OGH 3Ob51/07g

OGH3Ob51/07g28.6.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon. Prof. Dr. Sailer sowie Dr. Jensik und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Andreas L*****, vertreten durch Dr. Albert Heiss, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die verpflichtete Partei Paula N*****, vertreten durch Dr. Peter Greil, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Erwirkung einer unvertretbaren Handlung, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 19. Jänner 2007, GZ 2 R 479/06i-5, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom 3. November 2006, GZ 21 E 4893/06i-2, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Die Revisionsrekursbeantwortung wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 12. Juli 2005 ist die Verpflichtete zur Unterfertigung eines Notariatsakts bei einem bestimmten öffentlichen Notar oder einem anderen von ihr zu benennenden öffentlichen inländischen Notar verurteilt; der Inhalt des Notariatsakts (Nachtrag zum Übergabs- und Schenkungsvertrag auf den Todesfall in Ansehung einer im ursprünglich errichteten Notariatsakt vergessenen Liegenschaft) ist im Urteilsspruch detailliert enthalten.

Das Erstgericht bewilligte dem Betreibenden zur Erzwingung dieses Urteils entsprechend seinem Antrag wider die Verpflichtete die Exekution durch Androhung einer Geldstrafe (sowie zur Hereinbringung der Exekutionskosten die Einverleibung von Zwangspfandrechten). Das Rekursgericht wies über Rekurs der Verpflichteten den Antrag des Betreibenden, ihm wider die Verpflichtete durch Androhung von Geldstrafe und Haft für den Fall der Säumnis sowie zur Hereinbringung der Kosten des Exekutionsverfahrens die Exekution durch Einverleibung eines Zwangspfandrechts zu bewilligen, ab. § 367 Abs 1 EO sei auch auf einen Titel anzuwenden, welcher auf Unterfertigung einer Willenserklärung laute. Da nach dieser Bestimmung mit dem Tag der Rechtskraft des Urteils die Willenserklärung als abgegeben gelte, sei eine Exekution weder erforderlich noch zulässig. Zwar bedürfe die Schenkung auf den Todesfall mangels tatsächlicher Übergabe nach § 1 Abs 1 lit d NotaktG zu ihrer Gültigkeit der Aufnahme eines Notariatsakts. Diese Formvorschrift bezwecke jedoch den Schutz des Geschenkgebers vor Übervorteilung, welcher bei einem Urteil, das nach einem in drei Instanzen geführten Rechtsstreit die Verpflichtung zur Abgabe der Willenserklärung ausspreche, in jeder Hinsicht gewahrt sei. Die Gültigkeit des Schenkungsvertrags auf den Todesfall setze gemäß § 956 ABGB die Einhändigung einer schriftlichen (notariellen) Urkunde darüber an den Beschenkten voraus, was erkennbar der Beurkundungsfunktion diene. Auch diesem besonderen Formerfordernis der Schriftlichkeit entspreche das im Titelverfahren ergangene Urteil. Die nach dem Exekutionstitel abzugebende Willenserklärung gelte daher zufolge Rechtskraft dieses Urteils bereits als abgegeben, obwohl im Privatrechtsverkehr die Gültigkeit der Willenserklärung von der Einhändigung einer schriftlichen notariellen Urkunde abhänge. Auch dürfe die Exekution nach § 354 EO schon deshalb nicht bewilligt werden, weil die geschuldete Handlung nur durch die Mitwirkung eines öffentlichen Notars möglich sei, also fremden Aufwands bedürfe und daher keine ausschließlich vom Willen des Verpflichteten abhängige unvertretbare Handlung vorliege.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, zumal in der Rsp nicht abschließend geklärt sei, ob ein rechtskräftiges Urteil gemäß § 367 Abs 1 EO auch in einem Fall wie diesem die Notariatsaktsform ersetze. Der Revisionsrekurs des Betreibenden ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

a) Wenn der Verpflichtete nach dem Inhalt des Exekutionstitels eine Willenserklärung abzugeben hat, gilt diese Erklärung als abgegeben, sobald das Urteil die Rechtskraft erlangt hat oder ein anderer Exekutionstitel gleichen Inhalts zum Antrag auf Exekutionsbewilligung berechtigt (§ 367 Abs 1 EO).

