OGH 14Os99/07a

OGH14Os99/07a28.8.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. August 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gutlederer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Helmut E***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 122 Hv 31/07h des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, über die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten Helmut E***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Beschwerdegericht vom 5. Juli 2007, GZ 19 Bs 202/07f (= ON 795), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Helmut E***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der B***** AG, nachfolgend B***** AG, Helmut E*****, werden mit rechtskräftiger Anklageschrift vom 23. Oktober 2006 (ON 403) die Verbrechen der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB mit einem Gesamtschaden zum Nachteil der Bank von über 1,4 Mrd Euro und des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB (Schaden zum Nachteil des Geldinstituts ca 7,4 Mio Euro) sowie Vergehen nach § 255 Abs 1 Z 1 AktG zur Last gelegt. Zur näheren Detaillierung des Anklagevorwurfs wird auf dessen Referat in hg AZ 14 Os 48/07a verwiesen.

Mit Beschluss vom 8. Juni 2007 (ON 742) setzte die Vorsitzende des Schöffengerichts die über Helmut E***** am 14. Februar 2007 verhängte Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Fluchtgefahr nach § 180 Abs 2 Z 1 StPO fort.

Mit der angefochtenen Entscheidung gab das Oberlandesgericht Wien einer dagegen erhobenen Beschwerde Helmut E*****s nicht Folge und setzte die Untersuchungshaft aus dem genannten Haftgrund fort. Wie bereits als Hauptzielrichtung fünf vorangegangener Grundrechtsbeschwerden (vgl hg AZ 14 Os 133/06z, 14 Os 144/06t, 14 Os 32/07y, 14 Os 48/07a, 14 Os 70/07m [14 Os 81/07d]) wendet sich der Beschwerdeführer dagegen allein unter Bestreitung der Annahme des Haftgrunds der Fluchtgefahr.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerde zuwider hat das Oberlandesgericht die bestimmten Tatsachen (vgl - wie in der Äußerung zur Stellungnahme der Generalprokuratur angesprochen - zuletzt 13 Os 81/07x), auf die es die Annahme der Fluchtgefahr gründete, frei von Willkür (RIS-Justiz RS0117806) und mit logisch und empirisch einwandfreier Begründung in den Umständen eines ausreichenden Fluchtvermögens, der Rechtskraft der Anklageschrift, der in Kürze beginnenden Hauptverhandlung, der für den Fall einer Verurteilung drohenden massiven Freiheitsstrafe, des gefestigten Auslandsbezuges des Angeklagten E*****, seiner Zweifel an der Abführung eines fairen Verfahrens, seines bisherigen luxuriösen Lebenszuschnitts und seines Alters erblickt (Bs 22 f). Die dagegen nun auch in der Grundrechtsbeschwerde (neuerlich) vorgetragene Argumentation, der Angeklagte E***** habe in Frankreich keine Anstalten zur Flucht gesetzt, mehrfache Expertisen hätten ergeben, dass er schon ab August 2006 eine schwere Herzerkrankung erlitten habe, sich den Strafverfolgungsbehörden gegenüber stets kooperativ verhalten habe, seine Vermögensverhältnisse und sein Inlandsbezug aktenkundig seien und gegen ihn eine Medienkampagne geführt werde, fand - der Beschwerde zuwider - sehr wohl in die mängelfreien Erwägungen des Oberlandesgerichtes Eingang (Bs 24 ff). Im Übrigen räumt zur aufgeworfenen Frage des Auslandsbezuges die Beschwerde selbst ein, dass der Angeklagte „aufgrund der zu bevorzugenden klimatischen Vorzüge ein Domizil in Frankreich bewohne" (Punkt 27) und er in Österreich nicht mit einem fairen Verfahren rechne (Punkte 68 ff).

Schließlich hat das Beschwerdegericht in der nun angefochtenen Entscheidung die Herzerkrankung des Angeklagten ohnedies anerkannt, aber aus seinen Angaben in der Haftverhandlung vom 8. Juni 2007 (ON 741), „wie er das letzte Mal am 17. August in Wien war, hatte er bereits starke Schmerzen und stark angeschwollene Beine", den logisch und empirisch einwandfreien Schluss gezogen, aus dem Umstand, dass er sich nicht sogleich im Inland in fachärztliche Betreuung begab, sondern sogleich den Rückflug nach Frankreich antrat, ergebe sich, dass es ihm sehr darum zu tun war, möglichst nicht ständig in Österreich für die Behörden greifbar zu sein (Bs 25). Dass das Oberlandesgericht einzelne aus Sicht des Beschwerdeführers erörterungsbedürftige Umstände bei seiner Prognose der Fluchtgefahr nicht ausdrücklich erwähnte, kann der angefochtenen Entscheidung nicht als Grundrechtsverletzung vorgeworfen werden (13 Os 118/03; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 428; Ratz, Zur Bedeutung von Nichtigkeitsgründen im Grundrechtsbeschwerdeverfahren, ÖJZ 2005, 418).

Da nach den zutreffenden Ausführungen des Beschwerdegerichts weder eine Unverhältnismäßigkeit der nicht einmal fünf Monate währenden Untersuchungshaft zur Bedeutung der Sache mit einem nach der Verdachtslage äußerst hohen Schaden noch eine Substituierbarkeit durch gelindere Mittel (einschließlich Festsetzung einer Kaution) vorliegt (Bs 28), wurde Helmut E***** insgesamt im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Seine Beschwerde war daher ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.

Stichworte