsrüge (Z 8) kritisiert die Aufnahme des Wortes „Affekt" in die Belehrung der Geschworenen zum (Tötungs-)Vorsatz, weil damit den Laien nahegebracht worden sei, dass „auch eine Affekttat unter § 75 StGB fällt", wenngleich eine solche „durchaus unter § 76 StGB fallen kann", legt aber nicht aus dem Gesetz abgeleitet dar, warum ein Handeln im Affekt der Beurteilung einer vorsätzlichen Tötung als Mord an sich entgegenstehen soll (vgl RIS-Justiz RS0092116), und vernachlässigt, dass eine Eventualfrage nach Totschlag gar nicht gestellt worden ist, weshalb dessen Tatbestandsmerkmale nicht Gegenstand der Rechtsbelehrung zu sein hatten (Philipp, WK-StPO § 321 Rz 19).

Die Kritik an der Belehrung, wonach der Beweggrund (das Motiv) des Täters im Rahmen der Prüfung der inneren Tatseite unbeachtlich sei, betrifft inhaltlich zum einen wiederum eine gar nicht gestellte Frage in Richtung § 76 StGB und verwechselt zum anderen das Tatmotiv mit dem psychischen Zustand des Täters im Tatzeitpunkt („ ... Beweggrund, nämlich eine allgemein begreifliche heftige Gemütsbewegung ..."). Der auf die Niederschrift der Geschworenen nach § 331 Abs 3 StPO Bezug nehmenden Rüge nach Z 9 zuwider ist die „Antwort der Geschworenen" iSd angeführten Nichtigkeitsgrundes nur der Wahrspruch, nicht aber die Niederschrift; letztere ist einer selbständigen Anfechtung im Nichtigkeitsverfahren entzogen (RIS-Justiz RS0100917; Fabrizy, StPO9 § 345 Rz 16).

Die Tatsachenrüge (Z 10a) vermag mit eigenständigen Beweiswerterwägungen und ohne auf konkrete Verfahrensergebnisse abzustellen, keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen zu wecken.

Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde die Aufhebung des gesamten Urteils, somit auch des Schuldspruchs wegen Störung der Totenruhe nach § 190 Abs 1 StGB begehrt, ist sie mangels jeglicher inhaltlicher Ausführungen dazu nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1 Z 1 und 2, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§§ 285i, 344 StPO). Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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