Der Oberste Gerichtshof hat bereits zu 3 Ob 185/05k (= SZ 2005/191 = Zak 2006/247) festgehalten, dass in der Sache kein Unterschied zwischen der Verpflichtung besteht, eine näher bezeichnete Erklärung abzugeben, und jener, eine Urkunde mit demselben Inhalt zu unterfertigen. Demnach steht die Verpflichtung, eine bestimmte Willenserklärung mit Notariatsakt abzugeben, der Verurteilung gleich, einen Notariatsakt mit im Titel detailliert genanntem Inhalt zu unterzeichnen. Der nunmehr herrschenden Lehre (Heller/Berger/Stix EO4, 2610; Klicka in Angst, § 367 EO Rz 3; Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner, § 367 EO Rz 12 mwN, dieser allerdings nur, soweit der Form nur Beurkundungsfunktion zukommt), wonach allgemein die im Titel angeführte Form der geschuldeten Erklärung (mündlich oder schriftlich, gerichtlich oder vor einem Notar) für die Exekution nach § 367 EO belanglos ist, ist jedenfalls insoweit zu folgen, als ein im Titel angeführtes Formerfordernis - auch wenn es um einen Notariatsakt geht - in der Regel die Anwendung des § 367 EO nicht hindert.

In dem zu 3 Ob 185/05k entschiedenen Fall bedurfte die Willenserklärung, zu deren Abgabe der Verpflichtete rechtskräftig verurteilt war, an sich nicht der Notariatsaktsform. Der Oberste Gerichtshof konnte daher offen lassen, ob und in welchem Umfang doch Einschränkungen für die Anwendung des § 367 EO bestehen, etwa die Form der Erklärung über die bloße Beurkundungsfunktion hinaus eine eigenständige Wirksamkeitsvoraussetzung für die Willenserklärung ist (etwa Wechsel) oder besondere Rechtsdispositionen ermöglicht (etwa Frachtbrief). Nur dann ist vom Verpflichteten die geschuldete Form auch einzuhalten und nach § 354 EO erzwingbar (Höllwerth aaO mwN). Der Oberste Gerichtshof schließt sich der Auffassung des Rekursgerichts an, dass weder der mittels Zwang zum Notariatsakt erreichte Übereilungsschutz, die Beurkundungsfunktion des Notariatsakts noch das besondere Wirksamkeitserfordernis der Schenkung auf den Todesfall nach § 956 ABGB (Übergabe der notariellen Urkunde) eine Ausnahme von der Anwendung des § 367 Abs 1 EO auf die hier zu beurteilende titelgemäße Willenserklärung haben. Das nach streitigem Zivilprozess ergangene Urteil (in dritter Instanz OGH 10 Ob 13/06v) beurkundet nicht nur mit der notwendigen Deutlichkeit den Inhalt der Willenserklärung, im vorangegangenen Verfahren wurde auch überprüft, ob der beurkundete Inhalt der Willenserklärung dem Willen der Erklärenden zum Zeitpunkt des ursprünglichen Notariatsakts entsprach. Ob der (auf den Todesfall) Beschenkte die zuvor errichtete notarielle Urkunde übergeben erhält oder die Urteilsausfertigung mit Rechtskraftbestätigung macht in Ansehung der Beurkundungsfunktion dieses Vorgangs keinen Unterschied.

Da die von der Betreibenden angestrebte Exekutionsführung im Hinblick auf § 367 Abs 1 EO weder erforderlich noch zulässig ist, muss die Frage, ob die erforderliche Mitwirkung eines öffentlichen Notars gemäß §§ 52 ff NotO einer Exekution nach § 354 EO entgegensteht (vgl 3 Ob 185/05k mwN) hier nicht erörtert werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO iVm § 78 EO.

b) Grundsätzlich ist an der Einseitigkeit des Rechtsmittelverfahrens im Exekutionsverfahren festzuhalten: Dies gilt auch für das Verfahren in dritter Instanz. Nur wenn der Oberste Gerichtshof im Einzelfall eine Rechtsmittelbeantwortung für notwendig hält, etwa weil neue rechtliche Aspekte im Revisionsrekurs vorgetragen wurden, ist das Revisionsrekursverfahren ausnahmsweise zweiseitig (stRsp; 3 Ob 162/03z, 163/03x = SZ 2004/26; 3 Ob 64/04i = SZ 2004/109 ua; RIS-Justiz RS0118686). Im vorliegenden Fall hat der Betreibende in seinem Revisionsrekurs keine neuen rechtlichen Aspekte aufgezeigt, die eine Stellungnahme für die Verpflichtete erfordert hätte. Daran muss auch ein Kostenanspruch der Verpflichteten scheitern (3 Ob 269/06i).

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