OGH 12Os67/07f

OGH12Os67/07f28.6.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Juni 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. T. Solé als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Höller als Schriftführerin in der Strafsache gegen Andreas M***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 2. Februar 2007, GZ 43 Hv 1/07h-55, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Mag. Knibbe, des Angeklagten und seines Verteidigers Mag. Bauer zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, welches im Übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und in der Sache selbst erkannt:

Andreas M***** wird unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 5. Oktober 2006, GZ 8 Hv 186/06m-18, nach § 201 Abs 1 StGB zu einer zusätzlichen Freiheitsstrafe von fünf Jahren und fünf Monaten verurteilt. Die erlittene Vorhaft vom 27. August 2006, 15 Uhr 30, bis 13. September 2006, 7 Uhr 00, wird auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Andreas M***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Danach hat er am 27. August 2006 in Kirchschlag dadurch, dass er Anita S*****, nachdem er ihr in ihrer Wohnung einen Strick um den Hals gebunden und sie damit vom Wohnzimmer auf den Dachboden, von dort in den Garten und schließlich in den Keller gezerrt hatte, wobei er wiederholt die Schlinge, oft bis zur Bewusstlosigkeit, zuzog, mit Gewalt, indem er die um ihren Hals gelegte Schlinge immer wieder anzog und öffnete und sodann mit seinem Glied in ihre Scheide sowie in ihren After eindrang und sie zwang, sein Glied in den Mund zu nehmen, eine Person zur Duldung des Beischlafes und dem Beischlaf gleichzusetzender geschlechtlicher Handlungen genötigt.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen gestützt auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt Berechtigung zu.

Zutreffend kritisiert die Sanktionsrüge, dass das Erstgericht bei der Ausmessung der Strafe nach § 206 Abs 1 StGB von einem unrichtigen Strafrahmen, nämlich einem solchen von einem bis zu zehn Jahren, ausgegangen ist (US 9). Richtigerweise wäre die Strafe innerhalb eines Strafrahmens von sechs Monaten bis zu zehn Jahren - ohne Berücksichtigung der Möglichkeit einer Strafschärfung bei Rückfall nach § 39 StGB - zu bemessen gewesen.

Der Umstand, dass die verhängte Strafe auch im tatsächlich vorgegebenen Strafrahmen Deckung fände, schließt die Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO nicht aus (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 670; 13 Os 108/05i).

Nicht geltend gemacht wurde hingegen der vom erkennenden Gericht ignorierte Umstand, dass in Bezug auf die aktenkundige (vgl ON 42 und 43) Vorverurteilung des Landesgerichtes Eisenstadt vom 5. Oktober 2006 zu AZ 8 Hv 186/06m die Voraussetzungen der §§ 31, 40 StGB vorlagen.

Das Urteil war daher im Umfang des Strafausspruchs aufzuheben. Bei der solcherart notwendig gewordenen Strafneubemessung fielen als erschwerend ins Gewicht die acht einschlägigen von insgesamt neun Vorstrafen (davon eine Bedachtnahmeverurteilung), die Tatsache, dass beim Angeklagten bereits die Voraussetzungen für eine Strafschärfung bei Rückfall nach § 39 Abs 1 StGB gegeben sind, die Tatbegehung während des anhängigen und am 5. Oktober 2006 rechtskräftig mit einer Verurteilung endenden Verfahrens AZ 8 Hv 186/06m des Landesgerichtes Eisenstadt, die besonders brutale Begehungsweise sowie im Hinblick auf das gemäß §§ 31, 40 StGB zu berücksichtigende Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt (vgl Ratz in WK2 § 40 Rz 2) die Tatmehrheit. Als mildernd waren hingegen zu werten das reumütige Geständnis sowie in Anbetracht des Urteils des Landesgerichtes Eisenstadt der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist. Entgegen den Berufungsausführungen begründete die Alkoholisierung im Tatzeitpunkt, welche eine Enthemmung bewirkt hatte (S 105/II), keinen Milderungsgrund, weil dieser Umstand durch den Vorwurf aufgewogen wird (§ 35 StGB), dass dem Beschwerdeführer die in mehrfachen einschlägigen Vorstrafen zum Ausdruck kommende Aggressionssteigerung bei Alkoholgenuss (S 227/I) bekannt war.

Die Strafregisterauskunft des Angeklagten Andreas M***** weist vornehmlich auf Verurteilungen wegen Körperverletzungen und Nötigungen bzw gefährlicher Drohung beruhende Geldstrafen und Freiheitsstrafen zwischen sieben Wochen und drei Monaten sowie drei Freiheitsstrafen von je sieben Monaten (davon jeweils ein Monat unbedingter Strafenteil) auf (S 21 ff/I). Bis zur nunmehr abgeurteilten Tat hatte er zweimal einen jeweils einmonatigen unbedingten Strafteil tatsächlich verbüßt. Der Angeklagte ist daher als kleinkrimineller Gewalttäter einzustufen, der nunmehr erstmals eine besonders gravierende Straftat zu verantworten hat. Unter Bedachtnahme auf die vom Landesgericht Eisenstadt zu AZ 8 Hv 186/06m verhängte Sanktion von sieben Monaten (und mit Blick auf die zum dortigen Verfahren gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO ergangene Widerrufsentscheidung betreffend eine siebenwöchige Freiheitsstrafe zu AZ 16 U 282/04m des Bezirksgerichtes Wels) sowie mit Rücksicht auf den nunmehr eingeleiteten Vollzug (ON 26) der offenen Strafen bzw Strafreste zum AZ 38 Hv 174/04d des Landesgerichtes Salzburg (drei Monate), zum AZ 11 Hv 119/05x des Landesgerichtes Wels (ein Monat) und zum AZ 11 Hv 2/03p des Landesgerichtes Wels (20 Tage), entspricht unter Berücksichtigung der Verzeihung durch das Opfer eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und fünf Monaten sowohl dem Unrechtsgehalt der Tat als auch der Schuld des Angeklagten, zumal dieser erstmals einem längeren, solcherart besonders fühlbaren und damit spezialpräventiv ausreichend wirksamen Freiheitsentzug unterworfen wird.

Die Vorhaftanrechnung beruht auf § 38 Abs 1 Z 1 StGB. Eine Entscheidung nach § 494a StPO im Umfang der vom Erstgericht unberücksichtigt gelassenen Verfahren mit offener Probezeit hatte angesichts der nur zugunsten des Angeklagten ergriffenen Rechtsmittel zu unterbleiben.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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