OGH 12Os34/07b

OGH12Os34/07b31.5.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Mai 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. T. Solé als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Kurz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Goran K***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Goran K***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 13. Dezember 2006, GZ 38 Hv 154/06s-74, und ihre Beschwerde gegen den unter einem gefassten Beschluss auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Strafnachsicht nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten Goran K***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen rechtskräftigen (Teil-)Freispruch des Angeklagten Sasa R***** enthaltenden Urteil wurde der Angeklagte Goran K***** des Verbrechens des versuchten (§ 15 StGB) Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt. Danach hat er im einverständlichen Zusammenwirken mit unbekannt gebliebenen Mittätern fremde bewegliche Sachen Verfügungsberechtigten eines H***** Shops durch Einbruch mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz wegzunehmen versucht.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 4, 5, 9 lit a, 9 lit b und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Goran K***** geht fehl.

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wies das Erstgericht den Antrag auf Gegenüberstellung des Beschwerdeführers mit der Zeugin Ulrike Ka***** (S 36 f/II) ohne Verletzung von Verteidigungsrechten ab (S 70/II). Der Beweisantrag ließ nämlich zum einen - in Bezug auf den angestrebten Nachweis dafür, dass der Beschwerdeführer „mit dem anderen Flüchtenden nichts zu tun hatte und daher die Tat nicht begangen hat" - nicht erkennen, aus welchem Grund die begehrte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse, und zielte solcherart auf eine im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung ab (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330). Das übrige Antragsvorbringen, durch die Gegenüberstellung könne erwiesen werden, dass Ulrike Ka***** den Beschwerdeführer „als jenen gesehen hat, der die helle Hose getragen hat und über das Dach geflüchtet ist", bezieht sich mit Blick auf die objektivierten, von der Beschwerde unbestrittenen Umstände, dass die Genannte das Aufbrechen des Geschäftslokals nur akustisch wahrgenommen hat (S 497/I) und dass der Beschwerdeführer nahe dem Tatort festgenommen worden ist (ON 2), nicht auf für die Lösung der Schuld- oder der Subsumtionsfrage erhebliche Tatsachen.

Die ergänzenden Beschwerdeausführungen haben aufgrund des im Nichtigkeitsverfahren geltenden Neuerungsverbots auf sich zu beruhen (vgl SSt 41/71, zuletzt 12 Os 119/06a).

Der Einwand der Mängelrüge (Z 5), die - mit Blick auf den Strafaufhebungsgrund des § 16 StGB wesentliche - Feststellung, Ulrike Ka***** habe den Beschwerdeführer und seine Mittäter bei der Tatausführung „gestört", sei aktenwidrig, verkennt das Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes, das darin besteht, dass das Urteil den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt, was die Beschwerde inhaltlich nicht einmal behauptet.

Unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) sei festgehalten, dass die Rüge den - von der Aktenlage gedeckten (s insbes S 498/I, S 34/II iVm S 15/I, S 63/II, S 66/II) - Sinnzusammenhang der angesprochenen Urteilspassage, wonach die Tatvollendung aufgrund des Eintreffens der von Ulrike Ka***** alarmierten Polizeibeamten unterblieben ist (US 7 iVm US 13), ignoriert.

Auch die Behauptung, die angefochtene Entscheidung übergehe die Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe die Tatausführung freiwillig aufgegeben, entfernt sich von der Aktenlage, weil dieser vielmehr geleugnet hat, an dem Einbruchsversuch überhaupt beteiligt gewesen zu sein (S 486 ff/I).

Mit den weitwendigen Ausführungen zum exakten Tatzeitpunkt bezieht sich die Beschwerde einmal mehr nicht auf schuld- oder subsumtionsrelevante Tatsachen. Im Übrigen steht die illustrative Urteilsannahme, das Tatgeschehen habe sich „gegen Mitternacht" zugetragen (US 7), dem in der Anzeige (ON 2) geschilderten Sachverhalt, die Polizeibeamten seien um 00.24 Uhr alarmiert worden (S 15/I), nicht entgegen.

Das Vorbringen zu allfälliger (strafloser) versuchter Beitragstäterschaft ist rein spekulativer Natur und entzieht sich demgemäß einer inhaltlichen Erwiderung.

Die von der Beschwerde vermisste Begründung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 7) findet sich auf US 12.

Der Einwand der Rechtsrüge (Z 9 lit a), die angefochtene Entscheidung enthalte keine hinreichenden Konstatierungen zur subjektiven Tatseite, übergeht die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer und seine Mittäter die Fensterscheibe eingeschlagen haben, „um in das Geschäft einzubrechen und Kleidungsgegenstände zu stehlen und diese für sich zu behalten" (US 7), und verfehlt solcherart den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt.

Korrespondierendes gilt für das mangelnde Feststellungen zum einverständlichen Handeln behauptende Beschwerdevorbringen, das die Urteilsannahme ignoriert, der Beschwerdeführer habe selbst Ausführungshandlungen gesetzt (US 7). Hievon ausgehend ist aber die Frage des Einverständnisses rechtlich bedeutungslos. Vollständigkeitshalber sei darauf hingewiesen, dass die im Urteilstenor enthaltene Sachverhaltsschilderung (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) die Feststellungen der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) zwar nicht zu ersetzen vermag, wohl aber zu deren Verdeutlichung heranzuziehen ist (zuletzt 12 Os 92/06f; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 271), womit im Ersturteil auch das einverständliche Handeln des Beschwerdeführers und seiner Mittäter hinreichend zum Ausdruck gebracht wird (US 2 iVm US 7).

Die Prämisse der weiteren Rechtsrüge (Z 9 lit b, der Sache nach Z 5), wonach das Urteilsargument, schon aufgrund der leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers sei die Annahme freiwilligen Rücktritts vom Versuch nicht indiziert (US 13), unzulässig sei, trifft nicht zu. Durch dieses Argument wird nämlich - zutreffend - hervorgehoben, dass mangels einer in die Richtung dieses Strafaufhebungsgrundes weisenden Verantwortung des Beschwerdeführers keine die Annahme freiwilligen Rücktritts stützenden Verfahrensergebnisse vorliegen.

Entgegen der Sanktionsrüge (Z 11) konnte fallbezogen eine nähere Überprüfung der Sachverhaltsgrundlage einer in Deutschland erlittenen Vorverurteilung (S 211/I), die bei der Beurteilung des als erschwerend angenommenen Vorliegens der Voraussetzungen des § 39 Abs 1 StGB (US 13) herangezogen worden ist, unterbleiben, weil die Diebstahlstatbestände des § 127 StGB und des § 242 dStGB im hier interessierenden Umfang inhaltlich deckungsgleich sind. Entsprechendes gilt im Übrigen für die Tatbestände des Diebstahls durch Einbruch nach § 129 Z 1 StGB und des Diebstahls in besonders schwerem Fall nach § 243 Z 1 dStGB.

Dass das ausländische Urteil in einem den Grundsätzen des Art 6 MRK entsprechenden Verfahren erging, ist mangels gegenteiliger Beweisergebnisse von jedem Land anzunehmen, das - wie hier Deutschland - der Konvention beigetreten ist (Flora in WK² § 39 Rz 15).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde kommt somit dem Gerichtshof zweiter Instanz zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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