Spruch:
George S***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Der am 17. Dezember 1990 geborene George S***** wurde mit Urteil des Jugendgeschworenengerichtes beim Landesgericht Leoben vom 2. April 2007, GZ 14 Hv 38/07z-93, der Verbrechen des vollendeten und des versuchten schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall und 15 StGB, jeweils als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB schuldig erkannt und unter (verfehlter Einbeziehung eines Schuldspruches nach § 13 JGG und) Anrechnung der Vorhaft (vom 7. Oktober 2006, 13.20 Uhr bis 2. April 2007, 21.15 Uhr) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten verurteilt.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hatte der Angeklagte in Knittelfeld
1) zu dem in der Nacht zum 4. August 2006 von Andrej Vlad N***** und Pedro Q***** zum Nachteil eines Kellners des Wettcafes E***** unter Verwendung von Waffen begangenen schweren Raub (Raubbeute 4.900 Euro Bargeld) dadurch beigetragen, dass er sie zum Tatort chauffierte und von dort abholte (Punkt VI./1. des Urteilssatzes), und
2) zu dem am 16. August 2006 von den beiden Vorgenannten versuchten schweren Raub unter Verwendung von Waffen zum Nachteil von Verantwortlichen des Wettcafes E***** dadurch beigetragen, dass er das „Täterfahrzeug" lenkte und mit diesem unweit des Tatortes wartete (VI./2.).
Das vom Angeklagten gegen dieses Urteil angemeldete Rechtsmittel der Berufung wurde am 22. Juni 2007 zurückgezogen, woraufhin S***** in den Strafvollzug übernommen wurde (vgl ON 95, 117, 118, 119). Mit Beschluss der Vorsitzenden des Schwurgerichtshofes vom 2. Mai 2007 wurde die über den Jugendlichen am 11. Oktober 2006 verhängte Untersuchungshaft (ON 21) aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 3 lit a und b StPO fortgesetzt (ON 104). Seiner dagegen erhobenen Beschwerde gab das Oberlandesgericht Graz mit dem angefochtenen Beschluss nicht Folge und setzte die Untersuchungshaft aus dem angeführten Haftgrund fort (ON 108).
Der fristgerecht eingebrachten Grundrechtsbeschwerde, mit welcher der Haftgrund der Tatbegehungsgefahr bestritten und überdies eine Verletzung des Beschleunigungsgebotes geltend gemacht wird, kommt keine Berechtigung zu.
Die rechtliche Annahme der in § 180 Abs 2 (hier: Z 3 lit a und b) StPO genannten Gefahr (Prognoseentscheidung) ist dahin zu überprüfen, ob die Prognose aus den im angefochtenen Beschluss angeführten bestimmten Tatsachen abgeleitet werden durfte, ohne dass die darin liegende Ermessensentscheidung als willkürlich angesehen werden müsste (RIS-Justiz RS0117806).
Das Oberlandesgericht begründete die Tatbegehungsgefahr mit dem einschlägig belasteten Vorleben des Angeklagten, der Tatverübung nur wenige Monate nach einem Schuldspruch wegen eines Vermögens- sowie eines Körperverletzungsdeliktes und mit der fortgesetzten, in ihrer Schwere beträchtlich zunehmenden Kriminalität des Angeklagten.
Rechtliche Beurteilung
An sich zutreffend weist die Beschwerde darauf hin, dass die Annahme des Rechtsmittelgerichtes, der Beschwerdeführer habe die gegenständlichen Taten wenige Monate nach einem Schuldspruch wegen einschlägiger Delinquenz begangen, verfehlt ist. Dieser Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe (§ 13 JGG) erging nämlich mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Knittelfeld vom 18. September 2006, GZ 10 U 25/06k-10, wohingegen die für die Untersuchungshaft maßgeblichen Raubtaten bereits am 4. August und am 16. August 2006 verübt wurden. Dessen ungeachtet bewirkte die irrige Annahme eines den Anlasstaten vorangegangenen Schuldspruchs keine Willkür der Prognoseentscheidung, ließen doch alleine die vom Oberlandesgericht ins Treffen geführten weiteren Umstände, nämlich das einschlägig belastete Vorleben und die Steigerung der kriminellen Intensität der vom Beschwerdeführer innerhalb kurzer Zeit begangenen strafbaren Handlungen bereits einen formell einwandfreien Schluss auf das Vorliegen von Tatbegehungsgefahr sowohl nach § 180 Abs 2 Z 3 lit a StPO als auch nach lit b leg cit zu und bildete die verfehlte Konstatierung erkennbar keine notwendige Bedingung für die Prognoseannahme des Gerichtshofs zweiter Instanz (vgl 14 Os 48/07a). Denn nachdem dem Verurteilten am 19. Jänner 2006 wegen Gelddiebstählen zum Nachteil einer hochbetagten sehbehinderten Frau Belehrung gemäß § 5 Abs 2 JGG erteilt worden war, beging er am 8. April 2006 eine vorsätzliche Körperverletzung und am 21. April 2006 einen mit Urkundenunterdrückung verbundenen Diebstahl zum Nachteil seiner Lehrerin (Urteil des Bezirksgerichtes Knittelfeld vom 18. September 2006), ehe er sich an den beiden die Verhängung der Untersuchungshaft auslösenden Raubüberfallen beteiligte. Auf Grund der Verwirklichung der Raubqualifikation „unter Verwendung einer Waffe" in beiden nunmehr verfahrensaktuellen Fällen ist die daraus abgeleitete Befürchtung der Begehung gleichartiger Straftaten mit jedenfalls schweren Folgen iSd Z 3 lit a des § 180 Abs 2 StPO nicht zu beanstanden (vgl Mayerhofer StPO5 § 180 E 11aa; 12 Os 39/04), wie das Oberlandesgericht auch - der Beschwerde zuwider - berechtigt war, auf Grund dieser Tatsachen die Begehungsgefahr auch auf die Z 3 lit b des § 180 Abs 2 StPO zu gründen, lag dem Beschwerdeführer doch die Begehung wiederholter strafbarer Handlungen zur Last. Mit der bloßen Behauptung der Substituierbarkeit der Untersuchungshaft durch gelindere Mittel, ohne ein solches aber konkret zu nennen, wird nicht aufgezeigt, inwiefern dem Beschwerdegericht, welches die Substituierbarkeit mit ausführlicher, von der Beschwerde übergangener Begründung verneinte, ein Beurteilungsfehler unterlaufen wäre (vgl Mayerhofer Nebenstrafrecht5 GRBG § 3 E 38).
Eine unter dem Gesichtspunkt einer grundrechtsrelevanten Verletzung des Beschleunigungsgebotes nach § 193 Abs 1 StPO behauptete Verfahrensverzögerung seit Einbringung des Enthaftungsantrages (25. April 2007) liegt gleichfalls nicht vor. Nachdem der Staatsanwaltschaft gesetzeskonform (§ 193 Abs 5 StPO) Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden war, beraumte die Vorsitzende des Schwurgerichtshofes am 27. April 2007 die Haftverhandlung für den 2. Mai 2007 an (S 3n verso) und veranlasste am 9. Mai 2007 die Vorlage der am 2. Mai ausgeführten Beschwerde an das Oberlandesgericht (S 3o), welches bereits am 18. Mai 2007 den bekämpften Beschluss fasste. Von einer Säumigkeit einer am Strafverfahren beteiligten Behörde (§ 193 Abs 1 StPO) kann demnach keine Rede sein.
Eine Grundrechtsverletzung liegt somit nicht vor, weshalb die Beschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen war.
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