OGH 2Ob27/07w

OGH2Ob27/07w28.6.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Daniela D*****,*****, vertreten durch Dr. Hans Kröppel, Rechtsanwalt in Kindberg, gegen die beklagte Partei G***** Versicherung Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Helmut Klement, Dr. Annemarie Stipanitz-Schreiner, Rechtsanwälte in Graz, wegen EUR 17.500,-- sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 14. November 2006, GZ 5 R 182/06h-44, womit das Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 26. Juni 2006, GZ 4 Cg 190/03b-38, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Die Klägerin wurde bei einem Verkehrsunfall in Ungarn am 8.12.2002 verletzt; für Schäden daraus haftet die Beklagte dem Grunde nach.

Rechtliche Beurteilung

Als Verfahrensmangel releviert die Revision, das hier anzuwendende ungarische Recht sei nicht ausreichend ermittelt worden. Das eingeholte ungarische Rechtsgutachten sei widersprüchlich. Bei Einholung eines weiteren Gutachtens zum ungarischen Recht hätte dieser Widerspruch aufgeklärt werden können.

Da nach oberstgerichtlicher Rechtsprechung die mangelhafte Ermittlung ausländischen Rechts ein Verfahrensmangel besonderer Art ist, der dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung zu unterstellen ist (RIS-Justiz RS0116580), ist diese Rüge eines Verfahrensmangels ein Teil der Rechtsrüge. Sie kann daher ungeachtet dessen, dass schon das Berufungsgericht das Vorliegen dieses Verfahrensmangels verneint hat, zulässigerweise auch in der Revision erhoben werden.

Diesbezüglich kann aber die Revisionswerberin auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes verwiesen werden, das insbesondere unter Bezugnahme auf die insoweit völlig klaren Äußerungen der Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung zusammengefasst ausgeführt hat, daraus ergebe sich eindeutig, dass nach ungarischem Recht die Höhe des Ersatzes im Ermessensspielraum des Gerichtes nach den Verhältnissen am Wohnort des Geschädigten, hier der Klägerin, bestimmt werden müsse; das Rechtsgutachten sei widerspruchsfrei und nachvollziehbar.

Als unrichtige rechtliche Beurteilung rügt die Revision, der zugesprochene Klagsbetrag sei unter Heranziehung von österreichischen Verhältnissen ermittelt worden, es habe die unterschiedliche Kaufkraftparität in Österreich und Ungarn Berücksichtigung gefunden. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätten die Verhältnisse am Unfallsort herangezogen werden müssen.

Dem sind die soeben dargelegten Grundsätze des ungarischen Rechts entgegenzuhalten.

Die Revisionswerberin verweist auf SZ 44/186, wonach einem in Österreich zu Schaden gekommenen Ausländer Schmerzengeld nach österreichischem Recht gebührt und bei der Schmerzengeldbemessung nicht darauf Bedacht zu nehmen ist, ob die Kaufkraft der in seinem Staat geltenden Währung der des österreichischen Schillings entspricht.

Dieser Verweis geht fehl, weil vorliegend das insoweit anderslautende ungarische Recht anzuwenden ist.

Die Revisionswerberin releviert weiters, die diesbezüglichen Ausführungen der Sachverständigen seien nicht ausdrücklich auf die Frage der Kaufkraftparität bezogen worden, sodass hiermit auch unterschiedliche Wohnortverhältnisse in Bezug auf ökologische Bedingungen oder etwa Stadt und Land gemeint sein könnten. Nach den unmissverständlichen Ausführungen der Sachverständigen kommt es - wie ausgeführt - auf die Lebensverhältnisse am Wohnort des Geschädigten, somit auf alle relevanten Lebensverhältnisse, an, worunter sowohl etwa Unterschiede zwischen Stadt und Land, aber selbstverständlich auch unterschiedliche Kaufkraftparitäten fallen. Weitergehende Erwägungen waren nicht anzustellen, ist es doch grundsätzlich nicht Aufgabe des österreichischen Obersten Gerichtshofes einen Beitrag zur Auslegung ausländischen Rechts zu leisten (2 Ob 365/99m; RIS-Justiz RS0042948 [T10, 16 und 19]). Es liegt daher - entgegen der Zulassungsbegründung des Berufungsgerichtes - nicht schon deshalb eine erhebliche Rechtsfrage vor, weil zu einer bestimmten ungarischen Rechtslage keine Entscheidung des österreichischen Obersten Gerichtshofes ergangen ist.

Schließlich führt die Revisionswerberin aus, auch mit Kaufkraftausgleich sei der von den Vorinstanzen ermittelte bzw gebilligte Schadenersatzbetrag von EUR 11.000,-- um mindestens EUR 5.000,-- zu hoch.

Die Bemessung der Höhe des angemessenen Schmerzengeldes ist nach ständiger Rechtsprechung eine Frage des Einzelfalles, die in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO zu begründen vermag, es sei denn, es läge eine eklatante Fehlbemessung vor (RIS-Justiz RS0021095 [T1, 12], RS0042887, RS0042769 [T4]). Nach den Ausführungen der Vorinstanzen steht nach ungarischem Recht der Klägerin für alle „Personalrechtsverletzungen" zwar kein Schmerzengeld exakt im Sinne der österreichischen Terminologie des § 1325 ABGB zu. Dennoch geht es hier um den Ersatz von immateriellen Schäden (Ausgleich für die geänderte Lebensqualität, Verschaffung von Annehmlichkeiten und Erleichterungen, Hilfe zur Anpassung der Lebensführung und der Lebensverhältnisse an die geänderten Umstände, Überwindung der durch den immateriellen Schaden entstandenen Schwierigkeiten, Schaffung neuer Möglichkeiten), wofür sinngemäß dieselben Kriterien wie für die Schmerzengeldbemessung anzuwenden sind (zum ungarischen Schmerzengeld vgl etwa Klötzl/Ujvárosi in ZVR 2006, 443 [446]). Das Berufungsgericht hat in vertretbarer Weise begründet, warum es den vom Erstgericht der Klägerin zugebilligten Schadenersatzbetrag für nicht unangemessen hoch erachtet hat. Die Revisionswerberin führt weder ungarische noch österreichische Entscheidungen an, aus denen sich eine eklatante Fehlbemessung im vorliegenden Fall ergeben würde; eine solche ist auch nicht erkennbar.

Da somit erhebliche Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu beantworten waren, war die Revision zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 40 ZPO. Die Klägerin hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen (RIS-Justiz RS0035979).

Stichworte