OGH 10ObS87/07b

OGH10ObS87/07b26.7.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Christa Brezna (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr. Heinz Ehmer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Johann R*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr. Werner Posch, Rechtsanwalt in Gloggnitz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Aufrechnung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. April 2007, GZ 9 Rs 41/07a-15, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Da das Berufungsgericht in seiner Entscheidung ausgesprochen hat, dass die ordentliche Revision nicht nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig ist, ist das Rechtsmittel des Klägers als außerordentliche Revision zu behandeln (§ 505 Abs 4 iVm § 502 Abs 5 Z 4 ZPO). Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass eine Aufrechnung gemäß § 103 Abs 1 Z 1 ASVG auch dann zulässig ist, wenn es sich bei den dieser Aufrechnung zugrundeliegenden Beiträgen um Beitragsschulden handelt, die der Anspruchsberechtigte der Gebietskrankenkasse nach sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften, nämlich als Geschäftsführer einer GmbH, gemäß § 67 Abs 10 ASVG schuldet, entspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (10 ObS 245/98x = SSV-NF 12/103; 10 ObS 10/02x).

Nach § 103 Abs 1 Z 1 ASVG dürfen die Versicherungsträger auf die von ihnen zu erbringenden Geldleistungen vom Anspruchsberechtigten einem Versicherungsträger nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz geschuldete fällige Beiträge (§ 58 Abs 6), soweit das Recht auf Einforderung nicht verjährt ist, aufrechnen. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senates ist eine Aufrechnung nach dieser Bestimmung nur gegenüber einem Beitragsschuldner zulässig, der nach sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften zur Beitragszahlung verpflichtet ist, nicht aber gegenüber Personen, die sich einem Versicherungsträger privatrechtlich (zB als Bürge) zur Zahlung von Beiträgen verpflichtet haben (SSV-NF 16/141 mwN). Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass die Frage der Fälligkeit der Beiträge, die Frage, wer die Beiträge schuldet, und die weitere Frage der Verjährung des Rechtes auf Einforderung festgestellter Beitragsschulden in den Sozialversicherungsgesetzen im Einzelnen genau geregelt ist und auch die Bestimmungen über die Eintreibung von Beitragsforderungen (vgl § 64 ASVG) nur gegenüber Personen gelten, die nach den Sozialversicherungsgesetzen - als Beitragsschuldner oder Beitragsmithaftende (vgl § 67 ASVG) - zur Zahlung der Beiträge verpflichtet sind. Beitragsforderungen gegen andere Personen aufgrund einer sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes ergebenden Zahlungspflicht (zB als Bürge) können, wenn die Zahlungspflicht nicht anerkannt wird, nur vor dem ordentlichen Gericht geltend gemacht und nicht etwa durch Bescheid festgestellt oder mittels Rückstandsausweises eingetrieben werden (vgl Teschner/Widlar, MGA ASVG 62. Erg-Lfg Anm 1 zu § 64).

Der Kläger, der als vormaliger Geschäftsführer einer GmbH gemäß der Haftungsbestimmung des § 67 Abs 10 ASVG zur Zahlung der Beiträge verpflichtet ist, erfüllt damit die Qualifikation eines Beitragsschuldners, der iSd § 103 Abs 1 Z 1 ASVG nach sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften (§ 67 Abs 10 ASVG) zur Beitragszahlung verpflichtet ist. Der vom Kläger in der Revision vertretenen Ansicht, die Aufrechnungsbestimmung des § 103 Abs 1 Z 1 ASVG beziehe sich nur auf den eigentlichen „Beitragsschuldner" (= Dienstgeber) und nicht auch auf einen nach der gesetzlichen Anordnung des § 67 Abs 10 ASVG Beitragsmithaftenden, kann nicht gefolgt werden, zumal es sich bei der Beitragshaftung der vertretungsbefugten Organe gemäß § 67 Abs 10 ASVG um eine gesetzliche Ausfallsbürgschaft handelt und das vertretungsbefugte Organ damit unter bestimmten Voraussetzungen subsidiär für die Beitragsschulden der juristischen Person selbst zum Beitragsschuldner wird (vgl Resch, GmbH-Geschäftsführerhaftung für Sozialversicherungsbeiträge, JBl 1996, 218 ff).

Die Frage der Zulässigkeit der Höhe der von der beklagten Partei einbehaltenen Abzugsrate (vgl dazu § 103 Abs 2 ASVG) wird in der außerordentlichen Revision des Klägers nicht mehr releviert - dies offensichtlich im Hinblick darauf, dass der von der beklagten Partei entsprechend ihren Ausführungen in der Berufung einbehaltene Betrag von EUR 859,58 monatlich einen Teilbetrag von EUR 396,95, welcher aufgrund einer Unterhaltsexekution an die geschiedene Ehegattin des Klägers ausbezahlt wird, beeinhaltet. Es erübrigt sich daher ein Eingehen auf die von den Vorinstanzen unterschiedlich beantwortete Frage, ob die Festlegung der Höhe der Abzugsrate durch den Sozialversicherungsträger auch dann nicht bei Gericht angefochten werden kann, wenn der Abzug den von § 103 Abs 2 ASVG dafür vorgegebenen Rahmen überschreitet.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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