OGH 11Os68/07w

OGH11Os68/07w3.7.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Juli 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek und Dr. Schwab sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Mag. Fuchs als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Höller als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Alfred P***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Diebstahles durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1, 130 vierter Fall und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 13. März 2007, GZ 604 Hv 7/06m-77, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil - das auch rechtskräftige Freisprüche von weiteren gleichartigen Vorwürfen (ON 39) enthält - wurde Alfred P***** des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahles durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 (richtig: und Z 2, vgl Faktum 2), 130 vierter Fall, 15 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er nachgenannten Personen gewerbsmäßig durch Einbruch fremde bewegliche Sachen im Wert von 865 Euro mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen oder wegzunehmen versucht,

1.) nachts zum 5. November 2005 in Wien Mag. Merdad S***** durch Aufbrechen der Geschäftseingangstür mit einem Brecheisen drei Mobiltelefone der Marken Nokia 5140, Siemens S65 und Sony Ericsson 700i im Wert von ca 520 Euro;

2.) am 27. Dezember 2005 in Hollabrunn Verfügungsberechtigten der W***** AG durch Aufbrechen der Eingangstür, eines Metallschranks und einer Handkassa mit einem Brecheisen 345 Euro;

3.) am 24. Februar 2006 in Hollabrunn Verfügungsberechtigten der Sch***** GmbH & Co KG durch Aufbrechen einer Eingangstür mit einem Brecheisen diebstahlsfähige Sachen, wobei es aufgrund der Beobachtung und Festnahme durch Polizeibeamte beim Versuch blieb. Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 4 und 5 StPO.

Rechtliche Beurteilung

Seine Verfahrensrüge (Z 4) stützt der Angeklagte auf die Abweisung (S 337 f/III) zweier das Faktum 3 betreffender Beweisanträge (S 336 f/III), nämlich

„Vornahme eines Lokalaugenscheins beim Geschäft „Sp*****" unter Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Bereich der Glaserei, zum Beweis dafür, dass die angegebene vermutliche Vorgangsweise des Aufbrechens der Tür nicht möglich ist, da dies zur vollkommenen Zerstörung bzw zum Zerbrechen der Türe führen würde, was zum Zeitpunkt der angeblichen Tathandlung erheblichen Lärm verursachen würde, sodass jedenfalls davon auszugehen wäre, dass ein vernünftiger Mensch keine Glastür aufbrechen würde bzw zum Beweis dafür, wo die angeblich vorgefundenen Lackspuren an der Glastür ersichtlich waren bzw zum Beweis dafür, wo überhaupt versucht wurde, die Glastür auszuhebeln; und Vornahme des Lokalaugenscheins unter Beiziehung des RevInsp Z***** im Geschäft oben, zum Beweis dafür, dass jedenfalls nach den Angaben des heute einvernommenen Insp Sch***** jedenfalls durch sämtliche Beamte bzw zumindest den im Pkw befindlichen, dass, wenn der Angeklagte das Montiereisen gehabt haben sollte, dieser Wegwerfvorgang von den Beamten hätte wahrgenommen werden müssen, da aufgrund des kurzen Zeitraums zwischen Ansichtigwerden und Abstand zum Trog von 4 m jedenfalls die Beamten den Vorgang hätten sehen müssen."

Das erste Beweisthema unterstellt durch die bisherigen Verfahrensergebnisse keineswegs indizierte Prämissen: ein Zerbrechen der Glastüre beim aushebelnden Einsatz eines gebogenen Montiereisens (vgl S 321/II) sowie die daraus entstehende Lärmentwicklung. Schon deshalb ist der damit unbeachtliche Erkundungscharakter dieser Beweisführung ersichtlich. Die mangels ausreichend objektivierter Umstände bloß abstrakte Überlegung, dass „ein vernünftiger Mensch keine Glastür aufbrechen würde", kann als einer Fundierung durch Tatsachen nicht zugänglich überhaupt auf sich beruhen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 347).

