Spruch:
Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung
Die am 7. 4. 1983 geborene Julia R***** ist das uneheliche Kind der Elisabeth H***** und des Nikolaos P*****, dessen Vaterschaft im Verfahren 1 C 2/88 des BG Krems an der Donau rechtskräftig festgestellt wurde.
Mit Beschluss vom 11. 10. 1988, GZ 1 P 116/88-4, gewährte das Erstgericht gemäß § 4 Z 2 UVG iVm § 6 Abs 2 Z 1 UVG erstmals monatliche Unterhaltsvorschüsse für die Minderjährige Julia R*****.
In der Folge wurden die Vorschüsse gemäß § 4 Z 2 UVG weitergewährt:
Mit Beschluss vom 7. 6. 1991, ON 29, für die Zeit vom 1.7.1991 bis 30.6.1994 in Höhe von ATS 1.990 (§ 6 Abs 2 Z 2 UVG) monatlich; mit Beschluss vom 21. 6. 1994, ON 34, für die Zeit vom 1. 7. 1994 bis 30. 4. 1997 in der Höhe von ATS 2.488 (§ 6 Abs 2 Z 2 UVG) monatlich sowie für die Zeit vom 1. 5. 1997 bis 30. 6. 1997 in der Höhe von ATS
3.732 (§ 6 Abs 2 Z 3 UVG) monatlich;
mit Beschluss vom 20. 6. 1997, ON 37, für die Zeit vom 1. 7. 1997 bis 30. 6. 2000 in der Höhe von ATS 3.925 (§ 6 Abs 2 Z 3 UVG) monatlich;
mit Beschluss vom 14. 6. 2000, ON 40, für die Zeit vom 1. 7. 2000 bis 30. 6. 2001 in der Höhe von ATS 4.137 (§ 6 Abs 2 Z 3 UVG) monatlich. Die Zustellung dieser Beschlüsse erfolgte an Dr. H***** G*****, Rechtsanwalt in Krems, als jeweils im Einzelfall bestellten Zustellkurator für den unbekannt aufhältigen Vater Nikolaos P*****. Mit seinem Antrag vom 1. 3. 2006 begehrte der Vater, die Bestätigungen der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit der Beschlüsse ON 29, 34, 37 und 40 aufzuheben und ihm diese Beschlüsse neuerlich zuzustellen. Diese Beschlüsse seien ihm nicht wirksam zugestellt worden, erst durch die zu 13 E 448/06d des BG Hietzing gegen ihn geführte Exekution habe er Kenntnis von den Unterhaltsvorschussgewährungen erhalten.
Das Erstgericht wies diesen Antrag ab.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs - vorbehaltlich des § 63 Abs 3 AußStrG - nicht zulässig sei.
Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts erhob der Vater einen „außerordentlichen Revisionsrekurs", in eventu eine Zulassungsvorstellung, verbunden mit einem ordentlichen Revisionsrekurs.
Rechtliche Beurteilung
Das Erstgericht legte das Rechtsmittel - nach entsprechendem Auftrag durch das Rekursgericht - direkt dem Obersten Gerichtshof vor. Diese Vorgangsweise widerspricht der Rechtslage. Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt EUR 20.000 nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei gemäß § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen - binnen 14 Tagen nach der Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichts - beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen (Zulassungsvorstellung), den Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; die Zulassungsvorstellung, die mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses zu verbinden ist, muss hinreichend erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs - entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts - für zulässig erachtet wird. Im vorliegenden Fall übersteigt der Gegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat, nicht EUR 20.000:
Der Rechtsmittelwerber vermeint, dass der Wert des Streitgegenstands EUR 29.254,96 ausmache, weil dieser Betrag in Exekution gezogen worden sei. Dieses Argument ist schon deshalb nicht zielführend, weil sich das Verfahren über einen Antrag nach § 7 Abs 3 EO ausschließlich nach den Grundsätzen des Titelverfahrens - hier: eines Verfahrens außer Streitsachen - richtet (RIS-Justiz RS0001596). In Unterhaltsvorschussverfahren bestimmt sich der Wert des Entscheidungsgegenstandes, über den das Rekursgericht entschieden hat, nach § 58 Abs 1 JN (Neumayr in Schwimann, ABGB3 I, § 15 UVG Rz 35). Mit keinem der vier betroffenen Weitergewährungsbeschlüsse (ON 29, 34, 37, 40) wurde über einen EUR 20.000 übersteigenden Streitgegenstand entschieden. Auch wenn der Antragsteller die Aufhebung der Vollstreckbarkeit der genannten Beschlüsse in einem einzigen Schriftsatz beantragte und darüber in einem gemeinsamen Beschluss (abschlägig) erkannt wurde, ändert dies nichts an dem Umstand, dass es sich dabei um inhaltlich und rechtlich von einander unabhängige und völlig getrennte Entscheidungen bzw Entscheidungsgegenstände handelt, für deren wertmäßige Zusammenfassung keine rechtliche Grundlage besteht. Das Rechtsmittel des Vaters war daher nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, weil im Streitwertbereich des § 63 AußStrG Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch gemäß § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, dem Gericht zweiter Instanz sofort vorzulegen sind (§ 69 Abs 3 AußStrG). Dies gilt auch, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliches" bezeichnet wird und direkt an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist (1 Ob 133/99m; 6 Ob 67/06f; 6 Ob 142/06k).
Das Erstgericht wird daher den Revisionsrekurs des Vaters dem Rekursgericht vorzulegen haben, welches über die bereits „in eventu" eingebrachte Zulassungsvorstellung zu befinden haben wird.
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