Der auf Lackspuren an der Glastüre abzielende Antrag lässt eine Darlegung vermissen, aus welchem Grund - entgegen jeglicher Erwartung (vgl 12 Os 134/85 uva) - eine Untersuchung mehr als ein Jahr nach der Tatzeit die angestrebten Ergebnisse erzielen könnte. Zum Wegwerfen des Montiereisens fehlt es an einem Vorbringen, wie durch einen Lokalaugenschein erwiesen werden könnte, dass die beteiligten Polizeibeamten diese Handlung „hätten sehen müssen", weil damit die Herstellung der allein entscheidenden zeitlichen Komponenten (Dauer des Positions- und Blickwechsels durch den die unmittelbare Tathandlung - knieendes Hantieren an der Geschäftstüre mit einem Montiereisen - observierenden Bezirksinspektor Z***** [S 234, 236, 237, 239/III]; Zeitraum zwischen Funkverständigung durch Z***** und erste Sichtmöglichkeit auf den Angeklagten der aus einiger Entfernung zufahrenden weiteren Beamten [Zeugenvernehmung Sch***** ON 68 und S 325/III]) undurchführbar ist (Mayerhofer, StPO5 § 281 Z 4 E 102 ff).

Die Vorwürfe der Mängelrüge (Z 5) treffen nicht zu. Die Behauptung einer unvollständigen Urteilsbegründung greift einzelne Details der Aussage des Zeugen Z***** isoliert heraus und verfehlt somit den Bezugspunkt dieses Nichtigkeitsgrundes: Der Polizist hatte zwar bei seiner ersten Vernehmung eine durchgehende Beobachtung des Angeklagten - wenngleich unter teilweiser Verdeckung von dessen Körperteilen (S 240/III) - deponiert (S 336, 239 f/III), bei einer zweiten (mit durch eigenhändige Fertigung bestätigtem Protokoll - ON 65, vgl S 336/III) allerdings präzisiert, er habe aufgrund eines Positionswechsels den Täter einen Moment nicht im Auge behalten können (S 295/III). Die Begründung des Erstgerichtes (US 16), es sei nachvollziehbar, dass dieser Zeuge nicht gesehen habe, wie sich der Beschwerdeführer des Montiereisens entledigt habe, ist somit auch ohne gesondertes Eingehen auf die dargestellten Aussagedetails formell korrekt. Mit dem Auffindungsort dieses Werkzeuges haben sich die Tatrichter - dem Rechtsmittelvorbringen entgegen - sehr wohl auseinandergesetzt (US 17, 18). Aktenfremd wird durch den Nichtigkeitswerber behauptet, der Zeuge Z***** habe „angegeben, das Montiereisen hätte der Angeklagte in eine Blumenkiste geworfen, anlässlich seiner Einvernahme in der zweiten Hauptverhandlung gab er an, dass der Angeklagte das Montiereisen beim Verhaftungsort (B*****) abgelegt hat". Tatsächlich hat dieser Zeuge - wie bereits erwähnt - dies gerade nicht gesagt (S 239, 295/III). Ob der Beamte von seinem Standpunkt aus auch ohne Positionswechsel den Weg des Angeklagten mit Blicken hätte verfolgen können, ist eine eigenständig beweiswürdigende Spekulation.

Durch den Bezug auf den Zweifelsgrundsatz verfehlt der Beschwerdeführer gleichermaßen eine erwiderungsfähige Darstellung von Formalmängeln (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 454). Die aus dem Finden eines Knopfes, der denen an der Jacke des Angeklagten gleicht, am Tatort und dem nachträglichen Annähen eines Ersatzknopfes an diesem Kleidungsstück (US 14, S 223/III) sowie aus der Übereinstimmung von Lackspuren (US 13 f, S 313/II) zu Faktum 2 gezogenen Schlüsse des Erstgerichtes widersprechen weder den Gesetzen der Logik noch grundlegenden Erfahrungswerten über Kausalverläufe (Fabrizy, StPO9 § 281 Rz 46).

Ebensowenig Nichtigkeit zu begründen vermag der Umstand, dass die (roten) Lackspuren zum Schuldspruch 1 nicht chemisch untersucht wurden (US 12), um einen genaueren Vergleich mit der roten Lackierung des dem Angeklagten zugeordneten Brecheisens zu ermöglichen. Keineswegs willkürlich (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 444) ist es, wenn das Erstgericht aus dem Sicherstellen eines Teiles der beim Faktum 1 erzielten Beute beim Angeklagten (S 239/II) auf dessen Täterschaft in diesem Fall schloss und einer diesbezüglichen - zur Entlastung vorgelegten - Kaufvereinbarung (Beil ./2 zum Hauptverhandlungsprotokoll vom 6. Oktober 2006 ON 52) mangels Ausforschbarkeit des darin genannten Verkäufers den Glauben versagte (US 12 f).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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